Dieses Salzburg! -  Ferdinand Czernin

Dieses Salzburg! (eBook)

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2024 | 1. Auflage
144 Seiten
Residenz Verlag
978-3-7017-4722-1 (ISBN)
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Diese kulturhistorische Perle über Salzburg erzählt auch von der österreichischen Seele. Gabriele Liechtenstein hat ein wahres Fundstück über die Festspielstadt Salzburg ausgegraben, das Ferdinand Czernin in den 30er-Jahren unter dem Titel 'This Salzburg!' veröffentlichte. Dieser Stadtführer weiht die Besucher*innen heiter-ironisch in die Geheimnisse von Salzburg ein. Die Hauptdarsteller sind die Mozart-Stadt, ihre Bewohner*innen, ihre Geschichte, die Tourist*innen und natürlich die Festspiele. Diese Art, über Salzburg und über das weltberühmte Sommerfestival zu schreiben, ist literarisch einzigartig. Während man dieses Buch liest, sieht man den Autor in einem Café sitzen, an einem Drink nippen und mit einem Zwinkern in den Augen vor sich hin plaudern.

Ein Streifzug durch die Geschichte Salzburgs


»Die Kaiser sehen es gern, wenn den Fürsten von unten her Abbruch getan wird. Darum gibt Friedrich III. den Salzburgern 1481 … ein Privileg, sich selbst Bürgermeister und Behörden zu wählen und alle Freiheiten einer reichsunmittelbaren Stadt zu genießen. Das wurmt den Keutschacher …«

(BERNHARD PAUMGARTNER, SALZBURG)

Wenn dieses Kapitel auch hauptsächlich den früheren Herrschern von Salzburg, den Fürsterzbischöfen, gewidmet ist, so steht deren Geschichte (spätestens ab dem 16. Jahrhundert) doch in engem Zusammenhang mit der Gründung der Salzburger Festspiele. Die Kirchenfürsten waren allesamt bau- und kunstfreudig und leiteten die Salzburger Konzert- und Theatertradition ein. Ihrer Bauleidenschaft sind sogar die heutigen Festspielhäuser zu verdanken, die von ihnen allerdings für andere Zwecke errichtet worden waren. Czernins Geschichte beginnt noch früher, mit den Römern, die in Salzburg allerdings keine Spuren von Musik- oder Theaterkultur hinterließen. Möglicherweise wurden sie in den folgenden Jahrhunderten verwischt.

»Wie jede ehrwürdige Stadt hat Salzburg eine eigene Geschichte. Und sogar eine ganze Menge, wenn man sich in die Zeit zurückbegibt, als es von den Römern den Spitznamen Iuvavum erhielt und schöne Römerinnen eine Schwäche für Iuvaneser Sklaven hatten. Die Frauen ließen sie in ihren Heimatwäldern kidnappen und anschließend nur mit einem Hut, einem langen Bart und Lederhosen bekleidet am Forum sitzen. Das Herz der Besitzerinnen schlug vor Freude, wenn ihren Kehlen herrliche männliche Jodler entströmten. Die Römer dieser Zeit waren allesamt Memmen. Sie hatten sich, wie man so schön sagt, selbst überlebt. Noch waren sie ein mächtiges Volk und es waren wirklich ihre Frauen, die den Untergang bewirkten. Durch das Importieren all dieser Sklaven mit mächtigen, behaarten Brustkörben, denen sie alles beibrachten und denen sie dumme Ideen in die Köpfe setzten, führten sie den Zusammenbruch Roms herbei … Die Frauen hatten ihren Spaß und Rom zerfiel in Stücke. Es traf aber auch die Iuvanesen hart. Sie hatten in Rom große Berühmtheit erlangt, und als die Stadt zusammenbrach, vergaß die Welt alles, was sie über den schönen Ferienort in den Alpen wusste. Die Iuvaneser mussten wieder Met trinken und sich ihren Lebensunterhalt mit dem Jagen von Auerochsen verdienen …

Danach hat man lange Zeit nichts von Salzburg gehört. Wer, glaubt ihr, hat es einige Jahrhunderte später wiederentdeckt? Natürlich niemand anderes als diese neugierigen Kreaturen, die Engländer.« Als Erster kam der christliche Missionar Wynfreth Bonifatius, der vermutlich aus Wessex stammte und Bischof von Salzburg wurde. Ihm folgte der Ire Virgil. »Er errichtete Kirchen, Häuser und Klöster, sogar eine Kathedrale an derselben Stelle, an der die jetzige steht, und machte sich rundherum nützlich. Er hat Salzburg auf die Hinterbeine gestellt und ihm mit einem leichten Tritt zum Start in die Geschichte verholfen.

Es hat seinen Weg gut gemacht. Der nächste Bischof wurde in den Rang eines Erzbischofs erhöht, von da an konnte nichts mehr Salzburg aufhalten. Ein Bischof folgte dem anderen, einige waren gut, einige schlecht, einige heiligmäßig, einige weltlich. Je nach Lust und Laune folgten sie den Ordern des Kaisers des Heiligen Römischen Reichs oder dem Papst, streiften hier und dort Land ein, investierten Geld in die Bildung ihres Volks oder beließen es ungebildet, sie bauten und zerstörten, organisierten und kämpften. Im Lauf der Zeit wurden sie sehr bedeutend, erhielten den Titel Primas Germaniae und besaßen Land bis hinunter nach Kärnten und im Norden bis nach Bayern. Unter ihrer Herrschaft wurde Salzburg das intellektuelle und geistliche Zentrum im süddeutschen Raum. Sie waren mächtige Fürsten, die sich gegen Kaiser, Päpste und sogar ihre eigenen Leute erhoben, Fürsten, die autonom regierten und die sich nur den Wünschen ihrer gelegentlichen Freundinnen beugten.

Ich glaube, dass ich euch ein, zwei der bedeutenderen Herren in Purpur vorstellen sollte, und beginne mit dem hochmütigen Leonhard von Keutschach (vermutlich 1495–1519), einem der wenigen Erzbischöfe, die nicht von adliger Herkunft waren. Er stammte aus einer bäuerlichen Familie, hatte einen ordentlichen Krach mit seinem Vater, als er ihm sagte, dass er nicht die Absicht hatte, ein Leben lang hinter dem Pflug zu gehen, sondern er sich entschieden habe, Erzbischof zu werden. Der Streit endete damit, dass er den elterlichen Besitz verließ. Der liebe alte Vater warf ihm eine Rübe nach, die ihn am Hinterkopf traf. Leonhard nahm das Gemüse mit, und als er schließlich Bischof wurde, verwendete er es in seinem Wappen.

Er war wirklich ein exzellenter Bischof und ein großartiger Verwalter. Sein Safe war immer mit Geld gefüllt, das er in Salz- und Goldminen sowie in Grundbesitz anlegte. Was ihn für uns so bedeutend macht, ist die Tatsache, dass er es war, der die Erzbischöfe zu unumschränkten Herrschern der Stadt machte. Mit ein paar klugen Tricks gelang es ihm, dass die Städter auf all ihre Rechte verzichteten und sie ihren Herrschern (ihm und allen folgenden Fürsterzbischöfen) übertrugen. Das erstickte die Bürgerkultur von Salzburg im Keim und ermöglichte Leonhards Nachfolgern, mit der Stadt alles anzufangen, was sie wollten …

Man findet Leonhards Rübe überall auf der Festung Hohensalzburg, in der er lebte und die er ausstattete. Zu dieser Zeit waren die Menschen verrückt nach Gotik. Alles, was sie bauten, war gotisch. Also baute der Rüben-Mann auch gotisch. Später waren die Menschen verrückt nach Renaissance und Barock und rissen alles Gotische nieder. Das ist der Grund, warum man nicht mehr viele Gebäude findet, die Leonhard errichtete …

Jetzt stelle ich euch einen anderen bedeutenden Mann namens Wolf Dietrich (von Raitenau; 1587–1611) vor. Er war erst achtundzwanzig Jahre alt, als man ihn zum Erzbischof ernannte, und er hat mit dem Erzbischof-Sein sofort begonnen. Er war voll Lebensfreude, ein anständiger Mensch mit höllischem Temperament, ein Fürst mit ungeheurer Freude an Pomp und Repräsentation, äußerst sprachbegabt (es heißt, dass er sechs Sprachen ohne Akzent beherrschte), rundum ein feiner, gebildeter Mann. Seine Großmutter war, wie ihr natürlich wisst, eine Medici … von ihr kamen das Heißblütige und die schwarze Kugel auf silbernem Grund auf seinem Wappen …

Wie ich früher schon sagte, fing Wolf Dietrich gleich mit dem Erzbischof-Sein an, er veranstaltete … Feste, eroberte die hübschesten und klügsten Mädchen der Stadt, wie Salome Alt, mit der er dann lebte.

Er baute Schloss Mirabell für sie und ihre Kinder, von denen es, glaube ich, elf gab; und begann dann die Protestanten zu unterdrücken, die überall wie die Pilze aus dem Boden hervorschossen. Darin war er nicht sehr gut, das war ohnehin nicht sehr angenehm, also gab er es bald auf. Der Papst war wütend auf ihn, aber Rom war weit weg, also kümmerte er sich damals nicht sehr darum

Da Wolf Dietrich prunksüchtig und baufreudig war, begann er Salzburg nach seinem Geschmack neu zu errichten. »Ihm schien die Stadt nicht groß genug; ihm, der die Pracht von Florenz, Rom und der Städte Norditaliens gewohnt war. Also plante er die Umgestaltung seiner neuen Residenzstadt. Er kam aber nur bis zum Niederreißen, da sein Ende nahte, bevor er Zeit hatte, die meisten seiner Pläne umzusetzen …«

Als Bauherr hinterließ Wolf Dietrich – wie alle Fürsterzbischöfe – sein Wappen auf jeder Architektur, die er errichtete. »Man findet es am Klostergebäude auf dem Kapuzinerberg, auf der Sebastianskirche, dem Kapitelhaus, dem Marstall (dem bischöflichen Stall, das jetzige Festspielhaus), auf dem erzbischöflichen Palais, der Franziskanerkirche und auf vielen anderen. Diese Bauwut kostete viel Geld, das die Bürger aufbringen mussten. Das gefiel ihnen gar nicht. Wenn sie das sagten, wurden sie ›aus dem Weg geschafft‹, und wenn sie etwas über Salome Alt und ihre Juwelen sagten, wurden sie ins Verlies geworfen. Das machte Wolf Dietrich nicht beliebter, aber es war ihm eigentlich egal.

Das klingt alles so, als ob er kein guter Mensch gewesen wäre. Das war er aber. Es sind nur die Bräuche dieser Zeit, die alles so schlimm erscheinen lassen. Er war ein bedeutender Mann und hat enorm viel für Salzburg und für Deutschland getan …

Als der Dom 1598 vom Feuer zerstört wurde, ließ er ihn abbrennen und demolierte, was davon übrig war und auch etliche Häuser der näheren Umgebung, um für die Kathedrale Platz zu machen, die Scamozzi (Vincenzo Scamozzi, 1548–1616, italienischer Architekt) für ihn entworfen hatte. Der Dom...

Erscheint lt. Verlag 13.5.2024
Übersetzer Gabriele Liechtenstein
Sprache deutsch
Themenwelt Geschichte Teilgebiete der Geschichte Kulturgeschichte
ISBN-10 3-7017-4722-9 / 3701747229
ISBN-13 978-3-7017-4722-1 / 9783701747221
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