Die Kraft des Kreuzes -

Die Kraft des Kreuzes (eBook)

Warum der Tod Jesu die größte Chance unseres Lebens ist

Frauke Bielefeldt (Herausgeber)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
208 Seiten
Brunnen Verlag Gießen
978-3-7655-7856-4 (ISBN)
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In dem Sammelband 'Die Kraft des Kreuzes' herausgegeben von Frauke Bielefeldt, geht es um ein umstrittene Kernfrage des christlichen Glaubens: die Bedeutung des Todes Jesu am Kreuz. Was ist dort auf Golgatha geschehen? Ging Jesus freiwillig in den Tod? Wie hat er selbst seinen Tod verstanden? Und was bedeutet dies alles für Christen heute? Die Autorinnen und Autoren greifen aktuelle Kontroversen auf, z.B. die Frage, ob Gott wirklich ein blutiges Opfer braucht, damit Schuld gesühnt werden kann (Sühnetheologie). Wie passt das zum Gott der Liebe? Vor allem aber zeigen sie, welche Kraft und welche neuen Lebensmöglichkeiten für Christen im Kreuz Christi liegen: die Kraft der Vergebung, die Befreiung von Schuld und die Solidarität und Identifikation Gottes mit uns angesichts des Leids. Dieses Buch schlägt die Brücke zwischen fundierter Theologie und dynamischer Praxis. Mit Beiträgen von Tillmann Krüger, Swen Schönheit, Christoph Stenschke, Michael Bendorf, Carsten Friedrich, Uwe Swarat, Guido Baltes, Siegbert Riecker, Maximilian Zimmermann, Heinrich Christian Rust, Frauke Bielefeldt, Waldemar Justus, Thomas Greiner, Markus Schaller, Jonathan Walzer, Stefan Vatter, Richard Aidoo.

Frauke Bielefeldt, Jahrgang 1972, ist Theologin und arbeitet als freiberufliche Lektorin und Übersetzerin. Sie ist Autorin verschiedener Bücher und lebt im Raum Hannover.

Einleitung


frauke bielefeldt

Da kommt Jesus ein letztes Mal mit seinen engsten Vertrauten zusammen und feiert mit ihnen das Passafest. Es muss beklemmend für sie gewesen sein, als er sagt: „Wie sehr habe ich mich danach gesehnt, dieses Passamahl mit euch zu feiern, bevor ich leiden muss“ (Lk 22,15). Er teilt mit ihnen das Brot, das eigentlich an den Auszug Israels aus Ägypten erinnert, und sagt: „Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird“ (V. 19). Er hebt den Weinbecher und spricht feierlich: „Das ist mein Blut, das Blut des Bundes, das für viele zur Vergebung der Sünden vergossen wird“ (Mt 26,28). Ganz offensichtlich geht Jesus hier bewusst in seinen Tod und versteht ihn als Gabe an die Welt.

Paulus, der damals selbst noch nicht dabei war, wird die Abendmahlsworte später so an seine Gemeinden weitergeben: „Dieser Becher ist der neue Bund, besiegelt mit meinem Blut. Wenn ihr künftig aus dem Becher trinkt, dann ruft euch jedes Mal in Erinnerung, was ich für euch getan habe!“ (1Kor 11,23). In der ein oder anderen Form ist dieses Abendmahl die Mitte christlicher Kirchen, in dem der Kern christlichen Glaubens nachvollzogen wird: „Christus ist – in Übereinstimmung mit den Aussagen der Schrift – für unsere Sünden gestorben“, wie Paulus einige Absätze weiter im 1. Korintherbrief schreibt, gefolgt von der zweiten Säule des Glaubens: „Er wurde begraben, und drei Tage danach hat Gott ihn von den Toten auferweckt“ (15,3-4).

Das ist nicht seine Privatbotschaft, sondern die „Botschaft, die ich so an euch weitergegeben habe, wie ich selbst sie empfing“ (V. 3). Paulus nennt sie in diesem Zusammenhang „Evangelium“ – gute Botschaft – und attestiert den Korinthern: „Ihr habt diese Botschaft angenommen, sie ist die Grundlage eures Lebens geworden, und durch sie werdet ihr gerettet“ (V. 1-2). Zu Beginn seines Briefes schreibt er, dass sich denen, die sich von Gott ansprechen lassen, diese Botschaft „als Gottes Kraft und Gottes Weisheit erweist“ (1,24). In Kreuz und Auferstehung stecken Kraft und Weisheit, die über alles Menschliche hinausgehen!

In Kreuz und Auferstehung stecken Kraft und Weisheit, die über alles Menschliche hinausgehen!

Kollisionen


Doch schon damals war diese Botschaft über „Christus, den gekreuzigten Messias“ nicht jedem plausibel und wurde auch nicht allseits für „gut“ befunden, wie Paulus direkt vorher anmerkt: „Für die Juden ist diese Botschaft eine Gotteslästerung und für die anderen Völker völliger Unsinn“ (1,23).

Damit ist die Botschaft vom „Kreuz“ in die Mitte der Christenheit gepflanzt wie ein knorriger, alter Baum – und ebenso der Anstoß, den diese seltsame Botschaft erregt. Während es für die Juden (heute wie damals) schlicht nicht hinnehmbar war, dass ein offensichtlicher Mensch gleichzeitig Gott gewesen sein sollte, tadellos, sodass sein Leben als Opfer vor Gott gelten konnte, machte es im Reigen griechisch-römischer Götterwelten und allerlei ägyptisch angereicherter Mysterienreligionen einfach nichts her. Dass eine erbärmliche Kreuzigung irgendeinen bleibenden Wert hervorgebracht haben sollte, erschien lächerlich.

Heute sind die Kollisionen mit den religiösen Vorstellungen der Zeitgenossen anderer Natur, aber nicht weniger fundamental.

Heute sind die Kollisionen mit den religiösen Vorstellungen der Zeitgenossen anderer Natur, aber nicht weniger fundamental: ein Opfer zur Erlösung – echt jetzt? Hat Gott etwa Gefallen am Gemetzel? Ist er beleidigt, will er Blut sehen, wäre das nicht das Bild eines grausamen Sadisten? Und was soll die ganze Rede vom „Zorn Gottes“, der irgendwie durch ein Opfer gestillt werden soll; sind das nicht primitive religiöse Vorstellungen, die in unserer Zivilisation längst überwunden sind? Warum sollte man dieses „Narrativ“ Menschen auferlegen und sie damit unnötig beschweren; ist es nicht „toxisch“, also potenziell schädlich für die seelische Gesundheit?

Solche Zerrbilder der „guten Botschaft“ sind im Umlauf und lassen es immer weniger zu, sich in einer frommen Nische einzurichten. Im Gegenteil: Die Dekonstruktion des Evangeliums ist auch unter Christen voll angekommen und lässt lange für tragend gehaltene Glaubensüberzeugungen in neuem Licht erscheinen. Der Baum wird analysiert; manche Zweige können bleiben, andere erscheinen vertrocknet und sollten schleunigst abgeschnitten werden.

Ein Berg an Missverständnissen


So ist ein Unbehagen an klassischen Positionen zum Tod Jesu entstanden. Die Evangelische Allianz in Deutschland, die viele verschiedene Kirchen und Gemeinden im evangelischen Raum vereint, formuliert diese prägnant in ihrer „Basis des Glaubens“, die schon 1846 erstellt und kürzlich (2018) überarbeitet wurde:

„Jesus Christus, der Mensch gewordene Sohn Gottes, ist stellvertretend für alle Menschen gestorben. Sein Opfertod allein ist die Grundlage für die Vergebung von Schuld, für die Befreiung von der Macht der Sünde und für den Freispruch in Gottes Gericht.“1

Damit kann so mancher christlicher Impulsgeber nicht mehr mitgehen, auch in Freikirchen und vormals klassisch „evangelikalen“ Milieus. So rückte 2003 ein britischer Baptistenpastor die klassische Botschaft, dass der Sohn Gottes die Strafe für die Sünden der Menschheit auf sich genommen hat, in die Nähe eines „kosmischen Kindesmissbrauchs“ und löste damit im angelsächsischen Raum eine enorme Debatte aus.2 2004 sorgte ein evangelischer Theologe im deutschsprachigen Raum mit seinem Buch Notwendige Abschiede für ähnlichen Wirbel und fand viel Zustimmung für seine Forderung nach einem „Abschied vom Verständnis der Hinrichtung Jesu als Sühnopfer und von dessen sakramentaler Nutzung in einer Opfermahlfeier“3.

Seitdem gewinnen diese Verschiebungen im Verständnis vom Kreuz breiten Raum. So erklärt ein Worthaus-Vortrag von 2012, dass die Versöhnung am Kreuz „symbolisch“ gemeint sei. „Jesu Tod an sich ist sinnlos“ gewesen; „erlösend ist nicht der Tod am Kreuz, […] aber im Leiden und Sterben des Gerechten aus Nazareth zeigt sich uns in besonderer Weise die Liebe Gottes“.4

2021 erschien das Buch glauben/lieben/hoffen, das von leitenden Jugendreferenten aus mehreren Gemeindebünden verantwortet wurde und als eine Art neuer Jugendkatechismus angekündigt wurde. Der Autor, der sich mit dem Sterben Jesu beschäftigt, führt das klassische christliche Verständnis vom stellvertretenden Opfertod Jesu auf eine mittelalterliche Fehldeutung zurück:

„In der christlichen Tradition war allerdings über Jahrhunderte ein anderes Verständnis von Opfer leitend, welches auf Anselm von Canterbury (1033–1109) zurückgeht. Dieses Opferverständnis sieht – vereinfacht gesagt – Jesu Tod als wirksame Opferhandlung an, bei der die menschliche Schuld vor Gott bezahlt wird.“5

Das vom Autor angestrebte Opferverständnis sieht dagegen so aus: „Durch die Opferhandlung soll der Mensch daran erinnert werden, dass Gott ihm schon immer gnädig begegnet.“ So kommt er zu dem Schluss: „Um die Sünde der Menschen hinwegzunehmen, braucht es eigentlich kein Opfer und keinen Geopferten.“ Er sieht sich dabei im Einklang mit der Bibel, da das Alte Testament „die Vorstellung einer automatisch wirksamen Opferhandlung scharf kritisiert. Beim Opfern richtet man sich neu auf Gott aus, weil Gott vergibt, und gerade nicht, weil er durch das geschlachtete Tier angemessen bezahlt würde.“

Sühnevorstellungen – wirklich ein Produkt des Mittelalters?

Dies ist ein gutes Beispiel für den „Berg an Mißverständnissen“ (Bernd Janowski)6, der sich in der Debatte um den Sühnetod Jesu aufgehäuft hat: Sind Sühnevorstellungen wirklich ein Produkt des Mittelalters? Ist Anselms Satisfaktionslehre (= Lehre von der Genugtuung Gottes) tatsächlich gleichzusetzen mit klassischer Opfertheologie? Ist es nicht gerade der rote Faden der in der Bibel geschilderten Geschichte Gottes mit den Menschen, dass alles darauf hinausläuft, dass der Sohn Gottes als Messias (Christus) in die Welt kommt, um das auf sich zu nehmen, was die Menschheit von Gott trennt? Ist nicht genau das mit „Sühne“ gemeint (und keine magischen Vorstellungen primitiver Blutriten, die eine wutschnaubende Gottheit besänftigen sollen)? Ist nicht genau die Annahme dieses Geschehens im Glauben das Beziehungsgeschehen (statt eines Heilsautomatismus), das der Autor oben fordert? Ist dies nicht wirklich „gute Botschaft“, für die man nicht mit der Hölle drohen muss und auch nicht jede menschliche Fähigkeit zum Guten verleugnen muss? Und ist nicht genau diese Stellvertretung die Quelle des Heils, die den...

Erscheint lt. Verlag 15.3.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Religion / Theologie Christentum
ISBN-10 3-7655-7856-8 / 3765578568
ISBN-13 978-3-7655-7856-4 / 9783765578564
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