Deschners Kriminalgeschichte angemerkt -  Ernst Eichholzer

Deschners Kriminalgeschichte angemerkt (eBook)

Karlheinz Deschners Kriminalgeschichte des Christentums: Zusammenfassung, Beiträge, Kommentare.
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2024 | 1. Auflage
382 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7583-9975-6 (ISBN)
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Wer weiss nicht, welch eine Unsumme von kirchenhistorischen Lügen, Irrtümern und Verdrehungen Tag für Tag durch Wort und Schrift in ungebildeten und nicht weniger in gebildeten Kreisen an den Mann gebracht werden? Das schreibt Anton Ender, Professor in Feldkirch, 1899 im Vorwort zu seiner »Geschichte der katholischen Kirche« Genau dieser »Unsumme von kirchenhistorischen Lügen, Irrtümern und Verdrehungen« geht auch Karlheinz Deschner nach. Allerdings mit umgekehrtem Vorzeichen. Das trifft sich doch gut für mich als Leser! Zwei Lager referieren über genau das gleiche Thema von gegensätzlichen Standpunkten aus. Das Vergleichen der Darstellungen gleicher Geschehnisse durch die beiden Kontrahenten dürfte nicht nur spannend sein, es gibt mir als Leser auch die Möglichkeit zu relativieren.

Eingeborener Sohn (1944) einer erzkatholischen Schwyzer-Sippe, ältester seiner Generation. Vom lieben Gott mit einem Verstande ausgerüstet, der sich mit der Lehre der einen, heiligen, römisch-katholischen Kirche nicht abfinden konnte. Schwarzes Schaf der Sippe, verloren in der Gesellschaft gottloser Sünder.

Band 1: Die Frühzeit


Geburt der Kirche


Und die moderne Theologie wies ihn darauf hin, wie das ursprüngliche Pathos des Christentums die Erwartung des nahen Weltendes gewesen. Fiel sie weg, so hatte die Bewegung, die dadurch bestimmt war, diese wesentliche Voraussetzung verloren. 3

Der Grossinquisitor zu Jesus: »Was sollen wir anbeten? Der Mensch, wenn er frei geworden ist, hat keine dauerndere und qualvollere Sorge, als so schnell wie möglich jemand zu finden, den er anbeten kann.«

Nach der Lektüre des ersten Bandes frage ich immer vorrangiger nach dem Motiv des Kirchengründers Paulus und vor allem auch nach der Motivation der nachfolgenden Generationen. Darüber kann man bei Deschner höchstens rudimentär zwischen den Zeilen lesen.

Es ist ja nun nicht so, dass ich mich vor der Deschner- Lektüre mit der Kirchengeschichte und mit Paulus nie befasst hätte. Noch im Elternhause wohnend, noch katholisch, mit väterlich empfohlenem Zugang zu seiner »nihil obstat« - Bibliothek, las ich »Paulus - sein Leben und seine Briefe in religionsgeschichtlichem Zusammenhang dargestellt von Msgr. Prof. Dr. Josef Holzner«. Mit Imprimatur Friburgi Brisgoviae, die 27. Novembris 1948. Das Buch steht als Teil des väterlichen Erbes noch heute in meiner Bibliothek - allerdings nicht wiedergelesen. Die Lektüre dieses Werkes führte aber schon damals zur Erkenntnis, dass nicht Jesus, sondern Paulus der Religionsstifter war.

Jahre später las ich, wenn ich mich recht erinnere, gleich nach Erscheinen der Neuauflage 1982 in der deutschen Übersetzung, »Die Reisen des Paulus« von Ernle Bradford im Universitas Verlag München. Auch dieses Buch sieht Paulus wohlwollend, aber nicht so unkritisch, wie ich das von Holzner (noch schwach) in Erinnerung habe. Dank den unartigen Unterstreichungen und Randmarkierungen bei meiner Lektüre, finde ich im Buch die Stellen, die mir damals besonders bemerkenswert erschienen, leicht wieder.

So wird die Vermutung Karl Japsers zitiert: »Die Behauptung von der Menschwerdung Gottes wäre Jesus als Gotteslästerung erschienen.« Was für mich sehr glaubhaft ist. Denn ich finde in den Evangelien keine Stelle, in der sich Jesus als Gott offenbart. Er spricht von seinem und unserem Vater im Himmel. Erst Paulus hat damit angefangen, Jesus zu vergöttlichen.

Zum Stellenwert der Paulusgeschichten schreibt Tadeusz Nowakowski im Vorwort: »Es fehlt nicht an Stimmen, die ekstatischen Erlebnisse des Paulus einen einfach aus seiner Krankheit (Epilepsie) abzuleiten, er sollte auch oft unter Depressionen leiden. Angenommen derartige Vermutungen liessen sich wirklich verifizieren, sie könnten kaum die poetische Legende um den Heiligen zerstören (wer nimmt schon zur Kenntnis, dass die Paulusakten nicht anderes sind als apokryphe, romanhafte Lebensbeschreibung des hl. Paulus, die von einem Presbyter Ende des 2. Jh. verfasst wurden), im Gegenteil, die würden uns den Apostel als Menschen noch näher bringen.« Unterstreichung von mir: Vita Pauli - poetische Legende, keine geschichtliche Wahrheit.

»Jesus stellte sich als Messias dar und offenbarte sich damit als Staatsfeind. Sein Anhänger, der junge Paulus, löste schliesslich eine Revolution aus, die alle nachfolgenden Revolutionen als relativ unbedeutend erscheinen lässt.« Diesem Zitat sind zwei Aussagen zu entnehmen: Erstens - Jesus stellt sich als Messias dar, den jüdischen Erlöser, den mit Gott gleichzusetzen jedem Juden wirklich als Gotteslästerung erscheinen würde, auch heute noch. Abgesehen davon, dass »in der jüdischen Welt fast ständig Männer auftraten, die für sich in Anspruch nahmen, der Messias zu sein.« Zweitens: Paulus löste das Christentum, die Revolution, aus, nicht Jesus. Die Einstellung des Propheten Jesus wird im Streit zwischen Paulus und Petrus, der im Gegensatz zu jenem, Jesu vertrauter Jünger war, offenbar, wo es um die Heidenchristen ging. Paulus wollte, dass der Messias der Juden auch der Messias der ganzen Welt sei. Jesus aber zeigt sich in den Evangelien als prophetischer Erneuerer des Judentums, und nicht als Stifter einer neuen Religion und schon gar nicht als Gott. Das ist Pauli Werk: Und alsbald predigte er Christus in den Schulen, dass derselbe GottesSohn sei. 4 Ohne Paulus wäre es durchaus möglich gewesen, dass Leben und Lehre dieses jüdischen Messias keine Frucht getragen hätten - vielleicht wäre nicht mehr daraus gewachsen als eine winzige, auf Palästina und den Nahen Osten beschränkte jüdische Sekte. Paulus veränderte die Welt.

Im Jahre 2001 erschienen, sehr lesenswerten Buch »Spaziergang durch die Kirchengeschichte«5 äussert sich Albert Gasser, emeritierter Hochschulprofessor der theologischen Hochschule Chur, zu Pauli Kampf für die Heidenmission folgendermassen:

In diesem Punkt war er kompromisslos. Auch mit einem alten Jesusgefährten der ersten Stunde wie Petrus verfuhr er diesbezüglich unerbittlich. Gegen eine judenchristliche Apartheidpolitik, welche die Unbeschnittenen und des mosaischen Gesetztes Unkundige ausgrenzte, zog er alle Register seiner polemischen Begabung.

Der paulinische Fanatismus der Urchristen zeigt sich auch in der Beurteilung der Zeitgenossen unter den Kaisern Tiberius und Nero, die bei der Suche nach Sündenböcken auf »die radikalste jüdische Sekte verfiel, die selbst von den meisten Juden gehasst und verachtet wurde: auf die Christen«. Selbst diesen Christenverfolgern konnte Paulus als Vorbild dienen: »Doch vorerst kehrte sich seine ganze Energie, seine ganze Leidenschaft gegen die Anhänger dieses falschen Messias. Paulus und der Mob, der ihm hinterherlief, begannen mit einer systematischen Christenverfolgung. Und dieses extreme Verhalten ist für den Beobachter ein Zeichen der Unruhe, die in Paulus gärte. Seine Reaktion auf die Vorstellung, Christus sei der Messias, war in der Tat pathologisch.« Darf man da nicht den gegenseitigen Pendelausschlag, der Jesus über den Messias hinaus in die Göttlichkeit beförderte, ebenso pathologisch begründet nehmen?

Wie die Vita Pauli zeigt, »war er gewalttätig, mystizistisch, impulsiv und von Verfolgungsideen heimgesucht.« ... »Seine Persönlichkeit war von einem solchen Extremismus, dass diejenigen, die ihm begegneten, ihn entweder liebten oder hassten.« ... »Und es war immer seine Botschaft. Wenn sie anders interpretiert wurde, kannte sein Zorn keine Grenzen.« Diesen Zitaten kann der Wahrheitsgehalt kaum abgesprochen werden.

Aber letztlich genügen die Paulusbriefe, auch wenn bloss die echten gelesen werden, uns einen ausserordentlich intelligenten, zielstrebigen, willensstarken, fanatischen, intoleranten, frauenfeindlichen, antisemitischen Sektierer zu zeigen. Der sich den vorurteilsfreien, vergebenden, selbstlosen, liebenden, gottesfürchtigen, verständnisvollen, mildtätigen Jesus für seine Zwecke aneignete. Gegensätze ziehen sich an.

Aber was trieb Paulus, den eigentlichen Religionsstifter, an? Er hat ja den als Sohn Gottes missbrauchten Jesus gar nicht gekannt. Sein in der Apostelgeschichte mit allen Symptomen so farbenprächtig geschildertes Erweckungserlebnis auf dem Ritt nach Damaskus lässt Viele vermuten, dass Paulus ein Epileptiker war. Und die galten in vielen Religionen als Botschafter der Götter. In seinen Pastoralbriefen, dem ältesten und authentischsten Teil des Neuen Testamentes, scheint eine rechthaberische, eifersüchtige, unbarmherzige, intolerante und grausame Persönlichkeit auf. Alles Attribute auch des jüdischen Gottes Jahwe. Der mit gewohnter Grausamkeit Ananias und Saphira mit dem Tode bestraft, weil sie Petrus angelogen haben. Und genau so eifernd wie die Propheten des alten Testamentes ereifert sich auch Paulus. Geifernd gegen die Ungläubigen, mehr noch aber gegen die Juden. Der Verkünder der angeblichen Botschaft eines jüdischen Rabbi ein in die Wolle gefärbter Antisemit, der sich sogar mit Petrus, dem ersten Jünger des später Vergöttlichten anlegt. Ja, nachdem man diese Eigenschaften Paulus‘ als zweifelsfrei angenommen hat, finden sich in diesen Wesensmerkmalen selbst genug Erklärungen für seinen Antrieb. In keiner anderen Rolle konnte Paulus seine Neigungen so ungebremst ausleben, wie in der des allwissenden Religionsstifters. Der arme Wanderrabbi Jesus von Nazareth! Was würde der dazu sagen, wenn er denn noch was zu sagen hätte! Die Rolle Paulus‘ kann also aus seinem Charakter leidlich glaubhaft erklärt werden. Was aber erklärt die Ausbreitung seiner Lehre bis zu deren Domestizierung als Staatsreligion durch Konstantin?

Da gibt es Muster zuhauf: Joseph Smith und seine Mormonen, Ron Hubbard und seine Scientology Church, der Prophet Mohammed und der Islam. Alle diese »Religionsstifter« konnten beruhigt in Jenseits abtreten, mit der Gewissheit, ihnen nacheifernde, fanatische Jünger hinterlassen zu haben. Alle (oder auch nur eine Religionsgemeinschaft) zum Segen der Menschheit? Oder zur Bereicherung des Episkopates? Die Jünger Pauli keine verwunderliche Ausnahme also, eher ein bekanntes...

Erscheint lt. Verlag 30.4.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Religion / Theologie Christentum
ISBN-10 3-7583-9975-0 / 3758399750
ISBN-13 978-3-7583-9975-6 / 9783758399756
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