Vorstellungen deutscher Einheit in der napoleonischen Ära -  Lukas Knedlik

Vorstellungen deutscher Einheit in der napoleonischen Ära (eBook)

Ursprünge deutscher Nationswerdung
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
256 Seiten
tredition (Verlag)
978-3-384-17291-4 (ISBN)
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Nicht nur Napoleon Bonaparte prägte die Umbruchszeit um 1800 maßgeblich, auch andere Dichter und Denker versuchten, ihre Ansätze in Bezug auf die Verbesserung der Gesamtsituation umzusetzen. Im Zuge von Krieg und Chaos stellt sich dabei immer wieder eine Frage: Inwiefern zeigen sich neue Ideen, die mitunter durch die Umstände hervorgerufen worden waren, und welche Ziele verfolgen diese Ideen? Eine Zusammenstellung vieler Vorstellungen von einer möglichen deutschen nationalen oder staatlichen Einheit ist Kern dieses Werkes, um zu analysieren, wie die damals aufkommenden Einflüsse und Gedanken die Entwicklung hin zum geeinten Deutschland begünstigten, vielleicht sogar den Grundstein dafür legten. Hinzu kommt die Frage, welche Effekte die aufgeheizte Zeit am Übergang vom 18. ins 19. Jahrhundert auch längerfristig hatten - und welch fatale Missinterpretationen und Missbrauch dieser Ideen durch spätere Regime auf deutschem Boden offenbar wurden.

Mein Name ist Lukas Knedlik, geboren 1998, angehender Gymnasiallehrer für die Fächer Deutsch und Geschichte und leidenschaftlicher Fußballer (als Fan und Trainer), passionierter Texteschreiber und -leser, der zu viele Interessen und Ziele hat für die zur Verfügung stehenden 24 Stunden pro Tag. Um die neuere Geschichte geht es in meinem ersten Werk, das ich in der Urfassung als Examensarbeit vorgelegt hatte. Seit elf Jahren bin ich ehrenamtlich im Fußballbereich tätig, eigentlich sogar schon länger. Ich interessiere mich sehr für Geschichte, Zeitgeschehen, Politik, Sport aller Art, Kulturelles, Kunst, Literatur besonders. Aber auch Mindset, Spiritualität sowie Polit- und Gesellschaftskritik sind Steckenpferde von mir, Im vergangenen Jahr habe ich mein Studium in drei Fächern (Bildungswissenschaften, Deutsch, Geschichte) mit dem 1. Staatsexamen abgeschlossen. Ich möchte wirksam werden für mich und die Welt - viel Freude beim Lesen meines Buches bzw. meiner Bücher! Neben dieser ersten Buchveröffentlichung werden nämlich weitere Bücher folgen - zu verschiedenen Themenbereichen und Fragen, die sich in dieser undurchsichtigen Zeit stellen, sei es an die Geschichte, aktuelle Entwicklungen oder tiefere Lebensfragen.

3. Vorstellungen deutscher Einheit in der Ära Napoleons

3.1. Die Idee von Staat und Nation

Das Verhältnis zwischen Staat und Nation soll in diesem Abschnitt zunächst anhand von Modellen und Verständnisauslegungen der beiden Begriffe aufgezeigt werden. Dass Staat und Nation oft zusammen genannt oder sogar gleichgesetzt werden, ist ein häufig erkennbarer Vorgang; so auch bei Karen Hagemann, indem sie die Vorstellung von Staat und Nation als „erweiterte[] Familie“207 darlegt, die seit der Frühen Neuzeit existierte und ab dem späten 18. Jahrhundert neu definiert wurde.208

3.1.1 Staat und Nation qua Definition

Der Unterschied zwischen dem Staat und der Nation ist begriffshistorisch und definitorisch komplex und bedarf daher einer weitreichenden Analyse, die weitere neue Forschungsfelder eröffnet. Der lateinische Begriff natio bezeichnet zunächst einmal den Geburtsort, während dies weiter gefasst auf gemeinsame ethnische oder territoriale Abstammungen von Menschengruppen, verweist.209 Nationen (nationes) konnten demnach „politischen Einheiten wie Königreichen entsprechen“210, also mit territorialer Begrenzung als Bezugspunkt. Außerdem wurde die Nationsbezeichnung auch für die Determinierung kultureller Gemeinsamkeiten verwendet.211

Im deutschen Lexikon Zedler aus dem 18. Jahrhundert werden beide Begriffe definiert, wenngleich hier neben dem Nationsbegriff das „Volk“ im Mittelpunkt der Betrachtungen steht. Hier zeichnete sich bereits ein Unterschied ab, denn der Begriff „Nation“ sei abhängig von „Sitten, Gesetze[n] und Sprache“212, während das „Volk“ die Masse einer Nation zugehöriger Menschen (als Gegenpol zur Regierung) bezeichnete.213 Eine deutliche Unterscheidung zwischen „Nation“ und „Staat“ ist besonders dadurch erkennbar, dass diverse Enzyklopädien und Lexika aus der napoleonischen Ära den Begriff „Volk“ auf beide Ausdrücke beziehen: Die Differenzierung betrifft einerseits die „Abstammungs- bzw. Kultur-Nation“214 und andererseits das „Staats-Volk“215.

In der Frühen Neuzeit setzten diverse äußere Einflussfaktoren wie beispielsweise der Zusammenbruch des Heiligen Römischen Reiches die Bildung der Staaten in Gang, die sich deutlicher voneinander abgrenzen und souverän handeln wollten.216

Eine Nation könnte nach mittelalterlicher Vorstellung ausschließlich auf territorialer Ebene existieren; darüber hinaus wurde dem Nationsbegriff selbst in der Frühen Neuzeit noch wenig Relevanz beigemessen.217 Im Zentrum der sich entwickelnden Nationalstaaten stand zumeist Krieg, der erst Nationalstaaten formte oder erschuf, denn das wichtigste Element in diesem Zusammenhang sei, so Dieter Langewiesche, das Bewusstsein über die eigene Nation bzw. nationale Identität.218 In der kriegerischen Auseinandersetzung suchten die Menschen also beispielsweise mit ihrer Nation einen Identifikationspunkt.

Es bleibt festzuhalten, dass in der Zeit um 1800 teilweise diametrale Verständnisansätze in Bezug auf den Staats- und Nationsbegriff existierten, welche sich gerade vor dem Hintergrund der Entstehung neuer Staaten, Nationen und des Nationalbewusstseins in der Zeit zwischen 1799 und 1815 (und darüber hinaus) stetig fortentwickelten und veränderten.

Die Trennung von „Nation“ und Territorium durch die neue Definition von „Staat“ bzw. „Staatsnation“ als territoriale Fixierung, die ab dem Wiener Kongress 1815 einsetzte, sorgte für klarere Linien in der Begriffsfrage.219

Diese neue Wortdetermination grenzt jedoch den Nationsbegriff erneut nicht vollständig ab, gleichwohl besetzt sie ihn neu, indem zwischen der Kulturnation und der Staatsnation eine deutliche Ambivalenz mitschwingt. Erstere bezieht sich auf die kulturellen Gemeinsamkeitsaspekte wie Sprache und Abstammung, Letztere bezieht sich auf die staatlichen Begrenzungen sowohl in geopolitischer als auch in konstitutionell-juristischer Hinsicht.

Die nationale Identität speise sich nach Rudolf Speth aus kulturellen, kommunikativen und wissenschaftlich-technischen Sphären, während sie sich in einem stetigen Prozess weiterentwickele und insbesondere durch Zugehörigkeitsgefühl erzeugt werde.220

Die aus diversen Lexika im 19. und frühen 20. Jahrhundert stammenden Definitionen können nicht absolut verstanden werden, denn sie sind wandelbar und abhängig von Ort und Zeit: In Großbritannien bezieht sich der Nationsbegriff beispielsweise eher auf die Staatsnation, in Deutschland zumeist auf die Kulturnation.221 Freilich spielt dabei die geschichtliche Kontextualisierung eine Rolle.

Im Kontext des aktuellen Verständnisses beschreibt zum Beispiel der Brockhaus die Nation als Rahmen, in welchem Menschen kulturelle sowie politische Souveränität beanspruchen, was den Ideen der Französischen Revolution ähnelt.222 Ein wichtiges Merkmal für die Definition des Nationsbegriffes sei daher neben der innenpolitischen Gleichheit auch die deutliche Trennung von anderen im außenpolitischen Raum.223

Peter Brandt zeigt eine Idee auf, die den „Volksstaat“ oder auch „Nationalstaat“ als „Mittler zwischen Individuum und menschheitlichem Kollektiv“224 begreift, weist dem Staats- und Nationalbegriff eine neue, entscheidende Bedeutung zu, die das Potenzial birgt, das Leben der Bürger verbessern und neue Strukturen in sozialen und bürokratischen Fragen schaffen konnte. Ebenfalls bestärkt diese Auffassung das Ideal deutscher Einheit.

3.1.2 Die Situation im deutschsprachigen Raum um 1800

Mit dem Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation (1806) und Preußens Niederlage gegen Napoleon im gleichen Jahr wurden zwar einige der Konflikte zwischen Konstitution des Reiches und Staatssouveränität beigelegt, doch die neuen Entwicklungen wirkten insofern auch auf die Staatsfrage, dass weitere strukturelle Dilemmata offengelegt wurden und folglich Transformationsprozesse Einzug hielten.225

Somit war es logisch, dass neben Preußen auch in den Rheinbundstaaten wie Bayern Reformen in die Wege geleitet wurden. Trotz der von Napoleon initiierten Staatengemeinschaft konnten diese im Regelfall souverän agieren.226

Nebstdem kann auch die Deutsche Bundesakte, beschlossen und unterzeichnet 1815 auf dem Wiener Kongress, nicht als Staatsverfassung bezeichnet werden, da sie lediglich einem Zusammenschluss vollsouveräner Eigenstaaten den organisatorischen, externen Rahmen gab.227

Inwieweit es möglich ist, die „Nation“ in der napoleonischen Zeit als Kampfbegriff zu bezeichnen, bleibt fragwürdig. Dennoch, wenngleich besonders im frühen 19. Jahrhundert nicht ansatzweise Klarheit über den Terminus und seine exakte Bedeutung herrschte, diente der „Mythos der Nation als Mobilisierungsmittel“228 für die Erhebung gegen die französischen Okkupationsheere.

Dass im deutschsprachigen Raum um 1800 jedoch keine wirkliche Nation im Sinne eines geeinten „Deutschland“ existierte, führt zu der Frage, welche Vorstellungen in ebenjener Zeit hinsichtlich der Staats- und Nationsbildung sowie deutscher nationaler Einheit vorherrschten.

Um eine moderne Nation zu werden, sei es, so Langewiesche, unabdingbar gewesen, in der Umsetzung auch den sozial-gesellschaftlichen Fortschritt und die Legitimation durch die Kirche zu beachten.229 Dies schien bereits im Kontext der deutschen Staaten während der napoleonischen Kriege insofern problematisch, als die Säkularisation der rechtsrheinischen Gebiete die geistlichen Herrschaftsbereiche aufgelöst hatte.230 Letztlich sind die Staaten auf heute deutschem Gebiet um 1800 souveräne Einzelgebilde, die jedoch einen Unterschied zu einem Nationalstaat darstellen, obgleich hier erneut interveniert werden könnte, da nationale Identität und Nationalbewusstsein nicht zwingend auf „Deutschland“, sondern beispielsweise auch auf Preußen oder Bayern (also die Staaten selbst) übertragbar gewesen wäre im Sinne einer eigenen Staats- und Kulturnation. Unbestritten ist die Tatsache, dass das Phänomen der Staatsbildung in der Frühen Neuzeit bis in das 19. Jahrhundert hinein im Zusammenhang mit der geopolitischen Neuordnung Einzug hielt, doch inwiefern damit auch moderne Staaten geschaffen wurden, gilt hingegen als umstritten.231

Somit ist die Frage, inwiefern die heutige Begriffsinternalisierung in Bezug auf „Staat“, insbesondere aber die „Nation“, mit dem Verständnis Anfang des 19. Jahrhunderts vergleichbar ist, nur näherungsweise zu beantworten, da sich in diesem Definitionsbereich viele Graustufen und Entwicklungsschritte zeigen, die in der Debatte beachtet werden müssen.

3.2. Politische Akteure

In der politischen Sphäre begegneten sich in der napoleonischen Zeit unterschiedlichste Charaktere. Im folgenden Abschnitt sollen einige der damals wichtigsten politischen Akteure, Staatsmänner wie Monarchen, hinsichtlich ihrer gedanklichen Horizonte näher beleuchtet werden: Wie...

Erscheint lt. Verlag 13.3.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Geschichte Regional- / Ländergeschichte
ISBN-10 3-384-17291-4 / 3384172914
ISBN-13 978-3-384-17291-4 / 9783384172914
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