Erlösung -  Anselm Grün

Erlösung (eBook)

Ihre Bedeutung in unserem Leben

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
208 Seiten
Vier-Türme-Verlag
978-3-7365-0589-6 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
15,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Erlösung ist ein großes Wort. Doch was bedeutet es eigentlich? Viele Menschen sehnen sich danach, nach der Befreiung von Schuldgefühlen, von Ängsten oder Sinnkrisen. Anselm Grün untersucht die Bedeutung der Erlösung für unser Leben. Er zeigt, wie das befreiende Tun Gottes in Jesus Christus und das Aufzeigen des rechten Weges für jeden Menschen zusammengehören.

P. Dr. theol. Anselm Grün OSB | ist der wohl bekannteste Mönch Deutschlands. Seine Bücher begleiten Menschen unabhängig ihrer Konfession durch das Leben. In Kursen sucht Anselm Grün immer den Kontakt zu seinen Lesern und findet so Inspiration für neue Bücher.

Bei Vorträgen werde ich in der Aussprache immer wieder mit Vorstellungen von Erlösung konfrontiert, die mir weh tun. Da ist auf der einen Seite die Vorstellung von dem blutrünstigen Gott, der den Tod seines Sohnes braucht, um uns vergeben zu können. In manchen Köpfen schwirrt noch immer die Idee herum, dass Gott seinen Sohn sterben lässt, um unsere Sünden zu vergeben. Doch was ist das für ein Gott, der den Tod seines Sohnes nötig hat, um uns vergeben zu können? Ist Gott nicht schon im Alten Testament der barmherzige und vergebende Gott, der vergibt, weil er Gott ist, und nicht, weil sein Sohn für uns stirbt? Viele Menschen wehren sich gegen dieses grausame Gottesbild und lehnen mit dem Gottesbild auch den Gedanken der Erlösung ab. Für sie hat die christliche Erlösungsvorstellung etwas Aggressives und Pessimistisches an sich. Und sie argumentieren, dass sie sich gar nicht erlösungsbedürftig fühlen und dass sie auch keine qualitative Änderung der Geschichte seit dem Tod Jesu erkennen können.

Andere wieder reagieren sehr aggressiv, wenn ich versuche, die biblischen Bilder von Erlösung zu erklären. Die Aussage, dass Gott nicht den Tod seines Sohnes braucht, um vergeben zu können, weil er bedingungslos vergibt, führt manchmal zu aggressiven Vorwürfen, ich würde das Zentrum des christlichen Glaubens leugnen. Ich frage mich dann immer, was diese Aggressivität bedeutet. Manche sagen, für sie sei entscheidend, dass Christus ihre Schuld durch sein Blut abgewaschen habe. Daher brauchen sie sich nicht mehr um ihre Fehler und Sünden zu kümmern. Wenn jemand leidenschaftlich vom Blut Christi spricht, so ist es ihm offensichtlich wichtig. Es trifft einen Lebensnerv. Es ist die Vorstellung, dass er die Schuld nicht selbst abbezahlen muss, weil sie Christus für ihn getragen hat. In dieser Vorstellung ist durchaus etwas Befreiendes. Vielen Christen ist dieses Bild heilsam, weil es sie vom eigenen Leistungsdruck befreit. Aber was heißt dieses Bild wirklich? Muss da das Blut fließen? Muss die Erlösung so grausam geschehen? Manche greifen mich schon an, nur weil ich Fragen stelle. Doch wir haben auch einen Verstand. Und den müssen wir auch befriedigen. Für mich ist es wichtig, dass ich mir die Bibel nicht zurechtbiege, sondern mich ihrer Botschaft stelle. Aber ich muss die Botschaft der Bibel auch mit meinem Verstand verbinden. Mein Namenspatron, der hl. Anselm, hatte als theologisches Programm: »fides quaerens intellectum = der Glaube, der nach Einsicht sucht«. Der Glaube ist die Grundlage unseres Lebens. Aber er sucht auch nach Einsicht und Verständnis. Ich muss auch verstehen können, was ich glaube. So hat es schon der Evangelist Lukas gesehen. Als ein äthiopischer Hofbeamter den Propheten Jesaja liest, da fragt ihn Philippus:

  • Verstehst du auch, was du liest?

Apostelgeschichte 8,30

Und er deutet ihm die Stelle aus dem Propheten, damit er sie verstehen kann. So möchte ich in diesem Buch einige biblische Stellen deuten, damit ich sie selbst einsehen und damit die Leser und Leserinnen sie verstehen können. Die Texte der Bibel zu verstehen heißt immer auch sich selbst besser verstehen, Einblick bekommen in das Geheimnis der eigenen Existenz vor Gott.

Matthew Fox hat die Schöpfungsspiritualität der Erlösungsspiritualität gegenübergestellt. Die Schöpfungsspiritualität beginnt mit der Schöpfung. Sie dankt Gott für den Segen, mit dem er uns in seiner guten Schöpfung gesegnet hat. Matthew Fox meint, die Erlösungsspiritualität gehe zu sehr von der Schuld des Menschen aus und sei in ihrem Ansatz pessimistisch. Sein Einwand richtet sich zu Recht gegen manche Formen von Erlösungstheologie. Und es ist gut, dass wir neu das Geheimnis der Schöpfung bedenken, Gott dafür loben und in Festen unserer Freude über die guten Gaben Gottes Ausdruck verleihen. Gerade in unserer Zeit brauchen wir einen achtsamen und behutsamen Umgang mit der Schöpfung. Doch wir sollten Schöpfungsspiritualität und Erlösungsspiritualität nicht einfach als Gegensätze sehen. Beide Pole sind wichtig. Die Schöpfung ist Gottes erstes Geschenk an den Menschen. Doch der Mensch erlebt nicht nur die Schönheit der Schöpfung. Er erlebt sein Leben auch als brüchig, als gefährdet durch Dunkelheit und Leid, durch Sünde und Schuld. Er erfährt seine Verstrickung in ungerechte Strukturen, in unfaire Auseinandersetzungen der politischen Gruppierungen. Und er spürt die Abgründe in seiner Seele, die Schatten, die nach ihr greifen und sie verdunkeln. Auf die Erfahrung seiner brüchigen Existenz braucht der Mensch genauso eine theologische Antwort wie auf das dankbare Staunen über die Schönheit der Schöpfung.

Die Botschaft von der Erlösung ist eine zentrale biblische Botschaft. In ihr geht es um die Grundfragen des Menschen, die schon im 2. Jahrhundert Clemens von Alexandrien in seiner Auseinandersetzung mit der Gnosis gestellt hat und die jeder für sich immer wieder von neuem beantworten muss:

  • Wer waren wir? Wer sind wir geworden? Wo waren wir? Wohin sind wir geworfen? Wohin eilen wir? Wovon sind wir befreit? Was ist Geburt? Was Wiedergeburt?

Scholten, Gnosis 805

Als ich von 1967 bis 1971 in Rom studiert habe, hat mich immer schon die Frage nach der Erlösung beschäftigt. Was heißt das: erlöst zu werden? Wovon soll ich denn erlöst werden? Wie hat Jesus uns erlöst? Welche Rolle spielt da sein Kreuz? So habe ich schon meine Lizentiatsarbeit mit dem Titel geschrieben: »Erlösung durch das Kreuz bei Paul Tillich«. Und in meiner Doktorarbeit habe ich das Thema fortgesetzt: »Erlösung durch das Kreuz. Karl Rahners Beitrag zu einem heutigen Erlösungsverständnis«. Seitdem ringe ich immer wieder nach einer Antwort auf meine tiefsten Fragen. Und ich spüre, dass ich nie fertig werde, das Geheimnis der Erlösung zu verstehen. In jeder Lebenszeit, in jeder existenziellen Situation tauchen neue Fragen in mir auf und beeinflussen auch die Antworten.

In Diskussionen wird immer wieder argumentiert, die östlichen Religionen, etwa der Buddhismus, seien Selbsterlösung, das Christentum predige dagegen die Erlösung durch Jesus Christus. Christus hat alles für uns getan. Wir brauchen nichts mehr zu tun. Oft werden auch die spirituellen Wege, etwa der Weg der Meditation, der Weg des Enneagramms oder der asketische Weg der Mönche als Selbsterlösung abgelehnt. Für mich ist diese Alternative Selbsterlösung oder Fremderlösung in sich schon falsch gestellt. Einmal ist auch im Buddhismus immer Gott derjenige, der uns aus den Fesseln dieser Welt befreit und erlöst. Zum anderen ist auch Jesus in den Evangelien der Lehrer der Weisheit, der uns einführt in die Kunst des Lebens. Die Evangelisten erzählen uns das Leben Jesu, seine Worte und Lehren, seine Taten, seine Wunder und seine Ausstrahlung. Sie reduzieren das Wirken Jesu nicht auf die Erlösung und nicht auf seinen Tod und seine Auferstehung. Jesus als geschichtliche Gestalt ist für sie wichtig. Seine Art, wie er von Gott redet und wie er den Menschen begegnet, wie er Kranke heilt und Tote auferweckt, ist für sie befreiend und heilend. Christentum ist nicht nur die Botschaft von der Erlösung, sondern die Botschaft von Jesus Christus, der in unserer Geschichte gelebt hat, der anders von Gott gesprochen hat als viele Propheten und Theologen und an dessen Leben etwas sichtbar wird, was auf das Geheimnis Gottes verweist. Jesus hat uns in seiner Verkündigung einen Weg gezeigt, wie wir so leben können, dass unser Leben gelingt. Und das hat für die Evangelisten auch schon etwas mit Erlösung zu tun.

Jesus sagt zu dem Gesetzeslehrer, der ihm die Gebote Gottes aufzählt:

  • Handle danach, und du wirst leben.

Lukas 10,28

Erlösung ist kein magisches Geschehen, das uns von aller Verantwortung für das eigene Leben befreit. Vielmehr hängt es auch von unserem Tun ab, ob unser Leben gelingt oder nicht. Das Geheimnis Jesu besteht darin, dass er keine Lehre verkündet, die von ihm unabhängig ist, sondern dass er das, was er lehrt, mit seinem eigenen Leben bestätigt und vorlebt. Die Nachfolge Jesu ist daher für die Evangelisten Einweisung in das gelingende Leben, ein Weg, auf dem wir in immer größere Lebendigkeit, Freiheit und Liebe hineingehen. Aber auch das ist nur ein Aspekt der Erlösung, wie sie die Evangelisten verstehen. In Jesus ist Gott selbst Mensch geworden, um das beschädigte Menschsein zu heilen und um die Brüchigkeit und Zerrissenheit unseres Lebens mit seinem göttlichen Leben zu erfüllen und auf diese Weise in sich zu einen und heil und ganz zu machen. Jesus ist nicht einfach nur ein eingeweihter Mensch und ein begnadeter Religionsstifter. Wir glauben, dass er Gottes Sohn ist, dass in ihm Gott selbst unser Menschsein angenommen, es vergöttlicht und auf diese Weise geheilt und erlöst hat. Bei der Heilung unseres verletzten und verwundeten Daseins spielt auch der Tod Jesu eine wichtige Rolle. Da heilt Jesus unsere tiefste Wunde. Der amerikanische Psychologe Yalom meint, ohne sich mit der eigenen Todesangst auszusöhnen, gibt es kein gelingendes Leben. Die Evangelisten erzählen uns nicht nur das Leben Jesu, sondern auch seinen Weg der Passion und sein Sterben und Auferstehen, damit wir uns mit dem zentralen Thema unseres Lebens auseinandersetzen: Wie können wir leben angesichts des eigenen Todes? Wie gelingt unser Leben, das im Tod zerbrochen wird? Tod und Auferstehung Jesu sind keine Lehre, sondern eine existenzielle Antwort auf unsere tief in unserer Seele verwurzelte Angst vor dem Tod. Insofern ist das Leben Jesu eine existenzielle Therapie für Menschen, die so gerne vor dem eigenen Tod davonlaufen.

Oft höre ich den Vorwurf, einen spirituellen Weg zu gehen, etwa den Weg der...

Erscheint lt. Verlag 11.3.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Religion / Theologie Christentum
ISBN-10 3-7365-0589-2 / 3736505892
ISBN-13 978-3-7365-0589-6 / 9783736505896
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 737 KB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich

von Jeffrey Geoghegan; Michael Homan

eBook Download (2020)
Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA
12,99
Ein didaktisch-methodischer Leitfaden für die Planung einer …

von Sarah Delling; Ulrich Riegel

eBook Download (2022)
Kohlhammer Verlag
22,99