Blendung als Lebensform
Sonderzahl (Verlag)
978-3-85449-620-5 (ISBN)
Franz Schuh, geb. 1947, Philosoph, Essayist, Schriftsteller und Literaturkritiker, lebt und arbeitet in Wien. Studium der Philosophie, Geschichte und Germanistik, Promotion 1975 mit einer Dissertation über »Hegel und die Logik der Praxis«. Er war und ist darüber hinaus auch als freier Mitarbeiter bei diversen Rundfunkanstalten (ORF, auch WDR 5 in Köln) tätig, seine Essays gelten als paradigmatische Stücke ihrer Gattung.
Bernhard Kraller, Studium der Geschichte und Philosophie, Foto-Text-Monografien zu Ernst Jandl, Friederike Mayröcker, Franz Koglmann/ Ezra Pound (alle Wespennest); Die Sänger von Wien. Über den Historismus der österreichischen Popmusik (kursiv); Hg. v. Adorno/Tobisch: Der private Briefwechsel (Droschl) und Atypical Jazz (Wiener Musik Galerie).
»Die Komödie der Eitelkeit ist wie Thomas Bernhards Heldenplatz - wenngleich auf ganz andere Weise - ein Stück über Faschismus und Nationalsozialismus, über die untergründigen emotionalen und gedanklichen Strömungen, auf denen autoritäre Gesellschaften in alle Fugen und Ritzen des privaten und öffentlichen Lebens eindringen. In der dritten Vorstellung des Stücks kam es im Burgtheater zu einem Eklat. Canetti berichtet in einem Brief davon, er war selbst im Theater. Der Eklat begann mit einem schrillen weiblichen Aufschrei aus dem Publikum, der da lautete: 'Schweinerei.' Von da an bis zur Pause ging es ununterbrochen: 'Aufhören! Vorhang! Unverschämtheit! Schweinerei!' Ganze Reihen verließen das Parkett. Canetti berichtet von einer Frau, die sich vor die Türe seiner Loge stellte und den Dichter anschrie: 'Können Sie keine Zeitkritik ohne Schweinerei betreiben!' Einige Frauen im Theater riefen: 'Wir brauchen eine deutsche Ordnung!'Canetti kommentierte das Ereignis in einem Brief vom 22. Mai 1979 mit den Worten: 'Ich bin noch heute davon überzeugt, dass es sich um eine organisierte Nazi-Affäre gehandelt hat, während viele Wien-Kenner der Meinung waren, es handle sich um einen Protest des alt-idiotischen Abonnement-Publikums.' Jedenfalls zeigen die Reaktionen auf die Premieren von Heldenplatz und der Komödie der Eitelkeit, wo die Schmerzpunkte eines Teils des österreichischen Establishments liegen, und es zeigt sich auch, dass dieser Teil zumindest im kulturellen Leben ausgespielt hat. Nicht nur Bernhards Heldenplatz wurde ein Erfolg, auch Canettis Komödie ging nach dieser dritten Aufführung erfolgreich, jedenfalls ungestört weiter.
Gerald Stieg, an den Canettis oben zitierter Brief gerichtet war, kommentierte den Vorfall im Burgtheater ganz in Canettis Sinn: 'Die Komödie der Eitelkeit hatte also ihre Wirkung am richtigen Ort und zur rechten Zeit getan, im Bildungstempel der Österreicher, die sich mit der Wahl des Juden Kreisky einen endgültigen Persilschein ausgestellt zu haben meinten. Ein Blick aus österreichischem Himmel. Kein Medienskandal wie bei im Voraus kolportierten Übertreibungssätzen Thomas Bernhards war dem vorausgegangen. Premierenpublikum und Kritik hatte sich im Großen und Ganzen verständnisvoll und gastfreundlich verhalten. Doch das authentische Publikum der ehrwürdigen Institution hat eben - bewusst oder instinktiv - genau verstanden, was da auf der Bühne vor sich ging. Es hat sich diese Vivisektion seiner selbst aus dem Jahre 1934 nicht gefallen lassen.'«
Erscheinungsdatum | 17.07.2024 |
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Verlagsort | Wien |
Sprache | deutsch |
Maße | 135 x 210 mm |
Gewicht | 580 g |
Themenwelt | Literatur ► Essays / Feuilleton |
Geisteswissenschaften | |
Sozialwissenschaften | |
Schlagworte | Erfolg • Essays • Geschlecht • Karl Kraus • Kritik • Masse und Macht • Sammelband • Tod • Unglück • Unsterblichkeit |
ISBN-10 | 3-85449-620-6 / 3854496206 |
ISBN-13 | 978-3-85449-620-5 / 9783854496205 |
Zustand | Neuware |
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