Religion, Resilienz und Krise (eBook)

Eine Fallstudie zu Anpassungsfähigkeit, Resilienz und Werten unter Jehovas Zeugen in Österreich während der COVID-19-Pandemie
eBook Download: EPUB
2023 | 2. Auflage
181 Seiten
epubli (Verlag)
978-3-7584-4033-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Religion, Resilienz und Krise -  Markus Kakavis
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Die vorliegende österreichweite Studie untersucht das Zusammenspiel von 'Wertesystemen, Anpassungsfähigkeit und Resilienz in religiösen Gemeinschaften' in Zeiten der Veränderung auf der Basis eines spezifischen Wertesystems anhand einer 'Fallstudie über Jehovas Zeugen in Österreich während der COVID-19 Pandemie' - so auch der Titel der zugrundeliegenden wissenschaftlichen Arbeit des Autors. Das Buch widmet sich dem sozioökonomischen und religiösen Kontext der frühen 2020er Jahre im Lichte der pandemiebedingten Einschränkungen und digitaler Transformation. Es beinhaltet eine qualitative Literaturrecherche zu Resilienz, Religiosität und zugrundeliegenden Werten und Normen der Religionsgemeinschaft. Es präsentiert und analysiert die Umfrageergebnisse, um diese im Kontext anderer Studien - etwa dem Religionsmonitor 2023 - einzuordnen und dabei einen Einblick in die religiösen Praxis der Religionsgesellschaft zu ermöglichen.

Der 50jährige selbständige Unternehmensberater und Experte für Projekt- und Veränderungsmanagement verbindet in seiner Arbeit die Expertise aus über 25 Jahren Tätigkeit in renomierten internationalen Organisationen mit seinem Interesse an der Beantwortung zentraler Lebensfragen & Multikulturalität.

Der 50jährige selbständige Unternehmensberater und Experte für Projekt- und Veränderungsmanagement verbindet in seiner Arbeit die Expertise aus über 25 Jahren Tätigkeit in renomierten internationalen Organisationen mit seinem Interesse an der Beantwortung zentraler Lebensfragen & Multikulturalität.

Ausgangssituation                                    

Die Zeit der Corona-Pandemie zu Beginn der 2020er Jahre steht exemplarisch für das VUCA3- und BANI4-Umfeld, durch das die Menschheit im 21. Jahrhundert navigieren muss. Unser Leben ist volatil – geprägt von Instabilität, Veränderung und damit einhergehender Unsicherheit. Trotz Informationsüberfluss herrscht ein Mangel an relevanten und gesicherten Informationen, Klarheit und Vorhersehbarkeit. Eine Vielzahl variabler und interdependenter Faktoren erhöht die Komplexität. Das simple Ursachen-Wirkungsprinzip hat mehrheitlich ausgedient und wird ersetzt durch das komplexe Zusammenspiel zahlreicher Variablen. Verfügbare Informationen können ebenso wie Zielsetzungen und Aufgaben mehrdeutig sein und schließen einander mitunter gar aus. Die Bewertung der jeweiligen Situation birgt Unsicherheit und divergente Interpretationsmöglichkeiten. Diese Wahrnehmung belastet den Menschen zunehmend (vgl. Bennet & Lemoine, 2014).

2.1 Sozioökonomisches Umfeld im Jahr 2020

Ein Merkmal von Krisen ist je nach Art, Umfang und Intensität das partielle oder ganzheitliche Außerkraftsetzen eingespielter Steuerungssysteme. In zahlreichen Ländern, wenn auch mitunter zeitversetzt, führte die COVID-19-Pandemie zu Unsicherheit in Politik und Bevölkerung, Wirtschaftsabschwüngen, einer nachhaltigen Veränderung der Arbeitsplatzsituation – Stichworte „Remote Work“, „Homeoffice“ –, steigenden Arbeitslosenzahlen, einer verstärkten Belastung der Gesundheitssysteme und sozialen Spannungen (vgl. Statista, 2022).

2.1.1 Leben in einem BANI- und VUCA-Umfeld

Die Etablierung der Abkürzungen BANI und VUCA reflektiert die Bestrebung, die facettenreichen Realitäten des 21. Jahrhunderts an Hand von jeweils vier Adjektiven zu charakterisieren. Diese sind nicht nur der digitalen Transformation geschuldet, sondern umfassen weiters Aspekte politischer und sozialer Unsicherheiten, gesellschaftliche und politische lokale wie regionale Verwerfungen, Klimawandel, Globalisierung, eine weltweite Pandemie und mehr (vgl. Mattenberger et al, 2023).

Das Akronym VUCA – kurz für ein durch Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit geprägtes Umfeld – wurde bereits in den 1980er Jahren geprägt. Volatilität (V) meint die zunehmende Geschwindigkeit von Veränderung in zahlreichen Lebensbereichen – technologisch, im Arbeitsumfeld wie auch privat – sowie das zunehmende Verschwimmen von Grenzen, einen Anstieg von Unvorhersehbarkeit und daraus resultierend zunehmende Planungsunsicherheit (U). Die weltweite wirtschaftliche Verflechtung und gegenseitige Abhängigkeit zahlreicher Faktoren führen zu einer für die Einzelperson schwer durchschaubaren Komplexität (C). Ambiguität (A) verweist auf die Vielschichtigkeit, Variabilität und Widersprüchlichkeit der Welt von heute. Beispielhaft seien neben der Corona-Pandemie und ihren Auswirkungen Veranschaulichungsfälle wie Bitcoin, die umfassenden Konsequenzen eines im Suez-Kanal festgefahrenen Containerschiffs, die Auswirkung nationaler Präsidentschaftswahlen auf die Weltpolitik oder auch das paradoxale Phänomen, dass trotz der digitalen Vernetzung und online gepflegter Freundschaften eine wachsende soziale Isolation bei Menschen zu beobachten ist, herangezogen (vgl. Mattenberger et al, 2023).

Hrychnak und Motuzka (2023) leiten daraus die Notwendigkeit seitens Verantwortlicher in Organisationen ab, Anpassungsfähigkeit zu fördern, neues Wissen zu generieren, Soft Skills zu entwickeln und effektive Kommunikationswege zu etablieren. Sie konstatieren, Führungsverantwortliche hätten die Aufgabe, Prozesse anpassen, um Mitarbeitern oder Mitgliedern dabei zu helfen, Stress bestmöglich zu bewältigen und Entscheidungen unter Unsicherheit treffen zu können. Flexibilität in der Planung und innere Ruhe seien in kritischen Momenten unerlässlich, ebenso wie Konzentration auf Stabilität, Antifragilität, emotionale Intelligenz und Transparenz.

BANI – als deutlich jüngere Entwicklung – hingegen „versteht die Welt als brüchig, ängstlich, nicht linear und sogar unbegreiflich“ und reflektiert aus einem tendenziös negativ behafteten Blickwinkel das Chaos (Mattenberger et al, 2023).

Das Akronym umfasst vier Begriffe, welche die Konzepte von Brüchigkeit, Ängstlichkeit, Nichtlinearität und Unverständlichem verdeutlichen wollen. Es impliziert, dass die Bewältigung solcher Herausforderungen eine vorherige Stabilisierung der Situation erfordere, bevor eine umfassende Problemanalyse und Lösungsfindung überhaupt möglich sei. Achtsamkeit, Flexibilität, Transparenz und Intuition seien angemessene Reaktionsweisen. Die Wortkreationen sollen dazu beitragen, das komplexe Lebensumfeld verbal zu erfassen und somit verständlicher zu gestalten. Handlungsempfehlungen in einem solch volatilen und von Veränderung geprägten Umfeld beinhalten Ehrlichkeit und Optimismus in Verbindung mit offener Kommunikation, dem gemeinsamen Erarbeiten kreativer Lösungsansätze, Verlässlichkeit und Anerkennung vorhandener Ressourcen und Kompetenzen (vgl. Hrychnak & Motuzka, 2023; Mattenberger et al, 2023).

2.1.2 Digitale Transformation

Während der Ausdruck „Digitalisierung“ die Umwandlung, Speicherung und Codierung von analogen Datenbeständen und Informationen in ein digitales Format meint, umfasst die Begrifflichkeit „Digitale Transformation“ die Veränderung ökonomischer, betrieblicher, organisationaler oder gesellschaftlicher Strukturen als Folgewirkung der Digitalisierung, getrieben durch die Möglichkeiten des technischen Fortschritts (vgl. Schlegel & Lichtsteiner, 2020; Appelfeller & Feldmann, 2018).

Schlegel und Lichtsteiner (2020) vertreten die Auffassung, dass die digitale Transformation eine maßgebliche Herausforderung für Non-Profit-Organisationen und ihre Mitglieder darstelle. Dies liege daran, dass sie gleichzeitig als Chance wie auch als Bedrohung für ihre Struktur wirken könne. Die Ergebnisse ihrer Studie legen nahe, dass viele Organisationen zwar den Pfad in eine immer stärker vernetzte Zukunft einschlagen, jedoch bei der konsequenten Umsetzung Schwächen aufweisen.

Auch Kirchen und Religionsgemeinschaften parierten die durch die politische Reaktion auf die Pandemie hervorgerufenen Einschränkungen des öffentlichen Lebens durch verstärkte Digitalisierung der Verkündigung und die Schaffung digitaler Verkündigungsangebote – inklusive neuer Formen der Gottesdienste, was gerade bei jenen, die stark mit ihren Kirchen verbunden sind, eine gewisse Resonanz hervorrief. Jehovas Zeugen begannen frühzeitig mit einer Sensibilisierung der Gläubigen aller Altersstufen im Hinblick auf die Nutzung elektronischer Geräte in der Glaubenspraxis, weshalb auch die Umstellung auf digitale und später hybride Zusammenkünfte zügig und ohne nennenswerte Komplikationen erfolgte (vgl. Bundeskanzleramt, 2023; Wischmeyer, 2020; WTBTS [3], 2020; vgl. Kap. 4.3.3 und 4.4.5).

2.2 Religiöses Umfeld zu Beginn der 2020er Jahre

El-Menouar ([1] 2023, S.7f) spricht von einem 50prozentigen Zuwachs an weltweiten Gebetsanfragen über die Suchmaske von Google zu Beginn der COVID-19 Pandemie, was zumindest bei einem begrenzten Bevölkerungsanteil auf religiöses Verhalten als Bewältigungsmechanismus in der Krise schließen lässt. So untersucht der Religionsmonitor 2023 die Rolle der Religion in verschiedenen Gesellschaften für den sozialen Zusammenhalt und analysiert, wie Menschen die Pandemie erlebt haben und welche Rolle Religion als „Coping Strategie“ sowie als gesellschaftliches System spielt. Die Studie zeigt länderübergreifende Säkularisierungstrends, dennoch ist die Krise für viele ein Auslöser für die Beschäftigung mit der Sinnfrage. Religiöse Menschen wenden sich verstärkt der Religion als Ressource zur Bewältigung der Herausforderung zu, gleichzeitig spielt sie im Verhältnis zu anderen Systemen und Ressourcen, wie Familie oder Nachbarschaft, nur eine untergeordnete Rolle (vgl. Bentzen, 2021).

Hillenbrand und Pollack (2023, S. 45ff) kommen zu dem Schluss, dass Gebets- und Meditationshäufigkeit insgesamt während der Pandemie unverändert bleiben und andere Gesellschaftsbereiche einen größeren Einfluss auf die Bewältigungsmechanismen der Menschen insbesondere in Mitteleuropa haben.

Die gesellschaftliche Rolle der Religion in Krisenzeiten ist ambivalent. Institutionelle religiöse Strukturen verlieren gerade in säkularen Gesellschaften an Einfluss, wirken aber dennoch als soziale Ressource, die insbesondere innerhalb der Mitglieder einer Kirchengemeinschaft oder Religionsgesellschaft, greift. Um die Potenziale der Krisenbewältigung bestmöglich zu nutzen, sei eine Brückenbildung zwischen diversen gesellschaftlichen Schichten, einschließlich divergierender weltanschaulicher und religiöser Gruppen, notwendig (vgl. El-Menouar [3], 2023).

Bezogen auf Jehovas Zeugen verweist Holden (2002) auf einen eklatanten Mangel an relevanter wissenschaftlicher Literatur, insbesondere seit Ende der 1970er Jahre. Er unternimmt eine ethnografische Untersuchung mit Schwerpunkt auf Geschichte und Lehre.

Rezentere Literatur beinhaltet eine Analyse der Mediennutzung durch die Glaubensgemeinschaft (vgl. Krüger & Rota, 2015), die umfangreiche Studie und Analyse zur Religionsorganisation durch Chryssides (2016), geschichtslastige Abhandlungen von Knox (2018) sowie Besier und Stoklasa (2018) oder Jakli (2015) und einen aktuellen komprimierten Überblick über die...

Erscheint lt. Verlag 5.12.2023
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Religion / Theologie Christentum
Schlagworte Corona • Covid-19 • Jehovas Zeugen • Pandemie • Religiosität • Resilienz • Studie
ISBN-10 3-7584-4033-5 / 3758440335
ISBN-13 978-3-7584-4033-5 / 9783758440335
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