Von der Menschwerdung Jesu Christi (eBook)
280 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7583-7777-8 (ISBN)
Jakob Böhme (1575-1624) gilt in der deutschen Geschichte für die einen als Verfasser mystischer, geheimnisvoller Schriften, für die anderen als "Vater der deutschen Philosophie" - "Philosophus Teutonicus" wurde er zuerst von seinem Freund Dr. Balthasar Walter genannt. Wie war das möglich oder wie kam es dazu, zumal er als ganz normaler Handwerker den Beruf eines Schuhmachers ausgeübt hatte? Seine Schriften waren allerdings bereits damals sehr schwer verständlich. Der Philosoph Friedrich Hegel (1770-1831) stellte dies zutreffend durch die besondere barocke Ausdrucksweise Böhmes in Verbindung mit einem deutsch-lateinischen Sprachgemisch fest. Wenn man allerdings die Werke ganz im Sinne Hegels - nämlich die Gedanken hinter den Buchstaben zu erkennen - interpretierend übersetzt, tritt ein literarischer Schatz ans Tageslicht. Jakob Böhme entpuppt sich als sprachgewaltiger Autodidakt, der - wie viele moderne Menschen - zutiefst depressiv über die Zustände der damaligen Zeit auf der Suche nach dem Sinn des Daseins war und als Antwort eine Offenbarung riesigen Ausmaßes erhielt (Aurora 19, 12-13): "12. Was aber hier für ein Triumphieren im Geiste gewesen ist, kann ich nicht beschreiben oder darüber reden ... 13. In diesem Lichte hat mein Geist alsbald durch alles gesehen und an allen Kreaturen, sowohl an Kraut und Gras, Gott erkannt, wer Er ist und wie Er ist und was Sein Wille ist." Der Leser kann nunmehr erstmals nach 400 Jahren an den faszinierenden Erkenntnissen und Visionen eines Menschen teilnehmen, in dessen normalen Alltag als Handwerker und Familienvater ein paranormales Phänomen hereinbricht und grundlegend verändert: Beginnend mit seinem Erstlingswerk "Aurora oder Morgenröte im Aufgang" 1612 verfaßt er von 1619 bis zu seinem Tode 1624 sieben weitere Bücher, 18 kleinere Schriften und unzählige Sendbriefe an seinen Leserkreis. Jakob Böhme hat prophezeit, daß eine Zeit kommen wird, in der seine Schriften wohl dienen werden. Der Leser möge selbst entscheiden, ob diese Zeit jetzt gekommen ist!
I. Die Menschwerdung des ewigen Wortes
1. Der Ursprung des ewigen göttlichen Wesens
Die Person Christi wie auch seine Menschwerdung kann mit dem natürlichen Verstand oder dem Buchstaben der Heiligen Schrift ohne göttliche Erleuchtung nicht erkannt werden.
1. Als Christus seine Jünger fragte: „Wer, sagen die Leute, daß der Menschensohn sei?" antworteten sie ihm: „Etliche sagen, du seiest Elias, etliche, du seiest Johannes der Täufer oder einer der Propheten." – Er fragte sie und sprach: „Wer saget denn ihr, daß ich sei?" – Da antwortete Petrus ihm: „Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn." – Und er antwortete ihm und sprach: „Wahrlich, Fleisch und Blut hat dir das nicht offenbart, sondern mein Vater im Himmel." (Matth. 16, 13–17)
Darauf verkündigte er ihnen sein Leiden, Sterben, Tod und Auferstehen (Matth. 16, 21), um aufzuzeigen, daß die eigene Vernunft mit ihrem Weltverstand und Weltweisheit die Person, die Gott und Mensch war, nicht mit ihrer Vernunft erkennen oder begreifen kann. Sondern Er würde meistenteils nur von denen richtig erkannt werden, die sich ihm gänzlich hingeben, die ihm mit Ernst anhängen und um seines Namens willen Kreuz, Trübsal und Verfolgung erleiden würden.
Daher ist es denn auch geschehen, daß er, als er noch sichtbar bei uns auf dieser Welt wandelte, von den Vernunftgläubigen am wenigsten erkannt wurde. Auch wenn er in göttlichen Wundern einherging, so war doch die äußere Vernunft so blind und unverständig, daß solche großen göttlichen Wunder von den Klügsten der Vernunft dem Teufel zugeschrieben wurden. Und wie Er zu der Zeit, als Er in dieser Welt sichtbar wandelte, von der eigenen menschlichen Vernunft und Verstand unerkannt geblieben ist, so ist und bleibt er jetzt wieder der äußeren Vernunft unbekannt und unerkannt.
2. Daraus ist sehr viel Zank und Streit um seine Person entstanden, weil die äußere Vernunft immer zu ergründen versuchte, was Gott und Mensch sei, wie Gott und Mensch eine Person sein könnte. Dieser Streit hat den Erdkreis erfüllt, da die eigene Vernunft immer glaubte, sie habe das „Perllein" ergriffen und dabei nicht bedacht, daß Gottes Reich nicht von dieser Welt ist und Fleisch und Blut es nicht erkennen oder begreifen, viel weniger ergründen kann.
3. So ist nun von einem jeden zu fordern, der von göttlichen Geheimnissen reden oder lehren will, daß er auch Gottes Geist hat und seine Sache, die er für wahr ausgeben will, im göttlichen Licht erkennt und nicht aus der eigenen Vernunft saugt. Also daß er sich nicht ohne göttliche Erkenntnis auf den bloßen Buchstaben nach seiner Meinung stützt und die Schrift bei den Haaren herbeizieht, wie es von der Vernunft geschieht, woraus so trefflich viel Irrtum entstanden ist, weil man die göttliche Erkenntnis im eigenen Verstand und Wissen gesucht hat und so von der Wahrheit Gottes in die eigene Vernunft geraten ist und die Menschwerdung Christi für eine fremde und ferne Angelegenheit gehalten hat. Obwohl wir doch alle in derselben Menschwerdung wieder aus Gott geboren werden müssen, wenn wir dem Zorn der ewigen Natur entweichen wollen.
4. Daher habe ich mir vorgenommen, dieses hohe Geheimnis nach meiner Erkenntnis und Gaben zu einem Memorial zu schreiben, weil es denn für die Kinder Gottes ein nahes und vertrautes Werk ist, womit sie täglich und stündlich umgehen und immer in die Menschwerdung Christi eingehen sollen und aus der irdischen Vernunft ausgehen und also in diesem Jammerleben in der Geburt und Menschwerdung Christi geboren werden müssen.
So habe ich eine Ursache, mich auch herzlich mit meinem Immanuel Christus daran zu ergötzen und zu erquicken, weil ich auch neben anderen Kindern Christi in dieser Geburt stehe, auf daß ich ein Denkmal und Aufrichtung hätte, wenn mich ja das finstere und irdische Fleisch und Blut mit des Teufels Gift überziehen und mir mein Bildnis verdunkeln wollte.
Daher habe ich es mir als eine Übung des Glaubens vorgenommen, damit sich meine Seele als ein Ästlein an ihrem Baum Jesus Christus an seinem Saft und seiner Kraft erquicken und solches nicht mit klugen und hohen Reden der Kunst oder aus der Vernunft dieser Welt vermischen möge, sondern nach der Erkenntnis, die ich von meinem Christus-Baum habe, auf daß mein Zweiglein auch neben anderen im Baum und Leben Gottes grünt und wächst. Auch wenn ich es zwar hoch und tief erkläre und ganz klar darstellen werde, so soll doch dem Leser dies gesagt sein, daß es ihm ohne Gottes Geist ein Mysterium und unbegreiflich sein wird. Darum sehe ein jeder zu, was er anrichtet, damit er nicht in Gottes Gericht fällt und von seinem eigenen Zorn gefangen wird und ihn seine eigene Vernunft stürzt, sage ich wohlmeinend und gebe es dem Leser zu bedenken.
5. Wenn wir von der Menschwerdung und Geburt Jesu Christi, des Sohnes Gottes, schreiben und davon richtig reden wollen, so müssen wir die Ursachen erwägen, was Gott bewogen hat, daß Er ein Mensch geworden ist. Zumal Gott dies für sein Wesen nicht nötig gehabt hätte. Man kann auch mitnichten sagen, daß sich sein eigenes Wesen in der Menschwerdung verändert habe: Denn Gott ist unveränderlich und ist doch geworden, was er nicht war. Aber seine Eigenschaft ist dadurch unveränderlich geblieben. Es war Ihm nur um das Heil des gefallenen Menschen zu tun, daß er ihn wieder ins Paradies brächte.
Wir müssen hier den ersten Menschen betrachten – wie er vor seinem Falle gewesen ist: Um dieser Ursache willen hat sich die Gottheit bewegt, was wir Menschen genau zu beachten haben.
6. Wir wissen, daß Moses gesagt hat, Gott habe den Menschen nach seinem Gleichnis als ein Bildnis aus sich geschaffen (Gen. 1, 27). Verstehe also, daß sich Gott, der ein Geist ist, in einem Bildnis sieht wie in einem Gleichnis. Nicht anders hat er auch diese Welt geschaffen, daß er so die ewige Natur wesentlich offenbart, auch in lebendigen Kreaturen und Figuren. Dies alles ist ein Gleichnis und Ausgeburt aus der ewigen Natur der ersten Schöpfung, was vor den Zeiten der Welt in Gottes Weisheit wie ein verborgenes Abbild stand und vom Geist Gottes durch die Weisheit gesehen wurde, der in der Anfangszeit dieser Welt die ewige Natur bewegt und der verborgenen göttlichen Welt ein Gleichnis hervorgebracht und eröffnet hat.
Denn die feurige Welt stand im Licht Gottes wie verschlungen und verborgen, weil allein das Licht der Majestät in sich selbst regiert hat. Aber es ist nicht daran zu denken, daß die feurige Welt nicht da gewesen ist. Sie ist da gewesen, aber sie hat sich in ihr eigenes Prinzip getrennt und ist im Licht der Majestät Gottes nicht offenbar geworden, wie uns dies am Feuer und Licht erkennbar ist: Das Feuer ist zwar eine Ursache des Lichtes und doch wohnt das Licht im Feuer – vom Feuer unergriffen – und besitzt eine andere Eigenschaft als das Feuer. Denn das Feuer ist grimmig und verzehrend und das Licht ist sanftmütig. Aus seiner Kraft entsteht eine Eigenschaft wie Wasser oder der Stoff eines Dinges, das das Feuer an sich zieht und zu seiner Stärke und Leben braucht und so ist es ein ewiges Band.
7. Dieses Feuer und göttliche Licht ist zwar von Ewigkeit in sich selbst stillgestanden, wo sich ein jedes nach seiner Ordnung in seiner Eigenschaft befand und es hat weder Grund noch Anfang, denn das Feuer hat in sich seine eigene Gestalt entsprechend seiner Eigenschaft wie das Begehren, aus welchem und in welchem alle Gestalten der Natur geboren werden, da jede eine Ursache der anderen ist, wie in den anderen Schriften ausführlich dargelegt worden ist.
Wir sehen im Licht der Natur, wie sich das Feuer in seiner eigenen Eigenschaft befindet, so wie in der herben begehrenden Eigenschaft in sich selbst eine Finsternis war, die in der Sanftmut Gottes wie verschlungen war, da sie nicht wie eine Eigenschaft, sondern wie ein Stoff in sich selbst und nicht entzündbar war. Auch wenn es gebrannt hat, so ist es doch als ein eigenes Prinzip in sich selbst nur empfindlich gewesen; denn es waren von Ewigkeit nur zwei Prinzipien vorhanden: das eine aus sich selbst die feuernde Welt und das andere auch aus sich selbst die lichtflammende Welt, da sie doch auch nicht getrennt waren, wie das Feuer und Licht nicht getrennt sind und das Licht im Feuer wohnt, aber vom Feuer nicht ergriffen wird.
8. Wir müssen also zweierlei Eigenschaften ineinander verstehen:
Eine feurige nach der Eignschaft der herben und strengen Natur, aus dem hitzigen und auch kalten, strengen, stofflichen Feuer, das als Gottes Zorn-Geist und Eigenschaft erkannt wird. Sie gehört zu des Vaters Eigenschaft, nach welcher er sich einen zornigen eifrigen Gott und ein verzehrendes Feuer nennt, unter welchem das erste Prinzip verstanden wird.
Und dann eine sanfte lichtflammende Eigenschaft, die von Ewigkeit im Zentrum des Lichts seine Verwandlung empfängt, denn sie ist nach dem ersten Prinzip in des Vaters Eigenschaft ein feuernder Geist und nach dem zweiten Prinzip im Licht ein lichtflammender Geist, welcher sich von Ewigkeit so erzeugt. Es...
Erscheint lt. Verlag | 11.10.2023 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Geschichte ► Regional- / Ländergeschichte |
ISBN-10 | 3-7583-7777-3 / 3758377773 |
ISBN-13 | 978-3-7583-7777-8 / 9783758377778 |
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