Realität+ (eBook)

Virtuelle Welten und die Probleme der Philosophie | Wie VR, AR und KI uns dabei helfen, die tiefsten Menschheitsrätsel zu lösen | Sachbuchbestenliste von WELT, NZZ, WDR5 und Ö1
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
638 Seiten
Suhrkamp (Verlag)
978-3-518-77564-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Realität+ -  David J. Chalmers
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Virtuelle Realität ist echte Realität! In seinem höchst originellen Buch liefert der international führende Philosoph David J. Chalmers eine verblüffende Analyse unserer technologischen Zukunft. Er argumentiert, dass virtuelle Welten keine Welten zweiter Klasse sind und dass wir in der virtuellen Realität ein sinnvolles Leben führen können - ja, vielleicht befinden wir uns sogar schon in einer Simulation.

Auf dem Weg dorthin unternimmt Chalmers eine mitreißende Tour durch die großen Ideen der Philosophie und der Wissenschaft. Er nutzt die Technologie der virtuellen Realität, um neue Perspektiven auf altbekannte philosophische Fragen zu eröffnen. Woher wissen wir, dass es eine Außenwelt gibt? Gibt es einen Gott? Was ist die Natur der Realität? Was ist die Beziehung zwischen Geist und Körper? Wie können wir ein gutes Leben führen? All diese Fragen werden durch Chalmers' Analyse in ein anderes Licht gerückt und dadurch auf fruchtbare Weise erhellt.

Gespickt mit wunderbar gewitzten Illustrationen, die abstrakte philosophische Themen anschaulich werden lassen, ist Realität+ ein Grundlagenwerk, das die Diskussion über Philosophie, Wissenschaft und Technologie in den kommenden Jahren prägen wird.



David J. Chalmers, geboren 1966, ist Professor f&uuml;r Philosophie und Neurowissenschaften sowie Kodirektor des Center for Mind, Brain and Consciousness an der New York University. Er gilt als einer der einflussreichsten Philosophen der Gegenwart, der mit seiner Konzeption des<em> &raquo;hard problem&laquo;</em> die Philosophie des Geistes der letzten Jahrzehnte ma&szlig;geblich gepr&auml;gt hat. F&uuml;r sein Werk erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, u. a. den Jean-Nicod-Preis. Chalmers ist Mitglied der American Academy of Arts and Sciences und der Australian Academy of the Humanities.

9Einleitung


Streifzüge durch die Technophilosophie

Als ich zehn Jahre alt war, entdeckte ich Computer für mich. Der erste war ein PDP-10, ein Großrechner in der Klinik, in der mein Vater arbeitete. Ich brachte mir selbst bei, einfache Programme in der Computersprache BASIC zu schreiben. Wie es für einen Zehnjährigen typisch ist, freute ich mich besonders, als ich entdeckte, dass man auf einem Computer auch spielen kann. Eines der Spiele war bloß mit »ADVENT« beschriftet. Ich startete es und sah Folgendes:

Du stehst am Ende einer Straße vor einem kleinen Backsteingebäude.

Du bist umgeben von einem Wald.

Ein Rinnsal fließt aus dem Gebäude und einen Abfluss hinab.

Ich fand schnell heraus, dass ich mich mit Befehlen wie »Go north« [Gehe nach Norden] oder »Go south« [Gehe nach Süden] fortbewegen konnte. Ich betrat nun das Gebäude und fand dort etwas zu essen, Wasser, mehrere Schlüssel und eine Lampe. Dann ging ich wieder nach draußen und stieg durch einen Gully hinab in ein unterirdisches Höhlensystem. Schon bald kämpfte ich gegen Schlangen, suchte nach Schätzen und schleuderte Äxte auf gefährliche Angreifer. Das Spiel bestand dabei allein aus Text, es gab keinerlei Grafiken, und doch konnte ich mir das Höhlensystem, das sich unter der Erdoberfläche erstreckte, leicht vorstellen. Ich spielte dieses Spiel monatelang, drang immer weiter und tiefer in diese Welt vor und machte mir Schritt für Schritt einen Plan von ihr.

Man schrieb das Jahr 1976, das Spiel hieß Colossal Cave Adventure und es war meine erste virtuelle Welt.

In den folgenden Jahren entdeckte ich dann Videospiele für mich. Es 10begann mit Pong und Breakout und als man auf einmal Space Invaders in unserer Shopping Mall spielen konnte, waren meine Brüder und ich wie besessen davon. Schließlich bekam ich einen Apple-II-Computer und wir konnten zu Hause pausenlos Asteroids und Pac-Man spielen.

Seitdem sind virtuelle Welten aufwändiger geworden. In den 1990er Jahren waren Doom und Quake bahnbrechend für Spiele aus einer Ego-Perspektive, in den 2000ern verbrachte man dann zum ersten Mal viel Zeit in virtuellen Multiplayer-Welten wie Second Life oder World of Warcraft. In den 2010er Jahren machten die ersten kommerziellen Virtual-Reality-Brillen, wie zum Beispiel die Oculus Rift, von sich reden. Das war auch das Jahrzehnt, in dem erstmals Augmented-Reality-Umgebungen wie Pokémon Go, in denen virtuelle Objekte die physische Welt erweitern, eine größere Verbreitung fanden.

Heute finden sich zahlreiche Virtual-Reality-Systeme in meinem Arbeitszimmer, darunter eine Oculus Quest 2 und eine HTC Vive. Ich setze mir zuweilen ein Headset auf, öffne eine Anwendung und schon befinde ich mich in einer virtuellen Welt. Die physische Welt ist dann völlig verschwunden und ersetzt durch eine computergenerierte Umgebung. Um mich herum befinden sich nun virtuelle Gegenstände, zwischen denen ich mich bewegen und die ich beeinflussen kann.

Ebenso wie die gewöhnlichen Videospiele von Pong bis Fortnite umfasst auch die virtuelle Realität (oder VR) eine virtuelle Welt, das heißt einen interaktiven, computergenerierten Raum. Das Besondere an der VR ist, dass diese virtuellen Welten darüber hinaus immersiv sind: Anstatt auf einen zweidimensionalen Bildschirm zu blicken, taucht man in der VR in eine dreidimensionale Welt ein, die man so hören und sehen kann, als würde man sich in ihr befinden. Zu virtueller Realität gehört also ein immersiver, interaktiver und computergenerierter Raum.

Ich habe schon viel in der VR erlebt. Ich habe einen weiblichen Körper angenommen und Attentäter abgewehrt, bin wie ein Vogel geflogen, zum Mars gereist, habe mir ein menschliches Gehirn von innen angesehen und war dabei von Neuronen umgeben. Ich habe 11über einer Schlucht auf einer Planke gestanden und hatte riesige Angst, obwohl ich genau wusste, dass ich, wenn ich springen würde, unter der Planke gefahrlos direkt auf dem nichtvirtuellen Boden landen würde.

Wie viele andere habe auch ich während der Pandemie 2020 und 2021 viel Zeit damit verbracht, über Zoom und andere Videokonferenz-Software mit Freundinnen, Familienangehörigen und Kollegen zu sprechen. Zoom ist zwar bequem, doch es hat auch seine Grenzen. Echter Augenkontakt ist zum Beispiel schwierig, die Interaktion in einer Gruppe ist eher holprig als zusammenhängend und man hat einfach nicht das Gefühl, sich gemeinsam in einem Raum zu befinden. Ein Grund für dieses Problem ist, dass Videokonferenzen keine virtuelle Realität sind. Sie sind zwar interaktiv, aber sie sind weder immersiv noch gibt es dabei eine gemeinsame virtuelle Welt.

Während der Pandemie traf ich mich auch einmal pro Woche mit einer lustigen Truppe von Philosophinnen in der VR, um viele verschiedene Plattformen und Aktivitäten auszuprobieren: Wir sind mit Engelsflügeln in Altspace geflogen, haben in Beat Saber zu einem bestimmten Rhythmus Würfel zerhackt, uns auf der Empore von Bigscreen über Philosophie unterhalten, in Red Room Paintball gespielt, in Spatial Vorlesungen gehalten und in VRChat bunte Avatare ausprobiert. Die VR-Technologie ist noch längst nicht perfekt, aber wir hatten trotzdem das Gefühl, uns in einer gemeinsamen Welt zu befinden. Als wir einmal nach einem kurzen Vortrag zu fünft beisammenstanden, meinte jemand: »Das ist ja hier genau wie eine Kaffeepause auf einer Philosophiekonferenz.« Wenn in ein oder zwei Jahrzehnten die nächste Pandemie ausbricht, werden sich wahrscheinlich viele Menschen in immersive virtuelle Welten begeben, die speziell auf soziale Interaktionen ausgelegt sind.

Auch die Augmented Reality [erweiterte Realität] oder AR macht rasche Fortschritte. Diese Systeme bieten uns eine Welt, die teils virtuell und teils physisch ist, indem sie die gewöhnliche physische Welt um virtuelle Objekte erweitern. Ich selbst habe noch keine Augmented-Reality-Brille, aber es heißt, dass Firmen wie Apple, Facebook und Google bereits daran arbeiten. Augmented-Reality-Systeme ha12ben das Potenzial, die Bildschirmarbeit vollständig zu ersetzen oder zumindest physische Bildschirme durch virtuelle zu ersetzen. Eine Interaktion mit virtuellen Gegenständen könnte für uns damit alltäglich werden.

Die heutigen VR- und AR-Systeme sind noch sehr einfach, die Headsets und Brillen klobig und die visuelle Auflösung virtueller Gegenstände ist grobkörnig. Virtuelle Umgebungen sind zwar audiovisuell immersiv, doch man kann in ihnen keine virtuellen Oberflächen berühren, keine virtuellen Blumen riechen und keinen virtuellen Wein trinken.

Diese vorläufigen Grenzen werden wir jedoch überwinden. Die Physik-Software, die der VR zugrunde liegt, wird immer besser. In den nächsten Jahren werden die Headsets kleiner werden und man wird zu Brillen, Kontaktlinsen und schließlich zu Retina- oder Gehirnimplantaten übergehen. Die visuelle Auflösung wird sich stetig verbessern, bis eine virtuelle Welt letztlich genauso aussehen wird wie eine nichtvirtuelle, und auch für Berührungen, Riechen und Schmecken werden wir Lösungen finden. Womöglich werden wir sogar einen großen Teil unseres Lebens in diesen Umgebungen verbringen – sei es bei der Arbeit, um soziale Kontakte zu pflegen oder zu unserer Unterhaltung.

Ich vermute, dass wir innerhalb eines Jahrhunderts über virtuelle Realitäten verfügen werden, die sich nicht mehr von der nichtvirtuellen Welt unterscheiden lassen. Möglicherweise werden wir uns über Gehirn-Computer-Schnittstellen an Geräte anschließen und so unsere Augen, Ohren und anderen Sinnesorgane umgehen. Diese Geräte werden extrem detaillierte Simulationen physischer Realitäten ermöglichen und physikalische Gesetze simulieren, die das Verhalten eines jeden Gegenstands innerhalb dieser Realitäten festlegen.

Manchmal wird uns die VR in Abwandlungen der uns...

Erscheint lt. Verlag 19.6.2023
Übersetzer Björn Brodowski, Jan-Erik Strasser
Sprache deutsch
Original-Titel Reality+. Virtual Worlds and the Problems of Philosophy
Themenwelt Geisteswissenschaften Philosophie Philosophie der Neuzeit
Schlagworte AI • aktuelles Buch • Bestseller bücher • buch bestseller • bücher neuerscheinungen • Chat-GPT • Cyberspace • Existenzfragen • KI • Künstliche Intelligenz • metaverse • Neuerscheinungen • neues Buch • Philosophie • Realität • Realität plus • Sachbuch-Bestenliste • Sachbuch-Bestseller-Liste • Simulation • Skeptizismus • Superintelligenz • Technologie • Virtuelle Realität • VR • Zukunftstheorie
ISBN-10 3-518-77564-2 / 3518775642
ISBN-13 978-3-518-77564-6 / 9783518775646
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