Panems Geschichte von Brot und Tod I -  Joshua Beck

Panems Geschichte von Brot und Tod I (eBook)

Von der Vorgeschichte bis zu den 74. Hungerspielen

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
264 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7568-6361-7 (ISBN)
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In diesem ersten Band habe ich mich intensiv mit der Trilogie der Tribute von Panem von der Vorgeschichte bis zum 74. Jahr der Hungerspiele auseinandergesetzt. Für mich bieten die Bücher und Filme eine sehr gute Arbeitsfläche, um so etwa im Deutschunterricht die Felder Geschichte, Macht, Staat, Politik, Propaganda, Revolution und Krieg zu bearbeiten. Wie ist der totalitäre Staat Panem entstanden? Warum ist seine Dystopie so fesselnd? Wie funktioniert das Machtgefüge in Panem?

Der Autor Joshua Beck studierte Panems Geschichte über viele Jahre hinweg. In seiner Abhandlung über den dystopischen Staat lässt er seine Erkenntnisse aus der Psychoanalyse, der politischen Theorie und der Machtanalytik einfließen.

1. Einleitung


1.1 Der Autor und seine Leser


»Der Autor ist dasjenige, was der beunruhigenden Sprache der Fiktion ihre Einheit, ihren Zusammenhang, ihre Einfügung in das Wirkliche gibt.«

– Michel Foucault6

Der Sinn und Gehalt von Literatur erschließt sich einem jedem Leser in individueller Weise, er wird zum Interpreten der gelesenen Schrift. Literatur ist somit etwas höchst Subjektiviertes. Der Autor codiert seine Botschaften und Einsichten in die Welt, welche wiederum auf seiner eigenen subjektiven Wahrnehmung beruhen, in Metaphern und Parabeln. Der Leser kann – muss aber nicht – diese dechiffrieren, über sich und seine Stellung in der Welt reflektieren und sich nach einer kritischen Auseinandersetzung mit literarischen Charakteren identifizieren.

Der Leser, dessen Lebensweise im Haben wurzelt, wird alles sehr genau lesen, so wie der Autor alles ganz genau aufgeschrieben hat, aus der Angst, seine Gedanken aus dem Gedächtnis zu verlieren und dann nicht mehr zu haben. Der Leser, der das Sein lebt, ist nicht daran interessiert, ein Buch nur zu lesen, sondern es zu verstehen. Er begreift die Gedanken, Zusammenhänge und Ideen eines Textes dann sogar besser, als der Autor, der nur darauf konzentriert ist, einen Text zu haben.7

Ein Autor ist die personalisierte Form, vornehmlich seiner eigenen Gedanken. »Es gibt nach dem Text kaum eine andere Größe im Gebiet der Literatur, die uns wichtiger wäre als der Autor.«8 Er gibt dem Geisteswesen etwas Sichtbares, das Abstrakte manifestiert sich in ihm durch ihn für ihn und den Lesenden. Der Autor ist der Souverän der Gedanken. »Bekanntlich jedoch wird der Mensch (.) häufig unbewußt von völlig anderen Motiven bestimmt, als er selber glaubt. (.) Unsere Beschäftigung mit dem Unbewußten hat uns mißtrauisch gemacht gegen die scheinbar offen zutage liegende Bedeutung der Worte.«9

Das Schreiben ist aber nicht das eigentliche Werk des Autors. Es ist für sich durchaus eine lobenswerte Arbeit, jedoch nur ein Teil eines größeren Denk- und Schaffensprozesses. Dieser Prozess, der seinen Ursprung in dem Motiv zur Selbstbildung findet, ist niemals abgeschlossen, er ist dynamisch. Das Schreiben repräsentiert einen Teil dessen, einen Ausschnitt, eine Momentaufnahme der auktorialen Gedankenwelt.

Der Autor, so Foucault, »ist genaugenommen weder der Eigentümer seiner Texte, noch ist er verantwortlich dafür; er ist weder Produzent noch ihr Erfinder. (.) Der Autor ist sicherlich derjenige, dem man das Geschriebene oder Gesagte zuschreiben kann. Aber die Zuschreibung (.) ist das Ergebnis komplizierter kritischer Operationen.«10

Erreichte Standpunkte, aufgestellte Thesen und gefundene Überzeugungen können überdacht, erweitert oder verworfen werden. Ob sie nun vom einem selbst stammen oder durch äußere Einflüsse auf ihn entstanden sind, wie etwa durch Gespräche oder das eigenständige Lesen anderer Texte, ist dabei unerheblich – nach Foucault geht alles im Autor auf, er ist wie ein Werkzeug seiner Zeit, die ihren Ausdruck zu finden sucht.

Dennoch ist das Schreiben als Prozess, solange noch nicht abgeschlossen, ein ebenso dynamischer wie das ganzheitliche Denken an sich. Foucault sagte einmal sinngemäß, wenn er schon vorher wüsste, wohin ihn das Schreiben führe, würde (oder vielmehr bräuchte) er es gar nicht erst tun. Besonders Foucault war dafür bekannt, in einem späteren Werk es sich quasi zum Ziel zu setzen, gegen sich selbst in früheren Werken anzuschreiben. Er widerlegte seine Thesen konsequent selbst, wenn es einen neuen Erkenntnisgewinn für ihn gab und dies erforderlich wurde. Für ihn wurde das Ringen um Thesen und die besten Theorien zu einem lebenslangen, nie abgeschlossenen Prozess.

Das Schreiben ist ein Hilfsmittel des Subjektes, seine Gedanken zu manifestieren, zu formen und schließlich reflektieren und überprüfen zu können. Erst, wenn die Gedanken des Inneren an der Scheibe zum Außen kondensieren, gelingt es dem Schreibenden einen distanzierteren Blick von außen einnehmen zu können.

Das Medium, welchem wir uns beim Vorgang des Schreibens bedienen, ist die Sprache, genauer: die Sprache der Schrift. Sprache selbst ist ein Medium, welches uns als Hilfsmittel zum Ausdruck nicht nur der Schrift, sondern auch unserer nicht-manifesten Gedanken dient. Wir verwenden verbale und non-verbale Sprache.

Verbal sind die Worte, sie sind die innere Form der Sprache. Zur non-verbalen Sprache gehört das Paralinguistische, die Betonung und Aussprache der Worte. Es ist die äußere Form der Sprache, zu der auch Gestik und Mimik sowie Körpersprache im Allgemeinen gehören. Das Wort Person leitet sich ab vom lateinischen per sonare, »durch Klingen«. Der Klang der Stimme prägt das Erscheinungsbild und das Wahrnehmen eines Menschen ebenso maßgeblich wie sein Phänotyp.

Aber auch die Sprache der Zeichen ist ein wichtiges Medium. Zum einen gibt es – wie erwähnt – die Körpersprache, die, da sie doch zu weiten Teilen von unserem Unterbewusstsein kontrolliert, ausgestrahlt und aufgenommen wird, weit mehr wesentliche Informationen übermittelt als die Worte an sich. Neben der Sprache durch den Körper gibt es auch noch eine andere Sprache, die noch mehr auf Zeichen basiert als eben die körperliche.

Es ist die Mathematik. Da diese Sprache allein in schriftlicher Form existiert, wird die Bedeutung und der Kern des Schreibens in ihr besonders hervorgehoben. Der denkende Mathematiker betreibt Mathematik: Er manifestiert abstrakte Gedanken, um ein Problem lösen oder eine These überprüfen zu können. Er kann seine Arbeit reflektieren und überdenken, schließlich erweitern oder verwerfen. Der Mathematiker ist vornehmlich ein Autor, Mathematik ist etwas Visuelles. Wer Mathematik anderweitig und nur als Medium betreibt, sei es als Physiker, Chemiker oder Finanzverwalter, der schreibt.

Betreibt jemand Mathematik gedanklich, so muss unterschieden werden. Einfache oder auch hoch komplizierte Kopfrechenaufgaben vermitteln keine Erkenntnis, sie sind nicht Teil eines komplexeren Denkprozesses. Ist ein Kopf so klug, ganze Abhandlungen im Kopf zu fassen, und dies gilt sehr wohl auch für die Sprache als Medium der Gedanken grundsätzlich, so ist er kein Autor. Er manifestiert seine Gedanken nicht. Wohl aber ist er ein Denker. Er sieht das, was er zu sehen braucht, um seinem Denkprozess zu folgen, vor sich, vor seinem eigenen geistigen Auge.

Es lässt sich also passend zum Diskursgegenstand abschließend ein weiteres Merkmal des Autors feststellen: Er ist bestrebt, seine Gedanken nicht zwangsläufig anderen zur Verfügung zu stellen, jedoch anderen potentiell – wenn auch nicht gesichert stets freiwillig – den Zugang zu ermöglichen. Kafka wünschte sich, dass seine Schriften vernichtet würden, wenn er tot sei. Glücklicherweise für uns folgte sein Freund Max Brod diesem Wunsch nicht.

Der Autor, mit sich selbst im Reinen, will etwas Schaffen, was – etwas luftig gesprochen – die Ewigkeit zu überdauern vermag.1 Der Autor ist eine zeithistorische Persönlichkeit. »Eines der Hauptmotive des künstlerischen Schaffens ist gewiß das Bedürfnis, uns gegenüber der Welt wesentlich zu fühlen«, stellt Sartre fest.11

Seine individuelle Handschrift kann er ausdrücken auf zweierlei Weise: Die äußere Form ist die der Schrift. Sein Schriftbild ist etwas Individuelles. Im Zuge der Digitalisierung, Standardisierung und »elektronischer Briefe« geht ihm diese Möglichkeit zusehends verloren. Was ihm bleibt ist die innere Form, die Wahl der Worte. Hier kann der Autor seine ganz eigene Note einfließen lassen. Dies ist die Möglichkeit für ihn, als Persönlichkeit eng verwoben mit seinem Text, wie oben beschrieben, die Ewigkeit zu überdauern. Oder, um mit Heinrich Heine zu sprechen: »Dort, wo man Bücher verbrennt, verbrennt auch am Ende Menschen.«

Es zeigt sich ein wesentlicher Unterschied zwischen der Sprache des Wortes und der Sprache des Zeichens. Das Zeichen als solches ist, innerhalb einer soziokulturell homogenen Gesellschaft, bereits einheitlich standardisiert. Durch Digitalisierung wird es in zweifacher Weise einer Standardisierung unterzogen. Die dem Autor individuell zur Verfügung stehende Handschrift wird hier vollends eliminiert. Alles, was den Autor nun noch mit seinem Text verbindet, ist sein Name am Anfang auf der Titelseite. Und Titeln, wie auch Namen, kommen als Worten in der Sprache der Zeichen bestenfalls eine untergeordnete Rolle zu.2 Die auf Konsum ausgerichteten Massenmedien versuchen die Namen bekannter Autoren möglichst groß auf das Cover abzudrucken – größer als den Titel des Buches –, der Text selbst ist aber auf Auslage angelegt und inhaltlich oft von nur kurzweiliger Aktualität und damit nicht von Beständigkeit.

Man erinnert sich nicht an jede Art von Denker. Lesen wir Foucault, Fromm, Chomsky, Arendt, Platon, Aristoteles, Cicero, Weber oder Luhmann, so sind sie...

Erscheint lt. Verlag 9.8.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Sprach- / Literaturwissenschaft
ISBN-10 3-7568-6361-1 / 3756863611
ISBN-13 978-3-7568-6361-7 / 9783756863617
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