Ruhe. Arbeit. Ewigkeit. (eBook)
288 Seiten
SCM R.Brockhaus im SCM-Verlag
978-3-417-27095-2 (ISBN)
John Mark Comer (Jg. 1980) lehrt und lebt im Großraum Los Angeles, USA. Er ist Gründer der 'Bridgetown Church' in Portland, Oregon und wirkt seit 2021 in der 'Vintage Church LA'. Als Autor und mit seinen Podcasts ist er international erfolgreich. Er hat die Initiative 'Practicing the Way' ins Leben gerufen, um Ortsgemeinden mit Ressourcen für Jüngerschaft und zur geistlichen Entwicklung zu unterstützen. Er ist verheiratet und Vater von drei Kindern. www.johnmarkcomer.com www.practicingtheway.org
John Mark Comer (Jg. 1980) lehrt und lebt im Großraum Los Angeles, USA. Er ist Gründer der "Bridgetown Church" in Portland, Oregon und wirkt seit 2021 in der "Vintage Church LA". Als Autor und mit seinen Podcasts ist er international erfolgreich. Er hat die Initiative "Practicing the Way" ins Leben gerufen, um Ortsgemeinden mit Ressourcen für Jüngerschaft und zur geistlichen Entwicklung zu unterstützen. Er ist verheiratet und Vater von drei Kindern. www.johnmarkcomer.com www.practicingtheway.org
PROLOG
Es ist eine Kunst, ein Mensch zu sein
Neulich war ich mit meinem Freund Dave auf einen Kaffee verabredet.
Ich lebe in Portland, der weltbesten Stadt in Sachen Kaffee. Leider ist es nicht die weltbeste Stadt in Sachen Sonnenstunden. In Portland regnet es. Oft. Sehr oft. Deshalb »überwintern« wir die meiste Zeit des Jahres in Cafés, in der sehnlichen Erwartung, dass sich dieses seltsame gelbe Objekt irgendwann mal wieder am Himmel zeigt.
Und damit bin ich beim Cafébesuch mit meinem Freund Dave.
Dave hatte gefragt, ob wir uns treffen und über seine Depressionen sprechen könnten. Leider bin ich nämlich selbst so eine Art Experte auf diesem Gebiet. Mein eigener Kampf mit der Depression war brutal und erschreckend, aber ich habe ihn überstanden und bin wieder aufgetaucht. Seltsamerweise hat diese Erfahrung einen besseren Menschen aus mir gemacht. Während meiner Jahre im Rachen der Bestie habe ich nämlich ein bisschen was gelernt. Und wenn ich jemandem mit dieser Erfahrung helfen kann, tue ich das gern.1
Dave war nicht selbstmordgefährdet oder so. Er war einfach unglücklich. Aber er hatte keine Ahnung, warum. Er sagte immer wieder:
»Ich verstehe es nicht. Ich folge Jesus. Und ich habe ein tolles Leben. Warum bin ich depressiv?«
Ich habe ja so meine eigene Sicht auf das Thema – ich halte Depression eher für ein Symptom als für eine Krankheit.
Depression ist oft ein Symptom dafür, dass etwas im eigenen Leben nicht stimmt.
Ein Symptom dafür, dass etwas im eigenen Leben die Depression verursacht.2 Bei Menschen wie Dave hake ich also normalerweise nach. Was steckt hinter der Depression? Wo liegt ihre Wurzel?
Dave war so freundlich, mein Verhör über sich ergehen zu lassen: »Schläfst du genug? Wie ernährst du dich? Treibst du Sport? Erzähl mir, wie es um dein Gebetsleben steht. Und um deine Ehe.« Ich war unerbittlich. Aber ihm fiel nichts ein, das mit ihm »nicht stimmte«.
Dann fragte ich nach seinem Job.
»Macht dir deine Arbeit Spaß?«
»Ich habe einen guten Job.«
»Ja, aber hast du Freude an dem, was du da machst? Wachst du morgens auf und freust dich auf den Tag? Bist du gespannt darauf, was heute bei der Arbeit auf dich zukommt?«
»Na ja, nicht so richtig.«
Und das hatte einen guten Grund. Dave war nämlich früher mal Elitesoldat bei der Marine gewesen. Immer zu hundert Prozent im Einsatz. Er kann unter Wasser so etwa drei Tage lang die Luft anhalten (kleiner Hinweis: Ich neige zu Übertreibungen und Ironie). Als er aus der Navy entlassen wurde, zog er zurück nach Portland und übernahm das Lampenfachgeschäft seines Vaters. Es garantierte ihm ein festes Einkommen. Und kein kleines. Er konnte sich ein Haus kaufen und gut für seine Familie sorgen. Es gab nur einen Haken: Er interessierte sich nicht die Bohne für Lampen, Glühbirnen, Neonröhren und all das Zeug. Ich meine, wenn man ein gutes Angebot für eine Leuchtstoffröhre wollte, war man bei Dave richtig. Er kannte sich damit schon aus. Nur dass Dave hier nicht Dave war. Bei der Marine hatte er einen Job gehabt, bei dem er seinem Körper die krassesten Dinge abverlangt und jeden Tag sein Leben riskiert hatte. Und diesen Job hatte er nun eingetauscht gegen einen kalten Metallschreibtisch mit Laminatplatte und einen Computer, der ständig in Excel festhing.
Also stellte ich Dave eine meiner Lieblingsfragen:
»Wenn du tun könntest, was du wolltest – was würdest du machen?«
Er begann, auf seinem Stuhl hin und her zu rutschen. Das Unbehagen stand ihm ins Gesicht geschrieben.
Die meisten von uns sind zu ängstlich, um über diese Frage auch nur nachzudenken. Und die Wahrscheinlichkeit, enttäuscht zu werden, ist tatsächlich hoch.
Ich vermute, dir geht es gerade genauso wie Dave – du hast tausend Fragen im Kopf:
Was ist mit der Tatsache, dass Milliarden Menschen auf dieser Welt von der Hand in den Mund leben? Sie haben schon Glück, wenn sie nur überleben. Eine Arbeit zu haben, die einen begeistert, ist doch nur ein Luxus der Reichen.
Was ist mit der Tatsache, dass es selbst hier in den USA unglaublich schwer ist, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, es sei denn, man kommt aus einer reichen Familie? Die Mittelschicht ist am Verschwinden. Millionen von Amerikanern sind unterbezahlt – sie haben Studienabschlüsse von renommierten Unis und arbeiten für Mindestlohn. Amerika ist nicht mehr das, was es einmal war.
Was ist mit der Tatsache, dass die meisten Menschen ihre Arbeit ätzend finden? Jeder neue Arbeitstag ist für sie ein Horror. Arbeit ist der Inbegriff von Stress – kräftezehrend, lästig und beschwerlich.
Das sind alles berechtigte, intelligente Fragen, auf die wir später noch eingehen werden. Aber schieb diese Überlegungen mal für einen Moment beiseite. Ich möchte, dass du dich in Dave hineinversetzt – in das unbehagliche Gefühl, das meine Frage in ihm auslöste:
»Wenn du tun könntest, was du wolltest …«
Nach einer peinlichen Stille sagte Dave: »Na ja, ich glaube, ich wäre gerne Polizist.«
Also stellte ich direkt die logische Folgefrage: »Warum schmeißt du deinen Laden nicht hin und wagst einen Neuanfang?«
Er begann sofort mit einer Litanei von Gründen, warum er das nicht tun könne – es war schließlich das Familienunternehmen. Sein Vater war von ihm abhängig, seine Frau, seine Kinder und so weiter. Und obwohl Dave sichtlich nervös wirkte, hatte ich das Gefühl, dass wir auf dem richtigen Weg waren.
Am Ende unseres Gesprächs sagte ich nur: »Dave, an deiner Stelle würde ich Folgendes tun: nach Hause gehen. Mit meiner Frau sprechen. Und mit meinem Dad. Nachdenken und beten. Und dann sehen, was passiert. Warum versuchst du es nicht wenigstens?«
Spulen wir etwa sechs Monate vor. Ich hatte Dave schon eine Weile nicht mehr gesehen. Und ihn auch nicht mehr auf unser Gespräch angesprochen (okay, ich bin also ein lausiger Freund). Aber als ich Dave das nächste Mal traf, strahlte er. Es war offensichtlich, dass sich etwas verändert hatte.
Dave hatte es tatsächlich gewagt, das Familienunternehmen aufzugeben – mit dem Einverständnis seines Vaters. Er hatte einen Job bei der örtlichen Polizei bekommen, wo er ganz unten anfangen musste. Aber zum ersten Mal seit Jahren wachte er morgens wieder auf, bevor sein Wecker klingelte. Er war immer noch derselbe Mann. Mit derselben Frau, derselben Familie, derselben Gemeinde, demselben Wohnort, denselben Hobbys, demselben Café, demselben Rasen, der gemäht werden musste …
Das Einzige, was sich geändert hatte, war sein Job. Das, wofür er jeden Tag aufstand.
Erstaunlich, oder? Wie konnte etwas so Alltägliches und Banales wie ein Job sein komplettes Lebensgefühl verändern?
Ich würde sagen, das hat einen einfachen Grund:
Was wir tun und wofür wir jeden Tag aufstehen, ist entscheidend für unser Menschsein.
Was ist die erste Frage, die wir normalerweise jemandem stellen, den wir neu kennenlernen – nachdem wir den Namen erfahren und vielleicht ein paar unbeholfene Sätze über das Wetter gewechselt haben?
Genau. »Und was machst du so beruflich?«
Ich gebe zu, das ist eine typische Männer-Frage. Frauen fragen vielleicht eher: »Bist du verheiratet?« oder »Hast du Kinder?« – Fragen zu Beziehungen. Ja, das ist ein Klischee, aber für viele schon zutreffend, oder?
Letztlich geht es dabei um dieselbe Frage: Welchen Dingen widmest du dein Leben? Wofür stehst du morgens auf?
Unter Christen kursiert ein böses Gerücht, das sich ungefähr so anhört: »Es kommt darauf an, wer du bist, nicht was du tust.«
Wirklich? Wo genau steht das in der Bibel?
Es stimmt schon: Manche von uns definieren sich zu sehr über das, was sie tun, und ziehen ihren Selbstwert daraus.
Ich bin Fotograf.
Ich bin Designerin.
Ich bin Pastor.
Und es ist gut, dass sich gegen diese ungesunde Haltung eine dringend notwendige Gegenbewegung formiert hat. Aber wir müssen aufpassen, dass wir nicht auf der anderen Seite vom Pferd fallen. Denn was wir tun, ergibt sich aus dem, was wir sind. Beides ist wichtig. Schließlich verbringen wir die meiste Zeit unseres Lebens mit irgendeiner Form von Arbeit.
Mit Arbeit meine ich nicht nur unseren Job oder unsere Karriere. Arbeit ist viel mehr als das, wofür wir bezahlt werden. Ein Essen zubereiten, die Wohnung putzen, das Auto waschen, Sport treiben, Besorgungen erledigen – eben diese alltäglichen Dinge – sind auch Arbeit.
Und an zweiter Stelle in unserem Zeitbudget steht das Ausruhen. Mit Ausruhen meine ich nicht nur das altbewährte Ritual des Sabbats – damit werden wir uns in diesem Buch noch eingehend befassen. Was ich ganz allgemein mit Ausruhen meine, ist schlafen, freie Tage, mit einem guten Buch oder Film auf der Couch liegen, brunchen mit Freunden, Urlaub – die Dinge, auf die wir uns freuen und die wir genießen. Die Momente, in denen wir uns wünschen, das Leben hätte eine Pause-Taste.
In der Kirche verbringen wir oft den größten Teil unserer Zeit damit, den Menschen zu vermitteln, wie sie einen kleinen Ausschnitt ihres Lebens gestalten sollen.3
Ich leite eine Gemeinde, meine Kritik gilt also vor allem mir selbst. Schuldig im Sinne der Anklage. Ich vermittle den Menschen, wie sie die Bibel lesen, beten und mit Gott in Kontakt kommen können. Aber wie viel Zeit verbringen wir jeden Tag damit, in der Bibel zu lesen? Eine halbe Stunde? Und wie viel Zeit verbringen wir mit Beten? Ich weiß, das ist schwer zu messen, also rate einfach mal. Ich nehme...
Erscheint lt. Verlag | 1.8.2023 |
---|---|
Übersetzer | Renate Hübsch |
Verlagsort | Witten |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Religion / Theologie ► Christentum |
Schlagworte | Adam und Eva • Autorität • Beruf • Berufung • Frausein • Ganzheitlich • Garten Eden • Mannsein • Regentschaft • Ruhe • Schabbat • Schöpfungsauftrag • Schöpfungsbericht • Shabbat • Sinnsuche • Verbundenheit • Vision • Zion |
ISBN-10 | 3-417-27095-2 / 3417270952 |
ISBN-13 | 978-3-417-27095-2 / 9783417270952 |
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