Zen - Sternstunden und Praxis -

Zen - Sternstunden und Praxis (eBook)

Eberhard Kügler (Herausgeber)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
148 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7578-9831-1 (ISBN)
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Seit mehr als 20 Jahren hat es sich Yudo Seggelke zur Aufgabe gemacht, Buddhismus und Zen in der Traditon von Meister D?gen im deutschen Sprachraum zu vermitteln. Sein Geburtstag ist den hier versammelten Autor*innen Anlass, ihm als Dank dafür dieses Buch zu widmen.

Peter Rocca: Zen-Meister Yudo Seggelke


Ich lernte Jürgen um das Jahr 2000 herum kennen, als er nach Japan kam, um einige Zeit im Zazen-Dōjō von Gudo Nishijima Roshi in einem Stadtteil namens Moto Yawata am Rande von Tokio zu verbringen. Das Dōjō verfügte über 11 oder 12 Einzelzimmer für einen längeren Aufenthalt, über einen gemeinschaftlichen Wohnbereich, ein Zendo, einen Vortragsraum und eine kleine Bibliothek. Einige dieser Zimmer wurden von Leuten bewohnt, die schon länger im Dōjō lebten, aber es gab auch Zimmer für Gäste, die aus dem Ausland kamen, um für kürzere Zeiträume – zwischen ein paar Wochen und ein paar Monaten – bei Nishijima Roshi zu lernen und zu üben. Ich wohnte nicht im Dōjō, aber ich ging zwei- oder dreimal im Monat zu den eintägigen Zazen-Retreats und Kursen, die Nishijima Roshi dort abhielt. Ich hatte den Buddhismus noch nie mit einer Gruppe außerhalb Japans praktiziert. Als ich Jürgen zum ersten Mal traf, war ich sehr interessiert an seinen Erfahrungen mit dem Studium und der Praxis des Buddhismus in Deutschland und daran, warum er sich entschloss, nach Japan zu reisen, um mit Nishijima Roshi zu praktizieren. Wir lernten uns allmählich durch unsere Diskussionen über den Buddhismus sowie durch die gemeinsame Zazen-Praxis in Nishijima Roshis Dōjō und bei seinen Retreats im Tokei-in-Tempel kennen, glücklicherweise ist es uns auch gelungen, seit dieser Zeit in Kontakt zu bleiben.

Eine besonders schöne Erinnerung an Jürgen ist, dass wir uns eines Tages in Tokio verabredeten, um in der Nähe des Sensoji-Tempels, der im Stadtteil Asakusa liegt, einige Geschäfte zu besuchen, die buddhistische Artikel verkaufen. Jürgen wollte einige dieser Artikel kaufen, um sie mit nach Deutschland zu nehmen, und er bat mich, ihn beim Besuch der Geschäfte zu begleiten, um ihm zu helfen, sich auf Japanisch mit den Verkäufern zu verständigen. Wir verbrachten einige Zeit damit, etliche dieser Geschäfte zu besuchen, und danach beschlossen wir, zum Mittagessen zu gehen. In dieser Gegend von Tokio gab es nicht viele Restaurants, aber wir fanden einen kleinen, einfachen Nudelladen an einer Straßenecke und beschlossen, ihn auszuprobieren. Der Laden hatte nur ein paar Tresenplätze und einige Tische. Wir setzten uns an den Tresen und bestellten Nudeln bei einem älteren Mann, der dort arbeitete. Dann unterhielten wir uns etwa eine Stunde lang sehr nett, während wir unsere Nudeln aßen. Es war ein sehr einfaches Mittagessen, aber ich hatte das Gefühl, Jürgen an diesem Tag recht gut kennen gelernt zu haben, und diese Erinnerung an Jürgen ist mir seither geblieben, und noch heute, wenn ich an Jürgen denke, erinnere ich mich oft an dieses besondere Mittagessen, das wir zusammen in dem kleinen Nudelladen hatten.

Jürgen wurde danach ein relativ regelmäßiger Gast im Dojo von Nishijima Roshi. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube, Jürgen besuchte Nishijima Roshis Dōjō fast jedes Jahr oder jedes zweite Jahr für ein paar Wochen oder länger. Zu dieser Zeit besuchte ich Nishijima Roshi etwa einmal pro Woche, um über Buddhismus zu sprechen, und Nishijima Roshi ließ mich wissen, wann Jürgen einen Besuch plante. Nishijima Roshi mochte Jürgen sehr und freute sich darauf, mit ihm über Buddhismus zu diskutieren, wenn er im Dōjō zu Gast war. Nishijima Roshi hatte in den vielen Jahren seiner Lehrtätigkeit eine ganze Reihe von buddhistischen Schülern und gelegentlich gab es aus dem einen oder anderen Grund Schwierigkeiten oder menschliche Probleme mit dem einen oder anderen seiner Schüler. Aber aus den Gesprächen, die ich zu dieser Zeit mit Nishijima Roshi führte, hatte ich den Eindruck, dass Nishijima Roshi eine sehr enge Freundschaft mit Jürgen empfand, und Nishijima Roshi schätzte Jürgens Loyalität und Freundschaft sowie sein starkes Interesse am Verständnis der buddhistischen Lehren sehr. Nishijima Roshi sagte mir einmal, dass seiner Meinung nach das Wichtigste zwischen einem buddhistischen Lehrer und seinem Schüler Vertrauen ist. Ich spürte, dass Nishijima Jürgen sehr vertraute.

Irgendwann um 2005 herum stürzte Nishijima Roshi eines Tages im Zazen- Dōjō und verletzte sich am Rücken. Er musste etwa zwei Wochen lang im Krankenhaus bleiben, um sich von seiner Verletzung zu erholen. Er war damals etwa 85 oder 86 Jahre alt, und nachdem er aus dem Krankenhaus entlassen wurde, beschloss er, dass es das Beste wäre, das Dōjō zu schließen, da er der Meinung war, dass er das Dōjō aufgrund seines Alters und seines Gesundheitszustandes nicht mehr ordnungsgemäß führen konnte.

Nach der Schließung des Dōjōs zog Nishijima Roshi in eine kleine Wohnung in einem Ort namens Takashimadaira im nördlichen Teil von Tokio. Auch dort besuchte ich ihn weiterhin etwa einmal pro Woche, um mit ihm über den Buddhismus zu sprechen. Obwohl seine Wohnung recht klein war, hatte er dort ein zusätzliches Bett (und ein zusätzliches Zafu) für den Fall, dass seine Schüler aus Übersee ihn besuchen und eine Weile bei ihm bleiben wollten. Ich erinnere mich, dass Jürgen regelmäßig kam und mehrere Wochen lang bei Nishijima Roshi in seiner Wohnung blieb und mit ihm über Buddhismus diskutierte und ihm auch bei einigen seiner Aufgaben in seinen Verlagsprojekten half. Ich weiß, dass Nishijima Roshi Jürgens Gesellschaft und Diskussionen während dieser Zeit sehr genoss und die Mühe, die Jürgen machte, um ihn aus Übersee zu besuchen, sehr schätzte.

Eines Tages besuchte ich Nishijima Roshi in seiner Wohnung, während Jürgen dort wohnte. Wir saßen zu dritt an dem kleinen Küchentisch und unterhielten uns über den Buddhismus und damit zusammenhängende Fragen. Dann musste Nishijima Roshi für ein oder zwei Stunden eine Besorgung machen, also blieben Jürgen und ich in der Wohnung und unterhielten uns, bis Nishijima Roshi zurückkam. Ich erinnere mich, dass Jürgen mir während unseres Gesprächs von einem deutschen Philosophen namens Gadamer erzählte, und dass eine von Gadamers Ideen war, dass sich unser Verständnis oder unsere Ideen durch die Handlung des Gesprächs verändern können, wenn Menschen ein Gespräch führen. Ich weiß nicht, ob Jürgen Gadamers Idee genau so beschrieben hat, aber auf jeden Fall klang es für mich so, als ob Gadamer der Meinung war, dass das Gespräch eine wichtige Rolle dabei spielen kann, uns zu helfen, etwas zu verstehen. Damals steckte das Internet noch in den Kinderschuhen, und Anwendungen wie Skype und Zoom waren noch nicht verbreitet im Gebrauch, so dass man sich persönlich mit jemandem treffen musste, wenn man ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht führen wollte. Mir kam damals der Gedanke, dass dies ein Grund war, warum Jürgen sich die Mühe machte, die lange Reise nach Japan zu machen, um Zeit mit Nishijima Roshi zu verbringen. Ich vermute, dass die Gespräche mit Nishijima Roshi Jürgen geholfen haben, ein sehr klares Verständnis des Buddhismus zu bekommen. Als Jürgen nach Deutschland zurückkehrte, begann er, sein Verständnis an Menschen weiterzugeben, die sich für den Buddhismus in Deutschland interessieren. Im Zen-Buddhismus sprechen wir manchmal auch von einem Verständnis, das außerhalb der Lehren, also nonverbal, weitergegeben wird. Man sagt, dass es eine Art von Verständnis ist, das durch die Praxis von Zazen und die Zeit in der Gesellschaft eines buddhistischen Meisters oder Lehrers übertragen wird. Auch in diesem Sinne kann ich die Bedeutung der Zeit verstehen, die Jürgen mit Nishijima Roshi verbracht hat. Ich weiß, dass Nishijima Roshi Jürgens Besuche und Begleitung sehr genoss und schätzte. Nishijima Roshi liebte es, Menschen zu treffen und über den Buddhismus zu diskutieren und sein Verständnis und sein Wissen über den Buddhismus an die Menschen weiterzugeben. Gerade auch deshalb schätzte er Jürgens Besuche und die gemeinsam verbrachte Zeit, in der sie über den Buddhismus diskutierten, sehr.

Der Gesundheitszustand von Nishijima Roshi begann sich um das Jahr 2010 herum zu verschlechtern, und 2011 beschloss seine Familie, dass es aufgrund der Erkrankung das Beste für ihn wäre, die Wohnung aufzugeben und in einer Einrichtung mit Langzeitpflege zu bleiben. Danach war es für seine Schüler nicht mehr möglich, Nishijima Roshi zu besuchen, und so habe ich Jürgen seit dieser Zeit nicht mehr getroffen. Aber wir bleiben jetzt per Telefon und E-Mail in Kontakt. Ich habe auch einige der schönen Bücher über das Shōbōgenzō von Meister Dōgen und den Buddhismus gesehen, die Jürgen geschrieben hat. Ich bin sicher, dass Nishijima Roshi sehr glücklich darüber wäre, dass Jürgen diese Bücher für Menschen, die sich für das Shōbōgenzō und den Buddhismus interessieren, veröffentlicht hat. Leider verstehe ich kein Deutsch, aber ich kann mir vorstellen, dass diese Bücher viel von der Weisheit und dem Verständnis enthalten, das Jürgen im Laufe der Jahre...

Erscheint lt. Verlag 26.4.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften
ISBN-10 3-7578-9831-1 / 3757898311
ISBN-13 978-3-7578-9831-1 / 9783757898311
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