Warum Kinder nicht richtig essen -  Julia Steppat

Warum Kinder nicht richtig essen (eBook)

Die unsichtbaren Ursachen von Essstörungen
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
208 Seiten
Gräfe und Unzer (Verlag)
978-3-8338-9134-2 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
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Isst mein Kind noch normal? Oder ist das bereits eine Essstörung? Viele Eltern sind verunsichert, wenn ihre Kinder auffällig viel oder wenig essen, sich zurückziehen oder Mahlzeiten ausfallen lassen. Julia Steppat litt selbst sieben Jahre an Magersucht, das Thema Essstörungen wurde ihre Lebensaufgabe - zunächst, um selbst gesund zu werden, seither bei der Beratung und Unterstützung Betroffener und deren Angehöriger. Die Psychologin, Ernährungsberaterin und ehrenamtliche Beraterin bei ANAD e. V. weiß: Essstörungen, ob Binge-Eating, Magersucht oder Bulimie, resultieren immer aus dem Familiären System. Feinfühlig und mit viel Wissen erläutert die Expertin die Ursachen und zeigt Betroffenen und Angehörigen Wege aus der Krankheit auf. 

Julia Steppat ist Psychologin, Ernährungsberaterin und ehrenamtliche Beraterin bei ANAD e.V. Sie war sieben Jahre lang selbst magersüchtig und coacht heute Betroffene und deren Angehörige auf deren Weg aus der Essstörung, die sie als systemische Erkrankung begreift. Ihr Tätigkeitsfeld umfasst Binge Eating, Grazing, Bulimie und Magersucht sowie sämtliche Mischformen von Essstörungen.

Julia Steppat ist Psychologin, Ernährungsberaterin und ehrenamtliche Beraterin bei ANAD e.V. Sie war sieben Jahre lang selbst magersüchtig und coacht heute Betroffene und deren Angehörige auf deren Weg aus der Essstörung, die sie als systemische Erkrankung begreift. Ihr Tätigkeitsfeld umfasst Binge Eating, Grazing, Bulimie und Magersucht sowie sämtliche Mischformen von Essstörungen.

Vorurteile und Klischees


»Essstörungen sind doch so ein Lifestyle-Ding von Leuten, die mit ihrem Körper unzufrieden sind.«

Vorurteile über Essstörungen sind allgegenwärtig. Jeder hat schon einmal irgendetwas von Magersucht oder Bulimie gehört und kennt vermeintlich typische Beispiele. Zudem kommen nahezu jährlich neue Diäten, Ernährungsformen und Trends auf den Markt, mit denen das Thema vermischt wird.

Das immer noch weitverbreitete Klischee, die Betroffenen wollten abnehmen, weil sie den Models bei »Germany’s Next Top Model« nacheifern, zeigt besonders drastisch, wie sehr diese Krankheit missverstanden wird. Natürlich tragen das in den sozialen Medien propagierte Körperbild und der übersteigerte Selbstoptimierungskult auch zum Krankheitsbild bei. Aber es geht dabei vordergründig nicht (nur) um Äußerlichkeiten, um Schönheitsideale oder das richtige Gewicht. Das ist ein ebenso fataler Irrtum wie die Annahme, es ginge um »richtiges« versus »falsches« Essen und durch das »richtige« Körpergewicht ließe sich das Problem aus der Welt schaffen.

Das Essen ist weder die Ursache noch die Lösung des Problems. Es ist vielmehr die Spitze eines Eisbergs, die aus dem Wasser ragt, während sich unter der Wasseroberfläche ein Koloss an unsichtbaren Themen befindet. Die eigentliche Frage ist: Worauf macht eine Essstörung aufmerksam?

Keine/r der Betroffenen hat sich bewusst dafür entschieden, magersüchtig oder bulimisch zu werden, so wie man sich für einen Lifestyle oder eine Ernährungsform entscheidet. Ebenso wenig sind Essstörungen eine »Frauenkrankheit« oder ein Phänomen von schwierigen Charakteren, bestimmten sozialen Schichten oder problematischen Familien. Oft trifft die Krankheit gerade sehr begabte, intelligente und feinfühlige Menschen. Und zwar nicht, weil sie mit ihrem Aussehen hadern, sondern weil sie sich selbst ablehnen und versuchen, über das Essen ein Stück Kontrolle zu erlangen und dem quälenden Gefühl der Hilf- und Machtlosigkeit etwas entgegenzusetzen. Sie kämpfen mit einem verloren gegangenen Selbstwert und der Suche nach der eigenen Identität. Besonders in Phasen des Umbruchs und der Veränderung, wie in der Pubertät, fällt die Antwort auf die Frage »Wer bin ich eigentlich?« ohnehin schwer. Und wenn wir als Gesellschaft durch Krieg, Inflation und Pandemie so krisengebeutelt sind wie im Moment, dann schafft das eine nie da gewesene Unsicherheit. Das kann sich anfühlen, als hätten wir überhaupt keine Kontrolle mehr.

Ursachen und Hintergründe


Die Suche nach Antworten führt oft weit zurück in die Vergangenheit der Betroffenen, oft bis in die Kindheit.

Essstörungen passieren nicht einfach so, sie kommen nicht über Nacht herbeigeflogen. Wenn sich die ersten Symptome zeigen, hat sich meist schon längere Zeit etwas angestaut, das gehört werden will. Die Betroffenen haben vielleicht schon sehr viel früher eine Veränderung in ihrem Erleben gespürt, konnten das im Außen aber noch gut kompensieren. Dass der Eisberg irgendwann zusammenbricht und die bis dahin verdeckten Themen aus der grauen Tiefe nach oben treiben, kann durch banale Dinge ausgelöst werden wie eine spitze Bemerkung über den Körper oder durch ein traumatisches Erlebnis wie den Verlust eines geliebten Menschen. Auch das individuelle Stresserleben hat Einfluss auf die Entwicklung einer Essstörung: der Leistungsdruck in Schule oder Beruf, ein Anpassungsdruck in Sachen Körperbild, gesellschaftliche Rahmenbedingungen oder Beziehungskonflikte.

Familienmitglieder fragen sich oft, warum diese schreckliche Krankheit gerade eine/n ihrer Liebsten trifft, was sie falsch gemacht haben und ob sie Schuld daran tragen. Und diese Frage stellt sich umso mehr, wenn ich meinen therapeutischen Ansatz in den Raum stelle, dass Essstörungen aus dem System Familie kommen und ihre Wurzeln oft schon in der Kindheit haben. Womit es mir um Ursachenforschung geht und nicht um eine Schuldzuweisung! Eltern haben keine Schuld, wenn ihr Kind magersüchtig oder bulimisch wird, und ebenso wenig hätte sich die Krankheit verhindern lassen, wenn sie nur das »Richtige« getan hätten. Für die Entstehung einer Essstörung lässt sich selten eine einzelne Ursache ausmachen oder ein genauer Zeitpunkt definieren, an dem die Krankheit begonnen hat. Sie entsteht aus dem Zusammenspiel vieler Faktoren, wobei auch genetische und familiäre Übertragungen eine Rolle spielen.

Trauma und Familie


Im System Familie lassen sich oft die Ursachen einer Erkrankung finden, gleichzeitig steckt darin eine große Kraft der Erneuerung und Heilung.

So vielfältig wie die Ursachen und Auslöser sind, so verschieden und individuell gestalten sich die Heilungsprozesse und verlangen immer wieder andere Therapieelemente und Schwerpunkte. Für die Therapie von Essstörungen gibt es deshalb kein Patentrezept und keinen Goldstandard und ich kann Ihnen in diesem Buch auch nicht auf alle Fragen eine befriedigende Antwort geben.

Mit meiner zentralen These, dass jede Essstörung aus dem familiären System resultiert, verfolge ich jedoch einen anderen therapeutischen Ansatz als viele meiner Kolleginnen und Kollegen. In den klassischen Therapien steht noch immer das Essen im Fokus, als würde der Schlüssel eben doch darin liegen, dass die Betroffenen wieder lernen, »normal« zu essen. Ich konzentriere mich in meiner Arbeit hingegen auf die Frage, wo die Wurzeln der Erkrankung liegen. Da es dabei oft um Trauma und Traumafolgen und deren Auswirkungen auf unser Nervensystem geht, arbeite ich nicht nur gesprächstherapeutisch, sondern auch körperorientiert beziehungsweise traumasensibel. Es ist erstaunlich, was sich durch Körperwahrnehmung, Körperhaltung und -spannung äußert und umgekehrt auch beeinflussen lässt. In meiner täglichen Praxis bin ich immer wieder überrascht zu erleben, woran sich der Körper erinnert, wenn über Emotionen wie Angst, Wut oder Traurigkeit gesprochen wird. Durch die Körperarbeit sind vollkommen andere Zugänge möglich als nur über die kognitive Ebene und gerade dieser Zugang zum eigenen Körper ist im Heilungsprozess und für die Aufarbeitung belastender Erfahrungen enorm wichtig.

Heilung und Hoffnung


Ich möchte mit meiner Arbeit dazu beitragen, die Denkweise in der Therapie von Essstörungen zu verändern.

Eine Essstörung ist kein Ernährungsproblem, sondern eine ernsthafte Erkrankung, bei der der Umgang mit dem Essen und dem eigenen Körper gestört ist. Sie ist ein Schutz vor einer gerade nicht aushaltbaren Realität und gleichzeitig ein Signal mit der Bitte um Hilfe.

Mit diesem Buch möchte ich Ihnen als Eltern und gleichzeitig Ihrem Kind eine solche Hilfe und ein Stück Sicherheit geben. Dabei verbinde ich die Perspektive einer klinischen Psychologin mit eigenen Erfahrungen. Denn ich weiß nicht nur aus dem Lehrbuch, was es heißt, unter einer Essstörung zu leiden, ich habe es am eigenen Leib erfahren. Ich habe selbst sieben Jahre lang mit einer Magersucht gekämpft, den Prozess der therapeutischen Auseinandersetzung durchgemacht und oft nicht an eine Heilung geglaubt. Ich bin durch die Tiefen meiner Schattenwelt zum Licht gegangen. Und wenn ich heute zurückblicke, bereue ich keinen der harten Tage, die ich durchlebt habe, und würde mich immer wieder für diesen Weg entscheiden. Ich sehe es als Teil meines Seelenplans, all diese Erfahrungen gemacht zu haben und so heute meinen Klienten und Klientinnen mit Verständnis und Herz zur Seite stehen zu können. Dadurch kann ich oft nachempfinden, was Betroffene fühlen und brauchen, und ich kann ihnen zeigen, dass es einen Ausweg gibt. Ich sehe es als meine Mission, andere auf dem Weg aus der Krankheit heraus zu begleiten und eine wichtige Botschaft in die Welt zu tragen: Ein Leben ohne Essstörung ist möglich!

Über dieses Buch


Eine Essstörung ist ein Signal mit der Bitte um Hilfe.

Mit diesem Sachbuch und Praxisratgeber möchte ich die Zusammenhänge und Hintergründe von Essstörungen wertfrei und ohne Schuldzuweisungen beleuchten. Ich möchte Angehörigen und Eltern von vornherein die Last der Schuld von den Schultern nehmen. Denn eine Essstörung bedeutet viel Leid: für die Betroffenen und für alle in ihrem Umfeld, die den schweren Kampf mittragen müssen, ganz besonders für Eltern.

Die Erklärungen in diesem Buch richten sich in erster Linie an Sie als Eltern, sie eröffnen aber an vielen Stellen die Möglichkeit, Ihr Kind einzubinden, Fakten und Tipps miteinander zu besprechen oder sogar eine der Übungen in diesem Buch gemeinsam auszuprobieren. Denn wenn Sie Ihr Kind auf dem Weg der Heilung begleiten und ihm Halt und Beistand bieten wollen, müssen Sie auch gut für sich selbst sorgen.

Sie können dabei nichts erzwingen, aber Sie können Verständnis zeigen, Zuneigung, Aufmerksamkeit und Respekt. Sehen Sie die Essstörung als das, was sie im Wesentlichen ist: eine nach außen gerichtete Botschaft und ein Hilferuf. Ein Schrei danach, gesehen, anerkannt und geliebt zu werden. Liebe ist trotzdem kein Allheilmittel, aber ein starker Schutzengel.

In diesem Sinne sage ich Ihnen von Herzen Danke, dass Sie sich dem Thema stellen und nach einer Lösung suchen. Ich hoffe, Sie finden auf den nächsten Seiten das, was Sie als Erkenntnis, an Mut und Kraft dafür brauchen.

Hinweise zur Nutzung dieses Buches
Symbole:

Fakten und Wissenswertes im Überblick

Praxistipps für Eltern und Angehörige

Übungen und Tipps für Angehörige und...

Erscheint lt. Verlag 5.3.2024
Reihe/Serie GU Einzeltitel Partnerschaft & Familie
GU Einzeltitel Partnerschaft & Familie
GU Kindergesundheit
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Psychologie
Schlagworte Anorexia nervosa • Anorexie • Begleittherapie • Binge Eating • Booktok • BookTok Germany • Bulimie • Dysfunktionale Familie • Eating Disorder • Eltern Kind Beziehung • Ernährungsberatung • Essgewohnheiten • Essstörungen • Essverhalten bei Kindern • Familiensystem • Frühwarnzeichen • grazing • Heißhunger • Hilfe für Angehörige • Jugendpsychologie • Kinderernährung • Kindererziehung • Kinderpsychologie • Magersucht • Orthorexie • Psychische Gesundheit • Psychotherapie • Pubertät • Systemische Therapie • TikTok • TikTokBooks • TikTok Germany
ISBN-10 3-8338-9134-3 / 3833891343
ISBN-13 978-3-8338-9134-2 / 9783833891342
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