Abgestürzt (eBook)

Egal, wie tief du fällst, du kannst immer aufstehen
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
240 Seiten
Ariston (Verlag)
978-3-641-30834-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Abgestürzt -  Olaf Philip Beck,  Kai Psotta
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Seine Suchtgeschichte war dieselbe wie bei vielen Millionen anderer Alkoholkranker: Was mit einem Bier am Abend anfing, steigerte sich langsam, aber stetig. Hinzu kamen Panikattacken, Angststörungen und Übergewicht. Acht Jahre lang war Olaf Beck schwer alkoholkrank. Er arbeitete als Hotelmanager, immer davon getrieben, dass niemand merkt, wie es ihm wirklich geht. Eines Tages bekam er seine Diagnose schwarz auf weiß: Wenn du nicht aufhörst zu trinken, stirbst du! Olaf Beck wollte nicht sterben, sondern leben, und krempelte sein Leben komplett um. In »Abgestürzt« erzählt er von diesem harten Weg und seinem Kampf zurück in die Normalität. Ob Sucht oder andere Probleme: Sein Beispiel macht allen Menschen Mut, die sich in ähnlich schwieriger oder aussichtslos scheinender Lage befinden - und zeigt konkret, dass und wie sie wieder aufstehen können. Für einen Neustart in ein befreites, selbstbestimmtes und glückliches Leben!
  • Offen, authentisch und schonungslos ehrlich: Olaf Becks Weg durch die Hölle und wieder zurück
  • Er hat Schluss gemacht mit Alkoholsucht, Angststörungen und siebzig Kilo Übergewicht
  • Motivation pur! - Der Autor erklärt, wie man seinem Leben nach der Sucht einen neuen Sinn gibt und wieder erfolgreich wird


Olaf Beck, geboren 1966 in Wuppertal, machte eine Ausbildung zum Hotelfachmann und arbeitet seit über 40 Jahren für namhafte Hotelketten, u.a. als Hotelmanager. Seit 2018 ist er »Director Human Relations« der NOVUM Hospitality und betreut über 65 Standorte in Europa. Er ist zudem Gastdozent an der Internationalen Hochschule Bremen und arbeitet als Speaker und Coach im Bereich Perönlichkeitsentwicklung.
Olaf Beck ist seit 2001 trockener Alkoholiker und hilft heute anderen Menschen dabei, ein suchtfreies und selbstbestimmtes Leben zu führen.

Kapitel 1
Gossen-Prediger

Bereits einmal hatte mein Körper einen solchen Komplett-Absturz erlebt. Ein paar Monate zuvor war es einfach passiert. Ohne Vorankündigung. Ohne jegliche körperliche Anstrengung begann mein Herz plötzlich so zu pochen, wie wenn jemand mit einer Faust aufgebracht gegen eine Tür hämmert.

Ich hatte in meinem Büro gesessen und mit meiner Assistentin die Termine der Woche besprochen. Es stand, wie so oft zu jener Zeit, eine Reise in die USA an. Ich liebe es, unterwegs zu sein. Ich fühle mich lebendig, wenn ich spüre, wie sich ein Flugzeug, in dem ich sitze, in die Luft erhebt. Je mehr ich in Bewegung bin, desto besser. Wenn ich unterwegs bin, irgendwo in Hotels einchecke, bekomme ich ein wohliges Gefühl von Heimat, egal wie weit weg ich auch war.

Mein Leben hatte sich großartig entwickelt. Ich hatte das Gefühl, gebraucht zu werden. Die Unternehmensleitung vertraute mir und übertrug mir immer mehr Verantwortung.

Ich hatte mich, in Rekordzeit, vom faulen Schüler zum Hochleistungsmitarbeiter in der Hotellerie verwandelt. Ich war vom unsportlichen Lauch, an dem die Mitschülerinnen sich eher mäßig interessiert zeigten, zu einem Mann mit zahlreichen Abenteuern geworden. Ich hatte eine Metamorphose erlebt, auch wenn ich mich weder als Raupe noch als Schmetterling gesehen habe.

Doch plötzlich hockte ich auf dem Fußboden meines Büros und spürte meine Haut nicht mehr. Dafür das Herz umso stärker. Dann verkrampften sich meine Hände in die Pfötchen-Stellung.

Beim Versuch aufzustehen sackten meine Beine gleich wieder weg. Ich hatte nicht einmal genügend Kraft, angelehnt an der Bürowand sitzen zu bleiben. Meine Assistentin, mit der ich mir ein Büro teilte, rannte panisch um den Schreibtisch herum zu mir. Sie schrie. Ich auch. Meine letzten Atemzüge, da war ich mir sicher. Ich würde sterben, mit nur sechsundzwanzig Jahren. Noch ein paar Schläge, dann würde mein Herz stehen bleiben. Diese Frequenz konnte kein Herz der Welt länger aushalten. Drohender Komplett-Ausfall wegen Überlastung. Ich wartete nur darauf, dass es schwarz vor meinen Augen werden würde.

Doch stattdessen sah ich immer mehr Beine. Irgendwelche Menschen kamen vom Flur in unser Büro gerannt. So wie ich auf dem Boden kauerte, konnte ich weder ihre Gesichter noch Oberkörper erkennen. Ich sah nur Schuhe und bis maximal zum Knie. Irgendwer sagte mir irgendwas. Plötzlich wurde ich rausgetragen und in einen Krankenwagen verfrachtet.

Man brachte mich ins Klinikum Frankfurt Höchst. Mein Herz schlug, zu meiner Überraschung, während der gesamten Fahrt weiter. Sogar wieder etwas ruhiger als zuvor. Das anschließende EKG war unauffällig. Einen Herzinfarkt hätte ich mit Sicherheit nicht gehabt, teilte mir die Ärztin mit. Auch alle anderen Untersuchungen, die an mir durchgeführt wurden, blieben ergebnislos. »Organisch ist mit Ihnen alles in bester Ordnung«, hieß es.

Vielleicht sei ich etwas überarbeitet, meinte die Ärztin. Von einer möglichen Erschöpfungs-Depression oder einem Burn-out war keine Rede. Das war damals weder in aller Munde noch in den Medien, dementsprechend auch noch Lichtjahre davon entfernt, gesellschaftsfähig zu werden.

Ich solle, so riet mir die Ärztin, ein paar Johanniskraut-Dragees nehmen, zur Beruhigung. Dann wäre alles wieder gut. Und das tat ich auch. In viel zu hoher Dosis. Aber weil es pflanzlich war, dachte ich mir nichts dabei. Was sollte schon passieren? Ich stopfte das Zeug wie Bonbons in mich rein. Statt dreimal zwei Stück, schluckte ich dreißig Stück am Tag. Dass auch pflanzliche Medikamente Nebenwirkungen haben können, lernte ich schmerzhaft in den darauffolgenden Tagen. Die Überdosis Johanniskraut erhöhte die Lichtempfindlichkeit meiner Haut, sodass ich beim ersten Sonnenstrahl krebsrot wurde und einen heftigen Sonnenbrand bekam. Aber immerhin konnte ich wieder arbeiten.

Ich schenkte dieser ersten Attacke damals keine große Aufmerksamkeit und nahm sie nicht allzu ernst. Ich war schließlich ein erfolgreicher Mann. Wo ich war, war die Sonne – wenn ich nicht gerade unter den Folgen einer Überdosis Johanniskraut litt.

Nach der Büroattacke in Frankfurt war es mir noch gelungen, den – mir überaus peinlichen – Vorfall zu verdrängen. Ich verbuchte es unter der Kategorie »einmaliger Systemausfall«. So etwas werde mir nie wieder passieren, schwor ich mir. Warum auch? Ich war groß und stark. Die Welt lag mir zu Füßen, zumindest ein Teilbereich der gehobenen Hotellerie.

Aber nun, nachdem mich mein Körper zum zweiten Mal so im Stich gelassen hatte, veränderte sich alles. Nach der erneuten Panikattacke im Gotthard-Tunnel konnte ich diesen Blackout nicht einfach weiter verdrängen.

Bisher war ich ein Sieger, ein Problembezwinger, ein Ideengeber. Ich schaute morgens gerne in den Spiegel, weil mir der Kerl, den ich da sah, gefiel. Es war, seit meinem Ausbildungsbeginn, vieles in die richtige Richtung gelaufen. Ich hatte etwas für mich entdeckt, das mir richtig viel Spaß bereitete.

Eine Prognose meines früheren Mathelehrers hatte sich zum Glück nicht mal ansatzweise bewahrheitet. Er hatte mir, als wir bei der Berufsberatung waren, völlig abwertend prophezeit: »Mach so weiter, dann landest du in der Gosse.«

Die Art und Weise, wie er das Wort Gosse aussprach, wird mir immer in Erinnerung bleiben. Es hatte nichts Motivierendes. Er sprach es nicht so aus, als wolle er mich damit herausfordern, ihm das Gegenteil zu beweisen. Er wollte keinen Deal mit mir abschließen, damit ich meinen Notendurchschnitt erhöhte. Er sagte es mit einer gleichgültigen Verachtung, mit einer großen Portion Schadenfreude, so als wolle er, dass ich tatsächlich in der Gosse ende. Er hatte mich, so schien es mir, bereits aufgegeben, ehe meine Schulzeit vorbei war. Dabei sollen Lehrer doch Vorbilder sein, inspirierende Persönlichkeiten, die Aufbruchstimmung erzeugen können, sodass Jugendliche ihren Weg in einer immer komplizierter werdenden Gesellschaft erkennen.

Es ist unbestritten, dass ich als Schüler ein fauler Sack war. In mir steckte nicht die größte intrinsische Motivation, Wissen über Goethe, Schiller und irgendwelche Sätze des Pythagoras aufzusaugen. Ich war wie Hunderttausende andere Schüler auch einer, der einen kräftigen Arschtritt benötigt hätte. Aber so schlimm war ich definitiv nicht, dass man mich in die Gosse wünschen musste.

Ich hatte an dieser Aussage eine Zeit lang zu knabbern. Die Vorstellung, ein so wertloses Geschöpf zu sein, bei dem es nur zur Gosse reicht, nagte an meinem Selbstvertrauen, das während meiner Jugend ohnehin alles andere als stark ausgeprägt war.

Das änderte sich erst, als ich Wolfgang Hupperts traf, dem meine offensichtliche Faulheit in der Schule, die sich sehr deutlich in meinen Noten widerspiegelte und auch zu einem frühen Abgang führte, völlig egal war. Selbst meine Fünf in Mathe schreckte ihn nicht ab. Er gab mir die Chance, im Düsseldorfer Savoy zu lernen, einem sehr vornehmen Hotel der Stadt. »Das Wichtigste«, so sagte er, sei es, »dass man Menschen gerne mag. Dass du dich gerne um Menschen kümmerst. Dass es dir Freude bereitet, wenn es den Gästen gut geht.«

Das hatte ich. Und das lebte ich gerne und leidenschaftlich. Daran hatte ich tatsächlich Spaß. Es machte mir Freude, der perfekte Gastgeber zu sein. Ich entwickelte einen Ehrgeiz, egal welche Aufgabe ich während der Ausbildung im Hotel erfüllen musste, sie perfekt zu erledigen. Als ich mit dem Room-Service mitging, wollte ich das perfekte Bett beziehen und drapierte mit chirurgischer Präzision die Kissen. Ich fand Gefallen daran, in der Gastronomie einen Tisch so einzudecken, dass er an ein künstlerisches Stillleben erinnert.

In einer der ersten Wochen im Savoy nahm mich der Maître d’hôtel, der Leiter des Restaurants, zur Seite und betraute mich mit einer ganz wichtigen Aufgabe, wie er sagte: »Heute Abend werden wir dreihundert Gäste im Ballsaal haben. Politiker und Wirtschaftsgrößen rund um Jürgen Möllemann. Ich möchte, dass Sie dreihundert Bischofsmützen brechen.«

Möllemann, damals Bundesminister für Bildung, kannte ich. Was ein Bischof war, war mir auch klar. Aber warum ich irgendwelche Mützen zerstören sollte, und was das vor allem mit dem Event zu tun hatte, das verstand ich nicht.

»Man faltet Servietten nicht, man bricht sie«, erklärte mir der Maître d’hôtel kurz und knapp, ehe er mir zweimal demonstrierte, wie man die perfekte Bischofsmütze, eine von zahlreichen Möglichkeiten, Servietten zu »brechen«, macht. »Jetzt bist du dran. Dreihundert Stück. Symmetrisch geformt und alle identisch. Bei der geringsten Abweichung machst du sie neu. Die Gäste erwarten ein stimmiges, perfektes Bild, wenn sie den Raum betreten.«

Ich empfand das nicht als Tortur. Ich war Auszubildender. Und wenn mein Chef dreihundert gebrochene Servietten wollte, dann bekam er dreihundert makellos gebrochene Servietten.

Ich zog mein Sakko aus, krempelte mir die Ärmel hoch und schlüpfte in weiße Stoffhandschuhe, um ja keine Fettfingerabdrücke auf den gestärkten Servietten zu hinterlassen. Dann legte ich los.

Irgendwann, an einem anderen Tag, wurde mir aufgetragen, wegen meiner Größe, in jedem Zimmer die Gardinen, die über den Fenstern hingen, abzunehmen, waschen zu lassen und anschließend leicht feucht, damit sie sich aushängen können, wieder aufzuhängen. Auch keine unbedingt vergnügungssteuerpflichtige Tätigkeit. Aber es war mein Job.

Einmal, ich arbeitete als Nachtportier in einem Partnerhotel vom Savoy, dem Börsenhotel, in dem alle Auszubildenden auch Station machten, bemerkte ich einen...

Erscheint lt. Verlag 11.10.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Psychologie
Schlagworte 2023 • Abhängigkeit • Alkoholsucht • Biografie • Biographien • Bodo Janssen • Coach • eBooks • Emotionen • Gesellschaft • Gesundheit • Hotelbranche • Leon Windscheid • Medizin • Neuerscheinung • Speaker • Sucht • Suchtverhalten • Tobias Beck • Wer wird Millionär?
ISBN-10 3-641-30834-8 / 3641308348
ISBN-13 978-3-641-30834-6 / 9783641308346
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