Aufwärts fallen (eBook)

Wie mein Leben zerbrach und ich zu einem neuen Glauben fand
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
224 Seiten
Gütersloher Verlagshaus
978-3-641-29929-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Aufwärts fallen -  Priska Lachmann
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Ein Buch, das Mut macht, Gott neu zu entdecken.
Priska Lachmann wächst in einem Umfeld auf, das von fundamentalistischer Enge geprägt ist. Regeltreue ist beliebt; selbstständiges Denken oder kritisches Fragen sind unerwünscht. Sie heiratet früh und geht auf eine freie Bibelschule, um Pastorin zu werden. In der Vikariatszeit bricht dann alles auseinander: Ihr Wunsch, endlich authentisch leben zu dürfen, wird immer größer. Sie lässt sich scheiden. Ihr Umfeld lässt sie fallen.

Im Chaos der Veränderung sagt Priska Lachmann ihrem Glauben nicht ab. Stattdessen macht sie sich auf die Suche nach einem Gottesverhältnis, das zulässt, was bisher verboten war: Zweifel, Fragen, Offenheit, Weite. Hier erzählt sie ihre Geschichte und davon, wie sie aus der Enge des religiösen Zwangs zu einem beglückenden, wohltuenden und authentischen Glauben fand.

  • Ermutigt, den Glauben neu zu entdecken
  • Zeichnet eine Glaubensentwicklung von der Enge in die Weite


Priska Lachmann, geboren 1986, ist Theologin, Autorin und Influencerin. Nach dem Studium an einer freien Bibelschule und anschließender Arbeit als Jugendreferentin Vikarin in einer Freikirche. Mit Mitte 20 bricht sie mit ihrer engen Glaubenswelt. Sie lebt mit ihrem Mann und drei Kindern in Leipzig, bloggt, schreibt Bücher und macht einen Master in Marriage und Family Studies and der LEE University in Tennessee.

II.

»Bis dass der Tod euch scheidet!«

Mit 15 Jahren fuhr ich mit der Jugendgruppe unserer Gemeinde auf eine so genannte Mitarbeiterfreizeit. Ich war mächtig stolz, dass ich »Mitarbeiterin« geworden und damit vom Status einer gewöhnlichen Besucherin »aufgestiegen« war. Als Teenagerin empfand ich es als eine Auszeichnung, jemand maß mir Talent und Wert bei, meine Gaben in einem größeren Rahmen einbringen zu dürfen. Meine beste Freundin und ich spielten Theater und Pantomime in unserer Gemeinde. Regelmäßig unterstützten wir mit unseren Darbietungen Predigten und wurden auch zu anderen Veranstaltungen eingeladen wie zum Beispiel zur Expo in Erfurt. Wir führten meist Stücke mit einem evangelistischen Charakter auf, durch die Zuschauer Jesus begegnen sollten. Regelmäßig beteten wir dafür, dass wir unsere Gaben nur Gott zu Ehren einsetzten, niemals stolz darauf seien oder gar annehmen könnten, wir hätten uns unser Können selbst erarbeitet. Es war ein Geschenk Gottes.

In der Jugendgruppe sollte ich mich auch als Mitarbeiterin kreativ einbringen, in Theaterstücken oder bei der Dekoration der Jugendräume. Ich war sehr motiviert. Mit anderen Jugendlichen zusammen zu sein, die die gleichen Ziele verfolgten und dieselben Werte teilten, das allein schuf schon eine einzigartige Verbundenheit. Und als 15-Jährige in einer Gruppe mit Jugendlichen zu sein, die teilweise drei bis fünf Jahre älter waren als ich, die einen aufnahmen in ihren Kreis und dabei scheinbar so viel cooler waren als man selbst, das fühlte sich wie eine echte Auszeichnung an. An diesem Wochenende verliebte ich mich zum ersten Mal so richtig. Und zwar in unseren Jugendleiter – den coolsten, witzigsten Typen, den ich je gesehen hatte. Er war drei Jahre älter als ich, trug einen Undercut mit langen Haaren und war die Coolness in Person mit seiner abgewetzten Lederjacke, seiner scheinbar unerschütterlichen Ruhe und dem tiefschwarzen, trockenen Humor.

Sonntags hatte ich Küchendienst. Ich trocknete Geschirr ab und er saß in meiner Nähe auf der Küchenanrichte. Er beobachtete mich die ganze Zeit. Jede einzelne Bewegung. Er musste da nicht sitzen, er war nicht zum Küchendienst eingeteilt. Ganz offensichtlich wollte er dort sein, suchte meine Nähe. Ich war etwas verunsichert, wusste nicht, ob ich mir nur einbildete, dass er mich unentwegt ansah. Das kam doch sehr unerwartet! Ich kannte Theo (Name geändert) schon vom Sehen seit meiner frühen Kindheit. Das heißt: Natürlich kannten wir uns bis dahin nicht wirklich, aber unsere Eltern besuchten mit uns schon immer die Gemeinde. Die erste Begegnung, an die ich mich erinnere, war sogar nicht besonders freundlich gewesen. Mit sechs Jahren durfte ich in den Kinderchor unserer Gemeinde gehen. Meine beste Freundin Elli war schon dabei und sie hatte mir vorher zwei Lieder in ihrem Lieferhefter gezeigt und vorgesungen. Ich wurde der Kindergruppe im Chor vorgestellt und die Chorleiterin sagte mir, ich dürfe mir ein Lied aussuchen, das wir dann singen würden. Das Privileg der Neuen. Ich kannte aber nur die zwei Lieder von meiner Freundin und nannte eines der beiden. Von hinten stöhnte jemand laut: »Oh nee, nicht das Lied!« Ich drehte mich um. Ein Junge mit einem runden Gesicht, braunen Haaren und einer großen Brille guckte mich an. Der war ja doof!

Einige Jahre später hatte ich einen elektrischen Spielzeughund geschenkt bekommen. Er war weiß, hatte weiches, langes Fell und eine rosafarbene Leine aus Plastik. Wenn man auf einen Schalter drückte, lief er entweder oder bellte und wedelte dabei mit seinem Schwanz. Ich war stolz; das war so ein toller Hund! Ich nahm ihn mit in die Gemeinde, um ihn meinen Freundinnen vorzuführen. Stolz ließ ich ihn nach dem Gottesdienst über den kleinen Vorhof unserer Gemeinde laufen. Dann hörte ich es spöttisch lachen und drehte mich um. Dieser blöde Junge mit der großen Brille stand da und lachte mich zusammen mit seinen Freunden aus.

Und nun war es eben dieser Junge, der neben mir saß und offenbar Interesse an mir hatte. Das verwirrte mich, zumal er inzwischen gar kein blöder Junge mehr war, sondern erwachsen und der Jugendleiter! Es kribbelte in meinem Bauch und ich spürte, dass hier gerade etwas passierte, dass dieser Mann meine Zukunft sein würde.

Und mein Gefühl täuschte mich nicht: Nur wenig später hatte ich meinen ersten festen Freund. Theo war aufmerksam, liebevoll und gut zu mir. Mit ihm war es so, wie man sich eine erste Beziehung mit 16 Jahren ausmalt. Ich bekam meine erste Rose zum Valentinstag von ihm, meine ersten wirklichen Liebesbriefe, mein erstes Kuscheltier vom Schießstand der Kleinmesse und wir lachten oft und verbrachten viel Zeit zusammen. Weil er aber der Jugendleiter war, hatte unsere junge Beziehung von Beginn an eine sehr ernste Note. Nicht nur, weil wir gelernt hatten, dass wir eine Liebesbeziehung nur führen würden, wenn wir uns vorstellen könnten, den Freund oder die Freundin auch zu heiraten, sondern auch, weil Theo in der Gemeinde als Vorbild galt. Daher war ein Ausprobieren oder Plänkeln nicht möglich. Es war ernst. Es ging direkt ums Heiraten. Mit 16 Jahren fühlte ich mich reifer als ich es tatsächlich war. Ich konnte mir darum wirklich vorstellen, mit ihm die Ehe einzugehen!

Doch dann stellte ich nach einem Jahr fest, dass wir sehr unterschiedlich waren, wir zu oft stritten und ich mir eine andere Zukunft erträumte. So beendete ich die Beziehung, mit viel Herzschmerz, Tränen und konfliktreichen Gesprächen.

Trotzdem blieben wir in einer Jugendgruppe zusammen. Er blieb mein Jugendleiter, ich war aber bemüht, so wenig Zeit wie möglich mit ihm zu verbringen und mich im Umfeld der Gemeinde und meiner Ex-Beziehung selbst zu finden. Einen Ehemann, die Liebe seines Lebens zu finden, war für mich eng mit meinem Glauben und meiner Lebensberufung verknüpft. Was hatte Gott mit mir vor? Welches Ziel hatte er für mein Leben? Mein Ehemann müsste das mittragen können.

Gemeinsam mit anderen Jugendgruppen aus anderen Gemeinden Sachsens, fuhren wir regelmäßig auf so genannte Gebetswochenenden. Wir waren einmal in der einen Stadt oder Gemeinde, dann wieder in einer anderen. Im Frühling vielleicht in Chemnitz, im Herbst in Dresden und im Jahr darauf beispielsweise in Leipzig und Zwickau. Wir wurden eine große Gruppe 14- bis 25-Jähriger, die sich untereinander anfreundeten, erste Liebesbeziehungen knüpften und die eine große Sache verband: Der Glaube an Jesus und das Wirken des Heiligen Geistes. Denn wir waren alle aus Pfingstgemeinden und diese kleine Nische, diese Subgruppe, war so einzigartig und besonders, dass es uns noch enger zusammenbrachte. Niemand sonst konnte wirklich verstehen, wie wir Glauben lebten.

Oftmals waren auch unsere Eltern und Großeltern schon in der Pfingstgemeinde. Die Familien waren durch Heirat miteinander verbunden, wodurch richtige Familiendynastien entstanden. Wir waren unserem Glauben sehr hingegeben; er hatte oberste Priorität. Dazu pflegten wir eine einzigartige Beziehung zum Heiligen Geist. Wir verstanden ihn als Person im Konzept des dreieinigen Gottes und beteten oft direkt zu ihm. Wir verstanden Jesus als unsere erste große Liebe, als Liebhaber. Einige trugen sogar – ganz ähnlich wie katholische Ordensschwestern nach dem ewigen Gelübde – einen Ring, als Zeichen dafür, dass sie mit Jesus verheiratet waren und warten wollten, bis Gott ihnen den einen richtigen Mann ins Leben schickt, den sie dann heiraten würden.

Wir verstanden uns dabei als sündige Menschen. Manche versuchten, heilig zu leben, immer besser zu werden und wollten sich am liebsten selbst geißeln und bestrafen, weil sie es nicht schafften, gänzlich heilig zu sein. Andere gaben diesen Versuch auf, brachen aus, rauchten, tranken oder suchten sich auf Partys jemanden, mit dem sie knutschen konnten. Es gab diese Versuche des rebellischen Ausbruchs, oft genug verbunden mit einem schlechten Gewissen danach. Auf einem solchen Gebetswochenende im Jahr 2003, hatte ich das Gefühl, Gott habe mich persönlich angesprochen. Ich war 17 Jahre alt.

Es war Samstagabend und ein Missionar war zum Predigen eingeladen worden. Er hieß Tobias. Die Stimmung war wie elektrisch aufgeladen, wir hatten schon eine Stunde lang Lobpreislieder gesungen und gebetet. Ich sehnte mich nach Jesus und nach einer Begegnung mit ihm. Ich hatte auch den Eindruck, dass es allen anderen ebenfalls so ging, dass diese kollektive Erfahrung dieses Sehnen nach Mehr von Jesus noch verstärkte. Ich erinnere mich nicht, worüber Tobias predigte, aber ich erinnere mich sehr gut an die anschließende Gebetszeit. In mein Tagebuch schrieb ich über die darauffolgenden Minuten später:

»… Dann ging es um Berufung … diejenigen, die etwas empfangen wollten (Anmerkung: eine Prophetie), sollten vorkommen, aber ich ging nicht, denn ich war mir sicher, dass ich Psychologie studieren wollte. Aber auf einmal hatte er (Tobias) verschiedene Eindrücke. Einer davon: »Hier ist ein Mädel unter uns, die wird predigen und Männer werden ihr zuhören. Kann sie bitte mal vorkommen?« In dem Moment machte es »Peng« in mir und er sprach weiter: »Du weißt in deinem Herzen, dass du gemeint bist.« Ich dachte nur »oh-oh« und »Herr, das kann doch nicht sein. Meinst du mich? Ich kann doch gar nicht reden!« Und er sagte: »Du machst jetzt eine tiefe Selbsterkenntnis«. Ich: »Oh Herr! Du meinst, du willst mich?« Denn … niemand ging vor. Aber ich auch nicht. … Nach dem Lobpreis bin ich zu dem Prediger und seiner Frau gegangen. Ich habe ihnen meine Situation erklärt und gefragt, ob sie noch einmal mit mir beten könnten, weil ich es vorhin nicht geschafft hatte, nach vorne zu kommen.«

Die beiden beteten für mich und hatten einen weiteren Eindruck....

Erscheint lt. Verlag 25.10.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Religion / Theologie Christentum
Schlagworte 2023 • Authentisch glauben • Biografie • Booktok • christtok • eBooks • endlich gut genug • Evangelikale • Feministische Theologie • Frau und Kirche • Freikirche • Frömmigkeit • Fundamentalismus • Glauben • Glaubensentwicklung • Glaubensweg • Gottesbild • gott neu entdecken • Immer besser scheitern • Kirche • Kirche im Wandel • Mamablog • mamalismus • Neuerscheinung • post-evangelikale • Spiritualität • spirituelle Bücher • Theologie • TikTok • warum wir durch krisen richtig stark werden
ISBN-10 3-641-29929-2 / 3641299292
ISBN-13 978-3-641-29929-3 / 9783641299293
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