Gute Tage will ich haben! (eBook)

Uraltes Weisheitswissen für ein hoffnungsvolles Heute und Morgen
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
192 Seiten
Gütersloher Verlagshaus
978-3-641-29335-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Gute Tage will ich haben! -  Jürgen Werth
Systemvoraussetzungen
16,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Gelassenheit in den großen Fragen des Lebens
»Es passiert nichts Neues unter der Sonne« - »Alles hat seine Zeit«, mit Sprüchen wie diesen lebt das biblische Buch Kohelet auch im Bewusstsein von Menschen, die mit der Bibel eigentlich nichts am Hut haben. Kein Wunder, denn ein Weisheitslehrer ist dieser Kohelet, der auch als Prediger Salomo oder Ecclesiasticus bekannt ist. Ein Meister der Lebensklugheit, ein Sammler tiefer Erkenntnis in das Leben, in die Zusammenhänge der Welt und in die Seele des Menschen.

Jürgen Werth zeigt hier, wie sehr es sich lohnt, ihn heute wieder zu entdecken. Er hört Kohelet zu und nimmt dessen Einsichten in die großen Fragen des Lebens mit in den Alltag des 21. Jahrhunderts. Er konfrontiert Kohelets Weisheit mit dem eigenen Suchen nach dem Wie und Warum des Daseins, mit seinen Träumen, Ängsten und Hoffnungen. Daraus entsteht ein ungewöhnliches Gespräch, in dem alte Weisheit seine Kraft im Heute entfaltet. Ein Lese- und Lebensbuch, das tröstet, ermutigt und die Tage schöner macht.

  • Lebenswissen eines alten Weisheitslehrers für heute neu entdeckt
  • Eine Anleitung zu heiterer Gelassenheit im Heute


Jürgen Werth war bis 2014 Vorstandsvorsitzender bei »ERF Medien« und ist als Liedermacher, Moderator und Autor unterwegs. Er ist ein Meister im Geschichtenerzählen und viele seiner Lieder haben sich zu Klassikern entwickelt. Er ist verheiratet und hat drei erwachsene Kinder.

1

Was hat der Mensch für Gewinn von all seiner Mühe, die er hat unter der Sonne?

Was ein Leben sinnvoll macht

Wir hatten uns lange nicht gesehen. Viel zu lange nicht. Nun saß er mit seiner Frau am Nachbartisch in der Cafeteria des Pflegeheims, in das meine 93-jährige Mutter ein paar Tage zuvor eingezogen war. Ernstheinrich Schäfer. Mit Herzklopfen ging ich auf ihn zu. »Hallo, Ernstheinrich!« Seine Frau erkannte mich sofort. Großes Hallo. »Du hier?« »Ihr hier?« Er – schaute mich freundlich an. Mit warmen, lächelnden Augen. Aber er wusste nicht, wer ich war. Sie stellte mich vor. Sein Blick veränderte sich nicht. Warm und freundlich und – leer. »Er erkennt dich nicht mehr!«, sagte sie traurig. »Die Vergangenheit ist ausgelöscht.«

87 war er inzwischen, und die Vergangenheit war schon lange nicht mehr da. Dabei war er doch immer so klug gewesen. So wach. So aufmerksam. Ich war zu ihm in die Schule gegangen. Und das gleich im mehrfachen Wortsinn. Mein Deutschlehrer war er gewesen, mein Denklehrer, Leselehrer, Schreiblehrer. Er hatte dafür gesorgt, dass ich irgendwann die Schneider-Kinderbücher gegen wirkliche Literatur austauschte. Wir hatten uns an Wolfdietrich Schnurre gewagt, an Günter Grass und Max Frisch. Er hatte meine Lust an der Sprache geweckt, meine Art zu schreiben geformt. Dass ich Journalist geworden bin, lag wohl nicht zuletzt an ihm.

Er war anders als die anderen. Jünger. Moderner. Ambitionierter. Er sah anders aus, trug eine kecke Meckifrisur und hatte das augenzwinkernd mit Goethe begründet: »Eines schickt sich nicht für alle …« Später war er Schulleiter geworden, natürlich. Und wir waren uns immer wieder begegnet. Als ich in den Ruhestand ging und in der Wetzlarer Stadthalle ein großes Abschiedskonzert gab für die Hörer und Zuschauer des »Evangeliums-Rundfunk« (ERF), den ich viele Jahre geleitet hatte, war er da. Ich hatte es gewusst und ein Buch mitgebracht, das er mir knapp 50 Jahre zuvor feierlich überreicht hatte. Er war Vertrauenslehrer gewesen, ich Schulsprecher. Das Buch war sein Dankeschön für unsere Zusammenarbeit gewesen.

Und nun? War ich längst im Ruhestand. Und er – wusste nicht mehr, wer ich war. Er las nicht mehr. Er erkannte nichts mehr. »Von der Schule weiß er gar nichts mehr«, flüsterte seine Frau. Es gab kein Gestern mehr für ihn, nur noch heute, nur noch jetzt. Nur noch den Kaffee und die Torte auf dem Tisch, nur noch die Frau an seiner Seite, nur noch diesen älteren unbekannten Herrn, der ihn so freundlich begrüßte und von dem er nicht wusste, wer das war.

Es war unsere letzte Begegnung.

Als er gestorben war, lud mich seine Tochter ein, bei der Trauerfeier eines meiner Lieder zu singen. Ich bin früh losgefahren, denn ich ging davon aus, dass die Trauerhalle überfüllt sein würde. Doch sie war beinahe leer. Die Familie, eine Handvoll ehemaliger Weggefährten.

»Was ist der Mensch!« Vergänglich wie Gras. Ein Windhauch. Und was ist das, was er schafft! Was bleibt? Von ihm, von seinem Leben, von seinen Mühen, von seinen Erfolgen?

Das Leben ist flüchtig. Der Mensch ist flüchtig. Das Glück ist flüchtig. Der Erfolg ist flüchtig.

In meinem Kopf singt Frank Sinatra:

»That’s Life! That’s what all the people say. You’re riding high in April, shot down in May.« – »So ist das Leben, das sagt man eben so. Im April bist du ganz oben, und im Mai im Nirgendwo.« Und weiter: »Aber für mich wird es anders sein! Im Juni steig ich ganz neu ein!«

Kein Lied für ihn. Kein Lied für Ernstheinrich Schäfer. Und wohl auch kein Lied für mich. Irgendwann ist Mai. Irgendwann bleibt es Mai.

Ich schlage dein Buch auf, Prediger.

Es ist alles ganz eitel, sprach der Prediger, es ist alles ganz eitel. Was hat der Mensch für Gewinn von all seiner Mühe, die er hat unter der Sonne?

Aus Prediger 1

Eitel. Und wieder singt ein Lied in meinem Kopf, das schlichte Mondlied von Matthias Claudius: »Gott, lass uns dein Heil schauen. Auf nichts Vergänglichs trauen. Nicht Eitelkeit uns freun.« Eitelkeit? Ich schlage nach: »Eitel« stand zu seiner Zeit für »vergänglich, vergeblich, flüchtig«.

Ich sehe Menschen vor den Trümmern ihres Lebens. Flutopfer, Brandopfer, Tsunamiopfer, Erdbebenopfer, Kriegsopfer. Im Fernsehen zeigt einer bitter auf das, was von seinem Haus übrig geblieben ist: »Dafür haben wir 40 Jahre lang gearbeitet! Gelebt!«

Es ist alles ganz eitel. Sitzt auch du vor den Trümmern deines Lebens, als du das aufschreibst, Prediger? Bist du verbittert? Sehe ich dein Gesicht gramzerfurcht? Man hat dir das zuweilen unterstellt. Resignativ seien deine Gedanken. Eine bittere Bilanz am Ende des Lebens.

Für mich klingen sie anders. Wissend. Weise. Lebensklug. Entspannt. Gelassen. Ein bisschen trotzig. Vielleicht sogar heiter. Du hast viel erlebt und erlitten, hast vieles und viele kommen und wieder gehen sehen. Du warst ganz oben und ganz unten, wurdest gefeiert und vielleicht auch gefeuert. Du hast Sicherheiten zerbröckeln sehen, Schätze verrosten, Erfolge vergilben. Du bist alt geworden. Ja, du musst alt sein. Wenn man jung ist, denkt man solche Gedanken nicht. Aber du möchtest wohl, dass die, die noch nicht so weit sind, dir nachdenken. Damit sie nicht enttäuscht werden. Vom Leben nicht. Von sich selbst nicht. Und nicht von Gott. Wer weiß, dass er end-lich lebt, sollte endlich anfangen zu leben.

Hättest du sie schon gekannt, hättest du wohl die Geschichte vom niederländischen Herrn Kannitverstan erzählt. Johann Peter Hebel ist sie eingefallen, viele Jahrhunderte später. Zum ersten Mal habe ich sie wohl bei Ernstheinrich Schäfer gelesen.

Ein junger Handwerker aus Schwaben ist zum ersten Mal in Amsterdam. Vor einem prächtigen Haus bleibt er stehen und fragt, wem es gehöre. Er fragt auf schwäbisch, er kann keine andere Sprache. Die Holländer verstehen ihn nicht und antworten: »Kan nit verstan!« »Ich verstehe nicht.« Das aber hält er für den Namen des reichen Mannes. Herr Kannitverstan. Aha. Der wird ihm dann wieder genannt, als er sieht, wie aus einem großen Schiff prächtige Waren geladen werden. »Wem gehört das?« »Kan nit verstan.« Und er fängt an, den reichen Herrn Kannitverstan zu beneiden. Bis er einem langen Trauerzug begegnet. Auf seine Frage, wer denn hier zu Grabe getragen wird, antwortet einer der Trauernden wie die Befragten zuvor: »Kan nit verstan!« Was ihn erschüttert und beruhigt: Auch die unermesslich Reichen müssen sterben.

Das war immer so. Das wird immer so sein. Das letzte Hemd hat keine Taschen. Auch wenn man in alten Kulturen reichen Verstorbenen ins Grab legte, was ihnen im Leben etwas bedeutet hatte.

Alles ist eitel. Vergänglich, vergeblich, flüchtig.

Wer Geld liebt, wird vom Geld niemals satt, und wer Reichtum liebt, wird keinen Nutzen davon haben. Das ist auch eitel. Mehrt sich das Gut, so mehren sich, die es verzehren; und was hat sein Besitzer davon als das Nachsehen? Wer arbeitet, dem ist der Schlaf süß, er habe wenig oder viel gegessen; aber die Fülle lässt den Reichen nicht schlafen. Es ist ein böses Übel, das ich sah unter der Sonne: Reichtum, wohl verwahrt, wird zum Schaden dem, der ihn hat. Denn dieser Reichtum geht durch ein böses Geschick verloren. Und wer einen Sohn gezeugt hat, dem bleibt nichts in der Hand. Wie einer nackt von seiner Mutter Leib gekommen ist, so fährt er wieder dahin, wie er gekommen ist, und nichts behält er von seiner Arbeit, das er mit sich nähme. Das ist ein böses Übel, dass er dahinfährt, wie er gekommen ist. Und was gewinnt er dadurch, dass er in den Wind gearbeitet hat? Sein Leben lang hat er im Finstern gegessen, in großem Grämen und Krankheit und Verdruss.

Aus Prediger 5 

Ich lese deine Gedanken, Prediger, in der Übersetzung zweier Männer, die dir nähergestanden haben als ich. Deinem Glauben, deiner Zeit, deiner Sprache. Zwei jüdische Gelehrte: Martin Buber und Franz Rosenzweig. In den Zwanzigerjahren des vorigen Jahrhunderts hatten sie gemeinsam begonnen, die Hebräische Bibel, das Alte Testament in der christlichen Heiligen Schrift, neu zu übersetzen. Möglichst nah am hebräischen Original. Franz Rosenzweig starb 1929, Martin Buber machte alleine weiter. Durch die dunkle Zeit des Nationalsozialismus hindurch bis in die Sechzigerjahre hinein. Der Anfang deines Buches liest sich bei ihnen so:

»Dunst der Dünste, spricht Versammler, Dunst der Dünste, alles ist Dunst.«

Alles Dunst. Die Goldenen Zwanziger, der Börsencrash von 1929, die Nazidiktatur, der Holocaust, der neue Staat Israel, das Wirtschaftswunder in Deutschland … Dunst, weil nicht beständig.

Wer viele Zeiten hat kommen und gehen sehen, lässt sich nicht mehr so leicht blenden und wohl auch nicht so schnell erschüttern.

Dein Buch ist ein zutiefst jüdisches Buch, Prediger. Auch wenn du nicht ahnen konntest, was deinem Volk widerfahren würde in den Jahrtausenden nach dir. Spätestens nach der Zerstörung des Tempels im Jahr 70 immer auf der Flucht. Die vierzig Jahre Wüstenwanderung auf Jahrhunderte gedehnt. Heimatlos. Schutzlos. Und oft genug auch besitzlos. Es lohnte sich nicht, feste Häuser zu bauen, weil sie ja doch immer wieder niedergebrannt wurden. Heinrich Heine schrieb einmal, die Juden hätten nur eine »portative Heimat«. Eine Heimat zum Mitnehmen. Ihren Glauben. Ihre Traditionen. Vielleicht noch die Torarolle. Alles andere: Dunst der Dünste. Vergänglich.

Und doch leben sie bis heute. Was ein Wunder ist. Der Philosoph Voltaire soll einmal von Friedrich dem Großen gefragt worden sein, ob er ihm einen Gottesbeweis...

Erscheint lt. Verlag 26.7.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Religion / Theologie Christentum
Schlagworte 2023 • alles hat seine Zeit • Alltagsweisheit • Alltagsweisheiten • alter mann, was nun? • antike Weisheit • das buch kohelet • eBooks • Ecclesiasticus • ekklesiastes • Epikur • gelassenheit finden • Gott • Jesus • Kohelet • Lebensbuch • lebenswissen für den alltag • lehren der bibel • lieber dietrich • Luft nach oben • meister der lebensklugheit • Mut finden • Neuerscheinung • orientierung finden • Philosophie • Prediger Salomo • Ruhe finden • Salomo • Trost • Weisheitslehre • Weisheitslehrer • WER ANDERN EINE GRUBE GRÄBT • windhauch und wein • zuversicht finden
ISBN-10 3-641-29335-9 / 3641293359
ISBN-13 978-3-641-29335-2 / 9783641293352
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 2,2 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich

von Jeffrey Geoghegan; Michael Homan

eBook Download (2020)
Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA
12,99
Ein didaktisch-methodischer Leitfaden für die Planung einer …

von Sarah Delling; Ulrich Riegel

eBook Download (2022)
Kohlhammer Verlag
22,99