Be Your Own F*cking Hero (eBook)
224 Seiten
Goldmann Verlag
978-3-641-30922-0 (ISBN)
Mut bedeutet, du selbst zu sein. Doch oft verlässt er uns in den entscheidenden Momenten: in Verhandlungen, bei der Kleiderwahl, im Privaten. Wer Mut hat, eckt an. Mut zu haben, bedeutet immer auch, die Person zu sein, die anders ist - der Alien im Raum. Genau dieses Gefühl kennt Tijen Onaran. Sie ist Aufsteigerin, erfolgreiche Unternehmerin und eine der prominentesten Stimmen der deutschen Wirtschaft. Als Kind türkischer Eltern baute sie sich aus dem Nichts alles selbst auf. Immer wieder wurde sie damit konfrontiert, sie sei zu laut, zu leise, zu sexy, zu langweilig. Bis ihr klar wurde: Ich bin genau richtig!
In Be Your Own F*cking Hero erzählt Tijen, wie sie trotz oder gerade aufgrund ihrer sozialen Herkunft den Mut gefunden hat, ihren eigenen Weg zu gehen, eigene Unternehmen aufzubauen, zu sich selbst und zu ihrer Meinung zu stehen. Mit ihrer Geschichte motiviert sie alle, ihr privates und berufliches Glück selbstbestimmt in die Hand zu nehmen und die eigene Stimme zu nutzen: »Sei Autor:in deiner ganz eigenen Geschichte und werde zur Heldin deines Lebens. Be your own f*cking hero!«
+++ Tijen Onaran wird Jurorin in der 14. Staffel der TV-Gründershow 'Die Höhle der Löwen'. Zuletzt wurde sie mit dem Deutschen Lesepreis der Stiftung Lesen ausgezeichnet +++
Tijen Onaran, geboren 1985, ist Unternehmerin, Investorin, Autorin und eine der wichtigsten Meinungsmacherinnen Deutschlands, wenn es um Diversität und Female Empowerment geht, sowie eine der prominentesten Stimmen der deutschen Wirtschaft. Sie wurde vom Manager Magazin zu den 100 einflussreichsten Frauen der deutschen Wirtschaft gewählt, ist Trägerin des 'Made in Baden Award' und gehört zu den Top-Influencer*innen auf LinkedIn. Zuletzt erschien von ihr bei Goldmann der Spiegel-Bestseller Nur wer sichtbar ist, findet auch statt. Ihr Motto: 'Diversität ist kein Trend. Diversität ist der Grundstein für den Erfolg eines Unternehmens!'
KAPITEL 1
Jenny from the block
Vom Mut, zur eigenen Herkunft zu stehen
Für die einen ist es nur eine Tür, für mich ist es der Ort, an dem alles angefangen hat. Der Eingang zu unserer ehemaligen Wohnung. Das Tor voller Graffiti, die Klingelschilder zugeklebt, die ausgedrückten Kippen davor: Willkommen an der Tür zu meinem alten Zuhause!
Jedes Mal, wenn ich in meiner Heimatstadt Karlsruhe bin, laufe ich hier vorbei, weil die Straße vom Bahnhof auch zur neuen Wohnung meiner Eltern führt. Und ich erinnere mich, wie ich hier groß geworden bin. Jenny from the block – aus Karlsruhe!
»Ausfahrt freihalten« steht auf einem Schild – so als hätte mir das Schicksal schon damals sagen wollen: Du findest deinen Weg, egal über welche Hindernisse du stolperst.
From zero to hero! Dass ich das geschafft habe, wurde mir Weihnachten 2022 so richtig bewusst, weil ich Zeit hatte, in Ruhe zu reflektieren. Denn kurze Zeit später würde ich mit Douglas meinen eigenen Lippenstift »Red Tijen« auf den Markt bringen. Die ersten Kapitel für mein neues, dieses Buch waren getextet. Und mit meinem Unternehmen Global Digital Women standen wir kurz vor der Veröffentlichung spannender Diversity-Studien. Dazu endlich die Möglichkeit, andere Menschen finanziell durch meine Investments oder auch durch mein Netzwerk zu unterstützen.
I mean: Alles Dinge, die ich mir als kleines Mädchen stark gewünscht hatte. Als Kind war ich oft traurig, weil wir es uns nicht leisten konnten, Feste zu feiern. Ich schwor mir damals, dass ich – wenn ich es mir eines Tages leisten könnte – selbst Menschen an meinem Tisch platzieren und Feste feiern würde. Genau das tat ich – und erledigte in Gedanken die Bestellung für unsere Silvesterparty.
An besagtem Weihnachten liefen auf der Spotify-Playlist Christmas-Songs rauf und runter, und mein Ehemann Marco und ich spielten UNO. Während ich die eine oder andere Regel großzügig und zu meinen Gunsten auslegte (sorry, Marco!), kam mir eine Metapher in den Sinn, die perfekt passte.
Das Leben gleicht einem klassischen Kartenspiel. Wenn wir geboren werden, werden die Karten gemischt und ausgeteilt.
Asse und Könige sind das perfekte Blatt. Harter Tobak, wenn man wie ich von Anfang an weder das eine noch das andere in den Händen hält.
Die eigene soziale Herkunft nicht als Manko, sondern als Chance zu sehen – das erfordert viel Mut und ließ mich oft verzweifeln. Es ist wohl auch deshalb für mich zu einem Ritual geworden, zum Eingang unserer ehemaligen Wohnung zu gehen, wenn ich in Karlsruhe bin, weil meine Entwicklung nicht selbstverständlich ist.
Es steckt sehr viel Arbeit dahinter, es von ganz unten nach ganz oben zu schaffen. Die Erste in der Familie zu sein. Die Erste, die studiert. Die Erste, die ein Netzwerk aufbaut. Die Erste, die ein Unternehmen gründet.
Es braucht viel dazu – viel Durchhaltevermögen, viel Selbstvertrauen. Es geht nicht ohne Tränen, Wut, schlaflose Nächte.
Wie jemand aufgewachsen ist, wie hart jemand dafür gearbeitet und gekämpft hat, um sich Dinge leisten zu können, das sieht niemand.
Soziale Herkunft ist nicht sichtbar, wenn man es erst einmal geschafft hat. Aber es ist eben auch nichts, wofür man sich schämen muss, das würde ich der kleinen Tijen gern zurufen. Dass man mit wenig bis null Spielsachen auskommen kann und dass es okay ist, keine Markenklamotten zu tragen.
23,8 Millionen Menschen mit Migrationsgeschichte lebten 2022 in Deutschland. Ich bin eine von ihnen. Was uns alle eint, sind die erschwerten Jobchancen, weil der Name nicht deutsch genug klingt, weil man Tijen und nicht Thomas heißt. Dass der Name und damit die Herkunft starken Einfluss darauf haben, ob Bewerber*innen positive Rückmeldungen erhalten, bestätigen zahlreiche Studien wie die des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung.
Andere Studien fanden heraus: Menschen mit türkischem Namen müssen 40 Prozent mehr Bewerbungen schreiben als Menschen mit deutsch klingendem Namen. 40 Prozent!
Während 7,4 von 10 Kindern mit studierten Eltern selbst ein Studium beginnen, sind es bei Kindern mit nicht studierten Eltern nur 2,1.
Für mich ist das Grund genug, mich für Diversity einzusetzen. Der erste Schritt, den auch du mitgehen kannst:
Laut werden und aufmerksam darauf machen, dass Diversity Vielfalt bedeutet. Nicht nur im Sinne der Geschlechtergerechtigkeit, sondern auch beim Thema Herkunft, Alter, Bildung und und und.
Heute bin ich CEO von vier Unternehmen, weil ich vor sechs Jahren an einem echten Tiefpunkt in meinem Leben war. Ich kündigte meinen damaligen Angestelltenjob, ohne etwas Neues zu haben. Ich hatte nicht wirklich etwas angespart, sodass ich eigentlich schnell wieder eine neue Arbeit finden musste. Ich nahm Gelegenheitsjobs an, um mich überhaupt zu finanzieren und über Wasser zu halten.
Das Einzige, das mir Kraft gab, waren meine Frauennetzwerk-Treffen, die ich damals schon organisierte und aus denen später meine Firma Global Digital Women entstanden ist.
Um es gleich vorwegzunehmen: Das hier soll sicher nicht in einen überromantischen Tenor einstimmen, dass du alles schaffen kannst, was du willst, wenn du es nur wirklich willst.
Aber wenn ich es mit meiner Story schaffe, soziale Herkunft etwas mehr zu enttabuisieren und nur eine Person empowere, dann bin ich happy.
Ob ich den Biss und die Ausdauer hätte, wäre ich in einem anderen Umfeld groß geworden? I don’t know.
Was ich aber weiß: Ich möchte mit meiner Geschichte Mut machen. Dass es auch ohne großes finanzielles Back-up geht. Ich bin mein eigenes Back-up, das ist anstrengend, aber macht mich stark und mutig. Immer noch und immer wieder.
»Weißt du, mein Schatz«, schrieb meine Mama vor einigen Monaten in einer WhatsApp. »Alles, was du gemacht hast, hast du ganz allein geschafft mit deinem Mann. Es hat dir niemand geholfen. Ich bin so was von stolz darauf, dass ich so tolle Kinder habe. Ich wünsche euch von ganzem Herzen viel Erfolg, Glück, Kraft, Gesundheit, ich liebe euch.«
Auch wenn ich heute für mich selbst sorgen kann, sind solche Nachrichten unbezahlbar. Inzwischen teile ich die Worte meiner Mutter stolz in den sozialen Medien, vor ein paar Jahren dachte ich noch, ich müsse es vermeiden, über meine Herkunft zu sprechen. Sie nach außen hin zu zeigen? Unvorstellbar! Mit null Glitzer, null Glamour, wäre sie nicht cool genug, dachte ich.
Das trieb mich besonders um, als ich mich vor einigen Jahren selbstständig gemacht habe. Während ich nach einer Finanzierung für mein Unternehmen Global Digital Women schaute, las ich überall: »Gründerin XY hat wieder Millionen eingesammelt.« Ich wäre schon glücklich gewesen, hätte ich überhaupt Geld zur Gründung aufgetrieben.
Mein Vater steckte mir 50 Euro zur Unternehmensgründung zu. Natürlich zu wenig, um ein Business aufzubauen, aber dennoch genug, um mir zu zeigen, dass meine Eltern hinter mir standen.
Ich war bei der Bank, die mir natürlich keinen Kredit gewähren wollte. Durch einen Gründungszuschuss konnte ich die Anfänge finanzieren, zudem pumpten wir uns Geld von Marcos Mutter. Wäre das nicht gewesen: Ciao!
Heute bin ich dankbar, dass ich meiner Familie einiges zurückgeben kann – zum Beispiel, wenn es darum geht, dass ich ihnen Dinge kaufen kann, die sie sich immer gewünscht haben, oder dass wir als Familie ohne Stress und auf die Uhr schauen zu müssen, Zeit miteinander verbringen können.
Zeit war früher Mangelware. Konspirative Gespräche mit viel Tiefgang? Keine Chance! Meine Eltern, beide berufstätig, waren platt, als sie nach Feierabend nach Hause kamen. Stattdessen gab es »Silent disco« für mich. Ja, das trifft es ganz gut.
In unserer Familie gab es nichts im Überfluss, sieht man von Liebe ab. Das beste »Investment«, das meine Eltern mir und meinem jüngeren Bruder Cem mitgaben, ist genau diese Liebe, Urvertrauen und Humor. Und meine Mutter tut noch heute alles dafür, ein möglichst schönes Zuhause zu schaffen. Das sehe ich heute.
Immer aus allem das Beste machen, an sich selbst glauben, egal wie beschissen die Situation ist. Das habe ich mir von meiner Mama abgeschaut. Irgendwann kommt nach vielen Neins auch plötzlich ein Ja.
Jemand, der an dich glaubt.
Jemand, der dich weiterbringt.
Jemand, der dich empowered.
Als meine Mama vor einigen Jahren für eine Doku über mich spontan ein paar Worte in die Kamera sagte, war ich sehr stolz. Ich weiß, wie aufgeregt sie war, wie viel Mut sie aufbringen musste, aber sie hat es großartig gemacht – und sie war einfach sie selbst.
»Erst hat sie von mir gelernt, dann ich von ihr«, sagte meine Mama zu den Reportern. I’m not crying, you are crying …
Meine Mama war es auch, die mir beigebracht hat, anderen Menschen nichts zu neiden. Sondern es als Ansporn zu sehen, selbst große Dinge zu erreichen. Wie oft beobachte ich sie dabei, wie sie fremden Leuten auf der Straße Komplimente macht – weil sie wunderschöne Haare haben oder freundlich lächeln. Das ist für mich wahre Stärke und echtes Empowerment, für das jede*r von uns den Mut aufbringen kann!
Sosehr ich es liebe, Zeit mit meinen Eltern zu verbringen, so sehr genieße ich es, mir ein Hotel leisten zu können, wenn ich in Karlsruhe bin. Klar könnte ich über Nacht bei meinen Eltern schlafen, aber ich würde mich eingeengt fühlen, weil es mich zu sehr an früher erinnert.
Platz hatten wir...
Erscheint lt. Verlag | 11.10.2023 |
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Co-Autor | Dagmar Zimmermann |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Psychologie |
Schlagworte | 2023 • Business Punk • business woman • Carsten Maschmeyer • das neue land • Die Höhle der Löwen • Digitalisierung • Diversität • Diversity • eBooks • female empowerment • Feminismus • Frank Thelen • Fränzi Kühne • Frauen und Karriere • Gründerinnen • influencer • Inspiration • Instagram • Judith Williams • Karriere • Lippenstift • Memoir • Motivation • Mut • Neuerscheinung • new work • nur wer sichtbar ist, findet auch statt • Persönliches Wachstum • Persönlichkeitsentwicklung • Podcast • Positives Denken • Role model • Sachbuch Neuerscheinung 2023 • Selbstwert • Start-up • unabhängig sein • Unternehmerin • Verena Pausder |
ISBN-10 | 3-641-30922-0 / 3641309220 |
ISBN-13 | 978-3-641-30922-0 / 9783641309220 |
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