Sokratesk - Christoph Eydt

Sokratesk (eBook)

Wider die Besserwisserei!

(Autor)

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2023 | 1. Auflage
periplaneta (Verlag)
978-3-95996-256-8 (ISBN)
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Mach dich zusammen mit Sokrates auf die Suche nach Wahrheit, ohne die Option, sie je zu finden, denn: 'Ich weiß, dass ich nichts weiß.'

In diesem Buch wird der Zeitgeist der deutschen Gesellschaft inklusive all seiner bizarren Auswüchse kritisch unter die Lupe genommen. Getreu dem Motto 'Zeige ich mit einem Finger auf dich, weisen drei in meine Richtung' sind Autor und Leser im besten Fall nur damit beschäftigt, ihr eigenes Unwissen und Unvermögen zu entlarven.

Das Spektrum der Kritik - und es handelt sich um ein rein kritisches Werk - reicht vom sogenannten Erfolgscoach bis hin zum Schriftsteller, der händeringend nach Authentizität sucht.
Kurzgeschichten, Dialoge und Essays zu den verschiedensten Themen zeitgenössischer Auseinandersetzung wechseln sich ab.
Während große Teile der Gesellschaft in Selbstgefälligkeit und Kritik am Gegenüber ausharren, soll dieses Buch einen Widerspruch einlegen und selbst grundlegende (vermeintliche) Wahrheiten der Täuschung überführen.

Selbstironie und Selbstzweifel sind willkommen und sogar nötig.
Wer schlapp macht, verliert nichts. Wer es aushält, hat nichts gewonnen.
That's life!



Christoph Eydt wurde 1985 in Halle/Saale geboren. Nach Schule und Studium vermied er zunehmend den Kontakt zu Menschenmengen, Wahrheitsgehalten und kulturellen Zentren. Stattdessen schritt er zunehmend in die Natur und zog sich letztlich in einen Bergwald zurück, in welchem er bis heute gern umherzieht. Christoph Eydt hat zahlreiche Bücher, Fachartikel und Gedichte verfasst. Manches davon erschien in Verlagen, Literaturzeitschriften, anderes selbstständig, manches gar nicht, und der größte Teil in fremder Hand, denn Christoph Eydt ist Ghostwriter und Werbetexter. Er gehört also zu jener schweigsamen Gruppierung, die vom Schreiben 'leben' kann, obwohl es ihm bizarr anmutet, 'leben' und 'finanzielle Beteiligung in einer Gesellschaft' gleichzusetzen. Nebenher promoviert er in der Hexenforschung. (Spoiler: Die meisten Hexen wurden angeklagt wegen Nachbarschaftsstreitereien, das sollte uns zu denken geben.) www.christoph-eydt.de

Sokrates trifft einen „Glückslehrer“


Ich fange mit meinem Lieblings-Hass-Thema an: den Coaches, Gurus und Beratern, die wie Zecken am Arsch unserer Gesellschaft kleben und aus Scheiße Gold machen. Meine Feindesliste ist an sich übersichtlich, aber solche Leute sind Platz 1, Platz 2 sind Immobilienmakler (auch Zecken) und Platz 3 ist Hitler (keine Zecke, dafür vollwertiges Arschloch).

Also, was haben wir denn da?

Auf der einen Seite haben wir Menschen, die anscheinend mehr vom Leben wollen. Irgendwie will das aber auch jeder. Zwar gilt Verzicht inzwischen als woke6, aber kaum jemand will ihn wirklich praktizieren, diesen Verzicht. Wir müssen haben und zeigen. Gut. Ein paar können das. Ein paar andere nicht. Die bezahlen dann gerne viel Geld für folgende Rattenfänger (Und bitte, stell sie dir so realistisch wie möglich vor!): Sie stehen auf einer Bühne, Mikro ist an, die Lampen auf sie gerichtet. Unter ihnen wartet eine gierige Menge, die endlich Glück, Erfolg, Gesundheit und Reichtum haben will. UND DIESE COACHES HABEN DEN SCHLÜSSEL! Ganz einfach: Es liegt am negativen Mindset der Leute! Und die Coaches sind dazu da, dieses Mindset zu verändern. Natürlich nicht kostenlos. Wo kämen wir hin, wenn Hilfe nichts kosten würde? Moment mal! Ja, richtig! Hilfe, die kostet, ist keine Hilfe, sondern eine Dienstleistung. Diese Freaks sind keine Helfer. Es sind Unternehmer, die Produkte und Leistungen an bedürftige Leute verschachern und selber mit Halbbildung protzen. Es sind wirklich dumme Leute!

Aber vor lauter Bedürftigkeit erkennt das eben Ulrike F. (43) nicht. Ulrike muss ihr Leben ändern und Reichtum anziehen. Dazu muss sie nur die richtigen Energien aussenden, denn es gilt: Alles, was du aussendest, kommt dreifach zu dir zurück. Das ist natürlich Käse! Wenn ich einmal pupse, kommen nicht drei Furze zu mir zurück. Und sollten tatsächlich 20 Jahre später drei wohlige Winde mir entgegenwehen, haben diese vermutlich nichts mehr mit meinem Impulspups zu tun.

Noch weitere Sprüche gefällig? Halt! Wir gucken uns zunächst so einen Coach-Berater-Guru-Freak an.

Wir nennen unser Exemplar Frank. Frank ist ein Coach. Er hat nie richtig studiert oder gearbeitet. Aber er hat schon früh Eckhart Tolle7 gelesen, sich mit Yoga beschäftigt und mit Buddhismus, Taoismus und anderen scheinbar exklusiven Heilswegen. Er hat rasch kapiert, dass er nur affirmieren muss, um alles zu kriegen, was er will. Moment! Da haben wir schon ein Problem! Er will etwas! Ist das nicht Ego? Das soll nämlich in solchen Kreisen aufgegeben werden. Also macht es sich Frank denkbar einfach: Er versteht sich als Werkzeug des Universums. Und zack: Ego-Problem gelöst.

Nun weiß unser Coach auch, dass einige der großen Weisheitslehrer, auf die er sich stützt, Reichtum verteufeln. Frank braucht also wieder einen Kunstgriff. Er will ja Kohle und trotzdem weise sein. Er muss also seinen schicken Benz und die ganzen Lacoste-Pullover in vollkommener Demut annehmen, weil das Universum es ihm schenkt. Dass woanders arme Kinder Kleidung produzieren müssen, muss an deren negativem Mindset liegen. Denn jeder kann glücklich sein. Es braucht nur das richtige Mindset!

Dass Frauen vergewaltigt werden, muss an deren Mindset liegen, dass Menschen in Arbeitslosigkeit verfallen, muss an deren Mindset liegen, dass Menschen an Krebs oder im Krieg sterben, muss an deren Mindset liegen.

Deshalb gilt: Diese Leute müssen zu Frank, er hilft ihnen. Nein, natürlich nicht. Er will deren Geld! Also geht es um VerGELTung, nicht um Hilfe.

Frank ist 1,80 groß. Er wirkt gepflegt, trägt gerne Jeans und ein Hemd – natürlich sind die obersten beiden Knöpfe offen. Es ist lässig. Der Wind weht. Frank hat Meetings. Muss ein Buch schreiben. Plant Vorträge. Und … das ist jetzt extrem wichtig:

Er bastelt eine Keynote-Präsentation8! Es soll ja jeder verstehen, wie einfach es doch ist, reich, gesund, erfolgreich, beliebt und glücklich zu werden. Das geht mit Grafiken! Frank bastelt sowas. Wer sie sehen will, zahlt 600 € - mindestens! Dann bietet er natürlich auch Personal Coachings an. Das ist Zeit zu zweit. Die kostet natürlich. Jeder Escort-Service ist billiger.

Frank lehnt alles ab, was ausgrenzt. Sexismus, Rassismus … Er ist ja gut, und er ist auf dem Pfad der Tugend! Er ernährt sich vegan. Tierwohl ist ihm wichtig, die Umwelt auch. Er setzt sich fürs Klima ein, denn es geht um uns alle. Als Soldat des Universums muss er Stellung beziehen. Sein General wird ihn beschenken. Ok, ein Schritt zurück! Das ist nämlich schon viel zu militaristisch! Gewalt lehnt Frank auch ab. Er ist friedfertig, immer gut gelaunt und voll im Vertrauen. Aber auch Frank muss scheißen! Das ist wichtig, wenn er gleich Sokrates begegnen wird! Denkt dran, wie der Coach auf seinem Marmorbalken hockt und seine Wurst rauspresst, während er im Zufriedenheitswahn von sich glaubt, die Früchte der Weisheit zu kacken.

Frank hat gerade einen Gig hinter sich. Ja, ich schreibe von „Gig“. Das sagen meistens Musiker zu ihren Auftritten. Ein Gig! Gigeligi! Und ich finde, es trifft perfekt auf Freak-Frank zu. Er macht einfach Gigeligi. Frank hat Ulrike gerade den Schlüssel zum Glück gegeben. Es kostete sie nur 1000 €. Jetzt wollt ihr den Schlüssel auch, oder? Ok! Frank sagt ihn euch, das Geld überweist ihr aber bitte an mich!

Also, Frank sagte zu Ulrike Folgendes:

1. Du musst es dir wert sein. (Öhm, ja was denn?)

2. Du musst positiv denken. Vermeide das Wort „nicht“.

3. Du musst dich wie ein reicher Mensch fühlen und dich so verhalten. (Ulrike ist Sozialhilfe-Empfängerin und hat das Geld ihres Erbes für Franks Weisheiten ausgegeben!)

4. Du musst Vertrauen haben. (Moment mal! Vertrauen? Ich soll doch aber aktiv was tun, oder nicht … nicht, ich meine „nicht“?)

5. Wiederhole: Ich bin im Reichtum! Alles Gute und Schöne fließt aus mir heraus. Ich bin Licht und Liebe. Mein Herz ist weit und meine Geldbörse leer.

6. Nimm dir Zeit für dich!

7. Du bist die wichtigste Person in deinem Leben, aber das ist natürlich nicht egoistisch gemeint. (Doch ist es!)

8. Versöhne dich mit deinem inneren Kind.

9. Werde, der du bist.

Klingt alles neurotisch und narzisstisch? – Ist es auch!

Frank, der finanziell natürlich erfolgreich ist, ist so vermessen, dass er glaubt, dass diese Sätze ihn selbst zum Reichtum geführt hätten. Und hier kommt nun Sokrates ins Spiel. Frank ist in der Blüte seines Geschäfts (was anderes ist es nicht).

Sokrates trägt billige Kleidung und wirkt ungepflegt. Er hat krauses Haar, einen Vollbart und einen Blick, als ob er Weitsicht hätte. Er ist ein typischer „Jemand-niemand.“

Er kommt auf Frank zu und sagt: „Ich hörte, du bist Coach.“

„Ja, richtig. Was kann ich für dich tun?“

„Erst einmal nichts.“

„Warum sprichst du mich dann an?“

„Wieso denkst du, nur weil ich dich anspreche, würde ich etwas von dir wollen?“

„Weil ich den Menschen helfen möchte.“

„Ich habe um keine Hilfe gebeten. Ich wollte nur wissen, wer du bist.“

„Ich bin Frank. Ich habe schon früh gelernt, wie einfach es ist, das Leben zu führen, das man leben will.“

„Wirklich?“

„Ja.“ Frank runzelt die Stirn.

„Und welches Leben willst du leben?“

„Eines in Fülle, in Glück, in Freude und Wohlstand. Gesundheit, Liebe, ich will einfach alles Positive in meinem Leben haben. Und das Beste: Ich kann anderen zeigen, wie sie es auch schaffen können. Jeder will doch reich, gesund, glücklich und liebenswert sein.“

„Wer ist jeder?“

„Na wir alle. Das sagte doch schon Buddha: Jeder Mensch will glücklich sein.“

„Was ist Glück?“

„Boah, das muss jeder für sich entscheiden.“

„Wie macht man das?“

„Indem man sich klar darüber wird, wozu man auf dieser Welt ist und was man hier will.“

„Was ist für dich Glück?“

„Glück ist für mich, den Leuten zu dienen, ihnen zu ihrer Erfüllung zu verhelfen. Glück heißt für mich auch Wohlstand, weil ich es mir wert bin. Und natürlich Liebe: die Liebe in meinem Leben, das ist Glück.“

„Was ist, wenn du diese Dinge verlieren solltest?“

„Dann werde ich immer noch glücklich sein.“

„Ok. Und was ist Glück?“

„Glück ist, wenn ich alles akzeptieren kann, was gerade geschieht. Glück ist, den Moment zu genießen, einfach jeden Moment zu genießen, wenn man mit allem verbunden ist, wenn ich meine Ziele erreiche.“

„Meinst du mit ‚Glück‘ vielleicht Zufriedenheit?“

„Nein, Glück geht viel tiefer. Das muss man einfach spüren.“

„Alles klar! Wenn man irgendetwas ‚muss‘ oder wenn du Glück an Bedingungen knüpfst, ist es dann noch Glück?“

„Ja, weil Glück ja ein Gefühl ist.“

„Verstehe! Du fühlst dich glücklich, wenn du denkst, dich glücklich fühlen zu können, weil die Dinge so laufen, wie du es dir vorstellst, ja?“

„Na ja, nicht ganz. Aber würden die Dinge nicht so laufen, wie ich will, würde ich einfach in mich gehen und meinen wahren Willen erforschen. Wenn ich weiß, was ich will, krieg ich es auch.“

„Dein Wort ‚kriegen‘ klingt...

Erscheint lt. Verlag 31.3.2023
Reihe/Serie Edition Blickpunkt
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Philosophie Philosophie der Neuzeit
Schlagworte Aktuelle Themen • Dialog • Ethik • Freiheit • Gesellschaft • Hebammenkunst • Mäeutik • Menschenbild • Nichtwissen • Philospohie • Populärwissenschaft • Populärwissenschaftlich • Sachbuch • Satire • Sokrates • Zeitgeist • Zeitkritik
ISBN-10 3-95996-256-8 / 3959962568
ISBN-13 978-3-95996-256-8 / 9783959962568
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