Die Geburt des römischen Kaiserreichs -  Barry Strauss

Die Geburt des römischen Kaiserreichs (eBook)

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2022 | 1. Auflage
394 Seiten
Theiss in der Verlag Herder GmbH
978-3-8062-4630-8 (ISBN)
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Es war eine der größten Seeschlachten der Antike und ein entscheidender Wendepunkt der Weltgeschichte. Mehr als 600 Schiffe, fast 200 000 Männer und eine Frau kämpften vor der griechischen Hafenstadt Actium um Caesars Erbe. Als Antonius sich in die ägyptische Herrscherin Kleopatra verliebte und Octavian in Rom offen gegen den Rivalen agitierte, zerbrach das Bündnis zwischen dem altgedienten General und dem jungen Adoptivsohn Caesars. Erneut brach ein Bürgerkrieg aus. Packend schildert Barry Strauss die Ereignisse dieses in seiner Bedeutung oft verkannten Krieges. Zahlenmäßig überlegen, nicht zuletzt der schlagkräftigen ägyptischen Flotte wegen, waren die Truppen von Antonius und Kleopatra. Doch es gelang Octavians genialem Feldherrn Agrippa, ihnen den Nachschubweg abzuschneiden. Am 2. September 31 v. Chr. kam es zur alles entscheidenden Schlacht. Der Sieg bei Actium ermöglichte es Octavian, der sich schon bald Augustus nannte, ein Reich aufzubauen, das fast 500 Jahre bestand.

Barry Strauss ist Professor für Alte Geschichte und Klassische Archäologie an der Cornell University (USA). Er ist einer der führenden Experten auf dem Gebiet antiker Militärgeschichte und Bestsellerautor. Strauss erhielt den Journalistenpreis für Literatur und wurde zum Ehrenbürger von Salamis, Griechenland, ernannt. Seine Bücher wurden in 19 Sprachen übersetzt und von der Presse hoch gelobt, darunter »The Battle of Salamis«, »Masters of Command« oder »Die Iden des März« (wbg Theiss, 2017).

Kapitel 1

Der Weg nach Philippi

Rom und Philippi, 44–42 v. Chr.

Die Schlacht bei Actium im Jahr 31 v. Chr. hatte ihre Wurzeln in Ereignissen, die bereits einige Jahre zurücklagen. Der ursprüngliche Auslöser war ein Krieg, der 49 v. Chr. begann, als Iulius Caesar mit seinen Legionen den Rubikon überquerte, einen kleinen Fluss, der die Grenze zwischen der Militärzone Gallien und dem zivilen Italien markierte. Mit dieser Aktion brach Caesar einen Bürgerkrieg vom Zaun, der vier Jahre dauerte. Er besiegte alle seine Feinde und ließ sich schließlich zu Roms dictator perpetuus ernennen, zum „Alleinherrscher ohne zeitliche Begrenzung“, was bei der alten römischen Elite für so viel Unmut sorgte, dass sich mehrere Senatoren zusammentaten und ihn am 15. März 44 v. Chr. während einer Senatssitzung in Rom erstachen: die berüchtigten Iden des März.

Die Attentäter glaubten, sie hätten die Republik wiederhergestellt, doch in Wirklichkeit sorgten sie lediglich dafür, dass sich die streitbaren Anhänger Caesars zusammenrauften und eine Koalition eingingen. Bis es so weit war, dauerte es über ein Jahr. In diesem Jahr kam es zunächst zu mehreren bewaffneten Konflikten, die eine Atmosphäre des gegenseitigen Misstrauens schufen. Bereits im April 44 v. Chr. kreuzten sich kurzzeitig die Wege der Protagonisten dieser späteren Koalition. Es war der Monat nach der Ermordung Caesars, es war regnerisch, und die frühlingshafte Blütenpracht wurde überschattet vom Tod.

In diesem April 44 v. Chr. trafen sich also in und um Rom sämtliche Hauptakteurinnen und -akteure der Politik der nächsten anderthalb Jahrzehnte. Sie sollten in der Folge nicht nur die Geschicke Roms bestimmen, sondern die des ganzen Mittelmeerraums. Marcus Antonius war zu dieser Zeit einer der zwei Konsuln, der höchsten Amtsträger Roms. (Sein Kollege hatte weitaus weniger Autorität als er.) Kleopatra war die Königin von Ägypten und damit die Herrscherin des reichsten unabhängigen Königreichs im Einflussbereich Roms. Octavian war gerade erst mittels posthumer Adoption zum Sohn Caesars und Erben eines Großteils von dessen enormem Vermögen ernannt worden. Seine ältere Schwester Octavia war mit einem bedeutenden römischen Politiker und Ex-Konsul verheiratet, aber das sollte sich in nicht allzu ferner Zukunft ändern. Und schließlich war da noch Agrippa, Octavians Jugendfreund und treuer Gefährte, der später zu seinem unentbehrlichen Admiral aufsteigen sollte. Diese Männer und Frauen waren drauf und dran, in ganz unterschiedliche Winkel der römischen Welt aufzubrechen, doch sie alle würden sich irgendwann wiedersehen. Die meisten von ihnen dreizehn Jahre später im Umfeld der Schlacht bei Actium.

Als Erste reiste Kleopatra aus Rom ab. Die 25-jährige Königin hatte bereits zwei Jahre zuvor in einer Mischung aus Geschäfts- und Vergnügungsreise die Stadt besucht. Dass ausländische Herrscher nach Rom kamen, war an sich nicht ungewöhnlich, aber bei Kleopatra ging es nicht nur um Diplomatie: Sie war die Geliebte Caesars. Nachdem die zwei in Ägypten eine Affäre begonnen hatten, hatte sie 47 v. Chr. einen Sohn zur Welt gebracht. Er hieß Ptolemaios Kaisar (= Caesar), ist heute aber eher unter seinem Spitznamen Caesarion („Klein-Caesar“ oder „Caesarlein“) bekannt. Kleopatra behauptete, Caesar sei der Vater, was der dictator selbst aber weder zugeben noch dementieren wollte. Gut möglich, dass sie den Jungen mit nach Rom brachte. Offenbar war sie nun erneut von Caesar schwanger, erlitt später jedoch eine Fehlgeburt.1

Dennoch verließ Kleopatra Rom nicht sofort nach den Iden des März. Sie war ja nicht nur eine trauernde Geliebte, sondern auch eine Königin, und um Ägyptens willen musste sie sicherstellen, dass Rom auch unter seinen neuen Herrschern ihrem Land freundlich gesinnt blieb, egal wer diese neuen Herrscher waren. Während ihres Aufenthalts in Rom hatte sie viele prominente Persönlichkeiten kennengelernt, darunter auch Marcus Antonius.

Antonius war einer von Caesars besten Generälen. Er war der Spross einer führenden, wenn auch nicht sonderlich hoch angesehenen Adelsfamilie. Mit seinen 39 Jahren war er der Älteste der Runde. Er war im Herzen Soldat, aber zugleich ein begabter Redner. Allerdings war er kein Revolutionär, und er hatte mehr Respekt vor den traditionellen Institutionen der Republik als manch anderer. Dennoch war er auch kein konservativer Prinzipienreiter.

Mit seinen 18 Jahren war Octavian ein politisches Wunderkind. Väterlicherseits stammte er aus dem italischen Großbürgertum, aber die Mutter seiner Mutter gehörte einem der großen römischen Adelsgeschlechter an, den Juliern. Iulius Caesar war sein Großonkel und nahm den Jungen unter seine Fittiche, nachdem Octavian im Alter von vier Jahren seinen Vater verloren hatte. Im Herbst 45 v. Chr., sechs Monate vor seinem Tod, änderte Caesar sein Testament zu Octavians Gunsten und schickte den Achtzehnjährigen anschließend über die Adria, damit er mithalf, einen für 44 v. Chr. geplanten Feldzug im Osten zu organisieren. Als er von Caesars Ermordung erfuhr, kehrte Octavian ganz diskret mit einem Gefolge nach Rom zurück, und diesem Gefolge gehörte auch Agrippa an. So jung Octavian war, so machthungrig war er. Antonius ärgerte sich maßlos darüber, dass es dem „Knaben“ gelungen war, sich mithilfe von Caesars Testament aus dem Stand ganz nach oben zu katapultieren, und er war wild entschlossen, Octavian in seine Schranken zu weisen.

Schon da und dort, im Frühjahr 44 v. Chr. in Rom, werden diese drei Männer und zwei Frauen gewusst haben, dass ihr Ehrgeiz sie entweder zusammenschweißen oder aber entzweien würde. Doch keiner von ihnen konnte ahnen, welche dramatischen Verwicklungen ihnen bevorstanden.

Der Aufstieg des Marcus Antonius

Im April 44 v. Chr. verließen Caesars Attentäter Italien und reisten in unterschiedliche Provinzen. Einige regierten bzw. verwalteten die jeweilige Provinz, andere befehligten dort Armeen. Einige rekrutierten Finanziers, andere politische Verbündete. Aber alle bereiteten sie sich auf die unausweichliche Auseinandersetzung mit den Anhängern des verstorbenen dictator vor. Derweil scharten sich in Rom die Politiker um Antonius und Octavian.

Es ist nicht ganz einfach, Antonius’ Perspektive auf diese Ereignisse nachzuzeichnen. In den meisten Geschichtswerken, die nach Actium geschrieben wurden, steht der Sieger Octavian im Vordergrund, nicht der besiegte Antonius. Als Quellen seiner Kommunikationsstrategie haben wir lediglich einige Münzen, die in seinem Namen ausgegeben wurden; und mit Ausnahme einiger weniger Zitate aus seinen Briefen ist von ihm nichts Schriftliches erhalten, seine eigenen Werke sind verloren. Die wichtigste erhaltene literarische Quelle zu ihm ist Plutarchs († nach 120 n. Chr.) Biografie: Im Leben des Antonius, der denkwürdigsten seiner fünfzig auch als Parallelviten bekannten Biografien, zeigt sich der meisterhafte Schriftsteller in Höchstform. Im Jahr 1607 verwendete Shakespeare diese Quelle als Grundlage für sein Drama Antonius und Cleopatra. Gleichwohl: Plutarchs Text muss man mit Vorsicht genießen. Zunächst einmal schrieb er mehr als hundert Jahre nach Antonius’ Tod. Und auch wenn er ältere Quellen zurate zog, um beide Seiten des Konflikts nachzuvollziehen, steht Plutarch eindeutig aufseiten der offiziellen „augusteischen“ Interpretation. Außerdem hat er seine eigene literarisch-philosophische Agenda und neigt hier und da zu kreativem Erfindungsreichtum oder Übertreibung. Im 9. Buch der Parallelviten stellt Plutarch dem Antonius den Makedonen Demetrios I. Poliorketes (337–283 v. Chr.) gegenüber, der als großer, aber gescheiterter König und Feldherr in die Geschichte einging.

Als Quelle noch problematischer sind die vierzehn Philippischen Reden gegen Antonius, die 43 v. Chr. von seinem politischen Gegner Marcus Tullius Cicero verfasst wurden. Diverse Geschichtswerke aus der Kaiserzeit beinhalten ebenfalls Informationen über Antonius – die wichtigsten sind die Schriften von zwei römischen Bürgern aus dem griechischen Osten: Appian aus Alexandria († ca. 165 n. Chr.) und Cassius Dio aus Bithynien im Nordwesten der heutigen Türkei († ca. 235 n. Chr.).

Wer zwischen den Zeilen liest, kann aus diesen Quellen Antonius’ Version der Geschehnisse rekonstruieren, aber nie so detailliert wie die seines siegreichen Rivalen Octavian, aus dem schon bald Augustus, Roms erster Kaiser, werden sollte. Selbst 2000 Jahre später beschäftigt man sich noch mit Augustus und will wissen, wie ihm sein rasanter Aufstieg gelang. Antonius hingegen sieht man heutzutage höchstens noch als abschreckendes Beispiel.

Marcus Antonius wurde an einem 14. Januar um das Jahr 83 v. Chr. in eine römische Adelsfamilie hineingeboren. Die Antonii waren erfolgreich, aber skandalumwittert, und Antonius blieb dieser „Linie“ treu. Sein Großvater väterlicherseits, der...

Erscheint lt. Verlag 28.3.2022
Übersetzer Cornelius Hartz
Sprache deutsch
Themenwelt Geschichte Allgemeine Geschichte Vor- und Frühgeschichte
ISBN-10 3-8062-4630-0 / 3806246300
ISBN-13 978-3-8062-4630-8 / 9783806246308
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