Kurze Einführung in das Christentum (eBook)

Überarbeitet für alle von Manfred Lütz
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2023 | 1. Auflage
256 Seiten
Kösel (Verlag)
978-3-641-29402-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Kurze Einführung in das Christentum -  Joseph Ratzinger,  Manfred Lütz
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Das Wesentliche des Christentums für alle verständlich auf 250 Seiten, geht das?
Der erste Bestseller von Joseph Ratzinger war seine berühmte »Einführung in das Christentum« von 1968. Das Besondere dieses Buches war, dass hier ein junger Theologe sich ernsthaft bemühte, den Glauben der Kirche modernen Menschen zu erklären. Erstaunlicherweise hat das Buch nichts von seiner Aktualität verloren.

Und so hat Papst Benedikt XVI. dem Erfolgsautor Manfred Lütz noch ein Jahr vor seinem Tod erlaubt, eine allgemeinverständliche Kurzfassung seines Welt-Bestsellers zu erstellen. Dabei hat Lütz sorgfältig darauf geachtet, die gesamte Substanz des Buches zu erhalten. Der Text wurde auf die Kernaussagen gestrafft, die Diskussion theologischer Irrwege wurden weggelassen, Fachbegriffe übersetzt, sodass ein mitunter funkelnder Text zum Vorschein kommt. Papst Benedikt persönlich hat den hier vorliegenden Text noch ausdrücklich gutgeheißen.

»Der Text der Einführung ist und bleibt von großer Aktualität. Manche werden neugierig werden, wenn sie von einer solchen ?Kurzen Einführung in das Christentum? hören.« Aus dem Brief von Papst Benedikt XVI. an Manfred Lütz vom 18.2.2022.

Joseph Ratzinger, 1927-2022, war einer der jüngsten theologischen Berater auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Der Professor für Systematische Theologie wurde 1977 zum Erzbischof von München und Freising ernannt und 1981 zum Präfekt der römischen Glaubenskongregation. Von April 2005 bis März 2013 war er als Papst Benedikt XVI. Oberhaupt der katholischen Kirche. Im Alter von 95 Jahren verstarb Joseph Ratzinger, Papst Benedikt XVI. in Rom am 31.12.2022.

Auftakt:
Glaube und Zweifel — Der Theologe als Clown

Manfred Lütz: Eindrucksvoll, wie Ratzinger hier die radikalsten Zweifel am Glauben ausgerechnet bei jemandem wie der frommen Therese von Lisieux anspricht, aber auch seine eigenen Zweifel. Zum ersten Mal habe ich hier Paul Claudels berühmten »Seidenen Schuh« wirklich verstanden. Was der Glaube in Wahrheit ist, lässt Joseph Ratzinger von einem Juden erklären …

Ein Reisezirkus in Dänemark war in Brand geraten. Der Direktor schickte daraufhin den Clown, der schon zur Vorstellung gerüstet war, in das benachbarte Dorf, um Hilfe zu holen, zumal die Gefahr bestand, dass über die abgeernteten, ausgetrockneten Felder das Feuer auch auf das Dorf übergreifen würde. Der Clown eilte in das Dorf und bat die Bewohner, sie möchten eiligst zu dem brennenden Zirkus kommen und löschen helfen. Aber die Dörfler hielten das Geschrei des Clowns lediglich für einen ausgezeichneten Werbetrick, um sie möglichst zahlreich in die Vorstellung zu locken; sie applaudierten und lachten bis zu Tränen. Dem Clown war mehr zum Weinen als zum Lachen zumute; er versuchte vergebens, die Menschen zu beschwören, ihnen klarzumachen, dies sei keine Verstellung, kein Trick, es sei bitterer Ernst, es brenne wirklich. Sein Flehen steigerte nur das Gelächter, man fand, er spiele seine Rolle ausgezeichnet – bis schließlich in der Tat das Feuer auf das Dorf übergegriffen hatte und jede Hilfe zu spät kam, sodass Dorf und Zirkus gleichermaßen verbrannten.

Diese Geschichte hat der dänische Philosoph Søren Kierkegaard erzählt und man hat in dem Clown, der seine Botschaft gar nicht bis zum wirklichen Gehör der Menschen bringen kann, das Bild des Theologen gesehen. Er wird in seinen Clownsgewändern aus dem Mittelalter oder aus welcher Vergangenheit auch immer gar nicht ernst genommen. Er kann sagen, was er will, er ist immer schon etikettiert und eingeordnet durch seine Rolle. Wie er sich auch gebärdet und den Ernstfall darzustellen versucht, man weiß immer im Voraus schon, dass er eben – ein Clown ist. Man weiß schon, worüber er redet, und weiß, dass er nur eine Vorstellung gibt, die mit der Wirklichkeit wenig oder nichts zu tun hat. So kann man ihm getrost zuhören, ohne sich über das, was er sagt, ernstlich beunruhigen zu müssen.

Vielleicht müssen wir sogar sagen, dass dieses Bild noch immer die Dinge vereinfacht. Denn danach sieht es ja so aus, als wäre der Clown, das heißt der Theologe, der völlig Wissende, der mit einer ganz klaren Botschaft kommt. Die Dörfler, zu denen er eilt, das heißt die Menschen außerhalb des Glaubens, wären umgekehrt die völlig Unwissenden, die erst belehrt werden müssen über das ihnen Unbekannte. Der Clown brauchte dann eigentlich nur das Kostüm zu wechseln und sich abzuschminken – dann wäre alles in Ordnung. Aber brauchen wir uns wirklich einfach bloß abzuschminken und in das Zivil einer normalen unaufdringlichen Sprache zu stecken, damit alles in Ordnung sei? Genügt der geistige Kostümwechsel, damit die Menschen freudig herbeilaufen und mithelfen, den Brand zu löschen, von dem der Theologe behauptet, dass es ihn gebe und dass er unser aller Gefahr sei? Zwar stimmt es, dass derjenige, der heute über den Glauben zu reden versucht, sich wie ein Clown vorkommen kann oder wie jemand, der, aus einem antiken Sarkophag aufgestiegen, in Tracht und Denken der Antike mitten in unsere heutige Welt eingetreten ist und weder sie verstehen kann noch von ihr verstanden wird. Wenn indes der, der den Glauben zu verkündigen versucht, selbstkritisch genug ist, wird er bald bemerken, dass es nicht nur um eine Krise der Gewänder geht, in denen die Theologie einherschreitet. Er wird vielmehr auch die bedrängende Macht des Unglaubens inmitten des eigenen Glaubenwollens erfahren. Er wird also zu verstehen haben, dass seine Situation sich gar nicht so vollständig von derjenigen der anderen unterscheidet.

Im Gläubigen gibt es also die Bedrohung der Ungewissheit, die in Augenblicken der Anfechtung mit einem Mal die Brüchigkeit des Ganzen, das ihm gewöhnlich so selbstverständlich scheint, hart und unversehens in Erscheinung treten lässt. Therese von Lisieux, die liebenswerte, scheinbar so naiv-unproblematische Heilige, war in einem Leben völliger religiöser Geborgenheit aufgewachsen. Ihr Dasein war von Anfang bis Ende so bis ins Kleinste vom Glauben der Kirche geprägt, dass die Welt des Unsichtbaren ein Stück ihres Alltags – nein: ihr Alltag selbst geworden und nahezu greifbar zu sein schien. Für sie war »Religion« wirklich eine selbstverständliche Vorgegebenheit ihres täglichen Daseins, sie ging damit um, wie wir mit den fassbaren Gewöhnlichkeiten unseres Lebens umgehen können. Aber gerade sie, die scheinbar in ungefährdeter Sicherheit Geborgene, hat uns aus den letzten Wochen ihres Todeskampfes erschütternde Geständnisse hinterlassen, so etwa, wenn sie sagt: »Die Gedankengänge der schlimmsten Materialisten drängen sich mir auf«. Ihr Verstand wird bedrängt von allen Argumenten, die es gegen den Glauben gibt. Das Gefühl des Glaubens scheint verschwunden, sie erfährt sich »in die Haut der Sünder« versetzt. Das heißt: In einer scheinbar völlig bruchlos verfugten Welt wird hier jählings einem Menschen der Abgrund sichtbar, der unter dem festen Zusammenhang der tragenden Konventionen lauert – auch für ihn. In einer solchen Situation steht dann nicht mehr dies oder jenes zur Frage, um das man sonst vielleicht streitet – Himmelfahrt Marias oder nicht, Beichte so oder anders –, all das wird völlig sekundär. Es geht dann wirklich um alles oder nichts. Das ist die einzige Alternative, die bleibt, und nirgendwo scheint sich ein Grund anzubieten, auf dem man in diesem jähen Absturz sich dennoch festklammern könnte. Nur noch die bodenlose Tiefe des Nichts ist zu sehen, wohin man auch blickt.

Der französische Schriftsteller Paul Claudel hat in der Eröffnungsszene des »Seidenen Schuhs« diese Situation des Glaubenden in eine große und überzeugende Bildvision gebannt. Ein Jesuitenmissionar, Bruder des Helden Rodrigo, des Weltmanns, des irrenden und ungewissen Abenteurers zwischen Gott und Welt, wird als Schiffbrüchiger dargestellt. Sein Schiff wurde von Seeräubern versenkt, er selbst an einen Balken des gesunkenen Schiffes gebunden, und so treibt er nun an diesem Stück Holz im tosenden Wasser des Ozeans. Mit seinen letzten Worten beginnt das Schauspiel: »Herr, ich danke dir, dass du mich so gefesselt hast. Zuweilen geschah mir, dass ich deine Gebote mühsam fand, und meinen Willen im Angesicht deiner Satzung ratlos, versagend. Doch heute kann ich enger nicht mehr an dich angebunden sein, als ich es bin, und mag ich auch meine Glieder eines um das andere durchgehn, keines kann sich auch nur ein wenig von dir entfernen. Und so bin ich wirklich ans Kreuz geheftet, das Kreuz aber, an dem ich hänge, ist an nichts mehr geheftet. Es treibt auf dem Meere«.

Ans Kreuz geheftet – das Kreuz aber an nichts, treibend über dem Abgrund. Die Situation des Glaubenden von heute könnte man kaum eindringlicher und genauer beschreiben, als es hier geschieht. Nur ein über dem Nichts schwankender, loser Balken scheint ihn zu halten, und es sieht aus, als könnte man den Augenblick errechnen, in dem er versinken muss. Nur ein loser Balken knüpft ihn an Gott, aber freilich, er knüpft ihn unausweichlich, und am Ende weiß er, dass dieses Holz stärker ist als das Nichts, das unter ihm brodelt, das aber dennoch die bedrohende, eigentliche Macht seiner Gegenwart bleibt.

Und dieser schiffbrüchige Jesuit ist nicht allein, sondern in seinem Schicksal ist das Geschick des Bruders mit anwesend, der sich für ungläubig hält, der Gott den Rücken gekehrt hat, weil er als seine Sache nicht das Warten ansieht, sondern »das Besitzen des Erreichbaren …, als könnte er anderswo sein, als Du bist«. Am Ende berührt Rodrigos Geschick dasjenige seines Bruders, indem der Welteroberer als Sklave auf einem Schiff endigt und froh sein muss, wenn eine alte Nonne mit rostigen Bratpfannen und Lumpen auch ihn als wertlose Ware mitnimmt. Wie es dem Glaubenden geschieht, dass er vom Salzwasser des Zweifels gewürgt wird, das ihm der Ozean fortwährend in den Mund spült, so gibt es auch den Zweifel des Ungläubigen an seiner Ungläubigkeit. Er wird der Abgeschlossenheit dessen, was er gesehen hat und als das Ganze erklärt, nie restlos gewiss, sondern bleibt von der Frage bedroht, ob nicht der Glaube dennoch das Wirkliche sei. So wie also der Gläubige sich fortwährend durch den Unglauben bedroht weiß, ihn als seine beständige Versuchung empfinden muss, so bleibt dem Ungläubigen der Glaube Bedrohung und Versuchung seiner scheinbar ein für allemal geschlossenen Welt. Mit einem Wort – es gibt keine Flucht aus dem Dilemma des Menschseins. Wer der Ungewissheit des Glaubens entfliehen will, wird die Ungewissheit des Unglaubens erfahren müssen, der seinerseits doch nie endgültig gewiss sagen kann, ob nicht doch der Glaube die Wahrheit sei.

Vielleicht ist es angebracht, an dieser Stelle eine jüdische Geschichte anzuhören, die Martin Buber aufgezeichnet hat. In ihr kommt das eben geschilderte Dilemma des Menschseins deutlich zur Anschauung. »Einer der Aufklärer, ein sehr gelehrter Mann, der vom Berditschewer gehört hatte, suchte ihn auf, um auch mit ihm, wie er’s gewohnt war, zu disputieren und seine rückständigen Beweisgründe für die Wahrheit seines Glaubens zuschanden zu machen. Als er die Stube des Zaddiks betrat, sah er ihn mit einem Buch in der Hand in begeistertem Nachdenken auf und ab gehen. Des Ankömmlings achtete er nicht....

Erscheint lt. Verlag 24.5.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Religion / Theologie Christentum
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ISBN-10 3-641-29402-9 / 3641294029
ISBN-13 978-3-641-29402-1 / 9783641294021
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