Brain Blues (eBook)

Warum unser Kopf uns mit Ängsten und Depressionen schützen will - und wie es gelingt, sie zu überwinden
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2023 | 1. Auflage
288 Seiten
Goldmann (Verlag)
978-3-641-30426-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Brain Blues -  Anders Hansen
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Wer psychische Probleme hat, meint häufig, mit seinem Gehirn sei etwas nicht in Ordnung. Doch Ängste und depressive Gefühle sind biologisch natürliche Reaktionen - Überreste aus der längst vergangenen Zeit, als Hunger und Infektionen allgegenwärtige tödliche Bedrohungen waren. Wir sind nicht dafür gemacht, dauernd glücklich zu sein, denn sonst hätten unsere Vorfahren nicht lange überlebt.

Der Psychologe und schwedische Bestsellerautor Anders Hansen zeigt, wie menschliches Wohlbefinden funktioniert und weckt gleichzeitig Hoffnung, dass wir uns in der heutigen komplexen und vernetzten Gesellschaft durchaus wohlfühlen können. Damit das gelingt, müssen wir uns besser um unser Gehirn - und unseren Körper - kümmern und vielleicht auch aufhören, ständig dem Glück nachzujagen.

BRAIN BLUES enträtselt die allgegenwärtige Besorgnis in Bezug auf Angst und Depression in unserer modernen Gesellschaft und verbindet neurowissenschaftliche Forschung und empirische Erfahrungen mit individuellen Anekdoten.

Dr. med. Anders Hansen war Oberarzt am schwedischen Karolinska Institutet, einer der renommiertesten Forschungskliniken der Welt. In Schweden ist der Bestsellerautor aus dem Fernsehen bekannt, u.a. mit seiner populärwissenschaftlichen Sendung 'Dein Gehirn'. Neben seiner erfolgreichen Autorentätigkleit arbeitet er als Psychologe in einer Privatklinik in Stockholm.

Aussterben ist die Regel. Überleben ist die Ausnahme.

Carl Sagan

Lassen Sie uns ein Gedankenexperiment machen, für das wir um 250 000 Jahre in der Zeit zurück und nach Ostafrika springen. Dort treffen wir auf eine Frau – nennen wir sie Eva. Sie sieht im Großen und Ganzen aus wie wir, lebt mit ein paar Hundert weiteren Menschen zusammen und verbringt den lieben langen Tag damit, Nahrung in Gestalt von essbaren Pflanzen zu sammeln und Wildtiere zu jagen. Eva bringt sieben Kinder zur Welt. Vier davon sterben, ein Sohn bereits bei der Geburt. Eine Tochter stirbt an einer schweren Infektion, eine weitere stürzt zu Tode, ein pubertierender Sohn gerät in eine Auseinandersetzung und wird erschlagen. Drei von Evas Kindern erreichen das Erwachsenenalter und bekommen ihrerseits insgesamt acht Kinder. Eva hat somit acht Enkel, von denen vier das Erwachsenenalter erreichen und wiederum eigene Kinder bekommen.

Wenn wir dies über 10 000 Generationen wiederholen und uns die Urenkel der Urenkel der Urenkel von Evas Enkeln anschauen – wen sehen wir da? Richtig: Sie und mich. Wir sind die Nachfahren der wenigen, die nicht im Kindbett gestorben sind, die das Glück hatten, Infektionen auszukurieren und tödlichen Verletzungen zu entgehen, die nicht verhungert sind, ermordet oder von Raubtieren gerissen wurden. Sie und ich sind die letzte Verbindung in direkter Linie zu jenen Menschen, die übrig blieben, nachdem sich der Rauch über den Schlachtfeldern verzogen hatte und Infektionswellen und Hungersnöte verebbt waren.

Wenn man nur kurz darüber nachdenkt, dann liegt es auf der Hand, dass keiner Ihrer Vorfahren starb, ehe er es schaffte, Kinder in die Welt zu setzen. Doch dieser Umstand hat Folgen, die alles andere als selbsterklärend sind. Diejenigen von Evas Nachkommen, die sensibel auf Gefahren reagierten und besonders aufmerksam waren, wenn es irgendwo im Gebüsch raschelte – weil dort vielleicht ein Löwe lauerte –, hatten im Überlebenskampf bessere Karten als andere. Und weil Sie und ich Nachfahren dieser Überlebenden sind, verfügen auch wir über diese erhöhte Aufmerksamkeit. Jene Vorfahren wiederum, die eine starke Immunabwehr hatten, hatten bessere Chancen, eine Infektion auszukurieren. Deshalb haben die meisten von uns heute eine ausgezeichnete Immunabwehr – selbst wenn es sich im Winter manchmal nicht so anfühlen mag.

Eine weitere Folge der obigen Herleitung sind unsere mentalen Eigenschaften. All diejenigen von Evas Nachfahren, deren Wesenszüge ihnen halfen zu überleben, hatten bessere Aussichten, sich durchzuschlagen. Deshalb haben auch wir diese mentalen Eigenschaften. Dass wir in direkter Erbfolge dieser Überlebenden stehen und keiner unserer Vorfahren von einem Löwen gerissen wurde, einen falschen Schritt über eine Felskante machte oder verhungerte, bevor er selbst Kinder bekam, dürfte doch fast schon bedeuten, dass wir Superhelden sind: Wir müssten alle genauso klug sein wie die zweifache Nobelpreisträgerin Marie Curie, weise wie der geistige Anführer Mahatma Gandhi und kaltschnäuzig wie Jack Bauer aus der TV-Serie 24. Aber sind wir das wirklich?

Anpassung


Mit dem Ausdruck survival of the fittest wird für gewöhnlich jemand assoziiert, der physisch wie psychisch in Topform ist. Doch hinsichtlich der Entwicklung des Menschen geht es bei fit mitnichten um eine gute physische oder psychische Verfassung (engl. fit – gesund, leistungsfähig), sondern vielmehr darum, sich dem Milieu, in dem man lebt, bestmöglich anzupassen (engl. to fit – zu etwas passen, anpassen). Deshalb können wir die Eigenschaften, die unseren Vorfahren halfen zu überleben und sich fortzupflanzen, auch nicht aus heutiger Sicht, von unserer heutigen Warte aus betrachten, sondern müssen unseren Erwägungen diejenige Welt zugrunde legen, in der wir in weiten Teilen der Menschheitsgeschichte gelebt haben.

Ob Evas Kinder stark, gesund, glücklich, hilfsbereit, auf Harmonie bedacht oder klug waren, hatte per se keinen Wert. In der beinharten Evolutionslogik zählte nur eines: dass sie überlebten und selbst Nachkommen zeugten. Diese Erkenntnis hat meinen Blick auf den Menschen komplett verändert. Unser Körper ist auf Überleben und Fortpflanzung ausgelegt, nicht auf Gesundheit. Und auch unser Gehirn ist auf Überleben und Fortpflanzung ausgelegt - nicht auf Wohlbefinden. Wie wir uns fühlen und welche Persönlichkeit wir haben, ob wir Freunde, genügend zu essen, ein Dach über dem Kopf oder andere Ressourcen haben, auf die wir zurückgreifen können – nichts davon spielt noch eine Rolle, wenn wir sterben. Oberste Priorität hat für unser Gehirn demnach, unser Überleben zu sichern. Und was genau muss dafür vermieden werden? In der nebenstehenden Tabelle sehen wir, woran der Mensch im Lauf seiner Geschichte gestorben ist und was genau Ihre und meine Vorfahren tunlichst vermeiden mussten.

Lebensweise

Jäger und Sammler

Ackerbau

industrialisiert

Außenlinie = 9,921 Pt = 3,5 mm

digitalisiert

Zeitalter

250 000 –
10 000 v. Chr.

10 000 v. Chr.–
1800 n. Chr.

1800 – 1990

seit 1990

Lebenserwartung bei der Geburt

ca. 33 Jahre

ca. 33 Jahre

35 Jahre (1800) 77 Jahre (1990)

82 Jahre (Europa 2020)

häufigste Todesursachen

Infektionen, Hunger,
Mord, Verbluten, Kindbett

Infektionen, Hunger,
Mord,
Verbluten, Kindbett

Infektionen,
Kindbett, Verunreinigungen,
Herzinfarkt,
Krebs

Herzinfarkt, Krebs, Schlaganfall

Anteil an Menschheitsgeschichte

96 %

3,9 %

0,08 %

0,02 %

Möglicherweise denken Sie gerade: »Und was hat das mit mir zu tun? Ich lebe schließlich nicht mehr als Jäger oder als Sammlerin.« Natürlich nicht – allerdings glauben Ihr Körper und Ihr Gehirn ebendies nach wie vor. Evolution geht nämlich so langsam vonstatten, dass es üblicherweise Zehn-, wenn nicht Hunderttausende Jahre dauert, ehe bei einer Spezies nennenswerte Entwicklungsschritte vollzogen werden. Das gilt auch für den Menschen. Die Lebensweise, die Sie und ich gewohnt sind, kommt in der Geschichte der Menschheit einem Wimpernschlag gleich und ist somit viel zu jung, als dass wir uns ihr bereits hätten anpassen können.

In Ihrem Facebook-Profil steht unter »Arbeit« womöglich, dass Sie Lehrerin oder Lehrer, Krankenschwester, Pfleger, IT-Entwicklerin, Verkäuferin, Klempner, Taxifahrer, Journalistin, Koch oder Ärztin sind. Rein biologisch betrachtet müsste dort tatsächlich »Jäger und Sammler« stehen, weil sich Ihr Körper und Ihr Gehirn in den vergangenen 10 000, 20 000 Jahren kaum verändert haben. Wie wenig wir uns verändert haben, ist womöglich das Allerwichtigste, was man über uns Menschen wissen muss. 5000 Jahre dokumentierter Geschichte und mindestens doppelt so viele Jahre zuvor sind von Menschen wie Ihnen und mir bevölkert, die genau wie Sie und ich in Wahrheit Jäger und Sammler waren. An welches Leben sind wir also tatsächlich angepasst?

250 000 Jahre in zwei Minuten


Es ist leicht, den Jäger-und-Sammler-Lebensstil als eine Art Huckleberry-Finn-Leben voller Abenteuer in unversehrter Naturlandschaft und in Gesellschaft einer überschaubaren, gleichberechtigten und eingeschworenen Gemeinschaft zu romantisieren. Dabei spricht einiges dafür, dass so ein Leben in vielfacher Hinsicht die Hölle war: Die durchschnittliche Lebenserwartung betrug rund 30 Jahre. Der Grund dafür war mitnichten, dass die meisten mit 30 tot umfielen, sondern dass viele sehr viel früher ums Leben kamen: Die Hälfte starb noch vor dem zehnten Lebensjahr, meist während der Geburt oder an den Folgen einer Infektion. Auf all jene, die ihre Kindheit und Jugend überlebten, warteten Hunger, Verletzungen, Dürreperioden, Angriffe durch Raubtiere, weitere Infektionen, Unfälle und tödliche Auseinandersetzungen. Nur eine kleine Minderheit erreichte ein Alter, das unserem modernen Rentenalter entspricht, aber tatsächlich gab es selbst unter Jägern und Sammlern jene, die 70 oder sogar 80 Jahre alt wurden. Ein derart hohes Alter ist somit nichts Neues; neu ist jedoch, dass so viele so alt werden.

Vor ungefähr 10 000 Jahren passierte etwas, was als der größte Umbruch in der Menschheitsgeschichte gilt: Aus den nomadischen Jägern und Sammlern wurden sesshafte Bauern....

Erscheint lt. Verlag 20.9.2023
Übersetzer Leena Flegler
Zusatzinfo 4-farbig, ca. 11 farbige Abbildungen
Sprache deutsch
Original-Titel BRAIN BLUES Why do we feel so bad when we have it so good? - DEPPHJÄRNAN (Originaltitel)
Themenwelt Geisteswissenschaften Psychologie
Schlagworte 2023 • Alltagsbewältigung • Angst • Angststörung • Botenstoffe • Darm-Hirn-Achse • Depression • Dopamin • eBooks • Gehirn und Psyche • Gesundheit • Hirnchemie • Neuerscheinung • Neurologie • Panikattacken • Psychosomatik • Psychotherapie • Reizüberflutung • Serotonin • Stress • Verhaltenstherapie
ISBN-10 3-641-30426-1 / 3641304261
ISBN-13 978-3-641-30426-3 / 9783641304263
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