Lehrbuch der Psychoaktiven Massage (PAM) (eBook)
160 Seiten
Schattauer (Verlag)
978-3-608-12042-4 (ISBN)
Gabriele Mariell Kiebgis ist Massage- und Körpertherapeutin mit langjähriger Erfahrung in verschiedenen Behandlungsmethoden (u. A. psychodynamische Körper- & Energiearbeit, Biodynamische Psychologie, Gestalt-Körpertherapie, Atem & Bewegung, Biodynamische Massage nach Gerda Boyesen, Prozessorientierte Einzelarbeit), sie ist Ausbilderin in der Psychoaktiven Massage, VHS-Dozentin, Autorin und Mitbegründerin des Instituts für Psychoaktive Massage 2021. Kiebgis hat eine spezielle psychoaktive Massagetechnik entwickelt, die sie in Seminaren und Fortbildungenskursen unterrichtet und gemeinsam mit Prof. Müller-Oerlinghausen auch wissenschaftlich untersucht. Aktives Mitglied einer süddeutschen wissenschaftlichen Arbeitsgruppe, die seit 2019 durch eine klinische Arbeitsgruppe ergänzt wird. Diese Arbeitsgruppen setzen sich für die Durchführung weiterer Berührungsforschung ein und stehen in enger Zusammenarbeit mit einer psychosomatischen Klinik im Allgäu (Hochgrat-Klinik). Umfassendes Wissen über die therapeutische Berührung, wird aufgrund ihrer Kompetenz zu verschiedenen Projekten und Veröffentlichungen hinzugezogen.
Gabriele Mariell Kiebgis ist Massage- und Körpertherapeutin mit langjähriger Erfahrung in verschiedenen Behandlungsmethoden (u. A. psychodynamische Körper- & Energiearbeit, Biodynamische Psychologie, Gestalt-Körpertherapie, Atem & Bewegung, Biodynamische Massage nach Gerda Boyesen, Prozessorientierte Einzelarbeit), sie ist Ausbilderin in der Psychoaktiven Massage, VHS-Dozentin, Autorin und Mitbegründerin des Instituts für Psychoaktive Massage 2021. Kiebgis hat eine spezielle psychoaktive Massagetechnik entwickelt, die sie in Seminaren und Fortbildungenskursen unterrichtet und gemeinsam mit Prof. Müller-Oerlinghausen auch wissenschaftlich untersucht. Aktives Mitglied einer süddeutschen wissenschaftlichen Arbeitsgruppe, die seit 2019 durch eine klinische Arbeitsgruppe ergänzt wird. Diese Arbeitsgruppen setzen sich für die Durchführung weiterer Berührungsforschung ein und stehen in enger Zusammenarbeit mit einer psychosomatischen Klinik im Allgäu (Hochgrat-Klinik). Umfassendes Wissen über die therapeutische Berührung, wird aufgrund ihrer Kompetenz zu verschiedenen Projekten und Veröffentlichungen hinzugezogen. Susanne Carla Joos arbeitet seit über 30 Jahren als professionell Pflegende in einer großen schulmedizinischen Akutklinik und führte dort Naturheilkundliche komplementäre Pflegemethoden ein. Intensivmedizin, Neurologie, Onkologie, Radioonkologie, Notaufnahme, ambulante und stationäre Altenpflege, Palliativ Care sind die Stationen ihres beruflichen Wirkens. Fort- und Ausbildungen in Basale Stimulation, Kinästhetik, Rhythmische Einreibungen, Aromatherapie, Aromapraktikerin in der Klinischen Aromapflege sowie klinische Wundversorgung, die Ausbildung, Therapeutin in der Psychoaktive Massage. Achtsame Berührungen sind ihr zentrales Thema und ihr Bogen spannt sich von der Anwendung der Psychoaktiven Massage von Frühgeborenen bis zu Menschen am Lebensende. Seit 2020 arbeitet sie parallel mit niedergelassenen ÄrztInnen und TherapeutInnen in eigener Praxis und begleitet Menschen in Krisen und schwierigen Lebenssituationen. Gayaneh Avanes Avakian arbeitete als Assistenzärztin in der Anästhesie. Zeitgleich Ausbildung zur Psychoaktiven Massagepraktikerin. Nach Abschluss der massagetherapeutischen Ausbildung wechselte sie den Fachbereich und arbeitet nun als Ärztin in Weiterbildung für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in einer psychosomatischen Klinik im Allgäu. Durch ihren medizinisch- wissenschaftlichen Hintergrund, ihre klinische Erfahrung und die gleichzeitige Arbeit als Massagepraktikerin vermittelt sie insbesondere die Verknüpfung der klassischen Schulmedizin mit der Psychoaktiven Massage als komplementär bzw. integrativ- medizinische Behandlungsmethode.
1 Die Entwicklung der Psychoaktiven Massage
»Heilung beginnt mit einem ruhigen Herz in einem entspannten Körper.«
(Gabriele Mariell Kiebgis)
Massage ist eine alte Heilkunst, deren Entstehung, Entwicklung und Anwendung in verschiedenen Büchern umfangreich publiziert sind. In diesem Lehrbuch beschreiben wir detailliert die Methode der »Psychoaktiven Massage nach Gabriele Mariell Kiebgis®« (PAM GMK®), welche in den Jahren 1994 bis 2012 entwickelt wurde. Diese Methode löst positive psychophysische Kurz- und Langzeiteffekte aus, was durch eine wissenschaftliche Studie belegt wurde (Kiebgis et al. 2018). Zudem ist sie vom Deutschen Patentamt markenrechtlich geschützt. Für Interessierte besteht seit 2018 die Möglichkeit für eine zertifizierte, berufsbegleitende Ausbildung in der PAM GMK®.
1.1 Von der klassischen Massage bis zur integrativ‑komplementären Therapie
Alles begann in Hamburg während des Mauerfalls in Berlin. Ich war Teilnehmerin eines Workshops für »Begegnung«. Der Trainer stellte einen Stuhl auf die Bühne, setzte sich darauf und sprach kein Wort. Alle Teilnehmer saßen wie im Theater in Stuhlreihen vor der Bühne und warteten auf seine Darstellung. Die Erwartungshaltung war enorm, doch es passierte nichts. Auch nach zehn Minuten passierte nichts. Nach zwanzig Minuten erschien den Teilnehmern die Gegenwart wie ein schlimmer Film, große Zweifel über die Wirklichkeit der Szenerie durchbohrten die Atmosphäre. Der Trainer saß ungerührt und wortlos auf seinem Stuhl und blickte in die Menge. Irgendwann bewegte sich ein Teilnehmer, indem er sich etwas gemütlicher auf seinem Stuhl platzierte. Die atemlose Stille war für einen Moment gebrochen, in welchem der Trainer ein kaum sichtbares Nicken an den Teilnehmer richtete. Danach verdichtete sich der Raum sofort wieder in eine peinliche Stille. Es vergingen schreckliche Minuten, bis erneut ein Teilnehmer sich gemütlich auf seinem Stuhl platzierte. Auch dieses Mal sandte der Trainer ein kaum wahrnehmbares Nicken. Viele hatten diese nonverbale Kommunikation nicht mitbekommen. Es vergingen mehr als sechzig Minuten Qual, bis auch ich dann irgendwann kapierte, dass sich die Situation erst durch eine Erkenntnis auflösen ließ. Diese Erkenntnis, die sehr langsam durch fast alle Teilnehmer floss, hieß: Es gibt Situationen im Leben, die sich nicht willentlich ändern lassen. Bis sich etwas verändert, sollte man es sich gemütlich machen. Das heißt, sich geistig, körperlich und damit auch seelisch gut einrichten. Alle Teilnehmer begriffen, dass immer wieder Situationen das Leben verändern, die nicht günstig sind. Und dennoch haben wir in all diesen Phasen die Wahl, uns so gut wie möglich darin einzurichten.
In der späteren körpertherapeutischen Ausbildung erlebte ich diese Momente vielfach. Sie eröffneten eine Reihe von Möglichkeiten, mein Wohlbefinden selbst zu gestalten. Das war eine Erfahrung, die in meiner heutigen Arbeit als Körpertherapeutin eine wichtige Grundlage spielt.
1.1.1 »Etwas ist unter der Haut?«
Dieses »Hamburger Erlebnis« führte mich zu einer beruflichen Veränderung, deren Ziel mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar war. »Der Weg ist das Ziel«, war zunächst meine Orientierung. In meiner Ausbildung entdeckte ich bei einer Gesichtsmassage, dass »Etwas« unter der Haut ist. Es fühlte sich seltsam beweglich an und ich begann mich auf dieses Spüren mehr zu konzentrieren. Plötzlich wurde mir bewusst, dass die Empfängerin meiner Massage angespannt war und ich selbst sehr unbequem mit enganliegenden Armen eine verkrampfte Massage ablieferte. Ich versuchte dann, meine Arme zu lockern, mich bequemer hinzusetzen, ganz nach dem »Hamburger Erlebnis«, und die Massageabfolge langsamer zu gestalten. Meine Klientin begann tiefer zu atmen und letztendlich entspannte sie sich.
Vollkommen gefesselt von diesem Erlebnis verlief mein weiterer Ausbildungsweg durch das Erlernen unterschiedlicher Massagemethoden. Auf einem Bodyfestival in Berlin, das von Dipamo Norbert Wehry, einem »Bodyworker«, geleitet wurde, kam ich mit einem Massagelehrer in Kontakt, der von der Wirksamkeit der Massage über die muskuläre und Bindegewebslockerung hinaus berichtete. Zum ersten Mal hörte ich von Achtsamkeit, die für ein entspanntes Massageerleben notwendig ist, und lernte, mit warmem Öl lange Ausstriche auf großen Körperbereichen auszuführen. Der Charakter der Massageberührung veränderte sich sofort: Es kehrte ziemlich schnell eine ruhige und entspannte Atmosphäre sowohl bei mir als Geberin als auch bei meiner Massagepartnerin ein. Diese Elemente der Kalifornischen Massage gehören, wie auch vereinzelt andere Massagen, zu den ersten psychoaktiven Techniken, die ich angewandt habe. Die Sensitivmassage, die Gisela Dietz3, eine Shiatsu-Praktikerin, Anfang der 1990er-Jahre in Berlin lehrte, war ein weiteres Schlüsselelement für die Entwicklung seelenaktiver Berührungen. »Lass die Hand immer am Körper der zu Massierenden. Löse sie erst, wenn die Liegeposition sich in der Massage ändern muss«, war ihr Auftrag. Obwohl die Sensitivmassage in der Abfolge der Kalifornischen Massage glich, änderte sich die Kontaktebene von Massagegeberin und Massagenehmerin durch dieses »Dranbleiben« grundlegend. Es entwickelte sich eine emotionale Verbindung zwischen beiden Massagepartnern, was mich anfänglich verunsicherte. Mir wurde mitunter »blümerant«, wie die Berliner sagen, was in diesem Kontext bedeutet, dass die ununterbrochene Berührung der Massagenehmerin eine persönliche Abgrenzung brauchte. Es war etwas Übung notwendig, mit der durch diese Massageberührung entstehenden Nähe professionell umzugehen. In diesen Trainingszeiten keimte in mir die Frage: »Was ist Menschsein?« Denn das »Etwas« unter der Haut war jetzt mit diesem ununterbrochenen Berührungskontakt differenzierter zu spüren. Ich lernte, dass mit einer Berührung mit warmem Öl und langsamen Ausstrichen die Silhouette des massierten Menschen erkennbarer wird, wie z. B. auch das Gewebe oder die verspannte Muskulatur. Auch war deutlich wahrzunehmen, ob ein Mensch sich entspannt und sich der Massage hingibt oder nicht. Je langsamer ich arbeitete, umso mehr eröffnete sich ein vielschichtiger Wahrnehmungsraum.
1.1.2 »Was ist Menschsein?«
Mir fiel das Zitat von Osho in die Hände, der sagte: »Massieren ist etwas, das du zwar anfangen kannst zu lernen, aber du kommst nie an ein Ende. Es geht immer weiter und weiter, und die Erfahrung wird ständig tiefer und tiefer, höher und höher. Massage ist eine der subtilsten Künste« (Bhagwan 1994). Genau diese Erfahrungen durchlebte ich in dieser Zeit und ich machte mich mit meinen Fragen nach dem »Etwas unter der Haut« und »Was ist Menschsein?« weiter auf den Weg.
Ich begann in Köln eine langjährige Ausbildung in Ganzheitlicher Körpertherapie (https://www.eckert-seminare.de/) in verschiedenen körpertherapeutischen Methoden. In diesen Lehrjahren verstand ich, dass das »Etwas unter der Haut« die leibliche, seelische und geistige Existenz des Menschen offenbart und dass das Menschsein in vielschichtigen Facetten lebt, ganz gemäß den leiblichen, seelischen und geistigen Erfahrungen eines Menschen. Diese Erkenntnisse und das Begreifen, wie Körper, Gefühl und Gedanken zusammenspielen, flossen mehr und mehr in mein »Handwerk Massage« ein.
Der Weg vom puren Anfassen bis zur heilsamen therapeutischen Berührung war lang und intensiv. Es kostete mich manchmal große Überwindung, an diesen Themen dranzubleiben, denn der Lohn einer Massage reichte oft nicht für das Notwendigste aus.
Im Folgenden erfahren Sie detaillierter, wie die beschriebenen Erfahrungen haptisch und taktil umzusetzen sind.
1.2 Was ist eine Berührung?
»Die Sprache der Berührung ist eine eigenständige Form der Kommunikation, die mit sinnlicher Wahrnehmung einhergeht.«
(Anne Papendick 2016)
Stellen Sie sich vor, jemand gibt Ihnen eine Walnuss und sagt: »Du kannst sie behalten.« Was machen Sie damit? Sehr wahrscheinlich werden Sie sie in die Jacken- oder Hosentasche stecken und im Laufe der Zeit darin vergessen. Dieser Vorgang ist eine Transaktionsberührung: Es ist das Anfassen eines Gegenstands, der von einem Ort zum anderen transportiert wird. Wie der Wasserkasten, der aus dem Auto in die Küche gebracht wird. Diese Transaktionsberührungen, also funktionale Berührungen, finden wir oft im alltäglichen...
Erscheint lt. Verlag | 20.5.2023 |
---|---|
Co-Autor | Susanne Carla Joos, Gayaneh Avanes Avakian |
Verlagsort | Stuttgart |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Geisteswissenschaften |
Medizin / Pharmazie ► Medizinische Fachgebiete ► Psychiatrie / Psychotherapie | |
Schlagworte | Berührung • Berührungsmedizin • Embodiment • Embodiment-Techniken • heilsame Berührung • Körpertherapie • Massage • Psyche und Körper |
ISBN-10 | 3-608-12042-4 / 3608120424 |
ISBN-13 | 978-3-608-12042-4 / 9783608120424 |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
Größe: 4,4 MB
DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasserzeichen und ist damit für Sie personalisiert. Bei einer missbräuchlichen Weitergabe des eBooks an Dritte ist eine Rückverfolgung an die Quelle möglich.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich