Verachtung (eBook)

Spiegel-Bestseller
Der nette Narzissmus-Doc erklärt, wie bösartiger Narzissmus entsteht und wir dagegen vorgehen können
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
256 Seiten
Eden Books - ein Verlag der Edel Verlagsgruppe
978-3-95910-409-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Verachtung -  Pablo Hagemeyer
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In seinem dritten Buch geht Bestsellerautor Pablo Hagemeyer dem Ursprung des bösartigen Narzissmus auf den Grund. Er erklärt anhand konkreter Fallbeispiele aus der psychiatrischen Praxis, wann und wie aus einem narzisstischen Charakter ein*e bösartige*r Narzisst*in wird. Da ist die Frau, die schon als Baby die verachtenden Blicke und den nonverbalen Liebesentzug ihrer Mutter spürte. Das wirkt sich wiederum auf die Beziehung zu ihrem späteren Partner aus. Oder ein Mann, der abwertend und kalt agiert, weil er selbst als Kind ausgegrenzt und verachtet wurde. Auch seine eigene narzisstische Seite stellt Dr. med. Pablo Hagemeyer wieder auf den Prüfstand. Und er gibt Hoffnung, denn er weiß: Jede*r hat die Möglichkeit, sich zu verändern. Gekonnt verknüpft der Experte anschauliche Beispiele mit fachkundigen Erklärungen und gibt ganz konkrete Tipps, wie man mit bösartigen Narzisst*innen umgehen und das Bösartige aus dem eigenen Narzissmus vertreiben kann.

Dr. med. Thomas Pablo Hagemeyer, 1970 in Bonn geboren, ist Arzt, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und in eigener psychotherapeutischer Praxis niedergelassen. Fachbuchautor und Supervisor, Drehbuchautor, Drehbuchberater und Dozent für Persönlichkeitspsychologie. Aufgewachsen in Südamerika und Spanien. Mit seinen Büchern »Gestatten, ich bin ein Arschloch.« und »Die perfiden Spiele der Narzissten« stand er mehrere Wochen auf der SPIEGEL-Bestsellerliste. Er ist mit einer Rechtsanwältin verheiratet, hat zwei Kinder und einen Hund.

Dr. med. Thomas Pablo Hagemeyer, 1970 in Bonn geboren, ist Arzt, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und in eigener psychotherapeutischer Praxis niedergelassen. Fachbuchautor und Supervisor, Drehbuchautor, Drehbuchberater und Dozent für Persönlichkeitspsychologie. Aufgewachsen in Südamerika und Spanien. Mit seinen Büchern »Gestatten, ich bin ein Arschloch.« und »Die perfiden Spiele der Narzissten« stand er mehrere Wochen auf der SPIEGEL-Bestsellerliste. Er ist mit einer Rechtsanwältin verheiratet, hat zwei Kinder und einen Hund.

Verliebt, verlobt, verachtet: Hannah und Hans


Hans saß wie ein Häufchen Elend auf seinem Stuhl. Gesenkter Kopf. Große Augen. Er zeigte diesen traurigen Hundeblick. Auf einem anderen Stuhl saß seine Ehefrau Hannah. Sie rang mit sich, schluchzte bitterlich und konnte ihre Emotionen kaum fassen, die in ihrer Brust Theater spielten. Ein zerstörerisches Theater.

Große Verunsicherung traf sie, als die Therapeutin zu Hannah sagte, sie möge sich mal zusammenreißen. Schließlich sei sie eine selbstaufopfernde Narzisstin, die hier nur nach Anerkennung ihres Mannes hungere und ihn und die Kinder für ihre emotionale Unreife und Instabilität missbrauche. »Ihr Mann ist nicht für Ihre Gefühle verantwortlich!«, schrie die Therapeutin.

Schwer getroffen verstummte Hannah und dissoziierte. Sie nahm sich selbst nicht mehr wahr, spürte weder Raum noch Zeit. Sie war ganz weg. Alles war weiß. Sie fühlte sich ganz ohne Leib und empfand nichts mehr. Die Tränen hörten auf zu fließen. Wurde sie eben tatsächlich angeschrien? War das die Wertschätzung, die sie von einer Psychotherapeutin erwartete? Ihre innersten, tiefen Ängste vor solchen emotionalen Angriffen paralysierten sie.

Hans wohnte der Situation still bei und verzog betroffen die Mundwinkel. Er fuhr sich mit der Hand, sich selbst Trost spendend, durchs Gesicht – Streicheleinheiten für seine eigene verletzte Seele. Da fand er eine kleine Unreinheit zwischen den Bartstoppeln, die er sich blutig kratzte. Er konnte sich etwas besser auf sich konzentrieren, weil die Therapeutin seine Frau in der Mangel hatte. Merkwürdig, wo der Pickel nur herkam, achtete er doch besonders auf seine Hautpflege. Während Hannah neben ihm zusammenbrach, überlegte er, gleich nach der Sitzung einen Kosmetiktermin zu vereinbaren.

Es lief gut für ihn in dieser Sitzung. Hans hatte keine Vorstellung davon, nicht die leiseste, was in Hannah vor sich ging. Die Therapeutin bestätigte, dass Hannah noch viel mehr an sich arbeiten müsse. Hannahs Emotionsregulation sei die blanke Katastrophe. Hans nickte besserwisserisch. »Ihre aber auch!«, zischte die Therapeutin Hans zu. Brav nickte er schnell.

Sein angepasstes Verhalten bewahrte ihn vor mehr Kritik. Den Dreh hatte er längst raus. Ein Verhalten, das ganz automatisch in der Praxis der Therapeutin ansprang. Seine Affektregulation wollte er sich noch aufbewahren für nach der Stunde, wenn er mit Hannah allein, auf dem Weg zum Auto wäre. Für die ganzen folgenden Wochen, bis zur nächsten Paartherapiesitzung, würde er jede Gelegenheit nutzen, Hannah mit kleinen, unsichtbaren Giftpfeilen zu beschießen. Das traf und destabilisierte Hannah. Das wusste und nutzte er.

Er war ganz anders, wenn er mit Hannah allein war. Das sagte Hannah auch ständig in der Therapie, aber ihr glaubte die Therapeutin nicht so ganz. Sicherlich, dachte Hans, meint die Therapeutin, weil sie systemisch ausgebildet ist, dass immer zwei schuld daran sind, wenn eine Beziehung kaputt ist. Mit dieser geteilten Schuld konnte sich Hans gut einrichten. Als die Sitzung vorbei war, half er Hannah weder in den Mantel noch hielt er ihr die Tür zur Straße auf. Er ging voraus, setzte sich in das Auto und wartete. Hannah, sich noch immer sammelnd, trottete hinterher.

Als sie zu ihm in den Wagen stieg, holte er aus: »Siehst du, es sind die selbstaufopfernden Narzisstinnen, die sich immer zu wenig wertgeschätzt fühlen! Wie du! Wenn du immer so rumheulst, das ist so unerträglich. Grässlich.« Es brauchte keine zehn Sekunden, bis Hans sein Janusgesicht gedreht hatte und Hannah voller Verachtung ansah. Selbstbewusst startete er den Motor und stieß mit dem Wagen rückwärts – rücksichtslos, wie immer – in den immer dichter werdenden Abendverkehr der Großstadt.

Desinformation: Was für Doppelgesichtige


Was die Therapeutin wusste, aber nicht ändern konnte, war, dass Hans ein janusköpfiger, grandioser Narzisst war und Hannah eine selbstaufopfernde Komplementärnarzisstin. Er hatte wie der römische Gott Janus, der Gott der Doppeldeutigkeit, zwei Gesichter.

Für Außenstehende ist es kaum vorstellbar, dass es Personen gibt, die zwei sind. Wir neigen dazu, eher das zu glauben, was uns persönlich von einer Person gesagt wird, statt dem, was andere über diese Person sagen. Diese Gewohnheit lässt sich von Menschen, die gern andere täuschen, gezielt ausnutzen. Das ist nichts anderes als Desinformation, ob sie nun dem Selbstschutz oder dem Schutz anderer dient.

Eltern wenden diese Methode an, um die Kinder so lang wie nur möglich im Paradies zu halten oder vor Schäden zu bewahren. Eltern erzählen ihren Kindern Geschichten, die Trost und Halt spenden. Die Bilder und Metaphern dieser Geschichten immunisieren und schützen vor der harten und ungerechten Realität. Sind das emotionale Gegenmittel, spenden Hoffnung und festigen moralische Werte.

Aber viel dramatischer ist es, wenn die doppelte Strategie beziehungsweise das zweite Gesicht benutzt wird, um den eigenen Kindern oder anderen zu schaden. Kaum vorstellbar, dass eine Mutter einem Kind bewusst Angst macht, um es zu unterdrücken. Oder Erwachsene verächtlich sagen, mit »dieser Person« wolle man »nichts mehr zu tun haben« – doch dann stellt sich heraus, dass genau diese Person zuckersüße E-Mails von dem angeblich distanzierten Menschen bekommt.

Was ist das für eine doppelte Strategie, was für ein heuchlerisches Spiel? Desinformation gilt gemeinhin entweder als »direkte Lüge« oder als Aktion, die »indirekt« der »subtilen Unterdrückung«, dem »Verschweigen oder Ablenken von überprüften Fakten« dient.1 Von der glatten Lüge bis zur Halbwahrheit ist also alles möglich. Dadurch erreicht man auf Kosten der Wahrheit, dass man selbst gut dasteht und sich gegen andere durchsetzt.

Hans passte sich wie ein Chamäleon an verändernde Umgebungsbedingungen an, sein Verhalten war stark kontextabhängig. Anpassung und Dominanzverhalten wechselten sich bei ihm ab, je nachdem, auf welchem Ast er gerade entlangkrabbelte. Hannah litt bis heute an ihren emotionalen Mangelerfahrungen als Kind, an ihren frühen traumatisierenden Entbehrungen: »Ich bin in einer Familie mit kaltem Herzen aufgewachsen und habe mir immer gewünscht, das kalte Herz wärmen zu können …«, sagte Hannah über das Kennenlernen mit Hans.

Um selbst emotional zu überleben, hielt sie fest an dem wenigen Guten, das sie in ihrem Hans noch sah, und nahm Hans’ überbordende Selbstgefälligkeit als eine wohlbekannte Konstante hin. Das kannte sie von ihren Eltern. Hannah hatte sich längst mit ihrem Schicksal darauf verabredet, dass ihre wahre Liebe und ihr fester Glaube an bessere Zeiten Hans erreichen und zu einem noch besseren Menschen verändern würden.

Hans spürte aber nur ihren klammernden Griff, der ihn dort hineinzog, wo er nie sein wollte. Hannah hatte sich einen goldenen Käfig gebaut, als reine Sicherheitsmaßnahme. Für Hannah bestand Leben aus Unsicherheit, Verlust und Verrat. Ihr Bemühen um Sicherheit und Kontrolle engte Hans zu sehr ein. Hans war ein Mann, der sein Leben als Mann zurückwollte, nur hinderte Hannah ihn daran. Sein Bemühen, sich seine Freiheit zu erhalten, schlug tiefe Wunden in Hannahs Herz. Er fand es anziehend, sie in ihrem Bemühen um Sicherheit zu strafen, aufzuziehen und zu verunsichern. Das garantierte ihm nicht nur ein sadistisches Vergnügen, sondern auch Hannahs masochistische Loyalität. Sie würde ihn niemals verlassen und er sich ihr niemals vollends hingeben. Das war ihr gemeinsames Spiel, und beide spielten es gut. Es war hochmanipulativ, und sie kultivierten ihr interaktives Publikum, eine unendliche Reihe von Coaches, Therapeuten und anderen Beratern, die sie im Laufe ihrer Ehe verbraucht hatten. Sie hatten Unsummen an Geld für ihre Paartherapie ausgegeben, ohne den erhofften Fortschritt erreicht zu haben. Aus dieser fatalen sadistisch-masochistischen Verquickung hätte sie nur eine Trennung befreit. Aber ein Loslassen kam nicht infrage. Einerseits weil beide einander brauchten, sie kannten keine andere Art des Zusammenseins. Andererseits waren da die gemeinsamen Kinder, die minderjährigen Nina und Nino. Die Kinder spiegelten den Eltern zurück, was diese inszenierten, und waren längst Teil des Mitmachspiels. Nina zeigte bereits hohe demonstrative Emotionsäußerungen, weinte bitterlich, wenn sie bei der Therapeutin saß, und ließ sich demonstrativ von Hannah trösten. Nino, Papas Lieblingskind, wurde wie ein Lottogewinn von Hans gelobt und hoch auf einem idealisierten Thron zum Fußball ins Stadion mitgenommen. Nino bekam vom Vater den Club-Schal umgezogen, und die Mama kaufte ihm die teure Bomberjacke mit dem Gucci-Emblem. Sollte er doch einen guten Eindruck machen!

Irgendwann, als Hans länger wegblieb, vermutlich eine Affäre hatte, missfiel Hannah sein Verhalten, und sie suchte mich auf. Ich sei schließlich der Experte. Sie nahm einen Einzeltermin bei mir während ihrer laufenden Therapie bei der Kollegin wahr. Sie verstehe, dass Therapie den Narzissmus des Betroffenen verstärken könne. »Eine Nebenwirkung von Therapie«, bestätigte ich und scrollte durch die Screenshots, die Hannah von den Disputen mit ihrer Therapeutin gemacht hatte.

»Klarheit klingt manchmal hart«, kommentierte ich diese Korrespondenz. »Manchmal vermeiden wir das Notwendige, weil wir die damit verbundenen unangenehmen Erwartungen und Gefühle verhindern«, ergänzte ich. Hannahs Therapeutin zog es vor, unverblümt mit der Wahrheit rauszurücken. Aber damit stieß sie Hannah von sich. Nähe herzustellen war nicht die Kernkompetenz dieser Therapeutin. Das isolierte Hannah noch mehr in ihrer Not, allein zu sein. Die Therapeutin...

Erscheint lt. Verlag 4.3.2023
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Psychologie
Schlagworte Aufklärung • Beziehungsprobleme • Bindung • Bindungsstörung • Buch • Die perfiden Spiele der Narzissten • Eden Books • Egoist • Egomane • Egomanie • Egosimus • Egozentrisch • Emotionale Gesundheit • Emotionale Gewalt • Erziehung • Familientherapie • gestatten • großes Ego • ich bin ein Arschloch • Kindheit • Lebenshilfe • Narzissmus • Narzisst • narzisstisch • Neuerscheinung 2023 • Paartherapie • Persönlichkeitsstörung • Psychiatrie • Psychische Gesundheit • Psychologie • Psychotherapie • Ratgeber • Rücksichtslosigkeit • selbstbezogen • Selbstdiagnose • selbstverliebt • Selbstverliebtheit • Selbstwert • Therapeut • Tiefenpsychologie • Verhaltenstherapie • Zusammenleben
ISBN-10 3-95910-409-X / 395910409X
ISBN-13 978-3-95910-409-8 / 9783959104098
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