Ansichten eines Wilden über die zivilisierten Menschen -  Xokonoschtletl Gómora

Ansichten eines Wilden über die zivilisierten Menschen (eBook)

Und DAS nennt Ihr LEBEN?
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2022 | 1. Auflage
246 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7562-7063-7 (ISBN)
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In diesem Buch "Ansichten eines Wilden über die zivilisierten Menschen" konfrontiere ich den "zivilisierten" Leser mit seinen vielfältigen Lebensumständen und damit was es heißt, ein "Weißer" zu sein. Dieses Buch soll in sarkastischer, humorvoller Weise nachdenklich machen und konstruktive Kritik an den selbsternannten "zivilisierten Menschen" üben, damit diese Welt besser wird, für uns ALLE! Wer ist "wild"? Wer hat Kultur?

Mein Name ist Xokonoschtletl Gómora. Ich bin traditioneller Trommler und Tänzer der Azteken, Buchautor, mehrsprachiger Reiseleiter für ganz Mexiko, Sprecher der UNO und Abgesandter einer Menschenrechtsorganisation aus Mexiko nach Europa. Seit 1986 komme ich regelmässig nach Europa, um die Rückgabe der heiligen Gold- und Federkrone von Montezuma (seit 1524 in Österreich) nach Mexiko zu erreichen. Diese heilige Federkrone ist die wichtigste Reliquie Mexikos, da sie die nationale Identität symbolisiert und als Vorläufer der Präsidentenschärpe eine Insignie der Macht war, die nur bei wichtigen Zeremonien und offiziellen Akten verwendet wurde. Die Federkrone repräsentiert, analog zur päpstlichen Mitra, nicht nur die politische und wirtschaftliche Macht, sondern auch die noch wichtigere, die spirituelle Macht.

Es war einmal… und ist noch immer!


Es war einmal…, so beginnen viele Eurer Märchen, voller Phantasie und Träume. Aber Eure Märchen lösen sich meist in Wohlgefallen auf. Doch nur bei einseitiger Betrachtung. Sehen wir nur das Märchen vom Wolf und den sieben Geißlein.

Der Wolf war in Wirklichkeit keineswegs schlecht, er hatte nur Hunger und wollte die Geißlein fressen und musste deshalb sein Leben lassen. Auch für die so genannten „Eroberer“ Mexikos war es wohl wie im Märchen, als sie die Städte der Azteken erblickten. So schrieb Hernán Cortez an Kaiser Karl V von Spanien: „Ihre Majestät, als ich die Hauptstadt der Azteken, genannt Mexiko Tenoztitan sah, rieb ich mir zuerst die Augen, weil ich dachte, ich träume: Solche langen, geraden und breiten Straßen, so viele Farben, so viele Menschen und besonders die perfekten symmetrischen Gebäude… Ich befahl einem meiner Soldaten, mich zu zwicken, denn solche Schönheit, Vollkommenheit und solchen Glanz kannte ich bis jetzt nur aus Märchenbüchern.“ Ja, ja, nun standen die Spanier hier in diesem Märchenland, doch um das Märchen für sie zu einem guten Ende zu führen mussten sie – wie sie meinten – erst das „Böse“ besiegen. So wurde unser Volk, das genau so wenig böse wie der oben genannte Wolf war, zum Träger dieser leidvollen Rolle.

Zuerst ließen sich die „Eroberer“ beschenken, betrachteten unsere Architektur, unsere hochwertigen Sanitäranlagen, wie Fließwasser, Kanäle, Bäder, Saunen etc., unsere Kunst und Wissenschaft und vieles mehr, doch allmählich begannen sie, Lügen und Verleumdungen über uns zu verbreiten, unter deren Vorwand sie uns zu vernichten suchten. Nachdem ihnen dies fast gelungen war, schrieben sie ihre Märchenversion von der „Eroberung und Kolonisierung“ auf und verbreiten sie bis heute. Um diesem entgegenzuwirken, schreibe auch ich Bücher…, aus der Sicht der Verlierer…, denn normalerweise wird die Geschichte von den Gewinnern geschrieben.

Es war einmal im Frühling. Einige Kinder spielten am Ufer eines Teiches und sahen einen Frosch, der auf einem Seerosenblatt saß. Sie begannen, das Tier mit Steinen zu bewerfen. Bei jedem geworfenen Stein sprang der Frosch auf ein anderes Blatt. Die Kinder lachten und riefen: „Fast hätte ich ihn getroffen“ oder „Wenn er sich jetzt nicht bewegt hätte, wäre mein Stein direkt auf seinen Kopf geflogen.“ Doch plötzlich begann der Frosch zu sprechen und sagte: „Ja, ja, Kinder, für Euch ist das ein Spiel…, für mich ist es der Tod.“

Die kleine Geschichte zeigt deutlich, dass alles zwei Seiten hat. Was Ihr von uns „wilden“ Indianern wisst, stammt aus den Federn von Engländern, Spaniern, Franzosen, Deutschen u. a. Oft sind solche Bücher nur Übersetzungen aus einer anderen Sprache. Jeder Autor schreibt seine Geschichte entsprechend seiner Erziehung, Mentalität und Sitte oder einfach, wie Karl May zum Beispiel, ganz aus seiner Phantasie. Die Phantasie wird am folgenden Beispiel deutlich, bei dem man nicht weiß, ob man lachen oder weinen soll: Der Franziskanermönch Francisco de Augustinez schrieb von der Hauptstadt der Azteken einen Brief an Kaiser Karl V von Spanien mit dem Wortlaut: „Ihre Hoheit, ich war schon in vielen Ländern dieser Welt, ich spreche sogar zwölf Sprachen, aber die der armen Indianer nicht. Das muss eine Sprache des Teufels sein!“

Ein anderer Priester schrieb, ebenfalls im 16. Jahrhundert, einen Brief, und zwar an den Papst: „…und sie haben einen Gott, der Huitzilobos heißt und der noch hässlicher und bösartiger als Luzifer selbst ist.“ Wirklich bedauernswert, solche Leute. Nicht einmal den richtigen Namen kannte der arme Kerl, denn der lautet Huitzilopochtli, ein Symbol für die Sonne und den Willen, irrtümlich auch oft als Kriegsgott bezeichnet. Hunderte, nein Tausende Einzelheiten wurden und werden falsch interpretiert… Wenn nicht einmal die Namen stimmen, was kann man da noch weiter erwarten? So nannte man die Hauptstadt der Azteken Tenoztitan statt Tenochtitlan, die Hauptstadt des heutigen mexikanischen Staates Morelos Cuernavaca statt Kuauhnauak, die Hauptstadt des Staates Oaxaca nicht Uaxyakak. Andere Städtenamen sind Tepeyac statt Tepeyakak, Tacuba statt Tlakopan, Toluca statt Tollohkan, Campeche statt Ka-Nahm-Pech, Tacubaya statt Atlacayouayan, um nur einige von ihnen zu nennen.

Unsere Geschichte wurde von Zivilisierten geschrieben, die einzig und allein gierig auf Gold, Silber, Land und Frauen waren. Interessantes Detail am Rande: Tötete ein Zivilisierter einen „wilden“ Indianer, so jubelten und applaudierten alle. Wehe aber, wenn ein Indianer einen Weißen umbrachte, weil dieser sein Land stehlen, seine Frau und Tochter vergewaltigen wollte oder weil der Weiße seine fleischliche Nahrung aus Spaß tötete, ohne Fleisch, Leder, Sehnen u. a. zu benützen…, dann war er ein Mörder, der vernichtet werden musste. Die US-Regierung bezahlte sogar für das Töten eines Indianers 20 bis 40 US-Dollar. Als Beweis für den Mord musste man jedoch einen Skalp des Indianers vorlegen. So stammt das Skalpieren keineswegs von den Indianern, sondern wurde von Leuten wie General Custer erfunden.

Wir Indianer würden niemals das Haar von anderen abschneiden, ja – es wäre sogar eine Beleidigung, Haar zu bekommen, denn unser Haar ist einer der wichtigsten Energieträger, und zwar gleich nach den Augen und den Fingerspitzen. Wir schneiden es nur nach wichtigen Zeremonien, bei denen wir von Mutter Erde etwas Besonderes bekommen und hängen es danach in die Bäume. Mag sein, dass diese Haarbüschel, die meist zu mehreren auf speziellen Bäumen hingen, die Weißen auf die grausame Abwandlung unseres Rituals, das Skalpieren brachten.

Die Geschichte wird immer von den Gewinnern geschrieben, und wer gibt schon gerne die Art und Weise seines Sieges zu, noch dazu, wenn es sich wie bei unseren Gegnern, den Siegern, um Verbrecher, Abenteurer, Penner, Nichtsnutze, Geisteskranke, Körperbehinderte u. a. handelte, die viele uns gänzlich unbekannte Krankheiten, wie Syphilis, Gonorrhöe, Pest, Cholera, Lepra, Pocken und Grippe einschleppten? Allein an den Pocken starben Millionen von unseren Leuten über den ganzen Erdteil verteilt.

Die Weißen demonstrierten uns den widerwärtigen Umgang mit Alkohol, Drogen und Tabak. Sie brachten uns das Stehlen, Lügen und Betteln bei, und sie verursachten bei uns Hungersnöte und Verschmutzung, die wir vorher nicht kannten.

Das mittelalterliche Europa war sehr unzivilisiert, und bis heute hat sich für uns nicht viel verändert… Versucht zu verstehen, ich habe gegen die Zivilisierten überhaupt nichts, aber sie sind genau diejenigen, die alles, was sie nicht kennen, entweder fürchten, verspotten, ablehnen oder zerstören. Doch sie zerstören damit auch sich selbst, und viele tun es weiter, obwohl sie genau wissen, dass sie sich selbst schädigen.

Es war einmal eine Kojotenmutter, die in der Prärie ihren Sohn verlor und nach ihm suchte. Sie fragte jedes Tier, dem sie begegnete, ob es wisse, wo ihr Junges sei. So kam sie zu einem Hirsch: „Bruder Hirsch, hast Du zufällig meinen Sohn gesehen? Ich habe ihn vor einigen Tagen verloren.“ – „Wie sieht Dein Sohn denn aus, Schwester?“ fragte der Hirsch, und die Kojotin antwortete: „Ach, er ist sehr schön, sein Fell glänzt sehr hübsch, er hat eine wunderbare Nase, seine Augen sind ein Traum, er sieht kräftig aus und hat sehr starke Beine.“ – „Nein, Schwester, den habe ich nicht gesehen.“ So machte sich die Kojotin weiter auf die Suche, und sie traf eine Schlange, einen Jaguar, einen Affen und viele andere Tiere. Immer wieder erwähnte sie die Schönheit ihres Kindes, bis sie den Adler traf. „Mein Junges ist das Schönste der Erde, seine Augen funkeln wie die Sterne, aber ganz besonders glänzt sein Fell sehr schön.“ – „Zum Glück“, sprach der Adler erleichtert, „ein paar Täler entfernt von hier habe ich einen gesehen. Er sah räudig aus, er war mager und hässlich, und… er war tot.“ Doch da bemerkte der Adler, dass die Kojotin bitterlich weinte, und er fragte: „Warum weinst Du, Schwester?“ – „Weil das mein Sohn ist.“ – „Aber hast Du nicht gesagt, dass Dein Sohn so schön sei?“ – „Ach“, schluchzte die Kojotenmutter, „weißt Du denn nicht, Bruder Adler, dass es für eine Mutter kein hässliches Kind gibt?!“

Eine kleine, hübsche Geschichte, die uns erkennen lässt, dass Schönheit etwas Relatives ist, das jeder sein eigenes „schön“ bestimmt. Was ist schön, was ist hässlich? Was ist normal, und was ist abnormal? Liebe, Zeit, Raum, Geschmack und Gefühle sind nur Begriffe, entstanden aus der Denkweise der Menschen. Sehr oft aber bestimmen die Zivilisierten eine genormte Schönheit und zwingen Völkern, die nicht in die Norm passen, ihre Meinung auf, ohne auf deren Ideen und Vorstellungen zu achten. Was für diese anderen aber normal ist, wird von den...

Erscheint lt. Verlag 28.6.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Psychologie Sozialpsychologie
ISBN-10 3-7562-7063-7 / 3756270637
ISBN-13 978-3-7562-7063-7 / 9783756270637
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