Grundriss Geschichte des chinesischen Denkens (eBook)

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2022 | 1. Auflage
628 Seiten
Felix Meiner Verlag
978-3-7873-4204-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Grundriss Geschichte des chinesischen Denkens -  Anne Cheng
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Anne Chengs Standardwerk zur viertausendjährigen Geschichte der chinesischen Philosophie von den Anfängen bis ins 20. Jahrhundert liegt nun endlich auch in deutscher Übersetzung vor. In ihrer meisterhaften Gesamtdarstellung verfolgt die vielfach ausgezeichnete Autorin die Entwicklung des chinesischen Denkens in seiner Kontinuität wie in allen Verwandlungen und Brüchen und bietet gleichzeitig ein hervorragendes Nachschlagewerk. Als die »Histoire de la pensée chinoise« 1997 auf Französisch erschien, setzte sie sogleich Maßstäbe für eine schlüssige und zugleich umsichtige Darstellung der in der westlichen Philosophie oft nur bruchstückhaft bekannten, geschweige denn rezipierten chinesischen Philosophiegeschichte. Das Buch setzt ein mit der archaischen Kultur der Sh?ng und Zh?u im 2. Jahrtausend v. Chr. und behandelt in sechs Teilen die antiken Grundlagen des chinesischen Denkens (Konfuzius, Mòz?), die Zeit der Streitenden Reiche (Zhu?ngz?, Menzius, L?oz?, Xúnz?, Legisten und kosmologisches Denken), die geistige Erneuerung während der Hàn­Dynastie, die buddhistische Umwälzung und anschließende Integration des Buddhismus in China, die Philosophie in der Zeit der Sòng­ und der Míng­Dynastien und schließlich die Entstehung des modernen Denkens. Auch wenn Cheng sich an den bekannten Schulen und Traditionslinien orientiert, berücksichtigt sie stets die Problematik, dass diese Schulen sich ihrem Selbstverständnis nach oft keiner Tradition zuordneten und Philosophiegeschichtsschreibung meist im Nachhinein konstruiert ist. Es gelingt der Autorin, unter enger Bezugnahme auf die jüngste sinologische Forschung den verschiedensten systematischen Aspekten des Philosophierens im traditionellen China gerecht zu werden - bei aller Eigenartigkeit, die diese Denkweisen in ihren Argumentationsstrukturen auszeichnet.

Anne Cheng ist Inhaberin des Lehrstuhls für »Histoire intellectuelle de la Chine« am Collège de France. Sie forscht seit mehr als vierzig Jahren zur Geistesgeschichte Chinas, zum Konfuzianismus und zur modernen chinesischen Philosophie. Anne Cheng übersetzte die Analekten des Konfuzius ins Französische und veröffentlichte eine Vielzahl an Büchern und Aufsätzen. Für ihre »Histoire de la pensée chinoise«, die in viele Sprachen übersetzt wurde, erhielt sie den Stanislas- Julien- und Dagnan-Bouveret-Preis der Französischen Akademie.

Vorbemerkungen des Übersetzers


Die deutsche Ausgabe der Histoire de la pensée chinoise von Anne Cheng ist das Ergebnis langjähriger Arbeit, durch welche dem philosophisch und kulturell interessierten deutschen Leser nun endlich dieser meisterhafte und dringend benötigte Überblick über die Hauptlinien der chinesischen Ideengeschichte vorgestellt werden kann.

Schlüsselbegriffe


Der Zugang zum chinesischen Denken erfordert es, sich mit einigen Begriffen vertraut zu machen, die seine geistigen Werkzeuge sind und ihm ihr besonderes Gepräge verleihen. Wir haben uns daher bemüht, diese möglichst einheitlich zu übersetzen (und oft in Klammern an die chinesischen Bezeichnungen zu erinnern), damit der Leser langsam intuitiv ihre Bedeutungen erfasst, für die es keine Eins-zu-eins-Entsprechung in westlichen Sprachen gibt. Zu diesen Begriffen gehören insbesondere:

dào: im französischen Text la Voie, Dào, im Deutschen meist unübersetzt Dào.

chéng: im französischen Text authentique, autenticité, im Deutschen »authentisch«.

: Im französischen Text oft mit »vertu« (von lateinisch virtus) in Anführungszeichen übersetzt, um zu verdeutlichen, dass es oft nicht Tugenden im moralischen oder moralisierenden Sinn bezeichnet, sondern das Charisma eines Herrschers oder die natürliche Wirksamkeit des Dào. Im französischen Text finden sich auch die Übersetzungen puissance, puissance morale, puissance invisible oder charisme. Im Deutschen mit »Tugend«, »Charisma«, »moralischer Kraft«, »unsichtbarer Kraft«, »Macht« übersetzt.

君子 jūnzǐ: im französischen Text l’homme de bien, im Deutschen der »Edle«. Der Gegensatz dazu ist der 小人, l’homme de peu, der »gemeine Mensch«.

liǐ: im französischen Text »principe«, im Deutschen: »Prinzip« (zur Umschrift siehe unten).

, lǐ: im französischen Text »rites«, im Deutschen »Riten«.

mìng: im französischen Text destin, mandat, im Deutschen »Bestimmung«, »Schicksal«, »Erlass«.

, : im französischen Text énergie, énergie vitale, souffle, im Deutschen »Energie«, »Lebensenergie«, »Hauch«.

rén: grundlegender Begriff der Moral, im Französischen le sens de l’humain, im Deutschen »der Sinn fürs Menschliche«.

聖人 shèngrén, im Französischen »saint«, im Deutschen der »Heilige«, wobei zu beachten ist, dass dies nicht mit dem christlichen Begriff gleichzusetzen ist.

/ yòng: Es handelt sich um eine häufig verwendete Dichotomie; im französischen Text meist constitution (manchmal auch substance) – fonction, mise en œuvre, im Deutschen meist Beschaffenheit – Funktion, Wirksamwerden, Umsetzung u. ä.

天地 tiāndì: im französischen Text Ciel-Terre, im Deutschen »Himmel-und-Erde«. Durch diese Schreibweise soll gezeigt werden, dass Himmel und Erde als Einheit gesehen werden, als Erfahrungshorizont des vormodernen Menschen.

xīn: im Französischen coeur, coeur-esprit, esprit, im Deutschen Herz, HerzGeist, Geist.

, xìng: im Französischen nature, im Deutschen »Wesensnatur«.

yŏu / : Dieses Begriffspaar, wird von Anne Cheng nicht wie gebräuchlich mit »Sein« und »Nichts« übersetzt, da dieser Gegensatz bei den chinesischen Denkern nicht so radikal aufgefasst wird. Sie übersetzt meist mit l’il-y-a und l’il-n’y-pas, im Deutschen verwenden wir entsprechend »das Vorhandene« – »das Nichtvorhande«: »das, was da ist«, »das, was nicht da ist«. Bei Wàng Bì wird im Französischen mit l’indifférencié oder le non manifesté wiedergegeben, im Deutschen »das Undifferenzierte«, »das Nicht-Kundgewordene«.

自然 zìrán: im Französischen naturel, spontané, de soi ainsi, im Deutschen das »Natürliche«, das »Spontane«, »von selbst so«.

萬物 wànwù: im Deutschen »die Myriaden Wesen«.

Umschrift


Wie in der französischen Ausgabe werden die unvereinfachten Schriftzeichen verwendet. Zur Umschrift wird das heute übliche sogenannte Pinyin-System verwendet.

Die einzige Ausnahme vom Pinyin-System betrifft zwei homophone Begriffe, die beide philosophisch äußerst wichtig sind: »Riten« und »Prinzip«, beide ausgesprochen. In der deutschen Übersetzung werden sie, um Verwechslung zu vermeiden, folgendermaßen unterschieden: Riten: lĭ, Prinzip: liĭ.

Anders als in der französischen Ausgabe werden für die sinologische Leserschaft die Akzente zur Bezeichnung der Silbenintonationen mitangegeben. Im Chinesischen trägt jede Silbe eine von vier Intonationen, das heißt melodische Muster, die sinnunterscheidende (phonemische) Funktion haben.

Hinweise zur Aussprache


In der offiziellen Umschrift der chinesischen Sprache, dem sogenannten Pinyin, vertreten einige Buchstaben andere Laute als im Deutschen. Dies betrifft insbesondere folgende Laute:

zh

=DSCH (wie in Jeans) (so wird der Philosoph Zhuāngzĭ DSCHWANG-DS ausgesprochen)

ch

=TSCH (chéng, authentisch, wird TSCHɘNG ausgesprochen)

j

=DCH (d plus »ch« wie in »ich«)

q

=TCH (, Energie, wird TCHI ausgesprochen)

z

=DS

c

=TS

x

=CH (wie in »ich«) (xìng, Wesensnatur, wird CHING ausgesprochen)

Beispiel: Die Philosophen Zhū Xī und Xúnzǐ werden DSCHU CHI und CHÜN-DS ausgesprochen.

Im Internet kann der interessierte Leser Webseiten (Suchbegriff »Pinyin«) mit Hörbeispielen für alle im Chinesischen existierenden Silben finden, die ihm ein besseres Bild als diese annäherungsweise und unvollständige Beschreibung vermitteln.

In den Registern am Ende dieses Buchs wird bei einigen Namen und Begriffen, deren Pinyin-Umschrift für den Deutschen sehr irreführend ist, in Klammern die ungefähre deutsche Aussprache in freier Form angeben.

Typographie


Fremdsprachige Ausdrücke (chinesisch, Sanskrit usw.) sind kursiv gedruckt. Kursiv sind auch Buchtitel gedruckt, sodass der Zhuāngzĭ das dem Autor Zhuāngzĭ zugeschriebene Werk bezeichnet.

Namen


Im Chinesischen steht der Familienname vor dem persönlichen Eigennamen. So ist also bei dem Philosophen Wáng Yángmíng Wáng der Familiennamen und Yángmíng persönlicher Name. Im alten China haben viele Menschen mehrere Namen. Hier werden nur die gebräuchlichsten angegeben.

Abkürzungen


SBBY:Sìbù bèiyào, Shànghăi, Zhōnghuá shūjú, 1936

SBCK:Sìbù cóngkān, Shànghăi, Shāngwù yìnshūguăn, 1919–1936 (Nachträge 1934–1936)

ZZJC:Zhūzĭ...

Erscheint lt. Verlag 20.4.2022
Übersetzer Ulrich Forderer
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Philosophie Östliche Philosophie
Schlagworte China • Chinesische Philosophie • Daoismus • Geschichte der Philosophie • Konfuzianismus
ISBN-10 3-7873-4204-4 / 3787342044
ISBN-13 978-3-7873-4204-4 / 9783787342044
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