Vorsehung (eBook)

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2022 | 1. Auflage
694 Seiten
Verbum Medien (Verlag)
978-3-98665-005-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Vorsehung -  John Piper
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Die Bibel zeigt uns von Anfang bis Ende einen handelnden Gott, der die gesamte Geschichte lenkt. Gottes Vorsehung umfasst alles vom kleinsten Molekül bis zur entferntesten Galaxie, ebenso auch die Gedanken und Handlungen der Menschen. John Piper definiert Gottes Vorsehung als seine zielgerichtete Souveränität. Sie wird zum Ziel kommen: Ein begnadigtes und erlöstes Volk wird über seinen herrlichen Gott jubeln und ihn in alle Ewigkeit loben, zur Ehre und Freude Gottes. Piper lädt uns zu einer Reise durch die Bibel ein, um unseren Blick dafür zu öffnen, wie mächtig, herrlich und liebevoll Gott wirklich ist. Dieses Wissen bewirkt schon jetzt tiefere Anbetung, Freude, Hoffnung und Sicherheit.

John Piper ist Leiter von Desiring God und Rektor des Bethlehem College. Er war 33 Jahre lang Pastor der Bethlehem Baptist Church in Minneapolis (USA) und ist Autor von über fünfzig Büchern.

John Piper ist Leiter von Desiring God und Rektor des Bethlehem College. Er war 33 Jahre lang Pastor der Bethlehem Baptist Church in Minneapolis (USA) und ist Autor von über fünfzig Büchern.

Teil 1 - Eine Definition und eine Schwierigkeit
Teil 2 - Das Endziel von Gottes Vorsehung
1. Das große Ziel von Gottes Vorsehung vor der Schöpfung und bei der Schöpfung
2. Das große Ziel von Gottes Vorsehung in der Geschichte Israels
3. Das große Endziel von Gottes Vorsehung im Plan und in der Einsetzung des Neuen Bundes
Teil 3 - Wesen und Ausmaß der Vorsehung
1. Die Bühne vorbereiten
2. Gottes Vorsehung über die Natur
3. Gottes Vorsehung über den Satan und die Dämonen
4. Gottes Vorsehung über Könige und Nationen
5. Gottes Vorsehung über Leben und Tod
6. Gottes Vorsehung über die Sünde
7. Gottes Vorsehung über unsere Bekehrung
8. Gottes Vorsehung über unser Christenleben
9. Das Endziel der Vorsehung

Einleitung
Vier Einladungen


Gott hat uns das Ziel, das Wesen und das Ausmaß seiner Vorsehung geoffenbart. Er hat sich nicht in Schweigen gehüllt, sondern hat uns diese Dinge in der Bibel gezeigt. Das ist einer der Gründe, warum der Apostel Paulus sagen kann: »Alle Schrift […] ist nützlich« (2Tim 3,16). Der Nutzen liegt dabei nicht in erster Linie in der Bestätigung einer theologischen Position, sondern in der Offenbarung eines großen Gottes, im Lob seiner unerschütterlichen Gnade und in der Befreiung seines unwürdigen Volkes. Gott hat seine zielgerichtete Souveränität über Gut und Böse geoffenbart, um den menschlichen Stolz zu demütigen, unsere Anbetung zu vertiefen, unsere Hoffnungslosigkeit zu zerschlagen und dem ramponierten Schiff unseres Glaubens Stabilität zu verleihen. Er hat diese zielgerichtete Souveränität offenbart, um unserem Mut den Rücken zu stärken, uns Freude inmitten von Leid zu geben und Herzen, die nicht mehr weiterwissen, mit Liebe zu füllen.

Was wir in der Bibel finden, ist echt und ungeschönt. Die Verkündigung und das Lob von Gottes allumfassender Vorsehung wird dort geschmiedet in den Flammen von Hass und Liebe, Betrug und Wahrheit, Mord und Barmherzigkeit, Massakern und Sanftmut, Fluch und Segen, Mysterium und Offenbarung und schlussendlich durch Kreuz und Auferstehung. Ich hoffe, dass meine Darstellung der Vorsehung Gottes das Aroma dieser ebenso schockierenden wie hoffnungsvollen Realität entfalten wird.

In dieser Einleitung möchte ich vier Einladungen aussprechen.

SPERRIGE WUNDER


Als Erstes möchte ich Sie in eine biblische Welt der seltsamen Wunder einladen. Ich werde zu zeigen versuchen, dass diese Wunder nicht unlogisch oder widersprüchlich sind, sondern nur anders als unsere übliche Art, die Welt zu sehen – so anders, dass unsere erste Reaktion oft lautet: »Das gibt’s doch nicht!« Doch dieses »Gibt’s nicht« ist in unseren Köpfen, nicht in der Realität. »Wie unergründlich sind seine Gerichte, und wie unausforschlich seine Wege!« (Röm 11,33).

Da geschieht es, dass Gott in seinem gerechten Gericht einen grausamen Hirten für sein Volk schickt, den er anschließend bestraft:

16 Denn siehe, ich lasse einen Hirten im Land aufkommen,
der das Vermisste nicht sucht, das Zerstreute nicht sammelt,
das Verwundete nicht heilt, das Gesunde nicht versorgt,
sondern das Gemästete frisst und ihre Klauen zerreißt.

17 Wehe dem nichtsnutzigen Hirten,
der die Herde verlässt!
Ein Schwert komme über seinen Arm
und über sein rechtes Auge!
Sein Arm soll gänzlich verdorren und
sein rechtes Auge völlig erlöschen!
(Sach 11,16-17)

Das befremdet uns. So haben wir uns Gottes Handeln nicht vorgestellt. Er erweckt einen brutalen Hirten für sein Volk – ist Gott hier nicht in etwas Böses, ja Sündiges verwickelt? Und dann bestraft er diesen Hirten für seine Nichtsnutzigkeit – wie passt das zusammen? Er hatte es doch so angeordnet, und jetzt verurteilt er – launenhaft, willkürlich?

Es gibt viele ähnliche Szenen in der Bibel, und ich werde zeigen, dass Gott dort keineswegs sündig oder launenhaft ist. Wenn wir eher dazu neigen, kritisch zu sein, statt uns verändern zu lassen, dann sollten wir nun die Hand auf den Mund legen und zuhören. Wir sind sündig und endlich; Gott ist unendlich und heilig.

8 Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken,
und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der HERR,

9 sondern so hoch der Himmel über der Erde ist,
so viel höher sind meine Wege als eure Wege
und meine Gedanken als eure Gedanken.
(Jes 55,8–9)

Ich lade Sie ein in eine Welt der sperrigen Wunder. Ich hoffe, Sie widerstehen der Versuchung, die Bibel in den Rahmen dessen hineinzupressen, was Sie schon wissen, und erlauben stattdessen dem Wort Gottes, Ihrem Denken neue Dimensionen zu eröffnen. Wenn Paulus uns auffordert: »Lasst euch in eurem Wesen verwandeln durch die Erneuerung eures Sinnes« (Röm 12,2), denkt er unter anderem an das Aufgeben unseres natürlichen Widerstandes gegen das Merkwürdige an Gottes Wegen. Unmittelbar vor dieser Aufforderung schreibt er:

33 O welche Tiefe des Reichtums,
sowohl der Weisheit als auch der Erkenntnis Gottes!
Wie unergründlich sind seine Gerichte,
und wie unausforschlich seine Wege!

34 Denn wer hat den Sinn des Herrn erkannt,
oder wer ist sein Ratgeber gewesen?

35 Oder wer hat ihm etwas zuvor gegeben,
dass es ihm wieder vergolten werde?

36 Denn von ihm und durch ihn und für ihn sind alle Dinge;
ihm sei die Ehre in Ewigkeit! Amen.
(Röm 11,33–36)

Meine Einladung in die biblische Welt der sperrigen Wunder ist letztlich eine Einladung zur Anbetung. Gott ist so viel größer und fremder und herrlicher und schrecklicher und liebevoller, als wir es uns vorstellen können. Das Eintauchen in den Ozean seiner Vorsehung soll uns helfen, ihn so zu erkennen und zu fürchten, ihm so zu vertrauen und ihn so zu lieben, wie wir es tun sollten.

DIE REALITÄT HINTER DEN WORTEN


Zweitens möchte ich Sie einladen, die Realität hinter den biblischen Worten zu entdecken. Das Wort Vorsehung findet sich in der Bibel (je nach Übersetzung) selten bis nie – aber auch Begriffe wie Dreieinigkeit, Jüngerschaft, Evangelisation, Auslegung, Seelsorge, Ethik, Politik oder Charismatiker sucht man vergeblich. Wer die Bibel liebt und glaubt, dass sie Gottes Wort ist, möchte erfahren, was die Bibel lehrt, und nicht nur, was sie sagt. Er will die Realität kennenlernen, um die es geht, und nicht nur die Worte auf den Buchseiten.

Die Bibel macht selbst deutlich, dass es nicht genügt, nur ihre Worte nachzusprechen. Das Neue Testament verlangt, dass alle Gemeinden Lehrer haben. Alle Gemeinden brauchen Älteste (Tit 1,5) und diese müssen fähig sein zu lehren (1Tim 3,2). Der Lehrer hat die Bibel nicht nur vorzulesen, sondern auch zu erklären, und »erklären« bedeutet, dass ich andere Worte zu Hilfe nehme als die im Text. Im Laufe der Kirchengeschichte haben Häretiker immer wieder darauf bestanden, ihre Irrlehre allein mit wörtlichen Bibelzitaten zu begründen. Ein Paradebeispiel dafür waren im 4. Jahrhundert die Arianer, die die Gottheit Jesu leugneten und zur Begründung gerne Bibelzitate heranzogen.1

R. P. C. Hanson kommentiert: »Langsam, aber sicher kamen die Theologen der alten Kirche zu der Erkenntnis, dass sich die tiefsten Fragen des christlichen Glaubens nicht allein mit biblischen Begrifflichkeiten beantworten lassen, weil es in diesen Fragen um die Bedeutung der biblischen Begriffe geht.« 2

Je länger ich die Bibel studiert und dann versucht habe, sie zu predigen und zu lehren, desto klarer ist mir die Notwendigkeit geworden, Prediger wie auch Laien zu ermutigen, durch die Worte der Bibel zur biblischen Realität vorzudringen. Wie leicht bilden wir uns ein, wir hätten Gemeinschaft mit Gott gehabt, wenn sich unser Verstand und unser Herz in Wirklichkeit mit Wortdefinitionen, grammatischen Beziehungen, historischen Illustrationen und ein paar praktischen Anwendungen begnügt haben. Wo man so vorgeht, kann selbst der biblische Text zu einem Konkurrenten des von Paulus so genannten »geistlichen Verständnisses« (συνέσει πνευματικῇ, Kol 1,9; Elbf.) werden.

Ich benutze das Wort Vorsehung als Bezeichnung einer biblischen Realität. Diese Realität wird nicht durch ein bestimmtes biblisches Wort abgedeckt, sondern ergibt sich aus der Art, wie Gott sich durch zahlreiche Texte und Geschichten in der Bibel geoffenbart hat – so ähnlich, wie viele verschiedene Fäden zu einem schönen Wandteppich zusammengeknüpft werden, der mehr ist als der einzelne Faden. Wir benutzen ein Wort, das sich im Prinzip nicht in der Bibel findet, um diese große Wahrheit der Bibel auszudrücken.

Dieses Vorgehen birgt natürlich Gefahren – wie es andererseits auch gefährlich ist, biblische Worte zu benutzen und den Schein der Bibeltreue zu erwecken, während man in Wirklichkeit die Bibel verdreht (vgl. 2Petr 3,16). Eine dieser Gefahren möchte ich hier besonders erwähnen.

Da das Wort Vorsehung nicht an konkreten Bibeltexten festzumachen ist, besitzen wir keine biblische Definition seiner Bedeutung. Wir können nicht sagen: »Die Bibel definiert Vorsehung folgendermaßen: [...] « Wir könnten dies nur dann sagen, wenn die Bibel das Wort Vorsehung klar benutzen würde. Wenn wir fragen, was ein bestimmtes Wort bedeutet, muss es jemanden geben, der diese Bedeutung festlegt. Sonst stochern wir im Nebel herum. Und wenn diese Festlegung nicht durch einen (oder mehrere) der biblischen Autoren erfolgt, muss ich, wenn ich das Wort Vorsehung benutze, selbst seine Bedeutung festlegen. Das tue ich in Kapitel 1 dieses Buches. Ich gehe dabei nicht willkürlich vor, sondern versuche, in der Nähe dessen zu bleiben, was andere im Laufe der Kirchengeschichte mit dem Wort gemeint haben. Aber ich lege die Bedeutung fest.

Daraus folgt: Das Thema dieses Buches ist nicht die Bedeutung des Wortes Vorsehung, sondern vielmehr die Frage: Ist die Realität, die ich in der Bibel entdecke und »Vorsehung« nenne, wirklich da? Es bringt nichts, darüber zu streiten, ob Vorsehung die beste Bezeichnung für diese Realität...

Erscheint lt. Verlag 6.5.2022
Verlagsort Bad Oeynhausen
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Religion / Theologie Christentum
Schlagworte Evangelium21 • Gott • Piper • Souveränität • Verbum • Vertrauen • Vorsehung
ISBN-10 3-98665-005-9 / 3986650059
ISBN-13 978-3-98665-005-6 / 9783986650056
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