Originell und kreativ (eBook)

Vom göttlichen Funken bis zur künstlichen Intelligenz

Lothar Laux (Herausgeber)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
320 Seiten
Hogrefe AG (Verlag)
978-3-456-76111-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Originell und kreativ -
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Was macht die Einzigartigkeit kreativer Lösungen aus? Ist Originalität das Hauptmerkmal von kreativen Produkten und Personen? Kann Kreativität durch Training und Techniken gefördert werden? Lothar Laux und sein Team beantworten diese und weitere Fragen auf anschauliche und abwechslungsreiche Weise. Mit vielen Beispielen und Abbildungen bringen sie ihre Faszination für originelle Ideen kreativer Persönlichkeiten zum Ausdruck. Sie laden die Leserinnen und Leser zudem ein, ihre eigenen kreativen Möglichkeiten für sich zu entdecken. Die Beispiele stammen aus Anwendungsbereichen wie Architektur, Theater, Fernsehen, Film, Literatur, Kunst, Medien und Produktentwicklung. Die Spannweite der Einzelthemen reicht vom antiken göttlichen Funken bis zur aktuellen Frage, ob die mithilfe von Künstlicher Intelligenz geschaffenen Werke wirklich die Qualität menschlicher Kreativität erreichen. Zwischen diesen beiden Polen liefert das Buch Ideen und Material zu folgenden Aspekten der Kreativitätsforschung: •Kreativität: Modebegriff zwischen Euphorie und Skepsis •Originalität: qualitative Kernkompetenz der Kreativität •Bisoziation: das Grundprinzip von Humor, Kunst und Wissenschaft •Originalitäts-Plus-Modell: Powertechniken •Think inside the box: das neue überlegene Paradigma? •Entdeckerqualitäten: vom Hinterfragen bis zum Verknüpfen •Grüne Wiesen im grauen Alltag: individuelle Kreativitätsförderung •Hochkreative Personen unter der Lupe: auf drei Ebenen und acht Stufen •Weibliche Kreativität: lange Zeit verkannt, jetzt neu entdeckt •Postdramatisches Regietheater: Zerschlagen von Klassikern Als roter Faden zieht sich das Schlüsselkonzept Transformation - auf dem die Originalität basiert - durch alle Kapitel. Mit dem Buch lässt sich der Zauber von Transformationen entdecken: Fixierte Bedeutungen werden aufgelöst, Ideen und Dinge schöpferisch umgewandelt.

|11|Auftakt


Lothar Laux

Kreativität als Faszination


„Die Freude im Moment des kreativen Einfalls ist ein märchenhaftes, paradiesisches Gefühl, das Lebensintensität in höchstem Ausmaß schenkt. Ein Gefühl, in dem unser Denken, Fühlen und Wollen zu einer Einheit verschmilzt, wie es uns sonst kaum gegeben ist und sich auch nur sehr selten einstellt.“ Das ist das Resümee des Kreativitätsforschers Norbert Groeben auf den letzten Seiten seines Sachbuchs über Kreativität (2013, S. 246). Mit allen denkbaren Anstrengungen und einem Maximum der uns möglichen Beharrlichkeit, so fährt er fort, würden wir versuchen, dieses Gefühl, das eine solch intensive, fast mystische Faszination auslöst, immer wieder zu erleben. Die Aussage von Groeben gilt für die kulturell bedeutsame „große“ Kreativität ebenso wie für die Alltagskreativität. In einer Untersuchung, an der 750 Personen (Studierende und Angestellte) teilnahmen, wurde „Freude am Tun“ als stärkstes Motiv für kreative Betätigung ermittelt (Benedek, Bruckdorfer & Jauk, 2020). Die Freude, wenn vielleicht auch in weniger ausgeprägter Form, entsteht nicht nur bei den kreativ Schaffenden selbst, sondern auch bei den Zuschauenden, die sich von der brillanten Idee oder dem originellen Produkt überraschen und erfreuen, oft auch stimulieren lassen. Mit diesem Buch möchten wir Ihnen solche Ideen oder Produkte zusammen mit dem wissenschaftlichen Hintergrund nahebringen. Damit Sie einen ersten Eindruck bekommen, mit wem Sie es tun haben, möchte ich (Lothar Laux) als Herausgeber Ihnen unser Team ganz kurz vorstellen.

Autorinnen sind Lisa Gäbelein, Nora-Corina Jacob und Anja S. Postler (geb. Meier). Alle drei studierten Psychologie an der Universität Bamberg und schrieben während des Studiums ihre Qualifikationsarbeiten zum Thema Kreativität, die ich betreut habe. Nora und Anja haben sich außerdem diesem Thema in ihren Dissertationen gewidmet. Meinen Sohn Lucas Laux habe ich bei der Vorbereitung des Kapitels über „Künstliche Intelligenz“ gebeten, als Autor mitzuwirken. Als Medienwissenschaftler betreut er den „KI-Campus“, eine Lernplattform für Künstliche Intelligenz. Ausführlichere biographische Angaben für alle Teammitglieder insbesondere zu ihren beruflichen Erfahrungen im Bereich von Kreativität finden Sie im Anhang.

Wir möchten Ihnen als Einstieg und Illustration ein paar Beispiele für brillante Ideen skizzieren. Gestützt auf ähnliche Beispiele wollen wir in den verschiedenen Buchkapiteln einen Blick hinter die Kulissen der zugrundeliegenden kreativen Strukturen und Prozesse werfen:

Von Anne Klinge stammt das Fußtheater (Abb. 0-1). Theater spielen mit den Füßen? Vom Körpertheater kommend hat Klinge (2017) ausprobiert, was sich mit den Füßen alles anstellen lässt und dabei ihre eigene Form des Fußtheaters entwickelt:

Fußtheater ist inszenierte Körperbeherrschung auf allerhöchstem Niveau. Dabei geht es nie um den Effekt verkleideter Füße. Ausgestattet mit Nasen, Mützen und Gewändern verwandeln sich die Füße unversehens zu eigenständigen Persönlichkeiten, die die Spielerin dahinter beinahe vergessen machen. In einer Mischung |12|aus Erfindungsgeist und Fantasie „erzählen“ ihre Fußhelden bekannte und unbekannte Geschichten, mit Ironie und in kluger, humorvoller Dramaturgie durchleben sie Beziehungsdramen, Märchen, sogar Opern.

Das Fußtheater konnte entstehen, weil die Künstlerin konventionelle Beschränkungen im Gebrauch der Füße überwand. Sie erkannte, dass sich die Füße für ganz neue Funktionen nutzen lassen. Wenn man zusätzlich ihre Beweglichkeit erhöht und sie anders „ausstattet“ als bisher, ergeben sich unglaubliche Ausdrucksmöglichkeiten.

Manches Grundmuster einer kreativen Idee im heutigen Theater und Film ist uralt, belustigt und fesselt uns aber noch immer, z. B. das Durchbrechen der vierten Wand. Die vierte Wand: Das ist die zum Publikum hin offene Seite einer Bühne. Es handelt sich also nur um eine imaginäre Wand. Bei einer Theateraufführung wird so getan, als ob sie vorhanden wäre. Wenn ein Schauspieler aber aus der Rolle fällt, z. B. auf Zurufe des Publikums reagiert, das eine Änderung des Stücks verlangt, durchbricht er die vierte Wand.

Das Durchbrechen der vierten Wand ist ein beliebtes Stilmittel für komische Effekte in Serien und Filmen, z. B. im Kinofilm „Die Ritter der Kokosnuß“ von Monty Python. Wir erinnern uns: König Artus zieht mit seinen edlen Rittern durch Britannien, um den heiligen Gral zu suchen. Dabei müssen sie mit vielen Gefahren fertig werden. In einer Trickfilmszene werden die (animierten) Ritter von einem (animierten) vieläugigen Monster mit riesigem Maul und messerscharfen Zähnen verfolgt. Kurz bevor sie das Monster verschlingen kann, also genau im entscheidenden Moment, erleidet der Trickfilmzeichner, der für die Zuschauer kurz eingeblendet wird, beim Zeichnen einen Herzinfarkt, wodurch die Trickfilmszene abrupt beendet wird. Die edlen Ritter sind gerettet. Eine fantastische pythoneske Szene.

Gut inszeniert funktioniert das Durchbrechen der vierten Wand auch in TV-Serien. In „Fleabag“ (2018–2019), einer britischen Dramedyserie, durchbricht die Hauptdarstellerin im Lauf jeder Folge mehrmals die vierte Wand und spricht oder sieht die Zuschauer direkt an – selbst in intimen Szenen. Als ihr Freund nach einem Streit frustriert aus der Wohnung auszieht und dramatisch ankündigt, es sei für immer, teilt sie dem Publikum mit einem Seitenblick vertraulich mit: „He’ll be back.“

Die bisherigen Beispiele stammen aus Film und Theater, also aus Bereichen mit einem großen Gestaltungsspielraum. Hier sind die Möglichkeiten für ausgeprägt kreative Lösungen besonders günstig. Faszinierende Ideen und Produkte finden wir aber auch im biologischen oder ökonomischen, besser gesagt im bioökonomischen Bereich (siehe auch Abb. 0-2):

Wenn Vera Meyer Antworten auf drängende Zukunftsfragen sucht, zieht es sie in Brandenburgs Wälder. An Birken oder Buchen finden die Berliner Biotechnologin und ihr Team Pilze wie den Zunderschwamm, der nun in einem Labor an der Technischen Universität kleine Wunder vollbringt: Auf Hanf-, Pappel- oder Rapsresten gezüchtet verwandeln sich winzige Pilzfäden innerhalb von rund zwei Wochen in Baumaterial, einen Lampenschirm oder einen Fahrradhelm – ganz natürlich. […]

Auch Studenten ganz unterschiedlicher Fachrichtungen sprängen auf die Idee an. „Mind the Fungi!“ (Beachtet Pilze!) hat Meyer ihre Forschungswerkstatt genannt, |13|bei der auch interessierte Bürger und Künstler mitmachen können. Mit Blick auf künftiges „Pilzdesign“ holte sie eine Berliner Kunsthochschule mit ins Boot. „Schwarmintelligenz ist bei uns gefragt.“ Die Forscherin kommt ursprünglich aus der biotechnologischen Grundlagenforschung. Heute erschafft sie filigrane Skulpturen aus Pilzen und stellt sie aus. Für Meyer gibt es keine harten Grenzen zwischen Wissenschaft und Kunst. (von Leszczynski, 2020, o. S.)

Bestechend an den Vorschlägen von Vera Meyer ist nicht nur die Kernidee, die Züchtung von Pilzen auf Bäumen, sondern die Verknüpfung mit vielen Ideenimpulsen und Perspektiven aus diversen Bereichen, wie z. B. Architektur, Materialwissenschaft und bildender Kunst. An ihrem Ideenkomplex fällt auch der positive Wertebezug besonders auf, der sich in der Zielsetzung von Ressourcenschonung und Nutzung nachwachsender Rohstoffe zeigt. Wertschätzung in pointierter Form drückt sich ebenfalls im nächsten Beispiel aus:

Nicolas Chabanne, Retter der krummen Früchte, verkauft in Paris Obst und Gemüse zu einem Sonderpreis, da es sonst in den Müll wandern würde:

Besonders rührend sind die beiden Teile einer verwachsenen Karotte, die aussehen wie ein Menschenpaar, das sich umschlingt. Hübsch erscheinen auch jene Kartoffeln mit Herzform oder die Aubergine, von deren runden Bauch zwei Auswüchse wie Arme abstehen. Doch solche Spielereien der Natur sind zwar amüsant – aber selten verkäuflich. Zumindest ...

Erscheint lt. Verlag 11.4.2022
Zusatzinfo 96 Abbildungen
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Psychologie
Schlagworte exzentrisch • Kreativitätsforschung • Künstliche Intelligenz • Originaltät • Think inside the box
ISBN-10 3-456-76111-2 / 3456761112
ISBN-13 978-3-456-76111-4 / 9783456761114
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