Und plötzlich aus der Spur ... -  Angela Luppen,  Harlich H. Stavemann

Und plötzlich aus der Spur ... (eBook)

Leben nach Schlaganfall, Schädel-Hirn-Trauma und anderen neurologischen Erkrankungen. Ein Ratgeber für Betroffene und Angehörige
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2022 | 2. Auflage
195 Seiten
Beltz (Verlag)
978-3-621-28922-1 (ISBN)
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Für Patienten mit »erworbenen« hirnorganischen Erkrankungen ist das Leben nicht mehr so, wie es vor ihrer Erkrankung war. Sie erleben starke Beeinträchtigungen im täglichen Leben und Handeln, z.B. in den Bereichen Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Sprache oder Motorik. Häufig fällt es ihnen sehr schwer, diese Beeinträchtigungen zu akzeptieren und mit ihnen umzugehen. Menschen, die mit gesundheitlichen Einschränkungen infolge einer hirnorganischen oder neurologischen Erkrankung zu kämpfen haben, fühlen sich oftmals aus der Bahn geworfen. Ein solcher Schicksalsschlag bringt massive Veränderungen mit sich und stellt enorme Anforderungen an Betroffene und deren Angehörige. Vielen fällt es schwer, die neue Situation zu akzeptieren und wieder in ihren Alltag zurückzufinden. Der Ratgeber unterstützt Betroffene und Angehörige bei der Rückkehr in ein neues, verändertes Leben. Anhand von anschaulichen Beispielen werden Stolperfallen der Krankheitsbewältigung aufgezeigt und entschärft. Erkenntnisse und Übungen aus der Kognitiven Verhaltenstherapie helfen beim Umgang mit belastenden Gefühlen wie Frustration oder einem geringen Selbstwert. Für Betroffene und Angehörige, die unter den Folgen einer dieser Erkrankungen leiden: - Schlaganfall - Schädel-Hirn-Trauma - Hirntumor - Multiple Sklerose - Entzündung des Gehirns - Parkinson Finden Sie mit dem therapeutischen Begleitbuch von Angela Luppen und Harlich H. Stavemann zurück in die Spur. Aus dem Inhalt: 1 Was ist bloß passiert? • 2 Bleibt das jetzt so? • 3 Akzeptieren, nicht resignieren • 4 Wo ist mein altes Ich? • 5 Ängstlich, ärgerlich oder verzweifelt? • 6 Leiste ich nicht (mehr) genug für die Gesellschaft? • 7 Ich bin nicht mehr wie früher - und nun? Alte Lebensziele an die neue Situation anpassen • 8 Schuldgedanken oder -vorwürfe? • 9 Hilfe - mein*e Partner*in ist nicht mehr die-/derselbe! Unterstützung für Angehörige • 10 Umgang mit Fachchinesisch: medizinische und psychologische Fachbegriffe verständlich gemacht • 11 Hier finden Sie Hilfe

Dipl.-Psych. Angela Luppen, Psychologische Psychotherapeutin in eigener Praxis in Bad Oeynhausen.

1Was ist bloß passiert?


Alle neurologischen Erkrankungen, mit denen wir uns in diesem Buch beschäftigen, haben eines gemeinsam: Sie betreffen in mehr oder weniger intensivem Ausmaß die Funktionsfähigkeit des Gehirns. Schauen wir zunächst, was das bedeuten kann.

1.1 Das Gehirn


Das Gehirn ist die Kommandozentrale des Körpers, hier kommen alle Informationen an, die über die verschiedenen Sinnesorgane aus der Umwelt oder aus dem eigenen Körper aufgenommen werden. Hier werden sie weiterverarbeitet und führen zu entsprechenden Reaktionen, wie zum Beispiel zur Flucht vor einer Gefahr oder zum Lachen über einen Witz.

Das Gehirn ist unter anderem zuständig für unser Denken, unser Gefühlsleben und für unser Verhalten. Ein Großteil der Hirntätigkeit bezieht sich auch auf Vorgänge, die unbewusst ablaufen, wie zum Beispiel das Regulieren unseres Stoffwechsels und der Herzschlagfrequenz.

Um diese vielfältigen Aufgaben zu bewältigen, ist das Gehirn mit seinen 100 Milliarden Nervenzellen darauf angewiesen, jederzeit mit ausreichend Sauerstoff versorgt zu werden. Hierfür sind eine permanente Sauerstoffzufuhr durch die Atmung und ein funktionierender Kreislauf, also ein reibungsloser Transport des Sauerstoffs zum Gehirn über das Blut, notwendig.

Bei einem Kreislaufstillstand, der zum Beispiel bei einem schweren Herzinfarkt vorkommen kann, wird kein Sauerstoff über das Blut zum Gehirn transportiert. Schon nach wenigen Minuten kommt es dann zu einem Sauerstoffmangel und in der Folge zum Absterben von Gehirnzellen. Je mehr Gehirnzellen dabei absterben, umso größer sind die Konsequenzen in Form von Ausfallerscheinungen. Diese können sich zum Beispiel in Gedächtnis-, Sprach- oder Bewegungsstörungen zeigen oder auch in Wesensveränderungen.

Mögliche Beeinträchtigungen bei Hirnschädigungen

Bei jeder Erkrankung oder Verletzung des Gehirns kann es zu typischen Beeinträchtigungen kommen:

  • Halbseitenlähmung des Arms, des Beins (→ Hemiparese) oder des Gesichts (→ Facialisparese)

  • Störungen der Bewegungsabläufe (→ Apraxie)

  • Empfindungsstörungen (z. B. Kribbeln in klar umgrenzten Körperpartien → Sensibilitätsstörung)

  • Sprach- und Sprechstörungen (→ Aphasie, → Dysarthrie)

  • Schluckstörungen (→ Dysphagie)

  • Dreh- oder Schwank-Schwindel, verbunden mit Übelkeit und Erbrechen

  • Sehstörungen (z. B. Doppelbilder oder Gesichtsfeldeinschränkungen, → Diplopie, → Hemi- und Quadrantenanopsie)

  • Einschränkungen der geistigen Leistungsfähigkeit in den Bereichen Aufmerksamkeit, Lernen und Gedächtnis, Wahrnehmung/räumliche Leistungen, Denken, Planen und Handeln

  • psychische Veränderungen (z. B. → Depressionen)

1.2 Häufige Erkrankungen des Gehirns


Nachfolgend betrachten wir die häufigsten Schädigungen des Gehirns, die zu neurologischen Störungen führen und die oben aufgeführten Konsequenzen nach sich ziehen können.

1.2.1 Schlaganfall


Beim Schlaganfall führen plötzlich auftretende Durchblutungsstörungen im Gehirn zu einem Sauerstoffmangel in den Nervenzellen. Es gibt verschiedene Formen von Schlaganfällen.

Hirninfarkt. Am häufigsten, in ca. 85 Prozent der Fälle, sind es Hirninfarkte, bei denen die Adern, die das mit Sauerstoff angereicherte Blut transportieren, verengt sind oder sich ganz verschließen. So kann das Blut nicht mehr zu bestimmten Hirnregionen gelangen. Die Nervenzellen dieser Hirnregion werden nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt, können deshalb nicht mehr reibungslos funktionieren und beginnen abzusterben. Abhängig davon, welche Hirnregion nicht versorgt wird, führt dies zu ganz typischen Ausfallerscheinungen (s. Übersicht S. 12).

Hirnblutung. Seltener kommt es zu Hirnblutungen, weil ein Blutgefäß im Gehirn einreißt oder platzt und Blut ins umliegende Hirngewebe sickert. Dadurch erhöht sich einerseits der Druck im Schädel und andererseits werden bestimmte Hirnregionen nicht mehr richtig mit Blut versorgt, weil die geplatzte Ader nicht mehr ihre ursprüngliche Aufgabe erfüllen kann. Auch hier können in den betroffenen Hirnregionen Nervenzellen ihre Funktion nicht mehr reibungslos erfüllen und beginnen, wegen mangelnder Sauerstoffversorgung abzusterben.

Fazit • Schlaganfälle sind Notfälle!

Um die Chance auf eine komplette Genesung zu erhöhen und den im Gehirn verursachten Schaden möglichst gering zu halten, sollten die medizinische Untersuchung und Behandlung der Betroffenen zügig beginnen.

Vorgehen bei Schlaganfällen

In manchen Krankenhäusern gibt es Stationen, die auf das Behandeln von Schlaganfällen spezialisiert sind (→ Stroke-Unit). Zunächst geht es darum, die Atmung und damit einen ausreichenden Sauerstoffgehalt im Blut zu gewährleisten. Der direkte Nachweis des Schlaganfalls erfolgt über eine → Computertomographie (CT) oder Kernspintomographie (→ Magnetresonanztomographie [MRT]) des Kopfes.

Bildhafter Nachweis von Schlaganfällen

→ Computertomographie (CT). Eine Computertomographie liefert Schichtaufnahmen des Kopfes, die mithilfe von Röntgenstrahlen und eines Computertomographen erstellt werden. Ein Computertomograph ist ein röhrenförmiges Gerät, in das Betroffene auf einer speziellen Liege hineingeschoben werden. Die einzelnen Aufnahmen gibt das Gerät an einen Computer weiter, der sie auswertet und als Bild anzeigt. Um die Organe und Blutgefäße besser darzustellen, kann ein Kontrastmittel gespritzt werden.

→ Magnetresonanztomographie (MRT). Die Magnetresonanztomographie kommt ohne Röntgenstrahlen aus. Auch mit der MRT kann man Schnittbilder des menschlichen Körpers erzeugen. Betroffene werden auf einer Liege in eine Röhre geschoben, die von einem starken Magnetfeld umschlossen wird. Die physikalischen Grundlagen dieses Verfahrens sind für Laien sehr kompliziert und werden daher an dieser Stelle nicht erläutert. Auch bei dieser Untersuchungsmethode wird häufig ein Kontrastmittel gespritzt. Es gelangt über das Blut in den ganzen Körper. In den Schichtaufnahmen ist es wegen seiner helleren Farbe gut zu erkennen. So ist es möglich, Blutgefäße vom umliegenden Gewebe abzugrenzen. Das Kontrastmittel sammelt sich oft vermehrt in Tumoren. Diese kann man auf den Aufnahmen dann gut erkennen. Häufig eingesetzt wird die MRT beim Verdacht auf Entzündungen, Geschwulste oder Verletzungen am Gewebe.

Behandeln des Schlaganfalls

Auf den durch diese Untersuchungsmethoden erstellten Bildern des Gehirns kann man genau sehen, wo der Schlaganfall passiert und wie groß das geschädigte Gebiet ist. Sollte eine Ader teilweise oder ganz durch ein Blutgerinnsel verstopft sein, kann dieses möglicherweise durch ein Medikament, das in den Blutkreislauf gespritzt wird, aufgelöst werden (→ Lysetherapie). Wenn sich das Blutgerinnsel in einem der großen Hirngefäße befindet, kommt auch eine Operation zur Entfernung des Blutgerinnsels in Frage (→ Thrombektomie). Beide Therapien sind nur innerhalb der ersten Stunden nach dem Hirninfarkt möglich und nur durch Fachleute durchführbar. ...

Erscheint lt. Verlag 19.1.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften
ISBN-10 3-621-28922-4 / 3621289224
ISBN-13 978-3-621-28922-1 / 9783621289221
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