Parlez-vous español, please? -  Françoise Hauser

Parlez-vous español, please? (eBook)

Die Wunderwelt der Sprachen
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
320 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-60077-4 (ISBN)
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Rund 6000 verschiedene Sprachen gibt es auf der Welt. Doch was eint und unterscheidet sie? Wieso ist es ein Unterschied, ob man die Welt auf Französisch oder Chinesisch beschreibt, ob man auf Finnisch oder Arabisch denkt? Und wieso ist es bisher keiner Kunstsprache gelungen, alle Kulturen zu einen? Warum nur nutzen die Japaner bis heute ein Schriftsystem, das überhaupt nicht zur Sprachstruktur passt? Solche und viele weitere Fragen beantwortet das Buch bei einem kleinen linguistischen »Spaziergang« um die Welt - denn Sprachen sind nicht immer logisch, aber immer spannend und voller interessanter Widersprüche.

Françoise Hauser, geboren 1967, hat in Erlangen, Nanjing/China und Tainan/Taiwan Sinologie studiert. Sie arbeitet als Journalistin mit Reise- und Asien-Schwerpunkt und ist als Buchautorin sowie Trainerin für interkulturelle Themen tätig. Bei National Geographic erschien von ihr 'In 80 Fettnäpfchen um die Welt'.

Françoise Hauser beschäftigt sich seit über 30 Jahren mit Sprachen. Nach dem Studium der Sinologie, Geografie und angewandten Sprachwissenschaften in Erlangen, Nanjing und Tainan wandte sie sich dem Journalismus zu.

1. Ist das noch Dialekt oder schon Sprache?


Wie viele Sprachen gibt es auf der Welt?
Das klingt nach einer einfachen Frage,
und doch lässt sie sich kaum beantworten – denn was ist eigentlich »eine Sprache«?

Die Definition von Sprache? Da müssen die meisten Menschen nicht lange nachdenken: Wenn man sich versteht, spricht man dieselbe Sprache. Und wenn nicht – nun, dann spricht man wohl nicht dieselbe Sprache. Spätestens nach meinem Umzug ins Schwäbische musste ich diese knackige Definition leider über den Haufen werfen, denn ich verstand im Kontakt mit den meisten Handwerkern (und das ist nur ein Beispiel) bestenfalls die Hälfte. Auch nach mehreren Jahren kam es zu Unterhaltungen wie dieser:

(Ich, in Jogging-Kleidung, treffe morgens eine Bekannte vor dem Tennisplatz.)

Sie: »Hallo du, wie geht’s, geschlaafen?«

Ich: »Nein, ich bin gerade erst aufgestanden. Das ist ein Jogginganzug, kein Schlafanzug.«

Sie: »Ja, mein ich doch, geschlaafen?«

Ich: »Äh, tschüss dann!«

(Erst einen halben Kilometer weiter wurde mir klar, dass die hochdeutsche Übersetzung von »geschlaafen« »gehst du laufen?« und nicht »gehst du schlafen?« lautete …)

Und natürlich kann einem so etwas überall passieren. Für Ortsfremde unverständliche Dialekte gibt es zuhauf in Deutschland – nicht nur in Schwaben. In jedem Dorf sprechen die Menschen ein kleines bisschen anders. Würde man von Österreich aus via Deutschland gen Nordwesten wandern, käme man irgendwann an der holländischen Küste an. Unterwegs hätte man jede Menge Dialektgebiete und natürlich die Sprachgrenze vom Deutschen zum Niederländischen überquert. Doch wo? Bei Düsseldorf, wo auf dem Lande Platt gesprochen wird (wie auch in vielen Teilen der Niederlande)? Oder bei Maastricht? Obwohl man das Maastrichter Niederländisch problemlos für einen deutschen Dialekt halten könnte? Sicher ist: Das erste und das letzte Dorf dieser Wanderstrecke verstehen sich garantiert nicht mehr, auch wenn die sprachlichen Unterschiede unterwegs fließend sind. In der Sprachwissenschaft nennt man dies ein Dialektkontinuum. Solche Dialektkontinua ziehen sich in Europa beispielsweise von Österreich über Deutschland bis nach Amsterdam und von Süditalien über Frankreich bis auf die iberische Halbinsel.

Kein Wunder, dass es schwerfällt, einen Dialekt vom anderen zu trennen – oder gar Sprachen genau zu definieren. Eine genaue Angabe, wie viel Prozent des Wortschatzes sich unterscheiden müssen, wie viele unterschiedliche grammatikalische Features es geben muss, damit man von einer neuen Sprache sprechen kann, gibt es genauso wenig wie irgendeine andere klare Definition von Sprache und Dialekt. Dass wir dennoch beide Begriffe so selbstverständlich verwenden, hat viele Gründe – und die meisten davon haben mehr mit Politik als mit Sprachwissenschaft zu tun.

Dänisch oder Norwegisch oder . . . egal


Wie nahe viele Sprachen (oder ketzerisch gesagt: viele Dialekte) beieinanderliegen, zeigen beispielsweise die skandinavischen Länder. Dänisch und Norwegisch sind so eine nette Mogelpackung, die nach dem Prinzip »kauf eine, krieg zwei Sprachen« funktioniert. Manch ein Däne und Norweger würde das vehement von sich weisen. Doch ein einfacher Test zeigt, wie nah sich die beiden Sprachen sind. Werfen Sie einfach mal einen willkürlichen Blick in eine norwegische Zeitung. Hier als Beispiel einige Zeilen aus einem Artikel über eine Forscherin in der norwegischen Zeitung Aftenposten:

Hun snakket om den nye typen vaksiner hun forsket på, en som kunne få en nøkkelrolle i fremtidige pandemier. Hun nevnte svineinfluensaen fra 2009, som tok livet av rundt 30 nordmenn, og understreket: Det finnes langt verre virus vi bør forberede oss på.

Falls Sie nur Bahnhof verstanden haben, macht das gar nichts, denn es gibt ja Online-Übersetzungsmaschinen wie DeepL (www.deepl.com). Dumm ist nur: Norwegisch hat DeepL leider nicht im Programm. Aber auch das macht nichts, geben Sie einfach den norwegischen Text schnell als dänischen aus, und schon kann DeepL das. Doch warum?

Auf Deutsch liest sich der Text so: »Sie sprach über die neue Art von Impfstoff, die sie erforscht und die bei künftigen Pandemien eine Schlüsselrolle spielen könnte. Sie erwähnte die Schweinegrippe von 2009, der rund 30 Norweger zum Opfer fielen, und betonte: Es gibt weit mehr Viren, auf die wir uns vorbereiten sollten.«

Nun lassen Sie den Text einfach wieder ins (diesmal »echte«) Dänische zurückübersetzen:

Hun talte om den nye type vaccine, som hun forsker i, og som kan spille en vigtig rolle i fremtidige pandemier. Hun nævnte svineinfluenzaen i 2009, som dræbte omkring 30 nordmænd, og understregede: Der er langt flere vira, som vi bør forberede os på.

Da muss man kein Wort Dänisch oder Norwegisch können, um die Gemeinsamkeiten zu sehen! Dänen und Norweger wissen das natürlich auch, schließlich können sie sich ziemlich problemlos unterhalten. Macht man das Spiel noch einmal mit Schwedisch, fällt das Ergebnis ähnlich aus:

Hon talade om den nya typ av vaccin som hon forskar om och som kan spela en viktig roll vid framtida pandemier. Hon nämnde svininfluensan 2009, som dödade ett 30-tal norrmän, och betonade: Det finns betydligt fler virus som vi bör förbereda oss på.

Sie ahnen es fast: Dass Norwegisch, Dänisch und Schwedisch als eigene Sprachen gelten, hat eher politische als linguistische Gründe (dazu mehr in Kapitel 2).

Seit wann sprechen wir?

Der Homo habilis, der vor über zwei Millionen Jahren aus dem Australopithecus hervorging, war der Erste, der wahrscheinlich das Broca-Areal besaß, eine für die Entwicklung von Sprache wesentliche Gehirnregion. Ob er auch die anderen Voraussetzungen für Sprache erfüllte, ist aber sehr fraglich. Wahrscheinlich war der Homo erectus vor knapp zwei Millionen Jahren zumindest anatomisch fähig, artikulierte Laute zu produzieren. Irgendwann vor 100 000 bis 200 000 Jahren entwickelte dann der Homo sapiens eine Sprache, die wir auch heute noch als eine solche bezeichnen würden. Dies lässt sich aufgrund der Größe des Gehirns und der Form sowie Position der Stimmbänder vermuten und natürlich aufgrund der Artefakte, die man überall auf der Welt gefunden hat. Jemand, der Steinwerkzeuge schlägt, sich das Feuer zunutze macht und in Gemeinschaftsarbeit so diffizile Projekte wie Bootsbau meistert, musste sicherlich sprechen können. Oder? Letztlich ist und bleibt die Suche nach der frühen Sprache ein Indizienprozess.

 

Die Großen gewinnen


Aber zurück zur eigentlichen Frage: Wie also zählt man dann Sprachen? Die ehrliche Antwort lautet: gar nicht. Viele Zahlen sind eher eine Schätzung, je nachdem, wo man die Grenzen zieht. Problematisch ist auch, dass viele Sprachen nur von einigen wenigen Tausend Menschen gesprochen werden. So gibt es in Papua-Neuguinea immerhin 840 anerkannte Sprachen – bei einer Bevölkerung von neun Millionen! In Nigeria sind es immerhin 530 bei 206 Millionen Einwohnern. Hinzu kommt: Nur wenige hundert Idiome sind wirklich gut erforscht – und logisch, dass es sich dabei eher um die Großen handelt.

Bedenkt man all dies, dann ist auch die Zahl von rund 6000 bis 7000 Sprachen, die es derzeit auf der Welt geben soll, bestenfalls eine grobe Schätzung. Im Grunde ist die genaue Zahl auch gar nicht so wichtig. Interessanter ist: Rund 70 Prozent aller Menschen sprechen nämlich eine der elf Weltsprachen Englisch, Chinesisch, Russisch, Arabisch, Französisch, Hindi/Urdu, Bengali, Spanisch, Portugiesisch, Indonesisch/Malaiisch und Deutsch. Wobei man auch da schnell ins Rudern kommt: Wo ist der Unterschied zwischen Erst- und Zweitsprache? Viele Bürger Chinas, Indonesiens oder Russlands zum Beispiel sprechen ihre Nationalsprache perfekt, weil sie Unterrichtssprache ist – aber eben als Zweitsprache neben einem Dialekt oder einem lokalen Idiom? ...

Erscheint lt. Verlag 27.10.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Sprach- / Literaturwissenschaft Sprachwissenschaft
Schlagworte Alte Sprachen • Arabisch • Chinesisch • Englisch • Französisch • Italienisch • Japanisch • Koreanisch • Linguistik • neue Sprachen • Russisch • Spanisch • Sprache • Sprachen • Sprachen lernen • Sprachenlernen • sprachlerner
ISBN-10 3-492-60077-8 / 3492600778
ISBN-13 978-3-492-60077-4 / 9783492600774
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