Sozialdemokratie global (eBook)

Willy Brandt und die Sozialistische Internationale in Lateinamerika

(Autor)

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2021 | 1. Auflage
470 Seiten
Campus Verlag
978-3-593-44953-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Sozialdemokratie global -  Bernd Rother
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Nach seinem Rücktritt als Kanzler 1974 dehnte Willy Brandt seine internationalen Aktivitäten stark aus. Sein Ziel war, die Sozialdemokratie zu einer globalen Kraft zu formen. In Portugal und Spanien engagierte er sich für die jungen Demokratien, als Präsident der Sozialistischen Internationale (SI) kümmerte er sich besonders um Lateinamerika. Bernd Rothers Buch, die erste Darstellung der Beziehungen zwischen den Reformkräften Europas und Lateinamerikas während der SI-Präsidentschaft von Willy Brandt (1976-1992), beschreibt, wie die SI dort zu einem wichtigen Faktor wurde, wie beunruhigt die USA von diesem neuen Global Player waren und wie Konflikte in El Salvador oder Nicaragua auf die deutsche Innenpolitik zurückwirkten.

Bernd Rother, Dr. phil., ist Historiker. Er war 1999-2020 stellvertretender Geschäftsführer der Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung. Er hat an den meisten der zehn Bände der »Berliner Ausgabe« von Willy Brandts Reden und Schriften mitgewirkt. Er ist zudem u.a. Mitherausgeber von von »Willy Brandts Außenpolitik« (2014) und von »Willy Brandt and International Relations. Europe, the USA, and Latin America, 1974-1992« (2019).

Bernd Rother, Dr. phil., ist Historiker. Er war 1999–2020 stellvertretender Geschäftsführer der Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung. Er hat an den meisten der zehn Bände der »Berliner Ausgabe« von Willy Brandts Reden und Schriften mitgewirkt. Er ist zudem u.a. Mitherausgeber von von »Willy Brandts Außenpolitik« (2014) und von »Willy Brandt and International Relations. Europe, the USA, and Latin America, 1974–1992« (2019).

Dramatis personae


Anders als Willy Brandt, Felipe González oder Mário Soares sind eine Reihe weiterer Politiker (Frauen gehören nicht dazu), die in den Siebziger- und Achtzigerjahren eine Rolle in der Sozialistischen Internationale spielten, heute kaum noch bekannt. Manche Namen sagten auch damals einem breiten Publikum nichts, weil sie hinter den Kulissen wirkten oder nicht über ihren Kontinent hinaus ausstrahlten. Daher sollen die wichtigsten Akteure hier kurz vorgestellt werden.

Bayardo Arce (geb. 1950): Schon als Teenager schloss sich Arce dem Guerilla-Kampf von Nicaraguas Sandinisten an. Nach dem Sieg des FSLN im Juli 1979 übernahm er in der Parteiführung die Zuständigkeit für ideologische Fragen und internationale Kontakte, somit auch für die SI.

Oscar Arias (geb. 1940): Der Präsident von Costa Rica 1986–1990 und 2006–2010, Mitglied der sozialdemokratischen Partei PLN, gab die enge Anlehnung seines Vorgängers an die USA auf und erreichte mit dem Esquipulas II-Plan eine regionale Lösung für die Konflikte in Zentralamerika. Dafür erhielt er 1987 den Friedensnobelpreis.

Bernt Carlsson (1938–1988): Olof Palme empfahl 1976 Willy Brandt den Internationalen Sekretär der schwedischen Sozialdemokraten als Generalsekretär der SI. Er sollte das Sekretariat effizienter machen und den Neustart der Internationale organisatorisch umsetzen. Schnell zeigte sich, dass zwischen Brandt und Carlsson die Chemie nicht stimmte. Der Generalsekretär war dem Präsidenten politisch zu eigenständig. Unzufrieden war Brandt auch mit Carlssons administrativen Fähigkeiten. Dieser wiederum kritisierte, die SPD beanspruche zu viel Macht. Vor dem Kongress 1983 stellte Willy Brandt die SI vor die Wahl: er oder ich. Gegen erheblichen Widerstand konnte sich Brandt erst in letzter Minute durchsetzen. Im Juli 1987 wurde Bernt Carlsson UN-Hochkommissar für Namibia. Er kam 1988 beim Terroranschlag von Lockerbie ums Leben.

Hans-Eberhard Dingels (1930–2014): Dingels leitete die Internationale Abteilung der SPD von 1961 bis 1995. Zehn Jahre zuvor hatte er sich schon um die Auslandskontakte der Sozialistischen Jugend Deutschlands/Die Falken gekümmert. Ein Regierungsamt bekleidete der gebürtige Bonner nie, aber im Kreis der Internationalen Sekretäre war er, als Willy Brandt an der Spitze der SI stand, der Doyen. Kritiker warfen ihm vor, er gebärde sich, als wäre er der wirkliche Generalsekretär der Internationale. Nordafrika, der Nahe Osten und Ostasien waren die Gegenden, in denen er sich besonders gut auskannte. Lateinamerika hingegen war für ihn Neuland, und er sprach kein Spanisch.

Luis Echeverría (geb. 1922): 1970 wählten ihn die Mexikaner für sechs Jahre an die Spitze des Staates. Zuvor hatte das PRI-Mitglied das Amt des Innenministers bekleidet und 1968 die blutige Niederschlagung von Studentenunruhen am Rande der Olympischen Spiele verantwortet. Als Staatspräsident bemühte sich Echeverría um eine größere internationale Rolle Mexikos, besonders im Zusammenhang mit den Forderungen nach einer »Neuen Weltwirtschaftsordnung«.

Klaus Lindenberg (geb. 1940): Er war Willy Brandts Mann für Lateinamerika. Kennengelernt hatten sie sich, als Lindenberg Anfang 1976 im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung die Konferenz von Caracas vorbereitete, das erste große Treffen der reformistischen Linken Europas und Lateinamerikas. Brandt war von der Sachkenntnis und Organisationsgabe so angetan, dass er die FES bat, Lindenberg möge künftig den SI-Präsidenten in Fragen Lateinamerikas beraten dürfen. Der Diplom-Politologe kannte den Subkontinent seit Mitte der 1960er und verfügte über sehr gute Kontakte zu einer Vielzahl wichtiger Politiker. 1983 wechselte Lindenberg gänzlich in Brandts Stab, ab 1989 leitete er dessen Büro. Er begleitete Brandt auf allen Lateinamerika-Reisen und zu vielen Treffen der SI. Stets verfasste Lindenberg umfangreiche Berichte.

Michael Manley (1924–1997): Nach seinem Studium in London arbeitete der Sohn einer einflussreichen jamaikanischen Familie als Journalist und als Gewerkschafter. 1969 folgte er seinem Vater als Vorsitzender der People’s National Party, die bereits seit 1952 der SI angehörte. Von 1972 bis 1980 und wieder von 1989 bis 1992 regierte Michael Manley Jamaika. Im Inneren verfocht Manley anfänglich einen entschieden reformerischen Kurs. Außenpolitisch lehnte sich das Land in der ersten Amtszeit eng an Kuba an. 1977/78 hatte Jamaika den Vorsitz der Gruppe der 77 inne, eines Zusammenschlusses von Ländern der »Dritten Welt«. Von der SI erhoffte sich Manley eine abgestimmte Politik der ihr nahestehenden Regierungen der Industrieländer zugunsten der Mitglieder, die in der »Dritten Welt« regierten. Trotz vieler divergierender Ansichten wurde er von Helmut Schmidt als kompetenter Gesprächspartner geschätzt. Die schwere Wirtschaftskrise am Ende der 1970er-Jahre führte zur Abwahl seiner Regierung. In den ersten Oppositionsjahren behielt er den scharf linken Kurs bei. So weigerte er sich 1981, das Kriegsrecht in Polen zu verurteilen. Als Lehre aus den Siebzigerjahren agierte Manleys zweite Regierung deutlich gemäßigter. Wie Willy Brandt war Manley »no good with less than 20,000 people«.1

Luis Alberto Monge (1925–2016): Der PLN-Politiker war 1968 Gründungsmitglied der Heimvolkshochschule CEDAL in der Nähe der Hauptstadt San José. Sie wurde zum wichtigsten Schulungszentrum der demokratischen Linken in Lateinamerika. Zwischen 1982 und 1986 war er Präsident von Costa Rica. In dieser Zeit verschlechterten sich die Beziehungen der Regierungspartei zur SI, während Monge zugleich die Außenpolitik des Landes immer stärker an der Linie der USA ausrichtete.

Daniel Oduber (1921–1991): Präsident von Costa Rica war das PLN-Mitglied von 1974 bis 1978. Zwischen 1976 und 1992 gehörte er zu den SI-Vizepräsidenten und war in seiner Partei derjenige, der sich am stärksten für eine Mitarbeit in der Internationale aussprach, während andere auf Distanz gingen.

Héctor Oquelí (1945–1990): In London studierte das Mitglied des MNR El Salvadors Jura und Sozialwissenschaften. Von 1977 bis 1979 arbeitete er im dortigen SI-Sekretariat. Im letzten Quartal von 1979 gehörte er als Staatsminister im Außenministerium der kurzlebigen Reformregierung seines Landes an. In seiner Partei, dem MNR, kümmerte er sich um die internationalen Beziehungen. Oquelí galt als programmatischer Kopf der Partei. 1990 wurde er in Guatemala ermordet, vermutlich von Todesschwadronen aus El Salvador.

José Francisco Peña Gómez (1937–1998): Trotz einer Herkunft aus einfachsten Verhältnissen war der Generalsekretär des PRD der Dominikanischen Republik, der sozialdemokratischen Partei des Landes, umfassend gebildet und vielsprachig (bis hin zu Deutsch und Russisch). Als ihm seine Heimat zu klein für seine Ambitionen und Fähigkeiten geworden war, ergriff er die Chance, die ihm das neue Lateinamerika-Komitee der SI eröffnete: Er wurde dessen Generalsekretär und Motor. In der Internationale war er dafür gefürchtet, Interna aus Sitzungen in Radiointerviews oder auf Massenkundgebungen zu verbreiten.

Carlos Andrés Pérez (1922–2010): CAP, wie er in vielen Fällen der Kürze halber genannt wurde, war ab Anfang der 1970er-Jahre für zwei Dekaden Venezuelas einflussreichster Politiker und einer der wichtigsten Lateinamerikas. 1974–1979 und 1989–1993 regierte er sein Land. Während der ersten Amtszeit explodierten die Einnahmen aus dem Verkauf von Erdöl. Mit dem vielen Geld wollte Pérez Venezuela zu einem sozialdemokratischen Musterstaat (»Das Große Venezuela«) ausbauen. Auf lateinamerikanischer Seite war er die treibende Kraft des interkontinentalen Dialogs. Das Bündnis seiner gemäßigt linken »Acción Democrática« mit Europas Sozialdemokraten gehörte zu Pérez Versuch, Venezuela zu einem Global Player zu machen. Die Kontakte seiner Partei zur SI liefen meist über ihn.

Pierre Schori (geb. 1938): Der langjährige Mitarbeiter des Internationalen Sekretariats der schwedischen Sozialdemokraten (von 1976 bis 1982 leitete er es) und Lateinamerika-Kenner wurde 1982 Generalsekretär des schwedischen Außenministeriums. Dieses Amt behielt er bis 1991. In der SI stand er für eine enge Zusammenarbeit mit antiimperialistischen Befreiungsbewegungen.

Guillermo Ungo (1931–1991): 1969 wurde Guillermo Ungo Generalsekretär von El Salvadors sozialdemokratischer Partei, dem »Movimiento Nacional Revolucionario«. 1972 musste er aufgrund politischer Verfolgung kurzzeitig ins Exil. Im Oktober 1979 trat Ungo in eine reformorientierte Regierung ein, die aber bereits im Januar 1980 dem...

Erscheint lt. Verlag 13.10.2021
Reihe/Serie Willy Brandt – Studien und Dokumente
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Geschichte Allgemeine Geschichte Zeitgeschichte
Schlagworte Arbeiterbewegung • Caracas-Konferenz • Felipe González • Geschichte • Hans-Jürgen Wischnewski • Mário Soares • Präsident • Si • Sozialdemokratische Partei Deutschlands • Sozialistische Internationale • Sozialistischen Internationalen • SPD • Willy Brandt
ISBN-10 3-593-44953-6 / 3593449536
ISBN-13 978-3-593-44953-1 / 9783593449531
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