Die eherne Schlange -  Eberhard Cherdron,  Christel Hammer,  Bernd Höppner,  Dieter Wittmann

Die eherne Schlange (eBook)

Beiträge zu den Bildern in der Dreifaltigkeitskirche Speyer aus Kunstgeschichte, Theologie und Tiefenpsychologie
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2021 | 1. Auflage
262 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7543-6471-0 (ISBN)
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Die eherne Schlange. Beiträge zu den Bildern in der Dreifaltigkeitskirche Speyer aus Kunstgeschichte, Theologie und Tiefenpsychologie. Die hier vorliegenden Beiträge zu Bildern der Dreifaltigkeitskirche in Speyer nehmen am Beispiel der ehernen Schlange die Vielfalt der notwendigen Betrachtungen auf. Im Miteinander von Kunstgeschichte, Theologie und Tiefenpsychologie soll damit ein exemplarischer Zugang zur Bilddeutung eröffnet werden.

Eberhard Cherdron, Jahrgang 1943, früher Kirchenpräsident in der Evangelischen Kirche der Pfalz, will mit seinem Beitrag die Bilder theologiegeschichtlich in ihre Entstehungszeit einordnen und damit erklären, welche theologischen Vorstellungen für die Bildauswahl leitend waren.

Zum theologiegeschichtlichen Hintergrund der Bilder von der „ehernen Schlange“ in der Dreifaltigkeitskirche Speyer


Eberhard Cherdron

Die typologische Prägung der Emporenbilderreihen in der Dreifaltigkeitskirche ist allgemein bekannt. Dass hierzu auch die Verbindung der Geschichte von der Aufrichtung der ehernen Schlange in der Wüste mit der Kreuzigung Christi gehört, ist nicht besonders auffällig. Diese Verbindung ist durch das Jesuswort in Johannes 3,14 hergestellt und gehörte immer schon zur Passionsauslegung dazu. Johannes 3, 14 ist geradezu ein Musterbeispiel für Typologie und hat oft als Rechtfertigung für die typologische Interpretation gedient.

Bekannt ist inzwischen auch, dass die lutherische Theologie des 17. Jahrhunderts umfänglicher die typologische Argumentation aufgenommen hat. Das gilt gerade auch für die Auslegung der Passion. Die „Passio typica“ scheint ein fester Begriff geworden zu sein.90

Die Bilder in der Dreifaltigkeitskirche in Speyer

In den Emporenbilderreihen der Dreifaltigkeitskirche ist die Abbildung der ehernen Schlange direkt der Kreuzigung Jesu zugeordnet. Bei den Emporenbildern ist die Reihenfolge bestimmt durch die bibelchronologische Abfolge des Neuen Testamentes, die alttestamentlichen Motive sind immer direkt dazu gehörig in der oberen Reihe abgebildet.

Über dem Bild der ehernen Schlange ist als Bibelstelle angegeben: „Num: 21. Cap.“ Darunter befindet sich der Sinnspruch: „Ist dir in Sünden bange, schau an die ährne Schlange.“

Über dem Bild von der Kreuzigung steht als Bibelstelle: „Matth: 27. Cap.“ Der Sinnspruch lautet: „Jesus wird am holtz ein Fluch, Mensch in Ihm den Segen such.“

Bei einer ersten Betrachtung der beiden Bilder fallen die Parallelen auf: die gleiche Anordnung von Kreuz Christi und Baum, an dem die Schlange aufgehängt ist, der Zeigestab des Mose und der Speer des Hauptmanns, der in Jesu Seite sticht.91

Auf ein besonderes Detail des Bildes von der ehernen Schlange war Kai Brodersen in seiner Predigt 2012 zu den beiden Emporenbildern aufmerksam geworden.92 Er deutet die menschlichen Gestalten im Hintergrund als Tote, die aus den Gräbern auferstehen und verweist darauf, dass hier aus der Kreuzigungsgeschichte ein Detail einfach in das Bild von der ehernen Schlange aufgenommen ist.93 Ob diese Annahme richtig ist oder einfach nur die Vorlage des Bildes ungenau aufgenommen ist, müsste noch unter kunsthistorischen Gesichtspunkten geklärt werden.

Neben der Abbildung in der Emporenreihe findet sich das Bild von der ehernen Schlange auch noch in dem Deckengemälde. Das Deckengemälde stellt in seiner Mitte, ausgehend von der

Abbildung der Dreifaltigkeit als Symbol des Kirchennamens, die Jesus-Geschichte bis hin zum letzten Gericht dar.

Daneben befinden sich mit dem Bild vom Sündenfall beginnend weiter die Opferung Isaaks, Jakobs Traum und Jakobs Kampf mit dem Engel. Auf der linken Seite von hinten ist dann der brennende Dornbusch, die Bundeslade, Simson, der die Philister erschlägt und schließlich das Bild von der ehernen Schlange zu sehen. Zweifellos ist hier die bibelchronologische Abfolge zu erkennen, die allerdings mit dem Bild von der ehernen Schlange durchbrochen ist.

Auch Steffen Schramm hat dies bemerkt und in seinem neuen Werk über die Dreifaltigkeitskirche geschrieben:

„Weil die alttestamentlichen Deckenbilder Vorbilder des Glaubens zeigen, ist die eherne Schlange (R) gegenüber dem Sündenfall (J) als Bild des Unglaubens platziert und nicht am bibelchronologisch richtigen Ort zwischen Mose am brennenden Dornbusch (N) und dem Einzug ins verheißene Land (O).“94

Mit Recht weist Schramm darauf hin, dass durch die Platzierung des Bildes von der ehernen Schlange am Ende der alttestamentlichen Deckengemälde nun eine direkte Verbindung zu dem gegenüber liegenden Bild vom Sündenfall, dem Anfang der alttestamentlichen Deckengemälde, gegeben ist. Für Schramm ist eine inhaltliche Verbindung in den Stichworten Glaube und Unglaube gegeben. Die folgende Untersuchung wird zeigen, dass in der Theologiegeschichte durchaus auch andere theologische Motive die beiden Bilder verbinden. Insbesondere das Schlangenmotiv verbindet die beiden Bilder, mit allen Schwierigkeiten für die theologische Diskussion.

Jedenfalls gehört zur Deutung des Bildes von der ehernen Schlange auch das Bild vom Sündenfall dazu.

Schließlich ist auch auf das Deckengemälde von der Kreuzigung Jesu zu verweisen, das motivisch etwas anders als das Emporenbild, ebenfalls zum allgemeinen Verständnis heran gezogen werden muss.

Diese Bilder sollten in ihren Beziehungen jeweils immer vor Augen sein, um die Verschränkung in der Bilderwelt der Dreifaltigkeitskirche zu verstehen. Im Blick auf die typologische Beziehung zur Kreuzigung ist es zumindest noch wichtig zu wissen, dass häufig Isaaks Opferung typologisch auf die Kreuzigung Jesu bezogen wurde.95

Im Sinne der Verschränkung der Bildmotive ist auch auf das Emporenbilderpaar zur Geburt Jesu hinzuweisen, bei dem die alttestamentliche Darstellung die Erschaffung des Menschen (Adams und Evas) zeigt. Als Bibelstelle ist darüber vermerkt:

„Gen. 1.&2. Cap.“. Darunter steht der Sinnspruch: „Am sechsten Tag der Welt, wird Adam fürgestellt.“ Bei der Abbildung der Geburt Jesu ist etwas irrtümlich die Bibelstelle „Luc. 1. Cap.“ angegeben. Der Sinnspruch nimmt direkt Bezug auf die alttestamentliche Abbildung: „Der ander Adam ist, gebohren Jesus Christ.“

Die alttestamentliche Erschaffung des Menschen wird synoptisch in vier Szenen dargestellt. Ganz im Vordergrund rechts die Erschaffung Adams mit dem Einhauchen des lebendigen Atems (Gen. 2,7). Dann folgt, nur schwer sichtbar, im Hintergrund die Erschaffung der Tiere und ihre Namensgebung (Gen. 2,18-20). Dann ist im Vordergrund links Evas Erschaffung zu sehen. (Gen. 2, 21) Schließlich erfolgt Evas Vorstellung vor Adam durch Gott (vor dem Baum der Erkenntnis). (Gen. 2,22) Ob die Handhaltung Gottes als Hinweis auf den Baum der Erkenntnis zu sehen ist, kann bezweifelt werden. Immerhin ist es in Gen. 2 nur Adam allein, der von Gott gewarnt wird, vom Baum der Erkenntnis zu essen. (Gen. 2,1517) Eine Schlange ist auf der Darstellung nicht zu erkennen.

Es ist eher davon auszugehen, dass die Sündenfallgeschichte nur in dem Deckengemälde aufgenommen ist.

Immerhin ist das Bilderpaar zur Geburt Jesu durch die Überschriften geprägt von der „Adam-Christus-Typologie“. Dabei muss zugleich darauf hingewiesen werden, dass die „Adam-Christus-Typologie“ soteriologisch tiefer reicht, als wir das sonst von den typologischen Beziehungen kennen. Adam ist selbst Teil einer grundlegenden soteriologischen Beschreibung. Das kann hier nicht weiter ausgeführt werden.96 Wichtig mag nur der Hinweis sein, dass wir auf beiden Bildern von der Kreuzigung Jesu den Schädel Adams sehen.97 Das verknüpft auch visuell Geburt und Kreuzigung Jesu in der Dreifaltigkeitskirche über Adam miteinander.

Die Verschränkungen in der vielfältigen Bilderwelt der Dreifaltigkeitskirche sind ein Hinweis darauf, dass wir auch in der theologiegeschichtlichen Betrachtung der Geschichte von der ehernen Schlange mit einer Vielfalt von Deutungsmotiven zu rechnen haben.

Luthers Deutung der ehernen Schlange

Obwohl Martin Luther wenig von der Typologie hielt, so bleibt er natürlich in der Auslegung von Johannes 3 der typologischen Deutung verpflichtet. Bezeichnend ist, dass in seinen Passionspredigten das Bild der ehernen Schlange nicht gebraucht wird.98 Auch in dem frühen „Sermon von der Betrachtung des heiligen Leidens Christi“ von 151999 wird das Bild der ehernen Schlange nicht aufgenommen.

Allerdings findet es sich in dem ebenfalls 1519 erschienenen „Sermon von der Bereitung zum Sterben“.100 Hier wird im zehnten Abschnitt davon gesprochen, worauf ein Christ zu sehen hat, um sich zum Sterben zu bereiten. Es wird ausdrücklich davor gewarnt nur auf den Tod selbst zu sehen. Man sollte auf die sehen, die in Gottes Gnaden gestorben sind und den Tod überwunden haben, vornehmlich Christus und danach alle seine Heiligen. Dann wird der Tod nicht schrecklich und gräulich, sondern selbst überwunden sein. Je mehr dies Betrachten der Überwindung des Todes im Innern sich vollzieht, desto mehr fällt das Bild des Todes selbst ab und der Christ kann mit Christus und in Christus ruhig sterben. An dieser Stelle fügt Luther den Hinweis auf die Geschichte der ehernen Schlange ein:

„Da die kinder von Israel/ von den feurenden schlangen gepissen/ nit sich mit den selben schlangen zerren/ sondern die todte ehrne schlange musten ansehen/ da fielen die lebendingen von yhn selbs ab/ und vorgingen/ Alßo mustu dich/ mit dem todt Christi alleyn bekummern/ ßo wirstu das leben finden/ und wo du den todt anderßwo ansihest/ ßo tödt er dich mit grosser unruge und peyn.“101

Hier wird entsprechend dem Charakter des Sermons die Geschichte von der ehernen Schlange ganz seelsorgerlich interpretiert. Es bringt nichts, mit dem Tod und allem, was er sein...

Erscheint lt. Verlag 24.8.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Religion / Theologie Christentum
ISBN-10 3-7543-6471-5 / 3754364715
ISBN-13 978-3-7543-6471-0 / 9783754364710
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