Eine Einführung in die westliche Esoterik -  Ralph Netzker

Eine Einführung in die westliche Esoterik (eBook)

nach dem System von Henry T. Laurency
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
188 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7543-0985-8 (ISBN)
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Esoterik umfasst eine Unmenge von Erscheinungsformen und ganze Bibliotheken an Literatur. Man ist deshalb gut beraten, eine Einführung auf das Wesentliche zu beschränken, und einem Hauptstrom der Tradition zu folgen. Dieser Hauptstrom ist für mich die Gründung der Theosophischen Gesellschaft im Jahre 1875 und die daraus entstandene Literatur. Speziell in Deutschland ist die Anthroposophie sehr viel bekannter, aber auch sie ist eine Verzweigung dieser Strömung. Dieser Text versucht, eine Lücke zu schließen zwischen der populär-esoterischen Wellness-Literatur und den Werken der wissenschaftlichen Esoterik, die jeden normalen Menschen erst einmal hoffnungslos überfordern. Esoterik oder Metaphysik in ihrer allgemeinsten Form muss in einer nicht zu fernen Zukunft Bestandteil einer jeden vernünftigen Allgemeinbildung werden.

9. Diskarnation I

„Und so lang du das nicht hast,

dieses Stirb und Werde,

bist du nur ein trüber Gast

auf der dunklen Erde.“

Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832)

„Selige Sehnsucht“

Für Goethe-Kenner sei hier nur kurz angemerkt, dass sich sein Gedicht „Selige Sehnsucht“ nicht explizit auf die Reinkarnation bezieht – hier wäre vielmehr der „Gesang der Geister über den Wassern“ zu nennen – sondern eigentlich auf das große Thema „Evolution des Bewusstseins“. Gleichwohl wäre es eine schmerzliche Unterlassung, dieses Zitat hier nicht zu bringen ...

Auf der Grundlage dessen, was wir bereits behandelt haben, können wir nunmehr darüber sprechen, was geschieht, wenn wir einen verbrauchten oder unbrauchbar gewordenen physischen Organismus ablegen müssen oder dürfen.

Der physische Organismus ist ein temporäres Glied unserer Wesenheit, und wir bekommen ihn mit jeder Geburt neu. Dieser neue Organismus wird in Übereinstimmung mit unseren karmischen Gegebenheiten geschaffen, und wird uns durch unsere nächste Inkarnation begleiten.

Hat der Organismus das Ende seiner Nützlichkeit erreicht, verlässt ihn die Ätherhülle, ohne die er nicht funktionsfähig ist, verbleibt allerdings in seiner Nähe, und vergeht gemeinsam mit ihm. Dieser Prozess beginnt irgendwann nach dem sogenannten „Hirntod“, zieht sich jedoch über Stunden, selten Tage, hin. Während dieser Zeit ist der Organismus noch empfindungsfähig.

Jetzt beginnt für die höheren Wesensglieder des Menschen eine Art „Abenteuer-Urlaub“, dessen Abenteuer-Anteil den Eigenschaften der Emotionalsphäre geschuldet ist.

Diese Sphäre war nicht immer so abenteuerlich wie sie sich heute darstellt. Liest man in der altgriechischen Literatur Berichte über das Dasein im „Hades“, scheint das damals eher düster und trübsinnig gewesen zu sein: eine Reha-Klinik eher als ein Freizeitpark.

Das Ablegen des Organismus ist mit einer mehr oder weniger kurzen Bewusstlosigkeit verbunden, nach der das Bewusstsein in der Emotionalsphäre erwacht.

Nun darf man natürlich nicht verschweigen, dass die niederen Ebenen dieser Sphäre (48:6,7) eine Umgebung negativer Emotionen darstellen. Wer Gefühle dieser Art hegt und pflegt, wird sich hier für eine gewisse Zeit unter seinesgleichen befinden und erfahren, wie sich das anfühlt. Das ist das „Fegefeuer“ des Katholizismus.

Ebenfalls muss erwähnt werden, dass das freiwillige Ablegen des Organismus (Suizid) keine gute Idee ist, da es

  • alle Probleme die es lösen soll, in zukünftige Inkarnationen verlagert,
  • einen Aufenthalt in diesen niederen Ebenen nach sich zieht, der in etwa der Verkürzung der zugedachten Lebenszeit entspricht,
  • karmische Folgen hat, die dafür sorgen sollen, dass dieser „Ausweg“ nicht allzu oft gewählt wird.

Wie es einem Menschen in der Emotionalsphäre geht, wie er sich dort „fühlt“, liegt praktisch ausschließlich an der Qualität und damit Zusammensetzung seiner Emotionalhülle. Wer es geschafft hat, während seiner vergangenen Inkarnation vor allem positive Emotionen zu pflegen, fühlt sich automatisch zu den entsprechenden Regionen hingezogen, und kann seinen Aufenthalt als das nehmen, was er sein soll: eine angenehme Erholungspause. Die Befriedigung rein körperlicher Bedürfnisse ist mangels des entsprechenden Organismus natürlich nicht mehr möglich – dafür sind auch körperliche Schmerzen aller Art nicht mehr zu befürchten. Wer glaubt, in dieser Sphäre leiden zu müssen, leidet unter seinen eigenen Erwartungen, Vorstellungen oder Befürchtungen: Da Denken und Fühlen ja immer noch intakt sind, liegt es an ihm, seine Haltung der veränderten Situation anzupassen – sein Körper wird ihn dabei jedenfalls nicht mehr stören können ...

Eine, wie auch immer geartete, „Hölle“ gibt es nur im Bereich des Grobstofflichen (49:5–7), also der uns so bekannten Welt in der wir jetzt leben, und in den untersten Schichten des Emotionalen (48:6,7), mit denen wir aber bei entsprechender Vorbereitung (siehe oben) nicht in Berührung kommen müssen.

Diese Emotionalsphäre (vor 100 Jahren noch „Astralsphäre“ genannt – viel wohlklingender, aber eben auch vieldeutig) – weist Eigenschaften auf, die sie von unserem Lebensfeld stark unterscheidet: Diese sind bedeutungsvoll hinsichtlich unseres „nachtodlichen“ Lebens, unserer Träume, und dessen, was man als „Hellsehen“ und „Okkultismus“ bezeichnet.

In der für uns sichtbaren Welt (49:5–7) bleiben die Dinge (Bäume, Gebäude, Straßen etc.) im wesentlichen das, was sie waren und sind, sie wechseln nicht plötzlich und ohne äußere Einwirkung ihr Erscheinungsbild. In der Kognitionswissenschaft bezeichnet man das mit dem Begriff „Objektkonstanz“. In der Emotionalsphäre gibt es eine solche Objektkonstanz grundsätzlich nicht. Die Materie dieser Welt verfügt über ein sogenanntes „passives Bewusstsein“, man könnte auch sagen: Ein empfängliches Bewusstsein, das jedem aktiven Bewusstsein bedingungslos folgt – nicht durch Zwang, sondern durch reinen Automatismus.

Die „Wirklichkeit“ dieser Welt ist also keine eigenständige und autonome, sondern spiegelt jeden Impuls wieder, der sich ihr mit der nötigen Intensität darstellt. Gnostiker haben folgerichtig die Emotionalsphäre als „Spiegelsphäre“ bezeichnet, was völlig korrekt ist.

Können Sie sich vorstellen, welch eine Intensität das Gefühlsleben der gesamten Menschheit besitzt, das permanent, keineswegs nur nach dem Ableben, auf diese Sphäre einwirkt und sie formt?

Sorry, Sie können es nicht ...

Ein – willkürlich erdachtes – Beispiel: Wenn es unseren Massenmedien gelänge, ihr Publikum davon zu überzeugen, dass vor langer Zeit der Weihnachtsmann alle Osterhasen im Spätherbst an einschlägige Restaurants verkauft hätte, um mit dem Erlös seine Geschenke zu finanzieren, könnten Sie als Hellseher nach einiger Zeit bewegte Bilder dieses Verbrechens in der Emotionalsphäre verfolgen, die Sie vollkommen von der Realität des Frevels überzeugen würden. Als Normalmensch könnten Sie während Ihres Aufenthaltes in dieser Sphäre bei entsprechendem Interesse dasselbe wahrnehmen. „Fait accompli“, wie die Franzosen sagen: eine vollendete Tatsache.

Dieses Beispiel ist absichtlich verrückt und albern gewählt – aber die „Wirklichkeit“ der Emotionalsphäre ist abenteuerlicher als alles, was wir uns ausdenken können ...

Ich will noch ein ebenso erdachtes, aber weniger frivoles Beispiel für die merkwürdige „Realität“ der Emotionalsphäre bringen.

Stellen Sie sich vor, Sie seien ein Evolutionsbiologe, der Beobachtungen in der freien Natur durchführt. Sie sehen zwei Käfer, von denen Sie wissen, dass sie verwandt sind, und stellen sich vor, wie ihr gemeinsamer Vorfahr wohl einmal ausgesehen haben mag. Wenige Augenblicke später erscheint genau dieser vorgestellte Käfer in Ihrem Blickfeld, und krabbelt zwischen seinen fernen Nachkommen unbekümmert über den Waldboden.

Wenn Ihnen das einmal passiert, sind Sie bereits extrem verunsichert, wenn Ihnen das häufiger passiert, sind Sie in der Emotionalsphäre.

Die Emotionalsphäre bestätigt Ihnen alle Ihre Vorstellungen und Vorurteile. Sie hat kein Kriterium für Wahrheit, sie spiegelt alles wieder, was Sie oder die Allgemeinheit denken und fühlen.

Hellseher und Okkultisten nehmen in der Regel für bare Münze, was sie sehen und wahrnehmen, und ziehen daraus ihre Schlüsse. In der Emotionalsphäre gibt es aber keine Wahrheit und keine echte Objektivität.

Kama-Manas

Als ein Freund der Logik könnten Sie jetzt einwenden, dass das Beispiel mit den Käfern mit Emotionalität nichts zu tun hat, vielmehr naturwissenschaftlich und folglich rein mental ist. Dieser Einwand ist erst einmal berechtigt.

Die Unterscheidung zwischen Emotionalität (48:2–7) und Mentalität (47:4–7) suggeriert, dass hier eine klare Trennung zwischen den Bereichen möglich ist. Sowohl die Esoterik als Lehrgebäude als auch die tägliche Erfahrung eines jeden zeigt jedoch ganz klar, dass dem nicht so ist.

Der Mensch in seinem gegenwärtigen Entwicklungszustand denkt nicht emotionslos und fühlt kaum jemals, ohne irgendeinen Gedanken damit zu verbinden.

Man könnte sagen: Unser Denken ist häufig hoch emotionalisiert, unser Fühlen ist gewöhnlich mit bildhaften Vorstellungen verbunden.

In den Anfängen der theosophischen Bewegung (Ende des 19. Jahrhunderts) waren manche Mitglieder so überwältigt von den neu empfangenen Lehren und den daraus sich ergebenden Perspektiven, dass sich sehr schnell der ganz...

Erscheint lt. Verlag 2.6.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften
ISBN-10 3-7543-0985-4 / 3754309854
ISBN-13 978-3-7543-0985-8 / 9783754309858
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