Essenzen (eBook)

Im Gespräch mit Paul Watzlawick
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
168 Seiten
Hogrefe AG (Verlag)
978-3-456-76118-3 (ISBN)

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Essenzen -
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Ein Hoch auf Paul Watzlawick - ein Best-of zum 100-jährigen Geburtstag Die Begriffe Kommunikation, Philosophie, Psychologie und Psychotherapie sind eng mit dem Namen Paul Watzlawick verbunden. Bekannt ist Watzlawick unter anderem für seine Arbeiten zu den fünf Axiomen der Kommunikation und zur Konstruktion von Wirklichkeit. Ihm verdanken wir Erkenntnisse wie etwa die, dass wir nicht nicht kommunizieren können (z. B. 'sagen' wir sehr viel, wenn wir schweigen). Watzlawick vermittelte uns Wissen und Gedanken zum Konstruktivismus und hinterfragte, wie wirklich die Wirklichkeit sei. Eine Frage, die in Zeiten von Fake-News, Informationsblasen und dem Zeitalter des Postfaktischen relevanter ist, als je zuvor. Dies sind nur wenige Ausschnitte und beispielhafte Anwendungsbereiche seiner umfangreichen Arbeiten. Paul Watzlawick wäre am 25.Juli 2021 100 Jahre geworden. Vor dem Hintergrund dieses Jubiläums wollen wir Sie zu einem imaginären Geburtstagsdinner mit Paul Watzlawick und uns einladen. Wir werden Fragen stellen und diese mithilfe der Texte Watzlawicks für Sie beantworten. Ziel ist es, dass Sie innerhalb kurzer Zeit auf unterhaltsame Weise einen Überblick über die wichtigen Arbeiten und Thesen von Paul Watzlawick erhalten. Also stellen Sie sich etwas zu trinken bereit und machen Sie es sich bequem.

|25|Kapitel 2: Kommunikation à la Watzlawick Teil 1 – Ein Fünf-Axiome-Menü


Wie wir eben in der spannenden und bewegten Biografie von Paul Watzlawick gelesen haben, wurde er unter anderem für seine Arbeiten zur menschlichen Kommunikation bekannt. Wir wollen in diesem und im folgenden Kapitel Kommunikation aus der Perspektive von Paul Watzlawick betrachten. Es soll zunächst um eine Einführung in die fünf Kommunikationsaxiome gehen. Dies ist die Grundlage für das Verständnis des nächsten Kapitels, in dem auf Basis der Axiome Kommunikationsstörungen erklärt werden. Wir haben hierzu Fragen vorbereitet, die unser Ehrengast in seinen umfangreichen Publikationen beantwortet hat. Die Zitate aus dem umfangreichen Publikationsschatz Paul Watzlawicks erkennen Sie an der Kursivsetzung. Unsere Fragen sind nicht kursiv gestellt. Besonders wichtige Begriffe sind zur besseren Orientierung im Fettdruck dargestellt.

Astrid Schütz: Schön, dass wir uns treffen. Eine Aussage, die unsere Leser*innen sicher schon einmal gehört haben, lautet: „Man kann nicht nicht kommunizieren.“ Diese Aussage stellt das erste Axiom in Watzlawicks Kommunikationstheorie dar. In dieser Theorie wurden insgesamt fünf grundlegende Merkmale menschlicher Kommunikation, die als die fünf Axiome der Kommunikation bekannt wurden, postuliert.

Susanne Lauri: Was ist ein Axiom?

Paul Watzlawick: [Es handelt sich um provisorische] Formulierungen, die weder Anspruch auf Vollständigkeit noch auf Endgültigkeit erheben können. Ihrer theoretischen Schwäche können wir aber ihre praktische Nützlichkeit gegenüberstellen.5

|26|Jessica Röhner: Eines der Axiome ist besonders bekannt: Man kann nicht nicht kommunizieren. Was verbirgt sich hinter diesem Postulat?

Paul Watzlawick: [Dieses, das erste der fünf Axiome, betrifft] [d]ie Unmöglichkeit, nicht zu kommunizieren.6

Es muss […] daran erinnert werden, dass das „Material“ jeglicher Kommunikation keineswegs nur Worte sind, sondern auch alle paralinguistischen Phänomene (wie z. B. Tonfall, Schnelligkeit oder Langsamkeit der Sprache, Pausen, Lachen und Seufzen), Körperhaltung, Ausdrucksbewegungen (Körpersprache) usw. innerhalb eines bestimmten Kontextes umfasst – kurz, Verhalten jeder Art.7

Verhalten hat vor allem eine Eigenschaft, die so grundlegend ist, dass sie oft übersehen wird: Verhalten hat kein Gegenteil, oder um dieselbe Tatsache noch simpler auszudrücken: Man kann sich nicht nicht verhalten. Wenn man also akzeptiert, dass alles Verhalten in einer zwischenpersönlichen Situation8 Mitteilungscharakter hat, d. h. Kommunikation ist, so folgt daraus, dass man, wie immer man es auch versuchen mag, nicht nicht kommunizieren kann. Handeln oder Nichthandeln, Worte oder Schweigen haben alle Mitteilungscharakter: Sie beeinflussen andere, und diese anderen können ihrerseits nicht nicht auf diese Kommunikationen reagieren und kommunizieren damit selbst. Es muss betont werden, dass Nichtbeachtung oder Schweigen seitens des anderen dem eben Gesagten nicht widerspricht. Der Mann im überfüllten Wartesaal, der vor sich auf den Boden starrt oder mit geschlossenen Augen dasitzt, teilt den anderen mit, dass er weder sprechen noch angesprochen werden will, und gewöhnlich reagieren seine Nachbarn richtig darauf, indem sie ihn in Ruhe lassen. Dies ist nicht weniger ein Kommunikationsaustausch als ein angeregtes Gespräch.9, 10

Man kann auch nicht sagen, dass Kommunikation nur dann stattfindet, wenn sie absichtlich, bewusst und erfolgreich ist, d. h., wenn gegenseitiges Verständnis zustande kommt. Die Frage, ob eine empfangene Mitteilung der ausgesandten entspricht, gehört, so wichtig sie an sich ist, nicht hierher: Letzten Endes könnte sie ja nur auf der Grundlage spezifisch introspektiver oder subjektiver Angaben beantwortet werden[,] also einer Form von Daten, die […] in einer auf beobachtbarem Verhalten beruhenden Kommunikationstheorie unberücksichtigt gelassen werden müssen.11

Die Unmöglichkeit, nicht zu kommunizieren, ist eine Tatsache von mehr als nur theoretischem Interesse. Sie ist z. B. ein wesentlicher Teil des schizophrenen |27|Dilemmas. Wenn schizophrenes Verhalten unabhängig von ätiologischen Überlegungen beobachtet wird, so hat es den Anschein, als versuche der Patient, nicht zu kommunizieren. Da aber selbst Unsinn, Schweigen, Absonderung, Regungslosigkeit (Haltungsschweigen) oder irgendeine andere Form der Verneinung oder Vermeidung von Kommunikation selbst eine Kommunikation ist, steht der Schizophrene vor der fast unmöglichen Aufgabe, jede Mitteilung zu vermeiden und gleichzeitig zu verneinen, dass sein Verneinen selbst eine Mitteilung ist […]. Das Verständnis dieses grundsätzlichen Dilemmas ist ein Schlüssel zu so manchen Erscheinungsformen schizophrener Kommunikation, die sonst unverständlich bleiben würden. Da jede Kommunikation, wie noch gezeigt werden soll, eine Stellungnahme bedeutet und der jeweilige Sender damit seine Definition der Beziehung zwischen sich und dem Empfänger zum Ausdruck bringt, darf angenommen werden, dass der Schizophrene eben diese Stellungnahme dadurch zu vermeiden trachtet, dass er versucht, nicht zu kommunizieren.

Ob dies in einem kausalen Sinn sein Grund ist, bleibt natürlich unbeweisbar; […]

[…] Aus dem oben Gesagten ergibt sich ein metakommunikatives Axiom: Man kann nicht nicht kommunizieren. 12

Susanne Lauri: Eine kurze Frage zum Verständnis: Was verbirgt sich hinter dem Begriff Metakommunikation?

Paul Watzlawick: Wenn Mathematiker die Mathematik nicht mehr ausschließlich für Berechnungen verwenden, sondern sie selbst zum Gegenstand ihrer Forschung machen – wie sie es z. B. tun, wenn sie die Folgerichtigkeit und Geschlossenheit der Arithmetik als Denksystem überprüfen –, so müssen sie eine Sprache verwenden, die nicht mehr ein Teil der Mathematik selbst ist, sondern sozusagen über ihr steht. Nach David Hilbert [60]13 heißt diese Sprache Metamathematik.14

Wenn wir Kommunikation nicht mehr ausschließlich zur Kommunikation verwenden, sondern um über die Kommunikation selbst zu kommunizieren (wie wir es in der Kommunikationsforschung unweigerlich tun müssen), so verwenden wir Begriffe, die nicht mehr Teil der Kommunikation sind, sondern (im Sinne des griechischen Präfix meta) von ihr handeln. In Analogie zum Begriff der Metamathematik wird dies Metakommunikation genannt […].15

|28|Astrid Schütz: Neben dem ersten Axiom wurden vier weitere Axiome postuliert, die wir nacheinander besprechen wollen. Das zweite Axiom lautet: „Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt, derart, dass letzterer den ersteren bestimmt und daher eine Metakommunikation ist.“ Was bedeutet dieses Axiom für unsere Kommunikation?

Paul Watzlawick: [Das zweite Axiom betrifft] [d]ie Inhalts- und Beziehungsaspekte der Kommunikation.

Wenn man untersucht, was jede Mitteilung enthält, so erweist sich ihr Inhalt vor allem als Information. Dabei ist es gleichgültig, ob diese Information wahr oder falsch, gültig oder ungültig oder unentscheidbar ist. Gleichzeitig aber enthält jede Mitteilung einen weiteren Aspekt, der viel weniger augenfällig, doch ebenso wichtig ist – nämlich einen Hinweis darauf, wie ihr Sender sie vom Empfänger verstanden haben möchte. Sie definiert also, wie der Sender die Beziehung zwischen sich und dem Empfänger sieht, und ist in diesem Sinn seine persönliche Stellungnahme zum anderen. Wir finden somit in jeder Kommunikation einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt.

[Ein Beispiel mag] zum besseren Verständnis dieser Aspekte beitragen. In abstrakter Form [ist es] die Grundlage folgender Denkaufgabe:

Ein Mann wird von zwei Wachen in einem Raum gefangen gehalten, der zwei Ausgänge hat. Beide Türen sind geschlossen, aber nur eine ist zugesperrt. Der Gefangene weiß ferner, dass einer...

Erscheint lt. Verlag 12.7.2021
Zusatzinfo 5 Abbildungen
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Psychologie
Schlagworte Anleitung • Axiome • Denkmodelle • Konstruktivismus • Nichtkommunizieren • Unglücklichsein
ISBN-10 3-456-76118-X / 345676118X
ISBN-13 978-3-456-76118-3 / 9783456761183
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