Kirchengeschichte der frühen Neuzeit (eBook)

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2021 | 1. Auflage
160 Seiten
wbg Academic in der Verlag Herder GmbH
978-3-534-74592-0 (ISBN)
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Die Kirchengeschichte zählt zu den großen Vorlesungsstoffen, die in allen grundständigen theologischen Studiengängen sowie in vielen einschlägigen Aufbaustudiengängen zentral und prüfungsrelevant sind. Der Band schließt an Bernward Schmidts »Kirchengeschichte des Mittelalters« an und ist Teil einer vierbändigen Einführung in die Kirchengeschichte. Klaus Unterburger behandelt hier die Epoche zwischen Reformation und Französischer Revolution. Dabei kommt nicht nur Luther und die Reformation in Deutschland ausführlich zur Sprache, sondern auch die Schweizer (Zwingli und Calvin) sowie die englische Reformation. Weitere Themen sind die katholischen Reaktionen auf die Reformation (Jesuitenorden, Konzil von Trient), die Konfessionalisierung der europäischen Gesellschaften, das Christentum in Übersee (Lateinamerika und Asien), der Reformkatholizismus im Aufklärungszeitalter sowie schließlich die Französische Revolution und ihre Folgen.

Prof. Dr. Klaus Unterburger (geb. 1971) lehrt Historische Theologie/Mittlere und Neue Kirchengeschichte an der Fakultät für Katholische Theologie der Universität Regensburg.

Prof. Dr. Klaus Unterburger (geb. 1971) lehrt Historische Theologie/Mittlere und Neue Kirchengeschichte an der Fakultät für Katholische Theologie der Universität Regensburg.

Vorwort 7
I. Vom Mittelalter zur Neuzeit: ein Epochenübergang 9
1. Beginn der Neuzeit: Die Problematik von Abgrenzungen 9
2. Buchdruck, Stadtkultur und Territorialstaat 11
3. Der Beginn der europäischen Expansion 12
4. Konfessionelle Spaltung 14
II. Martin Luther und die Wittenberger Reformation 16
1. Reform der Theologie durch Paulus und Augustinus 16
2.Vom Ablassstreit zum Kirchenbann
3. Die frühe reformatorische Bewegung: Dynamik, Medien und Ziele 23
4. Stadtreformation, Fürstenstaat und Bauernkrieg 26
III. Die Reformation und das Reich 29
1. Zwischen Habsburger Universalmonarchie und deutschen Libertäten: Die Religionspolitik auf den Reichstagen bis 1530 29
2. Schmalkaldischer Bund, Religionsgespräche und Interim 1548 33
3. Der Augsburger Religionsfriede 1555 36
IV. Die Reformation in der Schweiz, die radikale Reformation und die Entwicklung in England 38
1. Die Reformation in der Schweiz 39
2. Radikale Reformation: Die Täuferbewegung und der Spiritualismus 41
3. Jean Calvin und die Reformation in Genf und Westeuropa 44
4. Die Reformation in England 46
V. Katholische Reform und Erneuerung 49
1. Ansätze und Dynamiken einer Kirchenreform 49
2. Das Ringen um ein Reformkonzil 55
3. Das Papsttum: Motor oder Bremsklotz einer Kirchenreform? 60
VI. Das Europa der Konfessionsstaaten 66
1. Bekenntnisbildung, Konfessionalisierung und das Ideal des konfessionellen Einheitsstaates 66
2. Aspekte der konfessionellen Landkarte Europas 68
3. Der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) 75
4.Orthodoxie, Volkskultur und Hexenprozesse 77
5. Handelsgeist und Effizienz gegen Muße und Verschwendung? 79
VII. Außereuropäisches Christentum in der Frühen Neuzeit 82
1. Die Mission in Indien, Japan und Südostasien 82
2. Die Chinamission und das Problem der jesuitischen Akkomodation 84
3. Zwischen Genozid und Inkulturation: Eroberung und Christianisierung Lateinamerikas 87
4. Protestantische Mission 93
VIII. Seelsorge und Strategien der Glaubensintensivierung im 17. Jahrhundert 95
1. Predigt, Seelenführung und Verchristlichung der Gesellschaft 96
2. Der Pietismus 96
2. Pietistische Zentren und Strömungen: Halle und Herrnhut 98
4. Baptismus, Methodismus und Great Awakening 101
5. Rigoristische Strömungen im katholischen Bereich 103
IX. Die Aufklärung 107
1. Begriff und Epochenbezeichnung 107
2. Der aufgeklärte Staat und sein Verhältnis zur Religion 109
3. Diskurse und Positionen im philosophischen Zeitalter 111
X. Aufklärung in Theologie und Kirche 117
1. Der theologischeWolffianismus und der Kampf gegen den Deismus 117
2. Neologie und theologischer Rationalismus: Debatten und Positionen 119
3. Kirchliche Aufklärung im katholischen Bereich 123
4. Jurisdiktionskonflikte und konkurrierende ekklesiologische Modelle 128
XI. Die Franz_sische Revolution und die Folgen 133
1. Zwischen Verschmelzung und Entfremdung: Die Revolution von 1789 und die Kirche 134
2. Napoleonische Vorherrschaft in Europa und die kirchenpolitischen Folgen 137
Literaturverzeichnis 143
Namensregister 155
Abbildungsnachweis 159

II.Martin Luther und die Wittenberger Reformation


Überblick

Martin Luther entwickelte seine theologische Position in der Auslegung der Hl. Schrift: Die Gerechtigkeit vor Gott werde uns im Vertrauen auf den Tod, den Christus für uns gestorben ist, geschenkt. Von hier aus entfaltete er seine Theologie und kam gerade deswegen mit der Ablasspraxis der Kirche in Konflikt. Seine Thesen und Schriften wurden in Rom angezeigt und schließlich 1520 verurteilt. Die theologische Debatte kreiste immer stärk er um die Autorität des Papstes, der Konzilien und der kirchlichen Tradition in der Auslegung der Hl. Schrift. Der Buchdruck half, Luthers Lehren ungemein schnell und weit zu verbreiten. Ging es ihm und seinen Mitstreitern primär um eine Reform der Theologie nach dem Evangelium, so setzten nun vielfache Aneignungsprozesse ein. Die frühe Wittenberger Reformation fächerte sich auf und wurde in den Städten, an den Fürstenhöfen und im bäuerlich-ländlichen Umfeld unterschiedlich rezipiert.

1505 Luthers Eintritt bei den Erfurter Augustinereremiten
31.10.1517 Luther sendet seine Ablassthesen an die zuständigen Bischöfe.
Oktober 1518 Verhör durch Kardinal Cajetan auf dem Augsburger Reichstag
Juni/Juli 1519 Leipziger Disputation mit Andreas Karlstadt gegen Johannes Eck
15. Juni 1520 Androhung der Exkommunikation, wenn der Widerruf verweigert wird
April 1521 Verhör vor dem Kaiser auf dem Wormser Reichstag
März 1522 Rückkehr Luthers von der Wartburg nach Wittenberg
1524/1525 Offizielle Einführung der Reformation in den Reichsstädten Straßburg und Nürnberg
1524–1526 Aufstände und Niederwerfung der Bauern im süd- und mitteldeutschen Raum

1.Reform der Theologie durch Paulus und Augustinus


Martin Luthers Werdegang


Martin Luther wurde am 10. November 1483 in Eisleben in eine aufstrebende und zeitweise auch wirtschaftlich erfolgreiche Familie hineingeboren, der Vater war Bergbauunternehmer. Er ermöglichte Martin den Besuch der Lateinschule und schließlich ab 1501 das Studium an der Erfurter Universität, wo er zum Magister in den Artes liberales (v.a. Logik und philosophische Schriften als Voraussetzung für den Besuch der höheren Fakultäten) promoviert wurde. Anders als vom Vater gewünscht, entschied er sich nun nicht zum Jurastudium, sondern trat 1505 in das Erfurter Kloster der Augustinereremiten ein; ein Bettelorden, der auf Predigt und städtische Seelsorge spezialisiert und in Erfurt eng mit der Universität verbunden war.

Stichwort

Augustinismus

Um 400 hatte der irische Mönch Pelagius die Lehre vertreten, dass die Gnade des Evangeliums darin bestehe, dass uns mit Christus ein Vorbild gegeben sei. Gegen diese Lehre hat Augustinus angekämpft: Wir hätten nicht die Kraft, dem Beispiel Jesu zu folgen, wenn nicht die Gnade erst in unser Herz gegossen worden und unser Wille dadurch vom Egoismus zur Gottesliebe umgepolt worden wäre. Die augustinische Lehre setzte sich auf den Synoden von Karthago 418 und Orange 529 durch und galt im Mittelalter als Doktrin der Kirche. Eine streng an seiner Position orientierte Lehre lehnte jede Vorbereitung auf das Heil und jede Verdienstmöglichkeit des Sünders vor Gott ab. Ob ein Mensch gerettet werde oder nicht, sei nur das Ergebnis des freien Ratschlusses Gottes (Prädestination). Im Mittelalter rezipierte man die Kirchenväter vor allem nach Textsammlungen, etwa den Sentenzen des Petrus Lombardus (ca. 1095/1100–1160) und der Rechtssammlung Gratians († vor 1160) (Decretum Gratiani). Hier wurden auch Textstellen anderer Autoren unter seinem Namen mit überliefert; zudem auch Positionen des jungen Augustinus, der noch nicht seine strenge Gnadenlehre vertrat. So blieben viele Fragen umstritten, etwa, ob man sich auf die Gnade vorbereiten könne, ob der Wille mitwirken müsse, ob man vor Gott als Gerechtfertigter dann Verdienste erwerben könne. Ein strenger Augustinismus, der den übrigen Theologen „Pelagianismus“ vorwarf, trat immer wieder als Außenseitermeinung auf.

Augustinereremit und Professor der Theologie

Luther selbst hat im Rückblick diese Entscheidung so dargestellt, als sei sie unter dem Schreck eines lebensgefährlichen Gewitters auf dem Feld nahe Stotternheim bei Erfurt erfolgt, mithin unter Furcht und Zwang. Doch stammen diese Selbstzeugnisse aus einer Zeit, als er grundsätzlich die Ordensgelübde als Formen der Werkgerechtigkeit nicht mehr als bindend interpretierte und auch den eigenen Bruch mit diesen rechtfertigen wollte. Kirchenrechtlich wäre ein unter Furcht hervorgegangenes Versprechen von seinem Konvent kaum als legitim akzeptiert worden. Da Luther bereits universitäre Bildung mitbrachte, wurde er dann jedenfalls zum Weiterstudium der Theologie in Erfurt und dann in Wittenberg bestimmt und damit für den Kreis jener Bildungselite im Orden, der vielfach auch in Leitungsämter einrückte. Der Generalvikar (ab 1509 Provinzial) der sächsischen Provinz Johann von Staupitz (1460–1524) protegierte ihn entsprechend. Um diesen in Ordensangelegenheiten zu unterstützen, unternahm Luther 1511/12 eine Reise an die römische Kurie. Ab 1512 folgte er Staupitz an der Wittenberger Universität als Professor für Theologie, dessen Aufgabe es war, die Heilige Schrift auszulegen, nach. Über Staupitz als Förderer Luthers wurde diesem eine spirituelle Prägung zuteil, die an Augustinus und der mittelalterlichen Mystik orientiert war. Augustinus war im Orden vor allem spirituelles Vorbild, ein idealer Mönch, der demütig nicht auf die eigene Gerechtigkeit, sondern auf Gottes Gnade vertraute und deren Wohltaten bekannte. Gottes Haltung den Menschen gegenüber lässt sich in jener Liebe erkennen, mit der Christus sich für uns am Kreuz hingegeben hat. Die Betrachtung seiner Wunden gibt jene Geborgenheit, die man niemals hätte, wenn man sich vor Gott nur auf die eigenen guten Werke verlassen könnte. Luther erfuhr durch Augustinus’ Gnadenlehre eine spirituelle Formung, wenn auch in Erfurt keine streng an Augustinus orientierte theologische Schulprägung (Augustinismus) gelehrt wurde.

Reformatorische Einsicht


Durch die Vorlesungsmanuskripte Luthers und die studentischen Nachschriften seiner Hörer, aber auch durch Briefe und einige andere Quellen, kann man versuchen, die Entwicklung von Luthers Denken zu rekonstruieren. Er selbst berichtet viele Jahre später von einer befreienden Entdeckung, die ihm erst ein Gesamtverständnis der Hl. Schrift ermöglichte und alles umgestürzt habe.

Quelle

Martin Luther, Vorrede zur lateinischen Ausgabe seiner Werke (1545) (Auszug) Kirchen- und Theologiegeschichte in Quellen III, 22f.

Ich aber, der ich, so untadelig ich auch als Mönch lebte, vor Gott mich als Sünder von unruhigstem Gewissen fühlte und mich nicht darauf verlassen konnte, dass ich durch meine Genugtuung versöhnt sei, liebte nicht, nein, hasste den gerechten und die Sünder strafenden Gott und war im stillen, wenn nicht mit Lästerung, so doch allerdings mit ungeheurem Murren empört über Gott: Als ob es wahrhaftig damit nicht genug sei, dass die elenden und infolge der Erbsünde auf ewig verlorenen Sünder mit lauter Unheil zu Boden geworfen sind durch das Gesetz der zehn Gebote, vielmehr Gott durch das Evangelium zum Schmerz noch Schmerz hinzufüge und auch durch das Evangelium uns mit seiner Gerechtigkeit und seinem Zorn bedrohe. So raste ich wilden und wirren Gewissens; dennoch klopfte ich beharrlich an eben dieser Stelle [Röm 1,16f.] bei Paulus an mit glühend heißem Durst, zu erfahren, was St. Paulus wolle. Bis ich, dank Gottes Erbarmen, unablässig Tag und Nacht darüber nachdenkend, auf den Zusammenhang der Worte aufmerksam wurde, nämlich: „Gottes Gerechtigkeit wird darin offenbart, wie geschrieben steht: Der Gerechte lebt aus Glauben.“ Da begann ich, die Gerechtigkeit Gottes zu verstehen als die, durch die als durch Gottes Geschenk der Gerechte lebt, nämlich aus Glauben, und dass dies der Sinn sei: Durch das Evangelium werde Gottes Gerechtigkeit offenbart, nämlich die passive, durch die uns der barmherzige Gott gerecht macht durch den Glauben, wie geschrieben ist: „Der Gerechte lebt aus Glauben.“ Da hatte ich das Empfinden, ich sei geradezu von neuem geboren und durch geüffnete Tore in das Paradies selbst eingetreten. Da zeigte mir sofort die ganze Schrift ein anderes Gesicht. Ich durchlief dann die Schrift nach dem Gedächtnis und sammelte entsprechende Vorkommen auch bei anderen Vokabeln: z. B. Werk Gottes, das heißt: was Gott in uns wirkt; Kraft Gottes, durch die er uns kräftig macht, Weisheit Gottes, durch die er uns weise macht, Stärke Gottes, Heil Gottes, Herrlichkeit Gottes.

Da Luther diese Einsicht im für den Winter beheizbaren Studien- und Turmzimmer des Wittenberger Klosters gehabt haben will, spricht man auch vom Turmerlebnis. Tatsächlich handelt es sich um das Zentrum seiner Theologie. Durch unsere eigenen äußerlich gerechten Taten können wir niemals gerecht werden, da diese immer schon durch unsere sündhafte Egozentrik geprägt sind. Wir sind auf den Zuspruch der Gnade angewiesen (Evangelium). Gerechtigkeit Gottes meint in...

Erscheint lt. Verlag 31.3.2021
Verlagsort Darmstadt
Sprache deutsch
Themenwelt Religion / Theologie Christentum Kirchengeschichte
Schlagworte Anglikanische Kirche • Aufklärung • Calvin • Christentum in Übersee • Französische Revolution • Frühe Neuzeit • Gegenreformation • Jesuiten • Kirchengeschichte • Konfessionalisierung • Konzil von Trient • Luther • Neuzeit • Reformation • Reformkatholizismus • Zwingli
ISBN-10 3-534-74592-2 / 3534745922
ISBN-13 978-3-534-74592-0 / 9783534745920
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