Päpstin Johanna (eBook)

Das vertuschte Pontifikat einer Frau (3. Auflage)
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2021 | 1. Auflage
233 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7526-5812-5 (ISBN)

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Päpstin Johanna -  Michael E. Habicht
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Michael E. Habicht Päpstin Johanna Das vertuschte Pontifikat einer Frau Die aktualisierte E-Buch-Ausgabe der sensationellen Studie, welche weltweit Schlagzeilen machte. Der Nachweis einer Serie von Münzen, welche dem Pontifikat der Päpstin Johanna zugewiesen werden kann. Ihr Pontifikat als Johannes Anglicus kann auf die Jahre 856 bis 858 datiert werden. Zahlreiche manipulierte Kirchendokumente und Chroniken stützen die Theorie, dass tatsächlich eine Frau einst Papst gewesen ist. Im Laufe des Mittelalters wurde die Päpstin zudem als real anerkannt und erst seit der Gegenreformation ist ihre Existenz von der Katholischen Kirche bestritten worden - bis heute. Was für Folgen hat ein weibliches Pontifikat für die apostolische Sukzession? Das Fachbuch präsentiert die Fakten und deckt den grössten Schwindel der Kirchengeschichte auf. https://www.michaelhabicht.info 3. aktualisierte Auflage

Dr. Michael E. Habicht, studierte Klassische Archäologie und Ägyptologie den Universitäten Zürich und Basel. Er hat sich auf das Neue Reich, die Königsgräber und Unterweltsbücher, sowie auf die Zeit von Echnaton, Nofretete und Tutanchamun spezialisiert. Homepage: https://www.michaelhabicht.info/ Facebook: https://www.facebook.com/michael.e.habicht/ Academia: https://flinders.academia.edu/MichaelEHabicht

Johanna im Grossen Schisma


Nachdem verschiedene Autoren die Päpstin in Chroniken bekanntgemacht hatten, wurde sie auch Teil einer ganz anders gearteten Debatte in einer turbulenten Phase des Papsttums. 1294 wurde Coelestin V. zum Papst ernannt, und auf ihm ruhten grosse Hoffnungen, er wurde gar als «Engelpapst» (Anglicus) bezeichnet, was nahe an der Legende von Johanna steht (deren Name nicht nur als Johannes der Engländer, sondern auch als Johannes der Engel verstanden wurde). Coelestin V. war aber seinem Amt nicht gewachsen und machte schon nach kurzer Zeit einem Nachfolger Platz (Bonifaz VIII. 1294–1303). Der Verzicht auf die Papstwürde war damals ein einmaliger Vorgang (bis zum Amtsverzicht von Benedikt XVI. im Jahre 2013).

Bonifaz VIII. wurde zwar gewählt, jedoch verweigerten die Franziskaner und die Kardinäle aus dem Hause der Colonna seiner Wahl die Anerkennung.

Bonifaz VIII. galt als hochmütig und führte den zweiten Kronreif in die Tiara ein. Seine Legitimation ist umstritten, und er galt daher je nach Interpretation als Usurpator, genau wie die Päpstin Johanna. Kritik am Pontifikat der Johanna konnte daher assoziativ als indirekte Kritik an Bonifaz VIII genutzt werden [27]. Die Päpstin konnte nun die Vorstellungen der Zeit bündeln und entwickelte sich zur kirchenpolitischen Waffe: War die Kirche schlecht, weil einst sogar eine Frau auf den Papstthron gelangen konnte, oder aber belegt ein weibliches Pontifikat nicht im Gegenteil, dass selbst dies die Kirche nicht erschüttern konnte?

Kurz nach Bonifaz VIII siedelten die Päpste nach Avignon über und waren nun unter französischer Kontrolle. 1310 wurde auf Betreiben des Königs Philippe IV. von Frankreich sogar postum ein Häresieprozess gegen Bonifaz VIII. eröffnet. Wie Johanna wurde auch Bonifaz VIII. ein Teufelspakt und sexuelles Fehlverhalten vorgeworfen. Der Prozess endete 1313 ergebnislos.

In dieser Zeit wurde auch heftig über die Frage gestritten, ob Jesus von Nazareth arm war und ob auch die Kirche arm sein sollte. Die Franziskaner sprachen sich für die Armut aus, doch ihre Entscheidung wurde vom Papsttum verworfen [27].

Wilhelm von Ockham


Wilhelm von Ockham (um 1288–1347) behandelt in seinem Werk zu den acht Fragen (Questiones) der päpstlichen Macht explizit auch die Päpstin Johanna. Im Grunde ging es in dieser Zeit darum, ob diejenigen, die in Nichtwissen gehandelt hatten, unschuldig seien, da die Frage diskutiert wurde, ob die Anhänger eines häretischen Papstes schuldig seien. Dabei wurde das Beispiel der Päpstin verwendet, doch das eigentliche Ziel der Kritik war vor allem Papst Johannes XIII., den Wilhelm von Ockham als Häretiker ansah [27].

 

Kurzer Exkurs zu Ockhams Rasiermesser

Das philosophische Werk von Ockham, bekannt als der Hypothesenminimalismus, auch als Ockhams Rasiermesser bekannt, wird bei der Erklärung der Legende von Päpstin Johanna gerne bemüht, um die Legendenbildung als die einfachere Theorie darzustellen und damit zu «beweisen», dass die Geschichte eine Legende ist. Es macht daher Sinn, sich mit diesem Ansatz zu befassen: Wilhelm von Ockham, der die Methode der einfachsten Lösung als die wahrscheinlichste Erklärung ersann ist noch heute besonders bei Skeptikern und Atheisten sehr beliebt, um das Schöpfungskonzept und Gott als die weniger wahrscheinliche Erklärung zu «entlarven». In der Auseinandersetzung mit Gegnern, welche eine Behauptung aufstellen, die der offiziellen Wissenschaftsmeinung entgegenläuft, greift man gerne auf Ockhams Rasiermesser zurück [39]. Das Sparsamkeitsprinzip kann aber eine sehr problematische Methode sein, um unerwünschte Ergebnisse à priori zurückzuweisen und jede Diskussion zu ersticken. Man rasiert nicht nur Annahmen, sondern auch Beweise regelrecht weg [39]. Quellen fallen dann unter den Tisch, werden nicht gewertet oder gar nicht erwähnt. In der Diskussion um die reale Existenz der Päpstin ist dies deutlich zu beobachten. Die Anhänger der Theorie, sie sei eine Legende, diskutieren wichtige Quellen, wie sie Stanford und Morris sie präsentieren unvollständig, bewusst verwirrend oder gar nicht. Man versteift sich darauf, dass die Bildung der Legende einfacher zu erklären sei mit einer Papsthure aus der Zeit der Pornokratie im 10. Jahrhundert. Die Vertreter dieser Deutung präsentieren ihrerseits keinerlei harte Fakten oder Dokumente, welche die Legendenbildung in irgendeiner Weise mit Fakten untermauern könnten. Die Behauptung, es habe die Päpstin gegeben, wird dagegen entschieden zurückgewiesen mit dem Scheinargument, dass aussergewöhnliche Behauptungen das wissenschaftliche Sparsamkeitsprinzip verletzen würden. Der falsche Gebrauch von Ockhams Rasierer wird daher auch wissenschaftlich kritisiert: «An incorrect use of Ockham’s Razor only leads to a perpetuation and corrboration of existing prejudice.» [39,40].

Das Problem geht aber noch tiefer: Der entscheidende Satz des Hypothesenminimalismus der Wilhelm von Ockham zugeschrieben wird lautet: «Entia not sunt multiplicanda praeter necessitatem (Variante: sine necessitate)». Daraus wird folgendes Modell abgeleitet:

  1. Von mehreren Erklärungen zu demselben Sachverhalt ist die einfachste Theorie vorzuziehen.
  2. Eine Theorie ist einfach, wenn sie wenige Variablen und Hypothesen enthält.

Eine Studie zum Werk von Ockham zeigt aber: Die Aussage «Entia not sunt multiplicanda praeter necessitatem» kommt in seinen Schriften so gar nicht vor [41].


Der Versuch, der «Päpstin den Bart zu scheren» mithilfe des Rasierers von Ockham ist die Argumentation zum Scheitern verurteilt: In seinem Werk «quaestiones» ging Ockham selbst von der realen Existenz der Päpstin Johanna aus [27,30]: Er macht sie zu einer der Grundlagen seiner Argumentation, dass sich im Falle der Päpstin damals alle geirrt haben. Obschon alle sie für das Haupt der Kirche gehalten haben, war sie eine Häretikerin. Denn die Kirche könne sich in Tatsachen irren, nicht aber in Rechtsangelegenheiten. Heutzutage würde man der Kirche auch bei Rechtsangelegenheiten wohl kaum mehr völlige Irrtumsfreiheit zubilligen. Wilhelm von Ockham, der an die Päpstin glaubte, zu benutzen um die Existenz der Päpstin als Legende zu widerlegen, entbehrt daher nicht einer gewissen Komik.

Die meine eigene Arbeit und die Studien von Morris und Stanford sind auch nicht als philosophische Erkenntnis- und Theorienschrift zu verstehen, sondern als eine historische und archäologische Spurensuche. Sie arbeiten mit diesem Ansatz und versuchen die erhaltenen, fragmentarischen Belege des Mittelalters zu deuten.

In der Zeit des Grossen Schismas von 1378 bis 1409 wurde die Päpstin Johanna erneut wichtig. Papst Gregor XI. beendete 1376 das Exil in Avignon und siedelte wieder nach Rom über. Als er 1378 starb, wurde in einer umstrittenen Wahl der Italiener Bartolomeo Prignano zum Papst Urban VI. gewählt. Die Kardinäle wollten ihn zur Rückkehr nach Avignon bewegen, was dieser ablehnte und 29 neue Kardinäle ernannte. Damit wurde die französische Dominanz im Kardinalskollegium gebrochen und dreizehn Kardinäle reisten mit Unterstützung des französischen Königs Charles V. nach Fondi. Dort wählten sie 1378 den Gegenpapst Clemens VII. Damit war das abendländische Schisma vollzogen. Zudem erklärten die abtrünnigen Kardinäle, sie seien zur Wahl von Urban VI. genötigt worden. Die 14 Kardinäle und später auch der Gegenpapst reisten nach Avignon.

Damit hatte die Christenheit nun zwei Päpste, beide gewählt von Kardinälen. Die Könige Europas anerkannten je nach politischer Opportunität den einen oder den anderen Papst an. Kirchenrechtlich ist bis heute umstritten, wer damals wirklich der rechtmässige Papst war. Im Abstand von wenigen Monaten hatte dasselbe Gremium zwei Päpste gewählt und sowohl in Rom als auch in Avignon befanden sich Papstpaläste mit funktionierender Infrastruktur für eine effektive Herrschaft. Die Trennungslinie der Anhängerschaft verlief zum Teil durch Klöster, welche dann zwei Äbte und zwei Prioren hatten. Als man 1409 versuchte, die Situation zu bereinigen, führte dies zur Wahl eines dritten Papstes. Nun konnte man zwischen Benedikt XIII. in Avignon, Gregor XII. in Rom und Alexander V. in Pisa wählen. Erst im Konzil von Konstanz 1414–1418 wurde das Problem weitgehend gelöst, als mit Martin V ein weiterer Papst ernannt wurde.

Die Päpstin spielte in der Kirchenkritik der Zeit eine gewisse Rolle. Der Papstkritiker John Wyclif (gest. 1384) benannte die Päpstin mit anderem Namen (Anna statt Johanna) und benutzte sie als Beispiel für ein Kardinalskollegium, das sich durch das Geschlecht habe irreführen lassen und die Schar der Kardinäle so verführbar sei, dass sie sogar den Teufel zum Papst wählen könnten [27]. Zur Zeit von Johanna gab es noch kein Kardinalskollegium, das den Papst wählte, sondern er (bzw. sie) wurde durch das Volk und den Adel von Rom auserwählt, es war also eine Art regionale Volkswahl.

Philippe de Mézières (um 1327–1405) benutzte die Figur der Päpstin in seinem Werk «Ardent Désir» (Brennendes Verlangen) die Geschichte von der Frau die in Rom geherrscht haben soll, als Anspielung, wie das bestehende Schisma zu lösen sei: Wenn die Kardinäle bei der Wahl durch eine Frau getäuscht worden seien, dann könnten sie dem/der unrechtmäßigen Gewählten die Gefolgschaft entziehen und eine neue Wahl veranstalten [27].

 

Auch der bekannte Reformator Jan Hus (um 1370–1415) benutzte in seiner Kritik am Papsttum die Päpstin nun als scharfe Waffe. In seinem Kirchenverständnis brauchte die Kirche überhaupt keine Päpste oder Kardinäle. Nach seiner Ansicht war, die Heiligkeit und Unbeflecktheit der Kirche durch die Päpstin, die er mit dem Namen Agnes benannte,...

Erscheint lt. Verlag 20.2.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Geschichte Allgemeine Geschichte Mittelalter
Geisteswissenschaften Geschichte Regional- / Ländergeschichte
Schlagworte Crossdressing • Frauenordination • Frühmittelalter Kirchengeschichte • Identitätsbetrug • Katholische Kirche • Katholische Kirche Frühmittelalter • Kirchengeschichte • Päpstin Johanna
ISBN-10 3-7526-5812-6 / 3752658126
ISBN-13 978-3-7526-5812-5 / 9783752658125
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