Das Wesen des Antisemitismus -  Heinrich Graf von Coudenhove-Kalergi

Das Wesen des Antisemitismus (eBook)

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2021 | 1. Auflage
340 Seiten
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978-3-7534-0614-5 (ISBN)
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Besonderer Service durch E-Book-Kauf: Für die Buchung einer exklusiven Diskussionsrunde bzw. Lesung mit dem Herausgeber, Fragen, Wünsche oder Anmerkungen schreiben Sie eine E-Mail an books.gabrielarch [at] t-online.de. Das Werk Wesen des Antisemitismus des Autors Heinrich Graf von Coudenhove-Kalergi behandelt die diversen Aspekte des Rassenhasses auf die Juden. Bereits im Altertum gab es Judenhass. Dargelegt wird die Judenverfolgung in christlichen und islamitischen Ländern wegen Motiven der Religions- und Rassenideologie. Gängige Klischees und der Begriff Zionismus werden ausführlich erläutert. Das Werk nahm Entwicklungen vorweg und zeigte Fragestellungen auf, die später zwangsläufig in die Katastrophe des Nationalsozialismus mündeten.

Heinrich Graf von Coudenhove-Kalergi (1859-1906) war ein österreichischer Diplomat, der eine umfangreiche Sammlung über Ethik, Mystik, Religionsgeschichte, Judentum und speziell Antisemitismus anlegte.

Vorwort


Selig sind, die dürsten nach der Gerechtigkeit«, sagt der Heiland in der Bergpredigt, dem höchsten Gesetze für alle Zeiten, alle Völker, alle Menschen. Diesem Gesetze bin ich in diesem Werke gefolgt, mein Zweck dabei ist ausschließlich, durch die Gerechtigkeit auch gegen Israel zur Friedfertigkeit – einem anderen Gebote der Bergpredigt – nach Maßgabe meiner schwachen Kräfte beizutragen. Ich weiß wohl, welche Schwierigkeiten sich einem derartigen Versuche entgegentürmen. Wer über die Juden nur das Geringste sagt und schreibt, das nicht ungünstig lautet, wird gleich als Jude und Freimaurer verschrieen. Doch bei mir wird dieses Mittel nichts nützen. In meinem Stammbaum findet sich nicht die geringste Spur jüdischen Blutes. Wäre dies aber der Fall, so würde ich dies nicht nur nicht verschweigen, sondern es geradezu freudigst bekennen, weil ich stolz wäre auf eine mögliche Stammverwandtschaft mit den heiligsten Männern und Frauen, die je auf diesem Planeten gewandert sind. Auch bin und war ich nie Freimaurer; als Offizier und Diplomat hätte ich es meines Eides wegen nie werden können; auch wäre es mir überhaupt nie eingefallen, mich durch Schwüre an Unbekanntes zu fesseln. Ich bin ein arbeitendes Mitglied der katholischen Kirche, die ich für die beste aller Religionsgesellschaften halte, die existieren und je existiert haben. Daß sie die beste von allen ist, läßt sich auf einem einzigen Wege, aber einem sicheren, weil er sich auf Zahlen gründet, nicht etwa bloß logisch, sondern mathematisch beweisen. Es läßt sich nämlich mathematisch demonstrieren, daß nirgends außerhalb der katholischen Kirche so viele Taten der Nächstenliebe, des Mitleids, des Erbarmens verübt werden und worden sind, wie innerhalb derselben. Was die katholischen Priester, Mönche, die Klosterfrauen, die kanonisierten und nichtkanonisierten Heiligen dieser Konfession in der Nächstenliebe leisten und geleistet und zwar ohne Unterbrechung seit Jahrhunderten und überall in der Welt, auch gegen leidende Andersgläubige und Ungetaufte, das steht außer Konkurrenz. Keine andere Religionsgesellschaft kann annähernd Ähnliches aufweisen. Zwar bin ich überzeugt, daß viele Gläubige in anderen Religionen ganz dieselben Mitleidstaten geleistet haben, aber nie und nimmer deren Gesamtheit in dieser Zahl und Masse, in dieser Proportion. Dem kann von keinem besonnenen Menschen widersprochen werden. Gegen Zahlen muß alles verstummen. Aus diesem Grunde ist die römisch-katholische Religionsgesellschaft bei Weitem die beste von allen. Was von liberaler Seite gegen die römische Kirche geschrieben worden ist unter dem Titel: »Inquisition, Religionskriege, Hexenprozesse, Ketzergerichte, Kampf gegen moderne Aufklärung und Wissenschaft, Intoleranz, Fanatismus«, kann den Ozean ihrer Taten des Mitleids gegen die arme leidende Menschheit nie und nimmer aufwiegen.

Der geehrte Leser möge entschuldigen, wenn ich mich veranlaßt gefühlt habe, von meiner Person zu sprechen. Wer aber das orthodoxe Publikum kennt, der wird begreifen, daß diese Bemerkung für die Sache geradezu notwendig war.

Auch muß ich noch bemerken, daß aus dem Umstande, daß ich hier vielfach Zitate aus aufgeklärten Schriftstellern anführen mußte, noch keineswegs folgt, daß meine unmaßgebende Meinung mit der ihrigen identisch ist. Das ist zwar ganz selbstverständlich, aber es kann nie schaden, es noch ausdrücklich hervorzuheben. Sapienti sat.

Schloß Ronsperg in Böhmen,
Februar 1901.


Hinaus mit den Juden! – nein, schlagt sie tot! nein, taufet und bekehret sie! nein, Ausnahmegesetze genügen! So erschallt seit Jahrhunderten der Ruf der Antisemiten in vierfacher Nuance aus allen Königreichen und Ländern, Republiken nicht ausgenommen. Die Motivierung kennen wir: Sie sind Gottesmörder, sie sind verstockt, verblendet, sie verstehen nicht ihre eigene hebräische Bibel, sie sind perfid, sie verstümmeln den Text der heiligen Schrift, sie verdrehen deren klaren Sinn, sie sind Wucherer, sie sind Kuppler, ihr Talmud erlaubt ihnen die Nichtjuden zu töten, zu betrügen, auszusaugen und auszuwuchern, falsch zu schwören zu Ungunsten eines Christen, wenn es zum Vorteil eines Juden geschieht; nur sie betrachten sich selbst als Menschen, die Christen dagegen als Tiere und Götzendiener. Sie kreuzigen und schlachten kleine Kinder, verwenden deren Blut zur Anfertigung ihrer ungesäuerten Brode und zu anderen Zwecken; in ihren Schriften wird Christus, die Gottesmutter, die Kirche geschmäht, sie schänden und spießen consecrierte Hostien, die dann zu bluten pflegen, sie sind Schuld an der Unmoralität unserer Zeit, verderben durch ihre Zeitungen und sonstigen Preßprodukte die christliche Sitte, sie ruinieren durch Wucher brave Bauern, Offiziere, den Handels- und Gewerbestand und das ehrliche Handwerk, sie drücken die Preise der Produkte und Löhne, sie bestechen Könige, Kaiser, Minister, Parlamentarier und Richter, verführen keusche Mädchen und Ehefrauen, sie haben durch schlaue Finanzoperationen alle Regierungen in ihre Netze verstrickt, sie beeinflussen alle Staatskabinette, sie sind die Führer der Freimaurer und der Sozialdemokratie, sie vergifteten die Brunnen, sie führten verheerende Seuchen durch Zauber herbei, sie beteten einen goldenen Eselskopf an, sie mästeten und schlachteten alljährlich einen Griechen, sie töten und vergiften Propheten, sie sind räuberische Kulturbeduinen, gewissenlos, grausam, sinnlich, blutdürstig, sie hassen die ganze Welt und glauben kein Wort von dem, was die Kirche lehrt, ja sie halten sogar den unerschaffenen heiligen Koran für ein Machwerk, Christus für einen Zauberer und Mohammed für einen Schwindler!

Fürwahr eine lange Registerarie!

Ich gestehe, daß ich selbst in Folge wiederholten Anhörens eines großen Teiles der obigen Anklagen die meisten derselben geglaubt habe und fast so weit gekommen war, mit den Antisemiten zu beten: »O Herr, schick' uns den Moses wieder, auf daß er seine Stammesbrüder heimführe ins gelobte Land. Laß auch das Meer sich wieder teilen, und laß die beiden Wassersäulen feststehn wie eine Felsenwand. Und wenn in dieser Wasserrinnen das ganze Judenvolk ist drinnen, dann, Herr Gott, mach' die Klappe zu, dann haben wir arme Christen Ruh!«

Und in der Tat müssen Jedem, der die obige Liste liest, die Haare zu Berge stehen.

Wer aber alle diese Anklagen also gruppiert und zusammengestellt sieht, ohne Rücksichtnahme auf ihre Zeit und Ursprung, könnte, deren Qualität und Quantität überblickend, vielleicht mit mir zu dem Verdachte gelangen, daß die Sache denn doch irgendwo einen kleinen Haken haben könnte. »Die arischen Völker sind seßhafter Natur, sie pflegen die Wissenschaft, sie sind mutig, tapfer, der Grundzug ihres Wesens ist Geradheit, Ehrlichkeit, Treue und Hingebung« las ich einmal im »Antisemitenkatechismus«.

Ich war hocherfreut und äußerst geschmeichelt, solche liebenswürdige Sachen zu lesen über eine Rasse, der anzugehören ich die Ehre habe, und bildete mir nun ein, daß die arische Geradheit und Ehrlichkeit es mir zur Pflicht machen, in Befolgung der Weisung des Apostels: »Prüfet Alles und behaltet das Beste«, die Richtigkeit obiger Beschuldigungen zu prüfen, bevor ich sie als wahr annehme, und die arische Wahrheitsliebe und der arische Mut es von mir erheischen, das klar Erkannte auch offen bekannt zu geben ohne die geringste Rücksicht für Arier und Semiten, oder Christen, Juden und Muslims. Ich studierte mehrere Jahre hindurch die sogenannte Judenfrage und erlaube mir nun die Resultate dieser Arbeit der Öffentlichkeit zu übergeben. Ich werde Jedem zu besonderem Dank verpflichtet sein, der mir zum Zwecke gütiger Belehrung in dieser Broschüre Irrtümer nachweisen wird.

Der oben zitierte Antisemitenkatechismus erschien im Jahre 1893 in Leipzig im Verlage von Hermann Beyer. Sein Verfasser ist Theodor Fritsch (Thomas Frey). Dieses Werkchen enthält in gedrängter Kürze und systematischer Zusammenstellung alle Vorwürfe, die von Seiten der Antisemiten gegen die Juden erhoben werden, ausgenommen jene, die einen konfessionellen Charakter haben; denn nach der Ansicht des Autors ist es unrichtig, daß der Antisemitismus auf religiösen Motiven beruht; er soll eine Rassenfrage sein, keine religiöse.

Lassen wir dem Autor des Katechismus das Wort:

Es fällt Niemanden ein, die Juden ihrer Religion wegen zu bekämpfen. Ihren Gottesdienst trachtet Niemand zu stören; er erfreut sich der zärtlichsten Schonung bei allen Klassen – auch bei den Antisemiten.

Die Zurückführung des Antisemitismus auf religiöse Gehässigkeit ist eine grobe Entstellung der Sachlage. Gerade unter den Freigeistern finden sich die entschiedensten Antisemiten (Giordano Bruno, Voltaire, Schopenhauer, Feuerbach, Johannes Scherr, Dühring usw.).

Wie schon der Name sagt, richtet sich der Antisemitismus gegen die »Semiten«, also gegen eine Rasse, nicht gegen eine Religion. Wenn die Antisemiten die Religion der Juden bekämpften, so müßten sie sich »Anti-Israeliten« nennen. Es verrät also ein geringes Sprachverständnis, wenn Jemand den Antisemitismus mit der »Religion« in Zusammenhang bringt.

Im übrigen aber wird diese Begriffsfälschung von gewisser Seite absichtlich gepflegt, um das Volk über das wahre Wesen der Judenfrage zu täuschen.«

Vorerst muß ich bemerken, daß der Katechismus sehr unrecht hat, wenn er sagt: »Wenn die Antisemiten die Religion der Juden bekämpften, so müßten sie sich »Anti-Israeliten« nennen.« Das ist falsch. Sie müßten sich »Antimosaisten« nennen, denn Israel bezeichnet ein Volk, und zwar die Gesamtheit der zwölf Stämme, von welchen zehn spurlos verschwunden sind und zwar schon im Jahre 722 v. Chr. nach der Eroberung Samarias...

Erscheint lt. Verlag 9.2.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Religion / Theologie Judentum
ISBN-10 3-7534-0614-7 / 3753406147
ISBN-13 978-3-7534-0614-5 / 9783753406145
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