Eine Poesie des Lebens - Die Offenbarung (eBook)

Die Frühromantik im Werk von Aloys Gügler: Die "Heilige Kunst"
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2021 | 1. Auflage
1163 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7534-0145-4 (ISBN)

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Eine Poesie des Lebens - Die Offenbarung -  Wolfgang Görl
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Dem Autor gelingt es, Aloys Gügler aus dem "Geist" der Frühromantik zu verorten. Die Frage, was Kunst (Poesie) und Offenbarung verbindet, steht in einem idiomenkommunikativen Verhältnis ("unvermischt und ungetrennt").Kunst ist Darstellung des Absoluten mit empirischen Mitteln; Offenbarung ist ein Ort, wo Kunst entsteht und vice versa: Offenbarung ist die Poesie des Lebens; deshalb führt Kunstkritik zu einer Selbsttranszendenz des Lebens. Das Ergebnis dieser Betrachtung ist vor allem für die heutige Zeit relevant, denn es handelt sich dabei um ein Antidoton gegen jegliche "Kunstreligion"!

Geboren: 1961 Studium der Theologie und Philosophie in Bamberg, Wien und Würzburg.

Titel


TEIL I:Die frühromantisch – ästhetische Fragestellung: Poesie, Geschichte und Kunstkritik

Eine Person äußert sich zu verschiedenen Themen, aber ein Sachverhalt kann von unterschiedlichen Personen gedacht werden. Deshalb sei es mir verstattet, in einer Reihe Personen und in einer zweiten Themen zu behandeln, zumal die Genese des Denkens bei einer Person mehr in diachronischer Hinsicht erfasst werden kann, ein Gedankengehalt hingegen eher einer synchronischen Darstellungsform bedarf.

Personen


1.1.1.Kant und Schiller oder das Spiel der Vernunft

Immanuel Kant hat einen Kritikbegriff in seinen drei großen Kritiken eingeführt, der neben der herkömmlichen Vorstellung von Kritik zugleich den Begriff der Darstellung beinhaltet und besonders letztere wird in der Frühromantik aufgegriffen und weiterentwickelt. Kants Gegner sind der angelsächsische Empirismus, der die Vernunft als Zweck der Natur begreift, und der französische Rationalismus, der diese an höhere Zwecke weist. Demgegenüber initiiert Kant einen Vernunft-Idealismus, als eine Darstellung der Vermögen (G. Deleuze), die er in Erkenntnisvermögen (»Kritik der reinen Vernunft«), Begehrungsvermögen (»Kritik der praktischen Vernunft«) und Empfindungsvermögen mit dem Gefühl der Lust oder Unlust (Kritik der Urteilskraft) unterteilt, wobei die Vernunft ihr eigener Zweck selbst ist. Mit dem Verdikt gegen die Erfahrung wird sich die Frühromantik (und W. Benjamin) auseinandersetzen müssen. Die Vernunft ist immanent (Kant sagt »einheimisch«), autonom und suiffizient, d.h. ihr eigener Selbstzweck: »In den Vernunftzwecken hält die Vernunft sich selbst für einen Zweck«1. Die drei Vermögen verdanken sich einer Synthesis a priori und sind zu einer »oberen Form« fähig; d.i. die Vermögen müssen – das ist das »Interesse« der Vernunft - »in sich selbst das Gesetz seiner eigenen Ausübung«2 finden. Aber während die Gesetzgebung in der reinen und praktischen Vernunft einen objektiven Bereich anvisiert, ist die Urteilskraft »heautonom«, indem sie nur den subjektiven Bedingungen, die die Ausübung ihres eigenen Vermögens konstituieren, »gehorcht«, daher in dieser Hinsicht eine Gesetzgebung über sich selbst (d. h. über ihr eigenes Urteilsvermögen) ausübt. Jetzt könnte man meinen, von diesen Bestimmungen der Vermögen sei es nicht mehr weit zur Autonomie und Immanenz eines Kunstwerks, aber um dorthin zu gelangen, bedarf es der Kritik der Kritik der Urteilskraft.

Die Frage »Was ist Aufklärung ?« wird für Kant3 zur Frage nach dem Vermögen »selbst zu denken«, der den Prozeß der Sich-selbst-Aufklärung in Gang setzt, um aus der »selbstverschuldeten Unmündigkeit« sich zu befreien: »sapere aude«! Die dazu erforderliche Freiheit gilt allerdings nur für den »öffentlichen Gebrauch« der Vernunft eines z. B. Gelehrten und nicht für den »Privatgebrauch«, der bei Kant mit der Ausübung eines Amtes verbunden ist. Jedoch handelt es sich bei der Aufklärung auch um einen geschichtlichen Prozeß, der »weitere Aufklärung vom Menschengeschlecht«, vorzüglich »in Religionssachen« mit sich bringen kann; aber Kant läßt offen, ob der »Beruf zum freien Denken« auch das Denken von Freiheit impliziert.

Die »Kritik der reinen Vernunft«4 befaßt sich mit den im Selbstbewußtsein verankerten Prinzipien (Vermögen) der Erkenntnis a priori. Die intellektuelle Idee, die Vernunftidee, ist im Gegensatz zur »ästhetischen Idee« begrifflich und kann keiner Anschauung adäquat sein. Die drei Ideen der reinen Vernunft sind »Gott, Freiheit und Unsterblichkeit« und dienen als »transzendentale Ideen« ausschließlich zum regulativen Gebrauch, und die »Kritik der reinen Vernunft« endet in einem Dualismus zwischen Phaenomena und Noumena, Sinnlichem und Übersinnlichem, oder auch Natur und Übernatur. In den »Postulate[n] des empirischen Denkens überhaupt« berücksichtigt Kant die Kategorien der Modalität für den Vernunftgebrauch: Notwendigkeit ist die Synthesis des Möglichen (formale Bedingung der Erfahrung) und Wirklichen (materiale Bedingungen der Erfahrung), wobei er das Wirkliche im Horizont des Möglichen, aber nie von der menschlichen Endlichkeit abstrahierend, denkt. Demgegenüber, obwohl er damit die schon bei Aristoteles angelegte Kategorie der Möglichkeit für die Poesie anscheinend verspielt, insistiert Hölderlin auf das »Seyn« (auch das eigene Sein), das der Möglichkeit und dem Selbstbewußtsein vorausgeht und spricht vom einem Vorrang der Anschauung vor dem Begriff.

Das »Herz« der »Kritik der praktischen Vernunft«5 ist der »kategorische Imperativ« als einer Regel a priori. Dieses »Grundgesetz« der reinen praktischen Vernunft lautet: »Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne«6. Diese Regel gründet sich – wie bei der Bestimmung des Schönen – auf kein Interesse, aber die »intellektuelle Urteilskraft« bringt im Gegensatz zur ästhetischen Urteilskraft Interesse hervor und gilt im Unterschied zu letzterer ohne zufällige, subjektive Bedingungen »objektiv und allgemein«; d. h. die praktische Vernunft ist nicht passiv, sondern »jederzeit sich selbst gesetzgebend«7, erhebt daher ihren Anspruch »durch die bloße Form des Gesetzes«8 und ist insgesamt an die Menschheit »als Zweck an sich selbst« gerichtet. Das moralische Gesetz ist »an sich selbst« bestimmend, und die Moralität - aufgrund von »Selbsttätigkeit« - einer Handlung aus Pflicht gegenüber dem Gesetz - besteht in der Maxime des Willens »sich selbst zugleich als allgemein gesetzgebend«9 zu betrachten. Das einzige Gefühl a priori überhaupt in der Vernunftgesetzgebung ist die Achtung für moralische Ideen. Sie ist die »Selbstschätzung (der Menschheit in uns)«.10

Auf diese Weise gelangt Kant zu drei Postulaten der praktischen Vernunft: Der »unendliche Progressus« zur Vollständigkeit und Vollkommenheit auf dem Wege der Erfüllung des moralischen Gesetzes, seine Angemessenheit oder Heiligkeit, setzt eine »ins Unendliche fortdauernde Existenz«11 voraus und postuliert zwangsläufig die (1) Unsterblichkeit der Seele. Um der Erreichung seiner Seligkeit und damit Teilhabe an der Glückseligkeit (d. i. für Kant das Reich Gottes) willen bedarf es beim Menschen eines »Begriffs des höchsten Gutes«, der wiederum auf einer »höchsten selbständigen Weisheit« gründet und (2) das Dasein Gottes hinreichend postuliert. Die (3) Freiheit garantiert die Unabhängigkeit von der Sinnenwelt, und in der Ausübung der verschiedenen Vermögen, sowohl im ästhetischen Bereich, als auch in theoretisch-praktischer Hinsicht (Willen), garantiert sie ihre Autonomie.

Bevor mit der »Kritik der Urteilskraft« fortzufahren ist, soll ein kurzer Blick auf Kants Verständnis von Religion und Theologie erfolgen: Kant unterteilt in der »Kritik der reinen Vernunft« die Theologie in eine »transzendentale« und eine »natürliche«. In der ersteren wird Gott als »Weltursache« gedacht und in der zweiten als »Welturheber« »nach der Analogie mit der Natur«12: »der Deist glaube einen Gott, der Theist aber einen lebendigen Gott«13. In Hinsicht auf die Vernunft ist die »transzendentale« Theologie vorrangig, denn sie übt eine »beständige Zensur unserer Vernunft«14 aus. Theologie kann nicht aus »spekulativen Prinzipien der Vernunft« gedacht werden, weil nur der natürliche Vernunftgebrauch eine synthetische Erkenntnis a priori - indem »sie die formalen Bedingungen einer möglichen Erfahrung ausdrückt«15 - erlaubt, während der Rekurs auf das Objekt einer möglichen Erfahrung als unmöglich, und damit die spekulative Theologie als »gänzlich fruchtlos und ihrer inneren Beschaffenheit nach null und nichtig«16 erkannt wird.

In seiner Schrift »Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft«17 stellt Kant die Vernunft mit ihren Prinzipien a priori der Offenbarung gegenüber, korrigiert aber sogleich seine dualistische Auffassung mit dem Bild zweier konzentrischer Kreise: so daß »Offenbarung doch auch reine Vernunftreligion in sich begreifen kann, aber nicht umgekehrt diese das Historische des ersteren [...]«18. Geoffenbarte (gelehrte) Religion wird zu einer Frage nach der Zeit und dem Ort des Geschehens degradiert, während von der Wahrheit der natürlichen Religion sich jedermann »durch sich selbst und seine eigene Vernunft«19 überzeugen können muß. Aber es besteht die Möglichkeit, daß die natürliche Religion gleichzeitig geoffenbart sein kann, so daß in diesem Falle die Religion objektiv gesehen eine natürliche ist und nur in subjektiver Sicht als geoffenbarte auftritt, denn diese muß die Prinzipien jener enthalten: »denn Offenbarung kann zum Begriff einer Religion nur durch die Vernunft hinzugedacht werden«20. Das oberste Prinzip für eine christliche Glaubenslehre hat die allgemeine Menschenvernunft zu sein, und die (kirchliche) Offenbarungslehre wird wegen der »Faßlichkeit« der gebietenden Vernunft zu einem »schätzbare[n] Mittel«. Kant ist Gegner des Traditionsbegriffs: Die Offenbarung kann sich nur – sola scriptura – auf die Schrift und deren Auslegung beziehen, denn das »Historische« der Tradition leistet keinen Beitrag für einen »moralischen Wert«: »der Geschichtsglaube ist ›tot an ihm selber‹...«21. Religion muß eine Darstellung der »Regeln und Triebfedern des reinen moralischen Glaubens«22 sein, und der Zweck aller Vernunftreligion, das oberste Kriterium der Offenbarung, sowie das oberste Prinzip aller Schriftauslegung ist die »moralische Besserung des Menschen«23; d. h. die Vernunftreligion selbst, und die auf...

Erscheint lt. Verlag 31.1.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Religion / Theologie Christentum Gebete / Lieder / Meditationen
Geisteswissenschaften Religion / Theologie Judentum
Schlagworte Altes Testament • Exegese • Frühromantik • "heilige Kunst" • "Kunst der Hebräer"
ISBN-10 3-7534-0145-5 / 3753401455
ISBN-13 978-3-7534-0145-4 / 9783753401454
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