Geschichte der Sklaverei (eBook)

Von der Antike bis ins 21. Jahrhundert

(Autor)

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2021 | 1. Auflage
128 Seiten
C.H.Beck (Verlag)
978-3-406-76540-7 (ISBN)

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Geschichte der Sklaverei - Andreas Eckert
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Noch heute leben schätzungsweise 40 Millionen Menschen in «moderner Sklaverei». Andreas Eckert zeichnet in seinem profunden Band die düstere Geschichte einer Institution nach, die schon seit der Antike in unterschiedlichen Ausprägungen in allen Weltregionen anzutreffen ist. Zugleich geht er der Frage nach den Motiven von Sklavenhändlern und -haltern nach, den Handlungsspielräumen der Versklavten und den Ursachen für den allmählichen Wandel der Sklaverei von einem akzeptierten Übel zu einer geächteten Abscheulichkeit.
Seit der Antike fällt der lange Schatten der Sklaverei auf die Weltgeschichte. Auch heute noch leben schätzungsweise 40 Millionen Menschen in 'moderner Sklaverei'. Andreas Eckert zeichnet in diesem Band die Geschichte einer Institution nach, die in ganz unterschiedlichen Ausprägungen in allen Weltregionen und allen Zeiten anzutreffen ist. Nicht zuletzt in Afrika und im atlantischen Raum spielte sie eine zentrale Rolle. Eckerts kenntnisreiche Darstellung geht auch der Frage nach, was Sklavenhändler und -halter dazu bewogen hat, derart grausame Verhältnisse zu schaffen und zu unterhalten, welche Spielräume Versklavte sich zu erkämpfen vermochten, und wie es dazu kam, dass aus einem akzeptierten Übel eine allgemein geächtete Abscheulichkeit werden konnte.

Andreas Eckert ist Professor für die Geschichte Afrikas an der Humboldt Universität Berlin und Direktor der Käte Hamburger Kollegs "re:work". Er ist einer der führenden Experten für die Geschichte der globalen Arbeit und Sklaverei in Deutschland.

II. Antike und Mittelalter

Griechenland und Rom

Obgleich Griechenland und Rom in diesem Kapitel zusammen behandelt werden, wäre es in vielerlei Hinsicht irreführend, von einer «antiken Sklaverei» zu sprechen. Diese begriffliche Zusammenfassung der unterschiedlichen Ausprägungen von Sklaverei in der griechischen und römischen Welt kann sich zwar darauf berufen, dass diese zumindest in der römischen Kaiserzeit häufig als eine Einheit wahrgenommen wurde. Die Wahrnehmung beruhte auf der hohen Bedeutung eines literarischen Kanons für das Selbstverständnis der Eliten, in dem seit Homer Sklaven präsent und zum Teil prominent waren. Überdies galt für die gesamte Antike, dass in jedem «besseren Haushalt» die Bedienung durch Sklaven Teil einer unhinterfragten Normalität war. Ansonsten haben wir es, wenn wir über Sklaverei in der griechisch-römischen Welt sprechen, mit einer Fülle unterschiedlicher Systeme zu tun, die sich im Lauf der Zeit zudem erheblich wandeln konnten. Die zur Verfügung stehende Überlieferung, die nahezu ausnahmslos die Perspektive der Herren einnimmt, stellt zudem nur für einige Perioden substantiellere Informationen bereit, etwa für Athen zwischen 450 und 300 v. Chr. oder für Rom zwischen 100v.Chr und dem dritten nachchristlichen Jahrhundert. Sklaven übten zudem ein breites Spektrum an Tätigkeiten aus. Sie spielten eine wichtige, zuweilen zentrale Rolle in den Schlüsselbereichen der Ökonomie – Landwirtschaft, Bergbau und Handwerk –, aber dienten ihren Herren auch im Haushalt und in der Verwaltung.[] Trotz beträchtlicher Fluktuationen war Sklaverei als Konzept im Leben der mediterranen Antike immer präsent. Auf ideologischer Ebene wurden Mitglieder der Gesellschaft grob in zwei umfassende Kategorien unterteilt: in jene, die frei waren, und in jene, die unfrei waren. Der römische Jurist Gaius schrieb in seinen «Institutiones» die mit Zwang verknüpfte Autorität, die Sklavenhalter im zweiten nachchristlichen Jahrhundert auszuüben vermochten, universellen Standards zu und hielt fest: «alle Menschen [sind] entweder Freie […] oder Sklaven.»[]

Es sind allerdings nur wenige antike Texte überliefert, welche die Sklaverei als Institution theoretisch begründen, rechtfertigen oder erklären zu müssen glaubten. Zugleich entwarfen Griechen und Römer mit Blick auf jene Gesellschaften am Rande ihrer Einflussgebiete, aus denen sie nach gewonnenen Schlachten einen nicht unbeträchtlichen Teil ihrer Sklaven rekrutierten, eine Reihe von Feind- und Fremdenbildern. Besondere Bedeutung erlangte in diesem Zusammenhang der von den Griechen geprägte und von den Römern übernommene Begriff des «Barbaren», der gleichsam als Gegenbegriff zur Selbstbezeichnung der Griechen als «Hellenen» diente. In der griechischen Geschichtsschreibung und Philosophie finden sich einige detailliertere Darstellungen der Barbaren oder einzelner Gruppen als grausam, hinterlistig und verkommen. Für Platon etwa sind die Barbaren von Natur aus Feinde; nur mit ihnen kann es einen wirklichen Krieg geben. Und in seinem Geschichtswerk formuliert Thukydides einige negative Urteile über die Barbaren, etwa dass sie nicht zu diszipliniertem Kampf fähig seien.

Es war vor allem Aristoteles, der angesichts zeitgenössischer Zweifel an der Berechtigung der Sklaverei eine theoretische Begründung versuchte. Seine Vorstellung von einem natürlichen Sklaven, die grundlegend für alle folgenden Rechtfertigungen von Sklaverei werden sollte und hier daher ausführlicher dargelegt wird, betonte zunächst die Parallele zwischen Sklaven und domestizierten Tieren: «Die zahmen Tiere sind in ihrer Natur besser als die wilden, und für sie alle ist es vorteilhafter, vom Menschen beherrscht zu werden, denn auf diese Weise wird ihr Überleben gesichert. Ferner ist im Verhältnis (der Geschlechter) das Männliche von Natur aus das Bessere, das Weibliche das Geringerwertige, und das eine herrscht, das andere wird beherrscht. Das gleiche muss aber auch unter allen Menschen Gültigkeit besitzen: diejenigen, die voneinander so weit unterschieden sind wie Seele und Körper, Mensch und Tier – und (einige Menschen) sind tatsächlich in dieser Weise voneinander unterschieden, wenn ihre Leistung der Gebrauch des Körpers ist und dies als das Beste von ihnen (zu gewinnen) ist – diese sind von Natur aus Sklaven.»

Aristoteles fährt fort, indem er hervorhebt, dass sich bei einem natürlichen Sklaven Körper und Seele unterscheiden: «Denn von Natur ist derjenige Sklave, der einem anderen gehören kann – deswegen gehört er ja auch einem anderen – und der in dem Maße an der Vernunft Anteil hat, dass er sie vernimmt, aber sie nicht (als ein leitendes Vermögen) besitzt; denn auch die übrigen Lebewesen (besitzen) keine Vernunft, der sie gehorchen können, sondern da sie nur Sinneswahrnehmungen haben, folgen sie den Affekten. Und schließlich unterscheidet sich auch ihr nützlicher Beitrag nur wenig voneinander, denn beide, Sklaven und zahme Tiere, helfen mit dem Körper bei (der Bereitstellung) der lebensnotwendigen Mittel. Die Natur hat zwar nun die Tendenz, auch die Körper der Freien und Sklaven unterschiedlich auszubilden, die einen stark für die Verrichtung der notwendigen Arbeiten, die anderen dagegen aufrecht und untauglich für solche Tätigkeiten, jedoch tauglich für eine politische Existenz.» Aristoteles konzedierte zwar, dass Sklaven auch die Körper von freien Männern und freie Männer lediglich die Seelen, nicht aber die Körper, wie sie Freien zukommen, haben konnten, hielt dann jedoch fest: «Für einige gilt, dass sie von Natur entweder frei oder Sklaven sind, und für diese ist es vorteilhaft und gerecht, als Sklaven zu dienen.»[]

All jene Gesetze, die Sklaven in der Nachantike als Gegenstand und Besitz definierten, bemühten zwar immer wieder die Vorstellung, Sklaven sollten in vielerlei Hinsicht wie Hunde, Pferde oder Ochsen behandelt werden. Zugleich kamen diese Gesetze nicht umhin, gleichsam das Menschsein der Sklaven anzuerkennen und regelmäßig darauf zu verweisen, dass Sklaven weglaufen konnten, ihre Besitzer überlisteten, rebellierten, mordeten, stahlen, Aufstände anzettelten oder halfen, den Staat gegen äußere Gefahr zu schützen. Kein Besitzer oder Gesetzgeber, weder im Alten Rom noch im mittelalterlichen Venedig, noch im Brasilien des 17. Jahrhunderts, ignorierte die Tatsache, dass der unterwürfige Diener ebenso ein «häuslicher Feind» sein konnte, der gewillt war, seinen Herrn zu berauben, zu vergiften und dessen Besitz in Brand zu stecken. Zu den gängigen Stereotypen über Sklaven gehört zwar auch der Verweis, sie seien loyal und treu wie gute Hunde, vor allem jedoch wurde ihnen nachgesagt, sie seien faul, unverantwortlich, rebellisch, nicht vertrauenswürdig und sexuell promiskuitiv. Das römische Recht betonte (etwa im Codex Iustinianus) diesen grundlegenden Widerspruch, indem es Sklaverei als einzige Institution konstruierte, die im Widerspruch zum Naturrecht stand, aber durch das Völkerrecht sanktioniert werden konnte. In anderen Worten: Sklaverei würde in einer idealen Welt perfekten Rechts nicht erlaubt sein, sei aber schlicht ein Faktum des Lebens, welches für jene Kompromisse stand, die in der sündhaften realen Welt gemacht werden mussten. Diese Formel markierte die offizielle Haltung der christlichen Kirchen vom späten Römischen Reich bis in das 18. Jahrhundert.[]

Aber kehren wir noch einmal zurück nach Griechenland und zu Aristoteles, der sich auch mit der Frage beschäftigte, wie man an Barbaren herankommt, um sie als Sklaven zu halten. Seine Antwort: vor allem durch den Krieg. Als ungerecht bezeichnet er allerdings Kriege, die zur Versklavung von Menschen führen, die keine Sklaven von Natur seien. Nur solche Kriege, die mit sich brachten, dass die «Sklaven von Natur» versklavt werden, seien gerecht. Kriege dienten in der Tat als eine Quelle für die Rekrutierung von Sklaven. Im homerischen Epos wird vor allem die Versklavung von Frauen erwähnt. So taucht die im Krieg erbeutete Frau auf, deren Schicksal darin bestand, für eine andere zu weben. Diese Figur kündete nicht zuletzt vom großen Bedarf an Spinnerinnen. Denn um einen Webstuhl in Gang zu halten, war die Arbeitsleistung von vier webkundigen Frauen nötig. Überdies wurden auch Hirten erbeutet. Oft bereits als Kinder versklavt, weideten sie, wie der treue Schweinehirt des Odysseus, für ihre Herren die Herden.[] Insgesamt nennen antike Quellen eine Reihe von Wegen in die Sklaverei – neben der Kriegsgefangenschaft die Abstammung von einer Sklavin, Selbstverkauf und Verkauf, Aussetzung, Menschenraub, in der Frühzeit auch Schuldknechtschaft, die Strafe für ein Verbrechen, schließlich eine eheähnliche Verbindung mit einem fremden Sklaven. ...

Erscheint lt. Verlag 22.2.2021
Reihe/Serie Beck'sche Reihe
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Allgemeines / Lexika
Geisteswissenschaften Geschichte
Schlagworte Afrika • Einführung • Geschichte • Kriegsbeute • Kultur • Sklaven • Sklavenhalter • Sklavenhandel • Sklavenhändler • Sklaverei • Zwangsarbeit
ISBN-10 3-406-76540-8 / 3406765408
ISBN-13 978-3-406-76540-7 / 9783406765407
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