Reden ist Silber, Predigen ist Gold (eBook)

99 Ratschläge für eine gelungene Predigt. Eine nach-wissenschaftliche Homiletik

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021
304 Seiten
Gütersloher Verlagshaus
978-3-641-26989-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Reden ist Silber, Predigen ist Gold - Axel Denecke
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Gut predigen kann jede/r lernen!
Gutes Predigen ist erlernbar. Aber was ist dafür wichtig? Wie müssen Predigende auftreten? Welche Rolle spielen sie und welche der Text? Axel Denecke gibt Antworten, die in 60 Jahren Predigtpraxis erprobt sind. Ein äußerst unterhaltsames Praxisbuch!

Axel Denecke, geboren 1938, studierte Evangelische Theologie u.a. Basel und Göttingen. Von 1968 bis 1974 war er Pastor in Isernhagen und von 1974 bis 1982 Studiendirektor am Predigerseminar Imbshausen bei Northeim. Es folgten 1982 acht Amtsjahre als Pastor in Osnabrück und ab 1987 fünf Jahre als Privatdozent in Marburg, danach bis 1994 außerordentlicher Professor. Von 1995 bis 2003 war er Professor für Praktische Theologie in Hamburg, wo er bereits seit 1992 als Hauptpastor an St. Katharinen und als Direktor des Predigerseminars Hamburg amtierte. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder und wohnt in Hannover.

I. Was vorab ganz grundsätzlich gesagt werden muss – knapp auf den Punkt gebracht

GRUNDLAGEN

1.
Denk bitte stets daran: Deine Predigt hat immer ZWEI Autoren.

Das ist vorab der wohl wichtigste Ratschlag (kein Ratschlag, eher eine Dauer-Erinnerung), den ich geben kann. Dabei muss ich zugeben: Ich hatte zunächst vergessen, ihn überhaupt zu erwähnen. Erst im Laufe der Formulierung aller sonstigen Ratschläge ist mir aufgegangen, dass ich ihn unbedingt erwähnen muss, quasi als Vor-Wort vor allem, da ich ihn oft wie selbstverständlich voraussetze.

Also: Zwei Autoren hat die Predigt, immer. Wieso zwei?

1. Der erste Autor bin natürlich ich selbst. Ich schreibe und halte die Predigt, die Gemeinde hört mich auf der Kanzel. Die Predigt ist also mein Werk. Das ist so selbstverständlich, dass man es kaum erwähnen muss. Wichtig ist an dieser Stelle nur, dass alle Ratschläge, die ich im Folgenden zu geben versuche, nur für diesen ersten Autor gedacht sind. Der/die PredigerIn bedarf rhetorischer, homiletischer, exegetischer, kommunikations-theoretischer Hilfen, um nach Menschenermessen eine ordentliche Predigt »zustande zu bringen«. Alles, was ich also in den folgenden Ratschlägen sage, ist nur an diesen ersten Autor gerichtet, kann es auch nur sein.

2. Und wer ist der zweite Autor bei jeder Predigt? Es möge bitte keiner erschrecken, wenn ich es kurz und zugespitzt sage: Der zweite Autor ist Gott bzw. der Geist Gottes. Was ist damit gemeint?

Ich kann und darf in einem Gottesdienst nur predigen, wenn ich davon ausgehe, dass Gott bzw. der Geist Gottes mich in der Predigt begleitet, dass er sich einmischt in meine Predigt und im besten Fall mein Wort zu dem seinen macht. Das ist natürlich eine Sache meines Glaubens, doch es ist m. E. die unbedingte Voraussetzung dafür, überhaupt predigen zu können und zu dürfen. Ohne diesen zweiten Autor ist meine Predigt allenfalls eine kluge »religiöse Rede« »über« Gott bzw. einen biblischen Text, biblisch geordnet: »Tönend Erz und klingende Schelle« (1. Kor 13,1). Meine Predigt ist dann also lediglich eine kluge Rede »über« Gott als ein von mir getrenntes Objekt. Ich verfehle damit jedoch die vordringlichste Aufgabe jeder Predigt, die – wenn sie gelingt – »aus« Gott heraus geschieht. Ich sage das an dieser Stelle bewusst ganz zugespitzt und pointiert, damit natürlich auch Missverständnissen ausgesetzt. (Näheres in einigen Ratschlägen weiter unten, vgl. Nr. 31 ff.).

Ich gestehe: Ich gebe der Predigt damit natürlich von allen anderen Formen einer Rede ein andere, ja einmalige Qualität. »Reden ist Silber, PREDIGEN ist Gold«. Einige werden natürlich sofort sagen, ich überhöhe die Predigt unrechtmäßig und verleihe ihr eine übermenschliche Weihe, die zugleich auch zu einer Überforderung des Predigers führe. Ich behaupte (vgl. Nr. 32) aber das Gegenteil. Der zweite Autor entlastet die Predigt und verleiht ihr eher Leichtigkeit und Unbekümmertheit. Denn wenn Gott (bzw. sein Geist) sich wirklich in die Predigt einmischt, wenn hier eine sakramentale Verbundenheit zwischen den beiden Autoren entsteht (vgl. dazu Nr. 34), dann bin ich als Autor von der alleinigen Verantwortung für die Predigt entlastet. Ich kann im Glauben getrost alle meine Predigtkünste (die ich dem Autor eins (= der Prediger) mit all meinen Ratschlägen zu geben versuche) abgeben an ihn und darauf – ja fast kindlich, würde ich mir erlauben zu sagen – sagen: »Er wird’s schon wohl machen.« Wie das in der Praxis geschehen kann, davon zeugen eine ganze Reihe von praktischen Ratschlägen in den folgenden Ausführungen.

3. Wichtig ist an dieser Stelle nur, am Anfang auf diese doppelte Autorenschaft aufmerksam zu machen. Alle folgenden Ratschläge gehen von dieser doppelten Autorenschaft aus, auch wenn diese nicht immer (oft aber durchaus) erwähnt wird. Dem zweiten Autor habe ich natürlich keinen, absolut keinen Rat zu geben. Wie käme ich dazu? Es wäre ja absurd. Alles, was ich im Folgenden sage, ist also nur für Autor eins bestimmt. Aber Gott als Autor zwei setze ich immer mit voraus, auch wenn ich ihn aus Gründen der Redundanz nicht immer nenne.

Das Ganze macht vielleicht das Lesen und Akzeptieren der Ratschläge etwas schwerer. Dies aus zwei Gründen:

a. Gott (der Geist Gottes) als Autor zwei meiner Predigt ist natürlich eine Glaubensaussage. Sie setzt voraus, Gott gestaltet meine Predigt mit. Nicht bei allen Predigern kann ich diesen Glauben voraussetzen, ich setze ihn aber bei mir voraus, und bitte freundlich darum, sich zumindest versuchsweise methodisch darauf einzulassen. Sonst sind alle meine »guten« Ratschläge sinnlos und bleiben »tönend Erz«.

b. Den Autor Gott kann man äußerlich nicht sehen, höchstens, das aber ganz gewiss, innerlich schauen (vgl. dazu Joh 1,14 »Wir schauten – ergänze: innerlich im Glauben – seine Herrlichkeit«). Für Nicht-Gläubige ist rein gar nichts innerlich zu schauen, die sehen nur äußerlich einen x-beliebigen Menschen, also im Grunde Finsternis statt Licht (vgl. Joh 1,5). Der erste Autor, der Prediger, ist ganz äußerlich zu sehen. Der zweite Autor, Gott, ist äußerlich nicht zu sehen, allerdings innerlich zu schauen. Wenn ich im Folgenden von ihm rede, so habe ich keinen sichtbaren »Beweis« dafür. Ich kann ihn in meinem Glauben nur als den, der mich unbedingt angeht und der als dieser meine Predigt begleitet, voraussetzen.

Das alles macht es so schwierig, in menschlichen Kommunikationsformen von der Predigt zu reden. Denn ich muss eben von etwas reden, wovon ich als Mensch eigentlich nicht reden kann (vgl. dazu Karl Barths Drei-Satz von der unmöglichen Möglichkeit der Predigt, unten Nr. 5). Und doch rede ich davon. All mein Reden birgt also eine Leerstelle in sich, auf die ich nur hinweisen kann, ohne sie von mir aus ausfüllen zu können.

4. Ich kann das Ganze auch an einem Bild verdeutlichen. Friedrich Schleiermacher hat in seiner »Kurzen Darstellung des theologischen Studiums« das Studium der Theologie mit dem lebendigen Organismus eines Baumes verglichen. Wurzel (Philosophische Theologie und Apologetik) – Stamm (Historische und Systematische Theologie) – Krone (Praktische Theologie). Der Begriff »Krone« ist dabei jedoch nicht wertend gemeint, sondern wird als die ganz organische Spitze eines Baumes (Blätterwerk und eben Krone) verstanden, wobei Wurzel und Stamm die Grundlage für das Blätterwerk und die Krone sind. Ohne Wurzel und Stamm keine Krone.

Das lässt sich etwas abgewandelt auch auf die Predigt übertragen: Kluge Biologen sagen uns, dass jeder Baum unter der Erde mit seinem Wurzelwerk genauso viel Raum einnimmt wie der Baum, den wir sichtbar über der Erde vor uns haben. Wenn die ganze Vorbereitung der Predigt als »Stamm« des Baumes verstanden wird und die Predigt selbst als die Krone, aus der die Früchte geerntet werden können, beides aber sichtbares Werk des Autors eins ist, so ist eben das Wurzelwerk, das man nicht sehen kann, das Werk des Autors zwei, ein Werk Gottes. Und ein Baum ist nur dann lebensfähig, wenn das den Baum nährende und Halt gebende Wurzelwerk genauso weit und breit wie der sichtbare Teil des Baumes ist. Kappe ich die unsichtbaren Wurzeln ab, so stirbt der Baum. Unsichtbares Wurzelwerk und sichtbarer Baum ergänzen sich nicht nur, sie sind beide nicht nur gleich groß und aktiv, sondern der Baum kann nur dann leben und Frucht bringen, wenn er nicht abgeschnitten wird von seinen Wurzeln.

5. Ergebnis dieser für mich zentralen Reflexion über die »zwei Autoren«: Ich gebe im Folgenden Ratschläge nur für den Autor eins, kann über das Handeln von Autor zwei nichts sagen außer, dass er handelt. Der Autor zwei ist also immer dabei, wenn es denn eine »Predigt« ist. Alle folgenden Ratschläge sind also nur halbe Ratschläge, können und dürfen nicht mehr sein. Die zweite Hälfte steht mir nicht zu, sie bleibt offen und frei. Es steht mir aber durchaus zu, an diese offene Stelle stets zu erinnern und alle meine/unsere Predigtbemühungen dafür freizuhalten. Ich spreche nur zu dem ersten Autor, der zweite Autor nimmt sich sein Recht zum Sprechen, wie und wann er es will. Das ist die Voraussetzung meines Glaubens für alles Folgende, was ich zur Predigt sage.

Daraus folgt eine weitere grundsätzliche Unterscheidung, die im Folgenden bei allem zu beachten ist, nämlich … Ratschlag Nr. 2.

2.
Bitte PREDIGEN – nicht bloß predigen! (mit dem Versuch einer vorläufigen ›Definition‹ meines Predigt-Verständnisses)

Ein Rätselwort? Nein, ein Lösungswort!

Dazu muss ich zu Beginn etwas Wortklauberei betreiben: Nur wenn die »zwei Autoren« in der Predigt sich begegnen und zusammenkommen, wird eine Predigt zur PREDIGT. Eine Predigt ohne Gott ist bestenfalls eine geistreiche »religiöse Rede«, aber keine PREDIGT. Wenn es Gott jedoch gefällt, sich selbst in meiner »Predigt« zu zeigen, wird meine Predigt zur PREDIGT. Wie ich in Ratschlag 1 schon sagte, kann ich das nicht »machen«, also von mir aus erzwingen, ich kann und darf aber darauf vertrauen. Und nur wenn ich das tue, kann und darf ich predigen.

Die von mir hier semiotisch eingeführte Unterscheidung zwischen Predigen (ohne Gott, als nur vom Menschen fabrizierte »religiöse Rede«) und PREDIGEN (mit Gott, also als eine durchaus bleibend menschliche Rede, in der aber Gott real präsent ist) ist im Folgenden stets mitzubeachten. Predigt ist nur PREDIGT, wenn Gott als »zweiter...

Erscheint lt. Verlag 22.3.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Religion / Theologie Christentum
Schlagworte Auslegung • Bibeltext • eBooks • Exegese • Gottesdienst • Homiletik • Prädikant • Predigtvorbereitung • Rhetorik • Sonntag • Studium
ISBN-10 3-641-26989-X / 364126989X
ISBN-13 978-3-641-26989-0 / 9783641269890
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