Johann Heinrich Kurtz, Religionslehre -  Geert Franzenburg

Johann Heinrich Kurtz, Religionslehre (eBook)

Einleitung, Text und Kommentar
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2020 | 1. Auflage
341 Seiten
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978-3-7519-5988-9 (ISBN)
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Im Jahre 1840 veröffentlichte der Dorpater Kirchengeschichtler Johann Heinrich Kurtz einen Katechismus für die Oberstufe an Gymnasien nach dem Vorbild von Luthers Kleinem Katechismus. Die vorliegende Ausgabe führt zunächst in die Hintergründe ein, bietet den Text des Katechismus als Transkript und kommentiert die drei Hauptteile (Gesetz - Evangelium - Sakramente) aus religionspsychologischer Sicht.

Der Herausgeber Geert Franzenburg ist als ev. Theologe, Historiker, Religions- und Pastoralpsychologe seit vielen Jahren mit religionspsychologischer Arbeit mit historischen Dokumenten befasst..

Vorrede und Einleitung zum Katechismus

Die vorliegende evangelisch-christliche Religionslehre schließt sich an meine Lehrbücher der biblischen Geschichte an. In ihrer gegenseitigen Ergänzung sollen diese Schriften den gesamten biblischen Lehrstoff, gemäß dem Verstand, den die evangelische Kirche unter der Leitung des heil. Geistes daran gewonnen hat, und aus der Einsicht, die dem Verfasser in beide (Schrift und Kirche) vergönnt ist, nach seinen beiden Seiten als Geschichte und Lehre darlegen; ob auch vielleicht sie an ihrem Teile etwas zur Förderung der heilbringenden Erkenntnis in der Gemeinde und vornehmlich bei der heranwachsenden Jugend der gebildeten Stände mitzuwirken vermöchten. Der Verfasser hatte bei Abfassung des vorliegenden Lehrbuches vornehmlich die mittlere Stufe des Religionsunterrichtes in evangelischen Gymnasien im Auge, doch mögen etwa auch Schullehrerseminarien und Realschulen, die in Beziehung auf den Religionsunterricht mit der bezeichneten Stufe der Gymnasialbildung ungefähr gleiche Bedürfnisse haben, mit eingeschlossen sein. dass ich den kleinen Lutherischen Katechismus zu Grunde gelegt habe, sollte kaum innerhalb der evangelischen Kirche einer Rechtfertigung bedürfen. Da indes dies über aus köstliche Enchiridion christlichen Glaubens und Lebens meist nur dem Elementarunterrichte der Religion angewiesen wird, und darin faktisch ein Zweifel an seiner Angemessenheit für die höheren Unterrichtsstufen ausgesprochen liegt, so mögen dennoch einige Worte der Rechtfertigung (die übrigens zum Teil schon im Lehrbuch selbst § 710 angedeutet ist) hier am Platze sein. Am allerwenigsten vermochte die Meinung, dass die betreffende Bildungsstufe über die fünf Hauptstücke und deren einfältige und elementare Erklärungen im kleinen Katechismus Luther’s hinaus sei, mich anders zu bestimmen, denn ich weiß aus eigener Erfahrung, dass dieses einfältigen und unscheinbaren Worte eine Fülle von Gottesweisheit umschließen, an der der Lehrer mit dem Schüler noch immerdar zu lernen hat. Zum Überfluss erinnere ich noch an die Vorrede Luther’s zum großen Katechismus, wo er mit fast zu derben Geißelhieben die vornehm tuenden Verächter des Katechismus züchtigt und unter Anderem von sich selbst sagt: Das sag ich aber auch für mich; ich bin auch ein Doktor und Prediger, ja so gelehrt und erfahren, als die alle sein mögen, die solche Vermessenheit und Sicherheit haben, noch tue ich wie ein Kind, das man den Katechismus lehret und lese und spreche auch von Wort zu Wort des Morgens und wenn ich Zeit habe, die zehn Gebote, Glauben, das Vater Unser, Psalmen usw. Und muss noch täglich dazu lesen und studieren, und kann dennoch nicht bestehen, wie ich gern wollte, und muss ein Kind und Schüler des Katechismus bleiben, und bleib es auch gerne. Und wie Luther braucht sich auch heut zu Tage kein Doktor der Theologie zu schämen, sich und die Seinen an der Glaubensplerophorie des kleinen Katechismus Luther’s zu messen, zu üben und zu kräftigen. Es gilt ja wohl von allen feinen Hauptstücken, was Lehnerdtich vom ersten so treffend und wahr sagt: dass schon an der Stelle, wo in der Mitteilung der biblischen Geschichte die Gesetzgebung in die Erzählung hereintritt, von dem Schüler zu fordern sei, dass er die zehn Gebote und zwar sogleich in Verbindung mit der klassischen Erklärung Luther’s im kleinen Katechismus auswendig lerne, um sie nie wieder zu vergessen, und um sie progregiendo bis zur obersten Unterrichtsstufe hin mit seinem Verständnisse in der Art zu durchdringen, dass sie ihm sein Leben lang ein teures Kleinod bleiben.

Das ist der erste Gesichtspunkt, der mich veranlasste, den kleinen Lutherischen Katechismus meiner Religionslehre zu Grunde zu legen. Der zweite ist der des Bekenntnisses. Der Religionsunterricht in der Schule steht im Dienste der Kirche und soll darum durch und durch vom kirchlichen Ichbewusstsein beseelt und getragen sein, und damit dies unverhohlen hervortrete und dem Unterrichte im Auge des Lehrers wie des Schülers das die Lehre beständig an der Stirne geschrieben sei, muss er vom Bekenntnisse ausgehen und immerdar zu demselben zurückkehren. Unter den Bekenntnischriften eignet sich aber vorzugsweise der kleine Lutherische Katechismus zu diesem Zwecke, einmal wegen seiner Prägnanz und Kürze, dann wegen seiner alles Wesentliche umfassenden Vollständigkeit und endlich wegen seines rein thetischen, positiv-konfessionellen Charakters. Der dritte Gesichtspunkt ist die durchaus praktische, urkräftig populäre Anordnung und Einteilung des Lutherischen Katechismus. Diese ist mit ebenso festem und sicherem als glücklichem Griff aus dem Leben gegriffen, und vermag darum auch wie keine andere ins Leben einzuführen. Sie ist den Wegen Gottes mit dem Menschengeschlecht im Ganzen und mit jedem Menschenherzen ins Besondere ab gelernt und ist dazu eine echt evangelisch-protestantische (s.§ 9 10 des Lehrbuchs), die wie keine andere das evangelisch protestantische Bewusstsein zu wecken und zu kräftigen geeignet ist· neuerlich noch, und gewiss mit Recht, ist fast allen, selbst den bessern Lehrbüchern für Gymnasien der Vorwurf gemacht worden, dass meistens noch zu viel rein theologisches Material aufgenommen und überhaupt noch zu viel Theologie darin anzutreffen sei, während von der Forderung, dass in den evangelischen Gymnasien nicht Theologie, sondern Religion gelehrt werden soll, nicht abzugehen sei. Ich habe mich ernstlich bestrebt, diese Versuchung, die dem Religionslehrer, wenn er Theologe vom. Fach ist’, allerdings sehr nahe liegt, zu überwinden, und es ist unleugbar, dass die Grundlage, die ich gewählt, und der Lehrgang, den mir dieselbe vorschrieb, mich dabei kräftig unterstützen mussten. Übrigens vergesse man nicht, dass jene allerdings unerlässliche Bedingung eines zweckmäßigen Unterrichts weder den Lehrer von der Forderung einer wissenschaftlichen Durchdringung und organischen Gliederung des Stoffs, noch den Schüler von der Pflicht eines nach Kräften angestrengten Denkens (oder vielmehr Nachdenkens) entbindet. Noch über einen Punkt, über welchen ich mit der herrschenden Ansicht nicht ganz einverstanden sein kann, erlaube man mir, mich kürzlich auszusprechen. Man fordert von einem guten Lehrbuch der Religion für höhere Lehranstalten, dass es reich an Andeutungen sei und die Ausführung derselben dem mündlichen Unterrichte überlasse. Es versteht sich nun wohl von selbst, dass das Lehrbuch als Grundlage des mündlichen Unterrichtes durchaus nicht Alles explicite darbieten soll, was der Lehrer zu sagen hat. Es muss allerdings mehr andeutend als ausführend sein. Aber es gibt zweierlei Art von Andeutungen: formale und materiale. Material nenne ich nämlich die Andeutung, wenn in einem Worte oder Satze eine ganze Reihe von Gedanken schon implicite enthalten ist, so dass der Leser bei gehöriger Ausbildung und Anwendung seiner geistigen Vermögen sie aus ihm selbst entwickeln kann. Solche Andeutungen bestehen also vornehmlich in der möglichsten Kürze, Gedrängtheit und Prägnanz der Darstellung u. s. w. Formale Andeutungen hingegen möchte ich solche nennen, wo die andeutenden Worte oder Sätze nicht das, was sie unausgeführt lassen, schon in sich selbst enthalten, sondern vielmehr voraussetzen, dass es dem Leser von wo anders her bereits bekannt sei. Derartige Andeutungen sind also mehr Stich- und Schlagwörter, die den Leser an eine ihm schon hinlänglich bekannte Gedankenreihe erinnern sollen, nicht aber sie ihm selbst darbieten können. Nun scheint es mir aber einleuchtend, dass bei einem Lehrbuch nur die materiale Andeutungsweise unbedingt zu billigen und zu fordern, hingegen die formale zwar nicht ganz zu verwerfen, aber doch nur sparsam anzuwenden sei. Hätte das Lehrbuch bloß die Bestimmung, dem Lehrer zum Leitfaden seines Unterrichtes zu dienen, so wäre freilich die unbeschränkte Anwendung der letzteren Weise völlig an ihrem Platze und in ihrem Rechte. Aber dasselbe Buch, das in der Hand des Lehrers ein Lehrbuch ist, soll in der Hand des Schülers ein Lernbuch sein. Denn Schrift und Kirchenlehre sind historisch gegebene Tatsachen, und müssen darum ebenso wohl gelernt als gelehrt werden. Es genügt nicht, dass der Schüler dem Religionsunterrichte in der Schule aufmerksam folge, er muss sich den Inhalt des selben tief, fest und sicher in sein Gedächtnis und seine Erkenntnis einprägen, und dazu bedarf es einer sorgfältigen und öfters Wiederkehrenden Repetition. Nun lässt es sich aber nicht erwarten und man kann es auch billigerweise nicht verlangen, dass dem Schüler von dem bloß einmaligen Anhören des Unterrichtes bei einer nach Wochen oder Monaten stattfindenden häuslichen Repetition, bei der er sich selbst überlassen ist, die mündlich gegebenen Ergänzungen solcher formalen Andeutungen im Lehrbuch noch in ihrer ganzen Frische und Vollständigkeit gegenwärtig sein sollten.

Im April 1844


Kommentar des Herausgebers

Wie Kurtz selbst in einer Anmerkung betont, steht sein Katechismus zwischen seiner Biblischen Geschichte und dem Lehrbuch der Heilsgeschichte Auch aus seiner Beschäftigung mit dem Dekalog fußen die Überlegungen, Schrift und Kirche zugunsten von Gottesweisheit und Heilserkenntnis für die heranwachsende gebildete Gemeindejugend zueinander in Beziehung zu setzen. Als Gründe für die Wahl des Lutherischen Katechismus als Vorlage nennt er dessen Glaubensplerophorie, seine kirchliche Anbindung als Bekenntnischrift und seine praktische und populäre Struktur; Äußerdem biete er als Lehr und Lernbuch mehr als nur die traditionellen Andeutungen für das Unterrichtsgespräch; entsprechend ist der Katechismus auch mit zahlreichen Belegen angreichert, die weit über die Vorlage hinausgehen.

 



Der Katechismus (Fortsetzung)


E i n l e i t u n g zur...

Erscheint lt. Verlag 27.7.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Religion / Theologie Christentum
ISBN-10 3-7519-5988-2 / 3751959882
ISBN-13 978-3-7519-5988-9 / 9783751959889
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