Wo sind sie geblieben? -  Harald Kirschninck

Wo sind sie geblieben? (eBook)

Biografien und Geschichten der Juden von Norderney L - Z
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2020 | 1. Auflage
400 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7519-8608-3 (ISBN)
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Die Nordseeinsel Norderney galt bis zum Beginn des Nationalsozialismus als Judenbad. In den zwei vorliegenden Bänden "Wo sind sie geblieben?" werden die Biografien und Geschichten von 115 jüdischen Einwohnern und langjährigen Saisonarbeitern der Insel erzählt. Das Buch stellt die Menschen in den Vordergrund, ihre Biografien, ihre Familien und ihre Leiden. Dabei wird auch der Weg nachverfolgt, den diese gegangen sind, als sie Norderney verließen, freiwillig oder gezwungen. Hierbei wurden die Biografien zum Teil bis in die Enkelgeneration beschrieben. Ausführlich werden die Schicksale der jüdischen Mitbürger in der Zeit des Nationalsozialismus und ihre Deportationen geschildert.

Der Autor Harald Kirschninck studierte an der Universität Hamburg Geschichte und Chemie, absolvierte die beiden Staatsexamen für das höhere Lehramt, arbeitete 25 Jahre als Pharmareferent und veröffentlichte elf Bücher über die Geschichte und die Schicksale der Juden von Elmshorn. Heute arbeitet Harald Kirschninck als Heilpraktiker in Elmshorn und auf Norderney. Zeitgleich erscheint ein Buch über die Geschichte der Juden auf Norderney von Kirschninck unter dem Titel "Nordseebad Norderney ist judenfrei!". Die Geschichte der Juden von der Niederlassung bis zur Deportation.

Leo, Paul
Name: Paul Leo
Geburtsdatum: 9.1.1893 Göttingen (1)
Sterbedatum: 10.2.1958 Dubuque /Iowa (2)
Friedhof: Saint Johns Lutheran Cemetery, Dubuque
Eltern: Friedrich Leo und Cécilie Hensel (3)
Heirat: 1) unbekannt 2) 1940
Ehepartner/-in: 1) Anna Siegert, 2) Eva Dittrich (4)
Kinder: Anna (1931), Christopher (1941), Monica (1944) (5)
Beruf: Ev. Theologe, Pastor, Professor für Neues Testament (6)
Wohnort Norderney: Gartenstrasse (7)
Auf Norderney seit: 1923 (8)
Umzug: 1930 (9)
Emigration: 1939 Niederlande, USA
Weitere Wohnorte: Göttingen, Marburg, Tübingen, Osnabrück, Pittsburgh
(USA), Dubuque (USA)

Paul Leo mit seiner zweiten Frau Eva Dittrich.

Aus: https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Leo

Paul Leo wurde am 9. Januar 1893 in Göttingen als Sohn des klassischen Philologen Friedrich Leo und der Cécile Hensel geboren. Die Familien beider Eltern waren jüdischer Herkunft, aber schon seit dem frühen 19. Jahrhundert evangelischer Konfession. Mütterlicherseits war er Urenkel des Aufklärungsphilosophen Moses Mendelssohn und Großneffe des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy. (10)

Nach dem Abitur am Göttinger Gymnasium studierte Paul Leo an der Universität Göttingen zunächst Geschichte, später in Marburg und Tübingen Theologie. Aus gesundheitlichen Gründen musste er sein Studium mehrmals unterbrechen. 1928 wurde er in Marburg zum Dr. theol. promoviert. (11)

Während dieser Zeit arbeitete er aber schon seit 1923 auf Norderney als evangelischer Pastor. Er wohnte in der Gartenstraße. (12) Schon 1926 hatte Paul Leo sich von Norderney aus auf eine freie Stelle in Osnabrück-Schinkel beworben, wo Richard Karwehl Pastor war, wurde aber nicht gewählt. (13)

Karwehl urteilte: ,,Er würde wohl ziemlich sicher gewählt werden, wenn er nicht zu 7/8 Jude wäre. Aber darüber setzen sich die Osnabrücker Spießbürger wohl nicht hinweg.” (14)

Schließlich kam Leo 1930 nach Osnabrück als Anstaltspfarrer, insbesondere im städtischen Krankenhaus, im Gefängnis, in der Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt, in der Provinzial-Hebammenlehranstalt sowie in der Taubstummenanstalt. (15)

Bald traf ihn ein persönlicher Schicksalsschlag: Seine erste Frau, Anna Siegert, starb im Mai 1931, wenige Tage nach der Geburt der ersten Tochter, Anna. (16)

„Leo gehört in Osnabrück zu einer Gruppe von Pfarrern, die sich als Ableger der oppositionellen „Bekennenden Kirche“ auf dem Terrain der hannoverschen Landeskirche entwickelt und den staatlichen Totalitätsanspruch als Attacke auf die Berufung des Christen erkennt: Das „Reich Gottes“, hatten diese Geistlichen schon im April 1933 in ihren Kirchen verkündet, sei „die Offenbarung der ewigen Welt an die Menschen aller Völker und Rassen durch Christus“.

Ende September 1933 hatte Pastor Leo bereits seine staatliche Teilzeitstellung als Gefängnisseelsorger verloren, 1935 kündigt der Osnabrücker Oberbürgermeister ihn als Seelsorger am Städtischen Krankenhaus. Der Gemeinde Haste, in der Leo daraufhin unter wachsender Zustimmung der Gemeinde als Prediger eingesetzt worden war, wird im Frühjahr 1938 vom Staat der Entzug finanzieller Förderung und der Genehmigung für einen Kapellenbau angedroht. Leo verzichtet daraufhin auf sein Amt, um die Gemeinde nicht unter Druck zu setzen. Kollegen plädieren vergeblich für ihn, die Kirchenleitung versetzt ihn gegen seinen Willen in den einstweiligen Ruhestand. In den folgenden Monaten bereitet er Kandidaten der „Bekennenden Kirche“ in einem Untergrundseminar auf ihr Pfarramt vor. Am 10. November, während der Verhaftungswelle der Pogromnacht, wird er ins KZ Buchenwald verschleppt und dort misshandelt. Im Lager kann er Andachten für Christen jüdischer Herkunft abhalten. Für seine Freilassung, die nach sieben Wochen erfolgt, setzen sich der Heidelberger Stadtpfarrer Hermann Maas, ein Pionier des christlich-jüdischen Dialogs, und der Bischof von Chichester George Bell, ein ökumenischer Mitstreiter, ein.“ (17)

1937 hatte Leo in Hannover bei einer Ausstellung über kirchliche Kunst seine spätere zweite Frau, Eva Dittrich kennengelernt, eine Kunsthandwerkerin, die in Hildesheim ein eigenes Studio besaß. Wegen der Nürnberger Gesetze war eine Heirat ausgeschlossen. Leo besuchte sie aber gelegentlich in Hildesheim, und sie schrieben sich regelmäßig. Im Sommer 1938 bat er sie, den Briefwechsel einzustellen, damit sie nicht durch ihn gefährdet würde. (18)

Dr. Paul Leo wurde bei dem Novemberpogrom 1938 verhaftet und in das „KZ Buchenwald“ eingeliefert. Von dieser Zeit berichtete Eva Dittrich:

„Eva Dittrich hatte in Hildesheim die rauchende Ruine der Synagoge und die zerstörte „Judengasse“ gesehen sowie von Verhaftungen gehört und sofort das Schlimmste geahnt. Sie erkundigte sich telefonisch, aber über Einzelheiten zu sprechen, war wegen der Abhörungen zu gefährlich. So fuhr sie am kommenden Wochenende nach Osnabrück und sah das Schreckliche bestätigt. Der Hauswirt berichtete ihr:

„In der Nacht vom 8. zum 9. (sic, aber es wird die Nacht vom 9. zum 10. gewesen sein, HCB) November klopften einige SS-Männer an seine Tür und verlangten, dass Paul mitkommen solle. Der Hauswirt stand auf, weckte Paul, der noch nicht einmal die Zeit hatte, sich anzuziehen. Glücklicherweise hatte Fräulein Koch (die Haushälterin) die Geistesgegenwart, nach seinem Mantel zu greifen und ihm den über seinen Pyjama zu legen. Wohin sie ihn brachten - sie wusste es nicht. Aber bevor sie gingen, schlossen sie sein Arbeitszimmer ab und nahmen den Schlüssel mit."

Ein Sparbuch mit 13.000 RM an Kollektengeldern für den Bau der Kapelle in Haste, das Leo in seinem Schreibtisch hatte, wurde beschlagnahmt und erst nach einem dreiviertel Jahr und endlosen Verhören und Verhandlungen der Gemeinde zurückgegeben. Leo selbst wurde zunächst ,,im Keller des hiesigen Schlosses ... mit entwürdigender Arbeit betraut", dann nach Buchenwald gebracht. Nach einer Woche kam eine entsprechende Nachricht von dort. Jede Woche durfte er eine Postkarte an seine Schwägerin, die Frau seines Bruders Ulrich, der bereits nach Venezuela emigriert war, schicken mit der Nachricht, dass es ihm „gut“ gehe. Briefe empfangen durfte er nicht. Sicher durch Mitteilung der Osnabrücker Freunde stand sein Name bald auf der Fürbittenliste der BK (Anm. HK: Bekennende Kirche), freilich mit dem warnenden Zusatz: „Nur zur Kenntnisnahme, nicht zur Verlesung".

Ein Mitgefangener berichtete, Leo habe im KZ ,,nie seine Gelassenheit verloren, viel Zeit in stiller Meditation von Bibeltexten und in der Fürbitte verbracht". Pastor H. Bodensieck schrieb später, Leo habe ,,im überfüllten KZ in einem Winkel für die christlichen Nichtarier unter regster Beteiligung von letzteren, aber auch von Juden Andachten gehalten“. Ähnlich hat auch Eva Leo die Erinnerungen Leos an die KZ-Zeit festgehalten:

,,Er verlor ca. 30 Pfund. ... Seltsamerweise war er einer der wenigen, die nicht gefoltert wurden. Sie mussten alle auf einer hölzernen Bettstelle schlafen - seine einzige Decke war sein Mantel. Eine Tasse schwarzer Kaffee, ein Stück Brot, ein Teller dünne Suppe waren ihre ganze Nahrung. Kein Wunder, dass er, ein großer Mann, so viel Gewicht verloren hatte. Die eine Tasse Kaffee war die einzige Flüssigkeit, die sie bekamen. Deshalb gingen sie unter die Dachrinne, um ihren Durst zu stillen.

Und doch - er sagte es später immer wieder - die Zeit im KZ war eine der reichsten Zeiten seines Lebens gewesen. An einem unbeobachteten Platz traf er sich gewöhnlich mit einigen anderen Häftlingen, Juden und Nicht-Juden, um zu ihnen über das zu sprechen, was er durch sein Theologiestudium gelernt hatte: Sein Kreuz fröhlich und geduldig zu tragen. Wie lange er in dieser Stimmung und unter den Bedingungen hätte überleben können, ist eine andere Frage."

Eine Einladung holländischer Christen ermöglichte Leo die Emigration und damit die Freilassung. Mit der Auflage, binnen eines Monats Deutschland zu verlassen, kam Leo Ende Dezember frei. Am 29.12. schickte Leo...

Erscheint lt. Verlag 16.7.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Geschichte
ISBN-10 3-7519-8608-1 / 3751986081
ISBN-13 978-3-7519-8608-3 / 9783751986083
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