Kurze Geschichten vor langer Zeit
ecrivir-die textmacher (Verlag)
978-3-938769-31-7 (ISBN)
Bei dem vorliegenden elften Band der Projektreihe „Die Geschichte der Wedemark von 1930 bis 1950“ handelt es sich um die neue Herausgabe eines bereits im Jahr 2018 im Eigenverlag veröffentlichten Bandes. „Kurze Geschichten vor langer Zeit. Jugend von gestern“ – so lautet der Titel des Buches aus der Feder von Jürgen Hemme. Bei der Ausgabe des Jahres 2018 fällt auf, dass die drei Buchstaben „ich“ im Wort „Geschichten“ grafisch hervorgehoben wurden, um den autobiografischen Charakter des Textes zu unterstreichen.
Ziel des Projektes „Die Geschichte der Wedemark von 1930 bis 1950“ war und ist es nicht nur, lokalgeschichtliche Forschungen anzuregen, auch wichtige Quellen wie namentlich Zeitzeugeninterviews und schriftliche Erinnerungen der Einwohnerschaft sollen gesichert werden, um einen Beitrag zur Erinnerungskultur zu leisten. Deshalb war es ein Anliegen, auch die Gedanken von Jürgen Hemme – eigentlich für seine Enkelkinder schriftlich fixiert – in einer Form zu dokumentieren, die einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich ist.
Jürgen Hemme legt mit den „Kurzen Geschichten vor langer Zeit“ autobiografische Skizzen vor und erlaubt uns recht tiefgehende Einblicke in seine Familiengeschichte. Er berichtet aber auch über Bräuche und hält Anekdoten fest. Humorvolles wird folglich erzählt, doch sein inhaltlicher Schwerpunkt – die Kriegs- und Nachkriegszeit – bedingt auch, dass ernste Themen im Vordergrund stehen. Vieles wird schlaglichtartig präsentiert, dann wieder vertiefen sogar längere Zitate, wie die Wiedergabe von Briefen, bestimmte Aspekte. Und vor allen Dingen nimmt Jürgen Hemme kein Blatt vor den Mund und bezieht Position.
Das Unglück von Lindwedel In Lindwedel kreuzten sich 1944 ein vollbesetzter Personenzug und ein Güterzug, der Seeminen geladen hatte. Dieser wurde durch Tiefflieger beschossen. Ich denke heute, dass die Piloten Informationen darüber hatten. Es gab drei gewaltige Detonationen. Zuerst ging es schnell in den Keller, der bei Fliegeralarm immer aufgesucht wurde. Die Decke war zusätzlich mit Rundhölzern abgestützt und es gab Matratzen und Decken für die Nacht. Im Keller angekommen, hatte man das Gefühl, dass sich das Gebäude anhob. Ich soll gesagt haben „dat hat aber rummst“. Im Keller waren auch Roger, der belgische Kriegsgefangene und ‚Chef‘ auf dem Hof, auch Tante Martha, eine Verwandte aus Hamburg, die bei uns Zuflucht gefunden hatte und nun Roger wegen einer kleinen Verletzung verbinden wollte. Aber das Verbandszeug war nicht hier. Mama lief trotz der Gefahr nach oben, um es zu holen. Dann erfolgte die dritte Detonation. Durch die Druckwelle schlug hinter ihr die Küchentür zum Flur zu und zerbrach in viele Stücke. Als Mama wieder unten war, hatte sich ihr Dutt aufgelöst und hing als Zopf am Rücken herab. Wir hatten nur kleinere Schäden, das Dach über der neuen Scheune war zu etwa 20 Quadratmetern abgedeckt. Die Wand vom Schweinestall, heute Büro, war zum Innenhof nach außen gedrückt worden, stand aber noch. Sie wurde in den 50er-Jahren neu aufgebaut. Onkel Heinrich und Tante Martha hatten das Zimmer über dem Hauseingang. Auf der Fensterbank standen Blumentöpfe mit Untertassen. Diese standen dann unten, unversehrt, wie von Hand hingestellt. Die Pferdestalltür war durch einen Stecken gesichert, dieser flog heraus. Unser Moritz lief zum Hohen Legden. Hansel Backhaus erzählte, dass Bussen Scheune in Plumhof ganz abgedeckt worden war. Sie waren gerade zu Besuch bei ihren Verwandten in Langenhagen und dort hätten die Fensterscheiben geklirrt. Der Kommentar seines Vaters war, „wo das hingekommen ist, da hat es aber Luft gegeben“. Papa fuhr nach Lindwedel, um sich ein Bild zu machen. Er hat unter den vielen Leichen seine Schwester sowie Gerda und Marianne, unsere Cousinen, aus Wolterdingen bei Soltau gesucht. Er war sich aber sicher, dass Sie nicht im Zug waren. Die Toten hätten einen Bubikopf getragen, Tante Gertrud hatte aber eine traditionelle Frisur. Am Nachmittag durften wir Kinder auch mit. Ich erinnere mich an einen ganz langen, tiefen Graben, etwa in Länge eines Zuges. Am Bahnübergang, rechter Hand in Richtung Lindwedel, stand ein Hof. Dieser war verschwunden, genauso der Bahnhof – einfach weg.
Erscheinungsdatum | 18.11.2020 |
---|---|
Reihe/Serie | Die Geschichte der Wedemark von 1930 bis 1950 ; 11 |
Co-Autor | Alwine Hemme |
Vorwort | Martin Stöber |
Verlagsort | Hannover |
Sprache | deutsch |
Maße | 150 x 210 mm |
Gewicht | 180 g |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Geschichte / Politik ► Politik / Gesellschaft |
Geisteswissenschaften ► Geschichte ► Regional- / Ländergeschichte | |
Schlagworte | Lokalgeschichte • Nationalsozialismus • Regionalgeschichte |
ISBN-10 | 3-938769-31-9 / 3938769319 |
ISBN-13 | 978-3-938769-31-7 / 9783938769317 |
Zustand | Neuware |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
aus dem Bereich