Aspekte der Ortsgeschichte 2

Nachkriegszeit - Postsendungen - Reichsarbeitsdienstlager
Buch | Softcover
80 Seiten
2020 | 1. Erstausgabe
ecrivir-die textmacher (Verlag)
978-3-938769-32-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Aspekte der Ortsgeschichte 2 - Timo Boje, Julian Pelser, Tim Puckhaber, Petra Mensing, Eckhard Martens
10,60 inkl. MwSt
Mit dem Band 12 der Reihe zur Geschichte der Wedemark von 1930 bis 1950 wird der zweite Sammelband vorgelegt. Die Beiträge analysieren dramatische Ereignisse des Jahres 1945, wagen einen Blick in Paketsendungen, die Familienangehörige um 1946/48 aus den USA ihren Lieben in der Wedemark sandten und halten die Erinnerung an ein Lager des Reichsarbeitsdienstes im Raum Negenborn–Resse wach.
Bei der zwölften Publikation aus der Reihe „Die Geschichte der Wedemark von 1930 bis 1950“ handelt es sich um einen Sammelband mit Beiträgen zu unterschiedlichen Themen.
Für den Abschnitt „Die Nachkriegszeit in der Wedemark im überregionalen Kontext“ sind drei Autoren verantwortlich: Timo Boje, Julian Pelser und Tim Puckhaber. Sie studieren am Historischen Seminar der Leibniz Universität in Hannover und legen einen Text vor, der dort im Rahmen eines „Praxismoduls“ erarbeitet wurde. Inhaltlich geht es um Ereignisse in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges und in der ersten Phase der Besatzungszeit. Eine studentische Arbeit darf sich aber nicht chronikhaft auf die Schilderung der Geschehnisse in einer Gemeinde beschränken. Im Rahmen der wissenschaftlichen Ausbildung ist es ein Ziel, den Einzelfall in übergeordnete Zusammenhänge einzuordnen, möglichst vergleichend zu arbeiten und die eigenen Forschungen zu reflektieren. Daher geht es im Text nicht nur um die Wedemark.
Für den zweiten Beitrag zeichnet Petra Mensing verantwortlich, deren lesenswerte Publikation „Seid alle herzlich gegrüßt, Eure Minnie“ seit 2018 viele Bibliotheken der Wedemark bereichert. Auch im vorliegenden Band greift die Autorin auf den familiären Bestand des Briefwechsels, auf die intensive Kommunikation ihrer Großeltern mit der in den USA lebenden Schwester des Großvaters, Minna Johanne Faltin, genannt Minnie, zurück. Dabei geht es konkret um Hilfeleistungen aus Übersee, die in Form prallgefüllter Pakete in Bissendorf eintrafen. Diese privaten Postsendungen, insbesondere aber auch die „Care-Pakete“ konnten sogar lebenswichtig sein, wie Petra Mensing in einem einführenden Abschnitt erläutert. Ein „Blick“ in die Pakete zeigt uns dann im Detail, welche Geschenke 1946/48 Familie Alschner aus New York erreichten und was manche Gabe auslöste.
Eckhard Martens ist mit einer Ausarbeitung vertreten, die über das Reichsarbeitsdienstlager zwischen Negenborn und Resse, das seit 1932 bestand und auch nach dem Zweiten Weltkrieg noch als Unterkunft für Flüchtlinge und Vertriebene diente, informiert. Es besteht zwar weiterhin Forschungsbedarf und hoffentlich können noch einschlägige Quellen ermittelt werden. Dennoch liefert Eckhard Martens einen ersten populärwissenschaftlichen Überblick, der lokale Aspekte und den Alltag in den Reichsarbeitsdienstlagern beschreibt, aber auch Informationen zur allgemeinen Geschichte des Reichsarbeitsdienstes präsentiert.

Manchmal erteilte Minnie auch Ratschläge zu den Inhalten: „Anbei werdet ihr 2 Paar ‚Nylons‘ finden, ist etwas sehr gutes. Wenn ihr sie vorsichtig behandelt und im lauwarmen, milden Seifenwasser wascht und gut kalt spült, haben diese Strümpfe eine kolossale Dauer – wenn man nirgends dran hängen bleibt. Lottie trägt im Sommer und Winter diese Nylons, sie wäscht sie jeden Abend aus. Vielleicht hat es vor dem Kriege bei Euch auch so etwas gegeben? Hier gab es die Dinger für Jahre nur auf dem Schwarzmarkt, wir haben für ein Paar 3 bis 5 Dollar bezahlt! – So könnt Ihr zum Sommer Eure Beine ein bisschen hübsch machen.“ Großmutter Magdalena kommentiert die Nylons später mit: „Liesel strahlt. Mutti hat Angst“. Im März 1947 schrieb Minnie, dass Peter Schwierigkeiten mit seinem Gebiss habe. Auch Friedrich senior hatte zu diesem Zeitpunkt keine eigenen Zähne mehr, sodass Minnie kurzerhand folgenden Vorschlag machte: „Lieber Friedel, vielleicht können wir Dir mal so alte Gebisse mitschicken und Du kannst sehen, ob sich etwas damit machen lässt?“ Gleich im nächsten Paket setzte Minnie diese Idee in die Tat um, sodass Magdalena Ende Mai 1947 tatsächlich ein Gebiss auspacken konnte. Im Juni bekam Friedrich junior ein weiteres Geschenk zum Geburtstag, eine Tüte Bonbons und Schokoladenplätzchen. Es blieb nicht unbemerkt, dass im Hause Alschner Pakete aus Amerika ankamen: Bereits Ende 1946 müssen sich die Bissendorfer darüber unterhalten haben, denn Minnie schrieb am 1. Januar 1947: „Friedel, was die Leute sich mit einem Mal so erkundigen“. Der Inhalt des Pakets aus dem Juli 1947 sorgte dann erst recht für Gespräche. Davon erfuhr auch Minnie in New York: „So, Magdalenchen, Dein Pelzmantel ist nun fertig. Da freue ich mich, dass es doch noch dazu gereicht hat. Ja, natürlich bist Du jetzt bei den Bissendorfern übergeschnappt, wie kann die Alschnersche sich denn aber auch so etwas anschaffen. Das würde mich wenig stören, die sehen ihren Nachbarn ja am liebsten in Lumpen herumlaufen. Nur kein Neid, wer hat der hat.“

Erscheinungsdatum
Reihe/Serie Die Geschichte der Wedemark von 1930 bis 1950 ; 12
Vorwort Martin Stöber
Verlagsort Hannover
Sprache deutsch
Maße 150 x 210 mm
Gewicht 190 g
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Geisteswissenschaften Geschichte Regional- / Ländergeschichte
Schlagworte Lokalgeschichte • Nationalsozialismus • Regionalgeschichte
ISBN-10 3-938769-32-7 / 3938769327
ISBN-13 978-3-938769-32-4 / 9783938769324
Zustand Neuware
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