Lieben (eBook)

Warum das größte aller Gefühle in Wahrheit eine Haltung ist
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
224 Seiten
Kailash (Verlag)
978-3-641-26605-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Lieben -  Jens Corssen,  Stephanie Ehrenschwendner
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Der Selbst-Entwickler für die Liebe.
Uns alle eint die Sehnsucht nach Eins-Sein, wie es uns das Gehirn im Rausch der Verliebtheit vorgaukelt. Doch die Verantwortung für Lebensfreude und Verbundenheit lässt sich nicht an einen Partner delegieren. Liebe ist eine Frage der inneren Haltung, sagen Jens Corssen und Stephanie Ehrenschwendner, und zeigen, wie man diese bewusste, erwachsene Form der Liebe lebendig macht: Der Wandlungsprozess setzt ein, wenn wir das Leben bejahen und in gehobener Gestimmtheit bleiben - auch in Phasen als Single oder Beziehungskonflikten. Er setzt sich fort, wenn wir unsere Einzigartigkeit in all ihren Facetten entwickeln. Indem wir uns von hinderlichen Denk- und Verhaltensmustern lösen, können wir uns auf ein gelingendes Miteinander ausrichten. Dann kann wahre Verbundenheit wachsen.

Jens Corssen ist Diplompsychologe, Verhaltenstherapeut und psychologischer Berater für Persönlichkeitsentwicklung und gelingende Beziehungen. Seit 50 Jahren berät er Menschen, ihre persönlichen und beruflichen Schwierigkeiten zu lösen. Der Selbst-Entwickler®, dessen Philosophie und Praxis zu Corssens Markenzeichen wurden, gehört zu den erfolgreichsten psychologischen Konzepten im deutschsprachigen Raum. Jens Corssen lebt in München.

Das Gehirn ist das Organ der Liebe

Herzrasen. Dauergrinsen. Die Minuten zählen, bis man sich wiedersieht. Über nichts anderes als das Objekt der Begierde reden können. Stundenlange Telefonate. Sich tief in die Augen schauen. Endlose Küsse. Durchwachte Nächte voller Zärtlichkeit und himmlischem Sex. Am nächsten Morgen trotz Schlafmangel mit Elan durch den Tag flattern. Romantische Wochenenden. Lange Liebesschwüre per WhatsApp. Sich seelenverwandt fühlen. Vor lauter Liebe nichts essen können und fünf Kilo abnehmen. Unzählige Male dieselbe Ballade anhören, die beim ersten Kuss gespielt wurde. Sich endlos zurechtmachen, um für den anderen begehrenswert zu sein. In Komplimenten der Mitmenschen baden, weil man nie besser aussah ...

Frisch Verliebte schweben auf einer riesigen rosaroten Wolke. Das Herz läuft ihnen über. Sie könnten das Leben ständig umarmen. Nichts Schlechtes kommt an sie ran. Sie ärgern sich kaum über einen Stau oder eine Serie roter Ampeln, sondern nutzen jede Sekunde, um sich gedanklich an ihrer Liebe zu laben. Sie sind auch bessere Kollegen. Wenn Frau Müller aus dem Marketing Unfug redet, stören sie sich nicht daran, auch wenn sie vorher eher genervt oder verärgert reagierten. Sie fühlen sich dem Liebsten und dem Leben nah.

Die große Verführung an dieser romantischen Verliebtheit ist: Sie macht uns glauben, eine solch magische Verbundenheit müsse ewig währen, bis dass der Tod uns scheidet. Liebe ist auch ein Synonym für Sicherheit und Geborgenheit. Das Gefühl der Zugehörigkeit, das Sich-nicht-allein-Fühlen, gehört zu den Grundbedürfnissen des Menschen und findet in dem Wunsch nach liebender Einheit einen Ausdruck. Tief in unserem Inneren sehnen wir uns alle zurück in den Mutterleib. Da war es schön warm und geschützt. Romantische Verliebtheit löst ein ähnliches Gefühl aus. Die Verbindung mit dem anderen verspricht Schutz und Geborgenheit. Liebesromane, Hollywood-Schmonzetten, romantische Poesie und Schlager gaukeln uns vor, das Glück käme über die Beziehung zu uns. Das Leben sei dann wunderbar. Und es soll bitte immer so bleiben. Wer sich verliebt, wer heiratet, hat nicht selten das Gefühl: Endlich habe ich es geschafft. Endlich bin ich ganz. Jetzt geht es mir gut.

Im Rausch dieser Gefühle sehen wir über kleinere oder größere Makel des anderen großzügig hinweg – bis wir eines Tages von der rosaroten Wolke fallen. Die Wirklichkeit zieht in die Beziehung ein: Dann sind viele Menschen unzufrieden, weil ihnen auf einmal etwas fehlt, weil sie vom Partner enttäuscht sind, sobald er ihre Erwartungen nicht erfüllt, und weil die Dinge nicht so laufen, wie sie es gern hätten – was doch eher die Regel ist als die Ausnahme. »Die Ewigkeit war unser Plan«, besingt eine deutsche Schlagersängerin diese Fallhöhe und »1000 Himmel stürzen ein«, wenn es nicht mehr so ist. Der Schauplatz des Miteinanders wechselt vom Himmel in die Hölle.

Die romantische Verliebtheit ist ein Geschenk der Biologie und zugleich eine Sonderphase, die in der Regel sechs bis achtzehn Monate dauert. Dieser vorübergehende Zustand entsteht, auch wenn das unromantisch klingen mag, aufgrund eines berauschenden biochemischen Cocktails aus Hormonen und Botenstoffen wie Dopamin, Oxytocin, Serotonin, die in unserem Gehirn ein Liebesfeuerwerk entzünden und uns in einem Gefühl des Eins-Seins wiegen. Diesem Zustand jagen die meisten Menschen über alle Kulturen hinweg ihr Leben lang hinterher. Jedoch vergeblich. Unser Gehirn kümmert sich nämlich nicht um dauerhaftes Liebesglück, sondern nur um unser Überleben. Es folgt gewissermaßen einem archaischen Dating-Programm, das im Dienst der Arterhaltung steht, um in einer sicheren Paarbeziehung die Aufzucht des Nachwuchses zu gewährleisten.

Liebe passiert im Gehirn, sagt der Neurowissenschaftler Manfred Spitzer. Auch wenn das Herz bei Verliebten ein bisschen heftiger schlage, sei das Gehirn das Organ der Liebe, weil dort unsere Emotionen verarbeitet werden, die sich dann wiederum in körperlichen Reaktionen zeigen. Spitzer vergleicht die romantische Verliebtheit aufgrund der vielen unbewussten chemischen Prozesse eher mit einer Sucht.

Tritt die Partnerschaft in eine nächste Phase ein, die nicht mehr hormonell gesteuert ist, mehr Alltag umfasst und im Prozess des Zusammenwachsens Konflikte mit sich bringen kann, stehen wir dem Menschen, den wir am meisten lieben, oft am kritischsten gegenüber. Vermutlich kennen Sie das in irgendeiner Weise, sonst hätten Sie nicht nach diesem Buch gegriffen. Die Enttäuschung ist größer, weil uns die Liebe sehr verletzlich macht. Damit geht jeder anders um: Die einen ziehen sich emotional zurück, und die anderen schlagen verbal auf den Partner ein.

»So habe ich mir das nicht vorgestellt!«, »Warum kann es nicht wieder so sein wie am Anfang?« oder »Du bist schuld, dass es mir nicht gut geht!« – fürchterliche Auseinandersetzungen und Rosenkriege sind das Ergebnis der irrationalen Annahme, ein anderer Mensch sei für unser Glück und Wohlbefinden verantwortlich. Das ist ein Wunschdenken, das die Beziehung belastet, weil die Erwartungen, egal ob man immer wieder darauf hinweist oder im Stillen klagt, spürbar für den anderen sind.

Ich habe mal einen Strafzettel bekommen, weil ich mein Auto unabgesperrt am Straßenrand stehen ließ. Das sei Anstiftung zu einer kriminellen Tat, hieß es in der Begründung. Ich würde es einem potenziellen Dieb leicht machen, den Wagen zu stehlen. So betrachtet müsste man eigentlich eine einstweilige Verfügung gegen Schnulzenromane, Kitschfilme und Schlagertexte erwirken, weil sie uns eine Welt vorspielen, die in der Realität keinen dauerhaften Bestand hat, aber der Sehnsucht der Menschen entspricht. Vor Jahren schaute ich mal das Konzert eines deutschen Schlagerstars im Fernsehen an. Die Atmosphäre war mit Emotionen aufgeladen. Die Anwesenden, überwiegend Frauen, hielten Wunderkerzen hoch, während sie inbrünstig mitsangen und sich mit verklärtem Blick zum Klang der schönen Melodien wiegten. Ich fand die Stimmung sehr traurig, sie kam mir wie kollektiver Weltschmerz vor. Diese Lieder beglaubigten die Sehnsucht nach der Liebe als Erlösung von den Übeln der Welt. Ein anderer kann uns aber nicht retten. »Ich kann nicht ohne dich, erst mit dir wird mein Leben ganz, du bist mein Himmel …« – solche Texte stiften doch, kommt es anders, wegen der Enttäuschung, dem Kummer, dem Ärger und den Rachegefühlen zur bösen Tat an. (JC)

Der Mythos von ewiger Liebe, Seelenverwandtschaft und Leid, wenn diese Sehnsucht sich nicht erfüllt, mag etwas Erbauliches haben, weil sich die Zuhörer vielleicht in ihrer Traurigkeit verstanden fühlen. Er fördert aber zugleich ein Gefühl der Bockigkeit, am Leben nicht als Ich, sondern nur als Wir teilnehmen zu wollen. Natürlich ist es schöner, zu zweit zu sein. Wir Menschen brauchen andere Menschen. Aber warum singt eigentlich kaum jemand davon, dass man auch allein glücklich und zufrieden sein kann?

Wir sind soziale Wesen und möchten liebevoll, empathisch, fürsorglich und großzügig sein. Wir sehnen uns nach Liebe – und doch ist unser Verhalten oft genau davon nicht getragen. Dabei ist es doch absurd, gerade den kritisieren und verändern zu wollen, den man am meisten liebt. Das verstimmt den Kläger und natürlich auch den Beklagten, weil er sich bevormundet oder gemaßregelt fühlt.

Manche verschließen sich der Liebe und bevorzugen, allein zu bleiben. Sie glauben, nicht wirklich lieben zu können. Oder sie empfinden die Welt um sich herum als zu neurotisch, um sich noch einmal einzulassen. Freundschaft hält dann oft, was die Liebe einst versprach. Freunde sind in der Regel sehr viel zugewandter und verständnisvoller als ein Liebespartner. Das liegt auch daran, dass der Grad der Erwartung niedriger ist. Freunde akzeptieren meist, dass es verschiedene Sichtweisen auf die Welt gibt. Sie müssen sich gegenseitig nichts vormachen und können sich zurücknehmen, wenn einer Sorgen hat. Der Absolutheitsanspruch an Freunde ist geringer als an den Partner. Die Erwartung, der andere müsse uns von der Ungewissheit des Lebens erlösen, und das Gefühl der Enttäuschung, weil das nicht funktioniert, lösen Frust aus.

Es ist erstaunlich, wie viele Menschen glauben, ihr Partner müsse sie verstehen, obwohl dieses Ansinnen wieder und wieder enttäuscht wird. Einmal saß ich auf einer Veranstaltung neben einer Frau, die sich genau darüber beklagte.

»Seit ich meinen Mann kenne, geht es mit mir bergab. Wieso versteht er mich einfach nicht?«

Das Paar war zu dem Zeitpunkt schon seit zwanzig Jahren verheiratet. Sie hatte sich die Rolle des Opfers zugewiesen und ihrem Mann die des Bösewichts.

»Ihr Mann muss gar nichts außer, wie wir alle, sterben«, antwortete ich.

»Aber wenn mich schon sonst keiner versteht, dann doch wenigstens mein Mann«, rief sie verärgert aus.

Ich gab ihr meine Serviette und bat sie, den folgenden Satz daraufzuschreiben und ihn täglich mehrmals zu lesen: »Mein Mann liebt mich so, wie er kann. Mehr ist nicht drin. Er muss mich nicht verstehen.« (JC)

Es gibt keine »schlechten« Beziehungen, nur Situationen, die für die Erwartungen des Einzelnen ungünstig sind. Deshalb wäre es ein kindisches Verhalten, darauf zu warten, dass der Partner sich ändert. Warten ist eine passive Form der Hoffnung, denn die Erfahrung, nichts ausrichten zu können, gefangen zu sein in schier ausweglosen Differenzen, macht trotzig und ohnmächtig. Und das trübt auf lange Sicht die Stimmung.

Viele Menschen laufen...

Erscheint lt. Verlag 16.11.2020
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Psychologie
Schlagworte Bewusstsein • Beziehung • beziehungsfähig • Beziehungsratgeber • eBooks • gehobene Gestimmtheit • Gesundheit • Neuronale Verknüpfungen • Partnerschaft • Persönlichkeitsentwicklung • Ratgeber • Selbst-Entwickler • Selbstliebe • Selbstverantwortung • verliebt
ISBN-10 3-641-26605-X / 364126605X
ISBN-13 978-3-641-26605-9 / 9783641266059
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