Die Psychologie der Dummheit (eBook)

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2019 | 1. Auflage
336 Seiten
Riva Verlag
978-3-7453-0692-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Psychologie der Dummheit -  Jean-François Marmion
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Ist eine Welt ganz ohne Dummköpfe möglich? Leider nein. Und dennoch sollte man über die Dummheit nachdenken, denn jeder kennt sie und jeder muss sie täglich ertragen. Die Dummheit ist - und zwar seitdem es den Menschen gibt - eine Bürde, von der wir uns nach Kräften befreien sollten. Obwohl Spezialisten für menschliches Verhalten, haben Psychologen noch nie den Versuch unternommen, der Dummheit auf den Grund zu gehen. Das Phänomen will allerdings erst verstanden werden, bevor wir den Kampf dagegen aufnehmen können. Und so versammelt dieser Band einige der namhaftesten Psychologen aus aller Herren Länder sowie Philosophen, Soziologen und Schriftsteller, die ihre Lesart dieses grundlegenden Wesenszugs des Menschen präsentieren. Eine Weltpremiere!

Jean-Françios Marmion ist Psychologe und Chefredakteur von Le Cercle Psy. Er arbeitet als Journalist für das Magazine Science Humaines und hat verschiedene Bücher bei Éditions Sciences Humaines herausgegeben.

Jean-Françios Marmion ist Psychologe und Chefredakteur von Le Cercle Psy. Er arbeitet als Journalist für das Magazine Science Humaines und hat verschiedene Bücher bei Éditions Sciences Humaines herausgegeben.

WARNUNG AN DEN LESER


LASST, DIE IHR HIER LEST, ALLE HOFFNUNG FAHREN!


»Der gesunde Menschenverstand ist die am besten verteilte Sache auf der Welt«, heißt es bei René Descartes.1 Doch wie steht es mit der Dummheit?

Ob sie nur tröpfelt oder trieft, ob sie dümpelt oder tost, sie ist allgegenwärtig und kennt weder Grenzen noch Schranken. Manchmal nur ein leises, beinahe schon angenehmes Plätschern, manchmal ein ekliger, stehender Schlammpfuhl, dann wieder ein Beben, eine stürmische Bö, eine alles auf ihrem Weg verschlingende, zertrümmernde, verhöhnende, besudelnde Flut, übergießt die Dummheit alles und jeden mit ihrem Schmutz. Und schlimmer noch – es wird gemunkelt, wir selbst seien die Quelle. Ich jedenfalls habe so ein Gefühl, als wäre ich nicht ganz dicht.

Die unerträgliche Schwerfälligkeit des Seins


Jeden Tag sieht, hört oder liest man unweigerlich von irgendwelchen Dummheiten. Zugleich begeht, denkt, erbrütet und verzapft ein jeder selbst auch immer wieder Dummheiten. Wir alle sind Gelegenheitsdummköpfe, die mal eben schnell Unsinn anstellen, der aber nicht gleich das Ende der Welt bedeutet. Der entscheidende Punkt dabei ist, dass man sich bewusst macht, falsch gehandelt zu haben, und das zu bedauern. Irren ist nun einmal menschlich, und seinen Fehler ehrlich zuzugeben ist schon die halbe Vergebung. Irgendwer hält einen ja immer für einen Esel, auch wenn man allzu selten selbst diese Person ist …

Aber abgesehen von solchen auf eher leisen Sohlen einherwandelnden, alltäglichen Torheiten hat man es unglücklicherweise auch immer mit dem lautstarken Getrampel von Dummköpfen erster Ordnung zu tun: selbstherrlichen, ihre eigene Dummheit herausschreienden Dummköpfen. Diese Sorte Dummkopf ist nun, egal, ob sie im Beruf oder in der Familie unseren Weg kreuzt, ganz und gar nicht belanglos. Diese Menschen machen einen fassungslos. Sie martern dich mit obstinatem Beharren auf ihrer haarsträubenden Blödheit und ihrer durch nichts gerechtfertigten Arroganz. Welche sie zementieren und betonieren, während sie deine Meinung, deine Gefühle, deine Würde am liebsten mit einem Federstrich vom Tisch fegen würden. Diese Leute vergiften dein Gemüt und machen es einem schwer, an eine Form von Gerechtigkeit auf Erden zu glauben. Selbst mit einem gerüttelt Maß an Nachsicht mag man in ihnen nicht seinen Nächsten erkennen.

Dummheit ist ein Versprechen, das nicht eingelöst wurde: das Versprechen von Verstehen und Vertrauen, preisgegeben vom Dummkopf, dem Verräter an der menschlichen Natur. Darum belegt man ihn auch gerne mit Schimpfworten aus dem Tierreich. Wir würden ihn gern nett finden, ihn zu unseren Freunden machen, doch dafür ist der Dummkopf nicht zu gebrauchen – er ist mit uns nicht auf Augenhöhe. Er leidet an einer Krankheit, gegen die kein Kraut gewachsen ist. Und da er sich ohnehin weigern würde, sich mit einem solchen Kraut kurieren zu lassen, aus der festen Überzeugung heraus, der einzige Einäugige in einer Welt voller Blinder zu sein, ist die Tragikomödie perfekt. Es verwundert nicht, wenn von diesem Zombie eine gewisse Faszination ausgeht, von seiner Scheinexistenz, seiner geistigen Nichtigkeit, seinem großspurigen, wesenhaften Anspruch, alle Menschen, alle, die etwas Großes geleistet haben, alle, die einfach nett sind, auf sein Niveau hinunterzuziehen. Schließlich möchte auch der Dummkopf aus Ihnen einen Hirnamputierten machen: Der Versager wird es sich nicht versagen, sich zum Richter über Sie aufzuwerfen. Der Dummkopf ist in seiner höchsten Form manchmal sogar intelligent, gebildet zumindest: Er würde so manches Buch (und seinen Verfasser gleich dazu) auf den Scheiterhaufen werfen – im Namen eines anderen Buches, einer anderen Ideologie oder im Namen dessen, was große Meister (ob nun ihrerseits Dummköpfe oder nicht) gelehrt haben. So sehr liegt es ihm im Blut, das Raster, das er über den Text legt, zu Gitterstäben eines Käfigs zu machen.

Der Zweifel macht irr, Gewissheit macht dumm


Der Dummkopf reinsten Wassers bricht ruckzuck, unwiderruflich und ohne mildernde Umstände den Stab über Sie, einfach auf den blanken Augenschein hin, den er dem engen Spalt zwischen seinen Scheuklappen entnimmt. Er weiß sich als eifrig besorgter Bürger zu präsentieren, um im Namen der Tugend, des Anstands oder des Respekts seinesgleichen um sich zu scharen und zur Lynchjustiz aufzurufen. Der Dummkopf jagt im Rudel und denkt in der Herde. Wie singt doch George Brassens: »Der Plural bekommt dem Menschen nicht gut. Sobald ihrer mehr als vier sind, sind sie eine Bande von Dummköpfen.« Und weiter: »Gepriesen sei, wer keine sakrosankten Ideale hat und sich damit begnügt, seinen Nachbarn nicht allzu sehr auf die Nerven zu gehen!« Leider lassen die Nachbarn sich diese Gelegenheit nicht immer nehmen!

Doch damit, Ihnen das Leben zu vermiesen, ist der penetrante Dummkopf noch nicht zufrieden. Wirklich zufrieden ist er stets nur mit sich selbst, und zwar unerschütterlich, immun gegen jede Art zögerlicher Unsicherheit. Und absolut sicher, im Recht zu sein. Der glückliche Dummschädel geht Ihnen auf den Sack, ohne sich deswegen einen Kopf zu machen. Der Dummkopf nimmt seine Überzeugungen für in Stein gemeißelte Wahrheiten, während alles Wissen doch letztlich auf Sand gebaut ist. Der Zweifel macht irr, Gewissheit macht dumm – da heißt es, sich für eine Seite entscheiden. Der Dummkopf weiß alles besser als Sie, ob es nun darum geht, was Sie denken oder fühlen, was Sie mit Ihren zehn Fingern anstellen oder was Sie wählen sollten. Er weiß besser als Sie selbst, wer Sie sind und was gut für Sie ist. Widersprechen Sie ihm, gießt er seine Verachtung und Beleidigungen über Ihnen aus und züchtigt Sie, freilich nur zu Ihrem Besten, im wörtlichen oder im übertragenen Sinn. Und wenn er es im Namen eines hehren Ideals ungestraft wagen kann, dann wird er vielleicht sogar versuchen, mit dem Müll, der in seinen Augen die Essenz Ihres Daseins ist, ein für alle Mal aufzuräumen.

Die bittere Wahrheit ist: Jede Form legitimer geistiger Selbstverteidigung wird zur Fallgrube. Versuchen Sie, den Dummkopf zur Vernunft zu bringen, ihn zu ändern, dann sind Sie verloren. Denn falls Sie es für Ihre Menschenpflicht halten, ihn zu bessern, meinen auch Sie zu wissen, wie er denken und sich verhalten müsste … nämlich wie Sie. Und schon sind Sie selbst zum Dummkopf geworden. Und ein Naivling obendrein, weil Sie sich einbilden, Sie könnten diese Herausforderung meistern. Was noch schlimmer ist: Je mehr Sie versuchen, einen Dummkopf zur Einsicht zu bewegen, desto mehr bestärken Sie ihn in seiner Meinung. Nur allzu gern wird er sich in der Rolle des Verfolgten sehen, der unbequeme Dinge sagt und folglich recht hat. Damit bestätigen Sie ihm nur, dass er sich vollkommen zu Recht für einen unerschrockenen Nonkonformisten hält, der Mitgefühl und Bewunderung verdient. Ein Querdenker eben … Vor dem Ausmaß dieses Fluches sollten wir erbeben: Versuchen Sie, einen Dummkopf zu bessern, und Sie haben ihn, weil das Scheitern auch für Sie inakzeptabel ist, in seiner Haltung bestärkt und sich zu seinesgleichen gemacht. Wo vorher nur eine Hohlbirne war, sind jetzt deren zwei. Wer die Dummheit bekämpft, bestärkt sie nur. Je heftiger wir gegen die Dunkelheit angehen, desto mehr frisst sie uns auf.

Apokalyptische Dummschwätzer


Die Dummheit kann folglich nicht an Macht verlieren, sie nimmt sogar exponentiell zu. Erleben wir also heute (mehr als gestern und deutlich weniger als morgen) ihr Goldenes Zeitalter? Wie weit man die Spuren der Schriftlichkeit auch zurückverfolgt, die besten Köpfe einer jeden Epoche scheinen das gedacht zu haben. Zu ihrer Zeit hatten sie vielleicht recht. Oder aber sie sind wie alle anderen auch zu alten Blödmännern geworden … Neu an unserer Zeit ist, dass ein Dummkopf und ein roter Knopf genügen, um die Dummheit mitsamt der ganzen Welt auszulöschen. Ein einziger Dummkopf, gewählt von Kälbern, die sich einiges darauf zugutetun, ihren Metzger selbst zu wählen.

Das zweite Hauptmerkmal unserer Zeit ist, dass die Dummheit – auch wenn man einräumt, dass sie ihren allgemeinen Höhepunkt noch nicht erreicht hat – noch nie so augenfällig, hemmungslos, kollektiv und kategorisch war. Grund genug, an unseren fehlgeleiteten Zeitgenossen zu verzweifeln. Aber auch, wer weiß, Grund genug, sich notgedrungen der Philosophie zuzuwenden, da es immer schwieriger wird, die Eitelkeit von allem und den Narzissmus von jedem, die Hohlheit von äußerem Anschein und pauschalem Urteil zu leugnen. Könnte uns doch ein zweiter Erasmus von Rotterdam ein neues Lob der Torheit schenken (aber bitte in nicht mehr als 140 Zeichen am Stück, damit es keine Migräne gibt)! Könnte uns doch ein neuer Lukrez die tiefe Erleichterung – und vielleicht auch Freude – schildern, die man empfindet, wenn man vom sicheren Ufer aus beobachtet, wie das Narrenschiff in den...

Erscheint lt. Verlag 11.11.2019
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Psychologie Allgemeines / Lexika
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ISBN-10 3-7453-0692-9 / 3745306929
ISBN-13 978-3-7453-0692-7 / 9783745306927
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