Eine Sammlung sinnreicher okkulter Geschichten -  Johannes H. von Hohenstätten

Eine Sammlung sinnreicher okkulter Geschichten (eBook)

Band XIV
eBook Download: EPUB
2018 | 1. Auflage
396 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7481-8671-7 (ISBN)
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Dieses mehrbändige Werk ist eine Sammlung der besten und wahren okkulten Kurzgeschichten, Romane, Aufsätze, Berichte und Erlebnisse, wie sie die hermetische Literatur uns bieten kann. Diese Geschichten sind heutzutage nicht auffindbar. Es ist uns eine Freude, diese Perlen der okkulten Literatur der Öffentlichkeit vorzustellen. Für jeden ist etwas dabei, was ihn in großes Erstaunen versetzen, ihn unterhalten und sein Wissen bereichern wird. Vorwort 1. Zeichen im Sand 2. Me Hoa 3. Blutgebetet 4. Tin-Tin 5. Die Schlange 6. Die Messe der Fürstin Borgia 7. Der Teufelsanbeter 8. Mutter der Schlangen 9. Magie der Metalle 10. Neue Verehrungsformen 11. Über die supernormalen Phänomene der Levitation 12. Streiflichter auf japanischen Kultus und japanische Kultur 13. Karmaforschung 14. Die Nonne 15. Lord Byrons "Manfred" 16. Unbekanntes aus Goethes "Faust"

Der Autor war Schüler von Anion und Ariane, welche ihn beide auf dem "Weg zum wahren Adepten" von Franz Bardon meisterlich weiterhalfen. Die beiden Meister gaben ihm den Auftrag, sein Wissen und seine Erfahrungen niederzuschreiben, um sie so der Öffentlichkeit preiszugeben.

1. Zeichen im Sand
A. Karyln


Rotgoldiges Laub auf bläulichschattigem Gestein; heulender Sturm bei tiefblauem Himmel; Lichtorgien auf gelben Palast- und grünen Tempeldächern und dabei fröstelnde Kälte; Kleinkrämerei und übernüchterner Geschäftssinn und dahinter, verborgen, das Geheimnisvolle: Die Welt der Fuchsfeen, der Vampire, der Geister.

Grelle Lichter, drohende Schatten; erschlaffende Sommer, eisige Winter mit wirbelnden Sandstürmen und der Küste entlang Erdbeben, Überschwemmungen, Taifune; großer Schmutz und wunderbare Kunst – nichts Fahles, nichts Tonloses; ein Land strahlender Höhen, finsterer Abgründe. Ein Land, das erschauern und träumen macht. . .

Das ist China.

Fung Yü lag im deutschen Lazarett. Alles um ihn her war ihm fremd. Die nüchternen weißen Betten, die kahlen weißen Wände, die fremden weißen Gesichter – das bärtige des Arztes, das gesundheitsrote Schwester Helenes – und sein Magen litt Heimweh nach chinesischen Leckerbissen. Klingelte es daheim, so umringten ihn Diener und Taitais; hier neigte sich nur die Schwester über ihn und bedeutete ihm still zu liegen.

Draußen im Gelände spielten die Kinder der Ausländer und ihre Stimmen dünkten ihn anders als die der Kleinen seiner Rasse.

Er wollte heim – heim in das große Haus, in dem er König war und frei befehlen durfte; heim zu all dem, was für ihn den Begriff „Sein“ umfasste. Er rührte sich; ein stechender Schmerz ging durch ihn und erbleichend lag er bewegungslos; vergaß sein Sehnen.

Fast hatte er ihn vergessen – den Schnitt nach der Blinddarmentzündung. Es war ans Sterben gegangen und sterben wollte er nicht. Welcher König gibt freiwillig seinen Thron auf? Und in seinem Heim war er König . . .

So lag er und beobachtete missmutig das Tänzeln der Akazienblätter oder verfolgte das allmähliche Erbraunen des Laubwerks auf der Mauer; manchmal beklügelte er die Eigenart der Weißen, wunderte sich, dass der greise Arzt keinen Unterschied machte zwischen Reichen und Armen; hier nützte ihm sein Geld ebenso wenig wie bei Dung Yü Da Di, dem Gott über alle Erde; es half ihm weniger, wie er oft ärgerlich dachte. Dazwischen überlegte er, wann er etwa wieder genug wohl sein würde, um Fischsuppe essen zu dürfen; dicke gewürzte Fischsuppe mit einer Trepangunterlage und einem Nachstrom von heißem Reiswein. Dahinter stiegen andere Bilder auf – von seinen Frauen, von der I Taitai – doch da seufzte er. Der Schnitt, der leidige Schnitt! Wenn der wenigstens im Nacken säße wie bei den großen Schmutzbeulen, die der Sandsturm anwehte. Pech . . . Pech . . . Immer kam der Arzt und immer kamen seine Helfer. Die Wunde war rein, die Stiche entfernt.

Fung Yü atmete auf.

Nun ging es wieder ans Leben.

Am folgenden Tage aber war der Puls auf 24 und das Gesicht wächsern; die Ärzte neigten sich über ihn und flößten ihm Sekt ein; gaben endlich Kampfereinspritzungen. Das Lebensfünkchen glimmte schwach, schwächer . . .

Und niemand ahnte warum. Noch war die Wunde rein und alles scheinbar in bester Ordnung.

Solange er zu sprechen vermocht hatte, waren die Reden irr gewesen und immer hatte er, sich scheu zusammendrückend, gerufen: „Der Befehlshaber ist streng, er ist sehr streng. Ich muss, ich muss . . .“

„Es gibt ja keinen Befehlshaber,“ riefen die versammelten Verwandten und schüttelten ihn sachte, wie um ihn zu wecken.

„Ich bin Honanese, was wisset ihr?“, sagte er mit hohler Stimme auf jede derartige Behauptung, „und ich muss gehorchen.“ Dann – „er ist streng, der Befehlshaber,“ und das Gesicht in die Kissen drückend, „ich muss, ich muss . . .“

So schlichen die Stunden von vier Uhr nachmittags bis elf Uhr nachts. Der Schweiß stand in Tropfen auf der Stirne des Sterbenden und die Zähne waren geschlossen. Man konnte nichts durchgießen. Wieder versuchten die Ärzte eine Kampfereinspritzung. Sie standen vor einem Rätsel. Sie hatten die Wunde geöffnet, um zu sehen, ob sich irgendetwas darunter verändert hatte, doch alles war rein und im besten Gang gewesen. Kaum Fieber. Und dennoch starb der Kranke. Er starb lange nach der Operation an irgendetwas Geheimnisvollem.

„Ich bin Honanese,“ hatte er gemurmelt so lange er zu sprechen vermocht und von Zeit zu Zeit war wieder das entsetzte „Ich muss ja, ich muss ja!“, hervorgebrochen wie der Schrei eines gefolterten.

„Fieber,“ meinten die deutschen Ärzte und schüttelten den Kopf, maßen den Puls, wussten nicht, wie das so gekommen.

Die Verwandten schlichen zum größten Teil davon, um den schönen schon gewählten Catalpasarg heimschaffen zu lassen und die I Taitai, die erste Nebenfrau und gleichzeitig der Liebling des Sterbenden, neigte sich nochmals über ihn, warf sodann das Seidentuch über das Gesicht und eilte schleunigst hinweg. Sie wollte, sie musste ihn retten.

Vier Uhr morgens.

Der letzte Verwandte trat an den Lazarettarzt heran und flüsterte – „Geht es hoffnungslos zu Ende?“

Der gute alte Herr, der allen Kranken Vater war, nickte traurig. Drei Kampfereinspritzungen – die letzte vor einer halben Stunde – waren gegeben worden und der Puls kaum fühlbar. Was immer über den armen Fung Yü gekommen, niemand konnte ihm helfen.

„Darf ich ihn heimnehmen?“ Und der Verwandte gedachte der chinesischen Sitte, derzufolge ein Kranker im eigenen Heim sterben müsse, um Ruhe zu finden im Jenseits, um die Geister zu versöhnen und um all die Feierlichkeiten zu genießen, die ihm zukamen. Als Leiche durfte er nicht heimgeschafft werden, das war unglückbringend und das erlaubten überdies die fremden Ärzte nicht.

„Als Arzt muss ich es verbieten – er ist sterbend,“ flüsterte der Lazarettarzt zurück, „als Mensch aber muss ich Ihnen ehrlich sagen: Wenn er daheim sterben muss, so nehmen Sie ihn schnell!“ Laut und eindringlich erscholl gleich darauf die Klingel; der Wagen fuhr vor; die Träger hoben den Bewusstlosen auf das Lager und fort gings durch die nun stillen Straßen des schlafenden Pekings. Drinnen starb Fung Yü mehr und mehr mit jedem Kreisen der Räder . . .

Seltsam ist Peking zur Nacht.

Dickfellige, durch Schläge stumpfsinnig gewordene Hunde, liegen über den Weg wie etwas Verstoßenes – wie abgeworfene Sünde; sie bellen nicht, ziehen sich nur scheu zusammen. In Mauerwinkeln stöhnt irgendein Bettler, zieht alte Hadern über blutklebrige, wundenbedeckte Beine; ein Dieb betastet in der Finsternis seine Beute, setzt den Preis für den Diebsmarkt unweit des Himmelstempels fest; geisterhaft still rollt eine Rikscha vorüber, verschwindet in der Krümmung der Straßen . . .

Es gibt Tempel in China, die nur den ganz Eingeweihten bekannt sind und die keinem Weißen verraten werden – abgelegene Tempel, die man nur durch verborgene Höfe und stille Durchgehhäuser erreicht, dort wo der Staub in angeblasenen Dünen gegen die zerfallenen Außenmauern liegt. Alle drei Hauptreligionen Chinas verschmelzen hier zu einem einzigen Dinge, das sich nur mit dem Zukunftsleben der Menschen beschäftigt. Mönche in oft geflickten Kutten drehen Sandelholzkränze zwischen den Fingern und hier hausen jene alten Priester, die zu lesen verstehen, was anderen verborgen.

Zu solch einem Tempel eilte die herzwunde I Taitai. Die Lampe aus alter Bronze, mit Sesamöl gefüllt, warf einen safranartigen Schein auf den gelblichen Sand, der die Tischplatte deckte. Die Drachenschnitzerei der Decke, die uralten tibetanischen Bilder von seltsamen Göttern, auf Seide gemalt, blieben fast unsichtbar und einzig das scharflinige Gesicht des Mönchs, der sich verbeugte und die Blicke wie festgebannt in den Sand vor sich bohrte, war klar erkenntlich. Zwei Knaben mit stumpfem Gesichtsausdruck und seltsam gläsernen Blicken hielten eine dünne Stange aus Bambus, von der ein feines Stäbchen abstand; ein Pinsel hing lose daran wie ein abgebrochener Finger . . .

Auch hier Stille, unheimliche, lähmende Stille.

Im Hintergrund, eins mit den zuckenden Schatten, stand die I Taitai Fung Yüs. Zwei männliche Verwandte lehnten gegen den Pfeiler, auf dem die geschnitzten achthundert Lohan wie in dunkelbraunen Wolken auf- und niederstiegen. Der schwere Duft östlichen Weihrauchs zog sich langsam durch den Raum, zitterte, bläuliche Nebel formend, über den Tisch mit dem Sande . . .

Unbeweglich standen die beiden Jungen mit den versteinerten Gesichtern und den krustenbedeckten Armen, den von Ringwürmern vernichteten Haarstellen; plötzlich bewegten sich die beiden haltenden Finger – das Stäbchen tanzte hin und her, erst langsam, dann schneller, in kurzen, irren Bewegungen; der Pinsel, von unsichtbarer Hand getrieben, schrieb uralte, schwer entzifferbare Zeichen.

In diesen halbvergessenen Tempeln, an denen die Fremden mit ihrem Unglauben und die Zeit mit ihren Neuerungen spurlos vorbeihuscht, kann man mit ihm sprechen, der Macht hat über die achtzehn...

Erscheint lt. Verlag 7.11.2018
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften
ISBN-10 3-7481-8671-1 / 3748186711
ISBN-13 978-3-7481-8671-7 / 9783748186717
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