Futurelytics (eBook)

Vom Gestalten der Zukunft mit der Künstlichen Intelligenz - die Wiederentdeckung der Menschlichkeit
eBook Download: EPUB
2018 | 5. Auflage
164 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7528-0706-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Futurelytics -  Matthias Rosenberger
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In dem sich ständig verändernden Umfeld werden unsere Zukunftsvisionen ebenso dynamisch sein wie die Welt, in der wir leben. Die Kunst wird darin bestehen, sich nicht von der Welle des Neuen überrollen zu lassen, sondern zu lernen, auf ihr zu surfen, während wir gleichzeitig ein Auge auf den Horizont richten. Zukünftige Erhebungsmethoden sollen wie ein sensibles Resonanzfeld fungieren, das individuelle und gesellschaftliche Schwingungen aufnimmt, interpretiert und in ein vollständigeres Bild der menschlichen Erfahrung übersetzt. Sie erlauben uns, den Menschen nicht nur zu verstehen, sondern auch mit ihm in einen Dialog zu treten, der sinnstiftende Zukunftsszenarien offenbart und zum Handeln inspiriert.

Rosenberger, Matthias, Dr. rer. Pol./Dipl.-Psych., Jg. 1965. Arbeitsschwerpunkte Gesellschafts-, Markt-, Organisations- und Personalentwicklung mit Spezialisierung auf Moderation von Anspruchsgruppen in organisationalen Umbrüchen. Seit über 20 Jahren als Trainer, Berater und Coach tätig. War Professor an der Macromedia und ist Dozent an den verschiedenen Universitäten und Hochschulen.

Resonanz schlägt Beschleunigung


»Wir leben in einer Gesellschaft, die sich die Welt auf allen Ebenen verfügbar machen will.« • Hartmut Rosa

Die Muster, die wir in uns tragen und die Meinungen, die in Gruppen entstehen, sind wie Echos unserer Erfahrungen. Sie geben uns die Möglichkeit, die Fluktuationen des Marktes, die Veränderungen in Unternehmen und die Bewegungen der Gesellschaft als Anstoß für Anpassung und Entwicklung zu nutzen.

Das Geheimnis dessen, was uns antreibt, liegt oft verborgen in unseren Motiven. Bei Gruppen ist das nicht anders – ihre kollektiven Triebkräfte sind die Resonanzen, die wir aufgreifen und interpretieren müssen. Das Gruppenverhalten mag bekannt sein, doch die dahinterstehenden Motive sind weniger offensichtlich und bleiben häufig ein Rätsel, das wir lösen können, wenn wir mit feinsinnigen Methoden die individuellen und kollektiven Konstrukte entschlüsseln, die unser Verhalten prägen. Indem wir tief in die subjektiven Landkarten eintauchen, die unsere Wahrnehmungen und Entscheidungen leiten, erschließen wir die verborgenen Strömungen menschlicher Interaktionen und Reaktionen. So wird es möglich, die Schichten der menschlichen Psyche zu durchdringen und die echten Gründe hinter den sichtbaren Handlungen zu verstehen.

Dieses Feld ist ein weitläufiger Garten, in dem Soziologen, Psychologen und Ökonomen neue Pfade anlegen könnten. Ein vertieftes Verständnis für die Motive von Gruppen verspricht nicht nur Aufschluss über die Mechanismen extremistischer Bewegungen, sondern eröffnet auch die Möglichkeit, in eine Antwortbeziehung mit den Wertelandschaften unserer Stakeholder einzutreten. Dabei geht es darum, zu hören und zu antworten – eine harmonische Interaktion, die echte Verbindungen schafft und uns ermöglicht, gemeinsam mit unseren Kunden und Mitarbeitern voranzuschreiten.

In meiner Auseinandersetzung mit den Beweggründen von Gruppen stoße ich auf die Bedeutung einer Antwortbeziehung, die auf aktivem Zuhören9 und einem harmonischen Austausch basiert – ganz im Sinne dessen, was auch in Hartmut Rosas10 Betrachtungen zur Weltbeziehung anklingt (s. Rosa 2016/2020). Er ergründet, wie persönliche und kollektive Resonanz das menschliche Dasein beeinflussen, ohne dabei die Begriffe über zu strapazieren. Nach Rosa hilft diese Antwortbeziehung nicht nur, die Kräfte hinter großen Bewegungen zu verstehen, sondern sie schafft auch den Raum für echte Verbindungen zu den Menschen, die unsere Gesellschaft ausmachen.

Diese tiefere Verbindungsfähigkeit bietet nicht nur Einblicke in die Entstehung von extremen Massenbewegungen, sondern erweitert auch unsere Fähigkeit, mit den Wertvorstellungen unserer Anspruchsgruppen – Kunden, Mitarbeiter und darüber hinaus – zu resonieren. Es geht darum, ein Ohr für die Vielschichtigkeit der Motive zu haben und aktiv auf sie zu reagieren, um Schritt für Schritt gemeinsam vorwärtszugehen. Aus dieser Perspektive sind Gruppenmotive die harmonisierte Resonanz individueller Motive, die sich in Verhaltensmustern verdichten. Diese Muster, ob sie nun positive Wellen schlagen oder zu stürmischen Bewegungen führen, zeichnen sich in folgenden beispielhaften Szenarien ab:

Im ersten Szenario zieht eine Gruppe, die sich zum Leipziger Hauptbahnhof bewegt und »Wir sind das Volk!11« ruft, eine Linie von der historischen Bedeutung des Rufes bis zu seiner Vereinnahmung durch Bewegungen wie Pegida oder Legida12 in den Jahren 2014 - 2018 . Die kollektive Kraft dieser Parole hatte sich gewandelt, und ihre Resonanz im Jahr 2018 war anders, als sie es 30 Jahre zuvor war. Die individuellen Gründe für das Mitlaufen in solch einer Bewegung, fernab simplizistischer Erklärungen, bleiben verborgen und komplex.

Das zweite Szenario zeigt eine andere Art von Bewegung – die frenetische Erwartung, die jedes neue Apple-Produkt hervorruft. Die Antizipation und die Spekulation über das nächste iPhone oder iPad zeigen die Macht der Verbraucherresonanz und wie sie den Markt antreibt.

Im dritten Szenario betrachten wir die innere Unruhe eines Mittelständlers, dessen Führungskräfte nach der Übernahme eines Konkurrenten auf einmal eine rauere Gangart einlegen und eine steigende Fluktuation erleben. Diese interne Dynamik stellt ein Muster dar, das Fragen aufwirft: Was hat zu dieser plötzlichen Veränderung der Resonanz innerhalb des Unternehmens geführt?

Wir sehen also, wie Menschenmassen von einer sichtbaren gemeinsamen Kraft vorangetrieben werden. Diese Beispiele zeigen die verwickelte Natur menschlicher Gruppenbeziehungen auf und wie diese das Geflecht aus kollektiven und persönlichen Antrieben formen.

Nehmen wir das Phänomen der politischen Mobilisierung: Menschen schließen sich zu einer Bewegung zusammen, angetrieben von einem starken Gefühl der Zugehörigkeit. Solche Massenbewegungen sind in ihrer Essenz nichts Neues. Fast an jedem Wochenende können wir vergleichbare Szenen in Fußballstadien beobachten. Beobachten lässt sich das gerade wieder zur EM 2024 hier in Deutschland. Und nicht zu vergessen, das »Sommermärchen« von 2006 oder der Weltmeistertitel 2014 – wer von uns hat hier nicht mitgefiebert?

Im zweiten Beispiel sehen wir, wie eine Marke nicht nur zu einem Kaufrausch anregt, sondern auch zu intensiven Diskussionen unter den Anhängern führt. Eine starke Marke kann eine tiefe emotionale und diskursive Resonanz erzeugen, die weit über das Produkt selbst hinausgeht.

Der dritte Fall zeigt uns die Verwandlung von Anfangseuphorie in Wettstreit und Machtkämpfe nach einer Firmenfusion. Erfahrungen zeigen, dass kulturelle Instabilitäten ein Unternehmen gehörig durcheinanderbringen können, wenn sich Unzufriedenheiten verbreiten – oft zum Vorteil von machtorientierten Führungskräften.

In all diesen Szenarien sind es die untergründigen, oft unbewussten Motive, die wie ein Echo der individuellen Bedürfnisse wirken und in der Summe die Kraft der Gruppenbewegung formen. Diese dynamischen Muster zu verstehen, erfordert ein tiefes Eintauchen in die Welt der Resonanzfelder, die unsere Gesellschaft prägen und antreiben.

Das Wesen des Gruppenmotivs


»Die Gefühle der Masse sind stets sehr einfach und sehr überschwenglich. Die Masse kennt also weder Zweifel noch Ungewissheit. « • Sigmund Freud

Mein Konzept des Gruppenmotivs unterscheidet sich grundlegend vom allbekannten »Groupthink«, wie es Janis 1972 beschrieben hat. Auch »Groupthink« entsteht unbewusst und wird erst als einheitliches Entscheidungsmuster erkennbar. Jedoch differenzieren sich Gruppenmotive durch ihre Fähigkeit, kollektives Handeln in Richtung eines gemeinsamen Ziels zu lenken. Somit können Gruppenmotive als eine Art komplementäres Phänomen zum Groupthink betrachtet werden, dem jedoch ein vereintes Antriebselement fehlt. Die Frage bleibt, ob ein Gruppenziel extern vorgegeben wird oder spontan entsteht (siehe Rosenberger 2015). Was mich fasziniert, ist die Möglichkeit, dass Resonanzen zwischen individuellen Zielen Gruppenmotive formen, die durch das Handeln der Gruppe sichtbar werden. Wie Böse und Schiepek 1989, S. 185, darlegen, spielen rationale, wohlüberlegte Argumente bei diesen Prozessen der Meinungsbildung oft nur eine untergeordnete Rolle. Es geht nicht um objektive Standards, sondern um die individuelle Meinung, die sich letztlich im Kollektiv durchsetzt. Die Geschichte hat wiederholt gezeigt und die Aktualität bestätigt es, dass daraus handlungsleitende Gruppenmotive entstehen können. Es gelingt immer wieder Einzelnen durch simple suggestive Mittel Gruppen und sogar ganze Bevölkerungen zu faszinieren, die öffentliche Meinung zu prägen und zu dominieren (Erzeugen von Resonanzfeldern) und so Massenbewegungen ins Leben zu rufen. Es klingt beinahe zu einfach, aber die unauffällige Formel für eine gruppenweite Beeinflussung kann in drei Schritten zusammengefasst werden: Behaupten, Wiederholen und Übertragen – eine kraftvolle Sequenz von Handlungen, die unausgesprochen eine tiefgreifende Wirkung entfaltet (s. ausführlich Le Bon 1982).

Hysterese statt Hysterie


»Auch mit einem kleinen Haken kann man (große) Fische fangen.« • Chinesische Weisheit

Wenn eine Behauptung leise genug getätigt wird, entgeht sie oft der kritischen Prüfung durch diejenigen, an die sie gerichtet ist. Diese subtile Form der Beeinflussung lässt sich anschaulich durch die Theorie selbstorganisierender Systeme erklären. Nach dieser Theorie bildet sich Ordnung spontan durch einen eigenständigen Prozess, der einfachen Regeln folgt, wie Haken und Haken-Krell (1994) beschreiben.

Selbstorganisierende Systeme zeichnen sich durch ihre Offenheit aus, die einen ständigen Fluss von Energie und das Erproben neuer Reaktionsweisen ermöglicht. Wenn sich eine Reaktion als besonders effektiv erweist, kann sie sich schnell ausbreiten und die Elemente des Systems in ihren Bann ziehen, was gut zum Konzept der Viabilität passt, wie es...

Erscheint lt. Verlag 1.8.2018
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Psychologie
Schlagworte futurelytics • Humanismus • Künstliche Intelligenz • Repertory Grid • repgrid • sofistiq • Trendfoschung • Wirtschaftspsychologie
ISBN-10 3-7528-0706-7 / 3752807067
ISBN-13 978-3-7528-0706-6 / 9783752807066
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