Die fröhliche Wissenschaft (Buch 1 bis 5) (eBook)
213 Seiten
e-artnow (Verlag)
978-80-268-6272-7 (ISBN)
»Scherz, List und Rache«
1
Einladung
Wagts mit meiner Kost, ihr Esser!
Morgen schmeckt sie euch schon besser
Und schon übermorgen gut!
Wollt ihr dann noch mehr – so machen
Meine alten sieben Sachen
Mir zu sieben neuen Mut.
2
Mein Glück
Seit ich des Suchens müde ward,
Erlernte ich das Finden.
Seit mir ein Wind hielt Widerpart,
Segl ich mit allen Winden.
3
Unverzagt
Wo du stehst, grabtief hinein!
Drunten ist die Quelle!
Laß die dunklen Männer schrein:
»Stets ist drunten – Hölle!«
4
Zwiegespräch
A. War ich krank? Bin ich genesen?
Und wer ist mein Arzt gewesen?
Wie vergaß ich alles das!
B. Jetzt erst glaub ich dich genesen:
Denn gesund ist, wer vergaß.
5
An die Tugendsamen
Unseren Tugenden auch solln leicht die Füße sich heben:
Gleich den Versen Homers müssen sie kommen und gehn!
6
Welt-Klugheit
Bleib nicht auf ebnem Feld!
Steig nicht zu hoch hinaus!
Am schönsten sieht die Welt
Von halber Höhe aus.
7
Vademecum – Vadetecum
Es lockt dich meine Art und Sprach,
Du folgest mir, du gehst mir nach?
Geh nur dir selber treulich nach: –
So folgst du mir – gemach! gemach!
8
Bei der dritten Häutung
Schon krümmt und bricht sich mir die Haut,
Schon giert mit neuem Drange,
So viel sie Erde schon verdaut,
Nach Erd in mir die Schlange.
Schon kriech ich zwischen Stein und Gras
Hungrig auf krummer Fährte,
Zu essen das, was stets ich aß,
Dich, Schlangenkost, dich, Erde!
9
Meine Rosen
Ja! Mein Glück – es will beglücken –
Alles Glück will ja beglücken!
Wollt ihr meine Rosen pflücken?
Müßt euch bücken und verstecken
Zwischen Fels und Dornenhecken,
Oft die Fingerchen euch lecken!
Denn mein Glück – es liebt das Necken!
Denn mein Glück – es liebt die Tücken! –
Wollt ihr meine Rosen pflücken?
10
Der Verächter
Vieles laß ich falln und rollen,
Und ihr nennt mich drum Verächter.
Wer da trinkt aus allzuvollen
Bechern, läßt viel falln und rollen –,
Denkt vom Weine drum nicht schlechter.
11
Das Sprichwort spricht
Scharf und milde, grob und fein,
Vertraut und seltsam, schmutzig und rein,
Der Narren und Weisen Stelldichein:
Dies alles bin ich, will ich sein,
Taube zugleich, Schlange und Schwein!
12
An einen Lichtfreund
Willst du nicht Aug und Sinn ermatten,
Lauf auch der Sonne nach im Schatten!
13
Für Tänzer
Glattes Eis
Ein Paradeis
Für den, der gut zu tanzen weiß.
14
Der Brave
Lieber aus ganzem Holz eine Feindschaft
Als eine geleimte Freundschaft!
15
Rost
Auch Rost tut not: Scharfsein ist nicht genung!
Sonst sagt man stets von dir: »er ist zu jung!«
16
Aufwärts
»Wie komm ich am besten den Berg hinan?« –
Steig nur hinauf und denk nicht dran!
17
Spruch des Gewaltmenschen
Bitte nie! Laß dies Gewimmer!
Nimm, ich bitte dich, nimm immer!
18
Schmale Seelen
Schmale Seelen sind mir verhaßt:
Da steht nichts Gutes, nichts Böses fast.
19
Der unfreiwillige Verführer
Er schoß ein leeres Wort zum Zeitvertreib
Ins Blaue – und doch fiel darob ein Weib.
20
Zur Erwägung
Zwiefacher Schmerz ist leichter zu tragen
Als ein Schmerz: willst du darauf es wagen?
21
Gegen die Hoffart
Blas dich nicht auf: sonst bringet dich
Zum Platzen schon ein kleiner Stich.
22
Mann und Weib
»Raub dir das Weib, für das dein Herze fühlt!« –
So denkt der Mann; das Weib raubt nicht, es stiehlt.
23
Interpretation
Leg ich mich aus, so leg ich mich hinein:
Ich kann nicht selbst mein Interprete sein.
Doch wer nur steigt auf seiner eignen Bahn,
Trägt auch mein Bild zu hellerm Licht hinan.
24
Pessimisten-Arznei
Du klagst, daß nichts dir schmackhaft sei?
Noch immer, Freund, die alten Mucken?
Ich hör dich lästern, lärmen, spucken –
Geduld und Herz bricht mir dabei.
Folg mir, mein Freund! Entschließ dich frei,
Ein fettes Krötchen zu verschlucken,
Geschwind und ohne hinzugucken! –
Das hilft dir von der Dyspepsei!
25
Bitte
Ich kenne mancher Menschen Sinn
Und weiß nicht, wer ich selber bin!
Mein Auge ist mir viel zu nah –
Ich bin nicht, was ich seh und sah.
Ich wollte mir schon besser nützen,
Könnt ich mir selber ferner sitzen.
Zwar nicht so ferne wie mein Feind!
Zu fern sitzt schon der nächste Freund –
Doch zwischen dem und mir die Mitte!
Erratet ihr, um was ich bitte?
26
Meine Härte
Ich muß weg über hundert Stufen,
Ich muß empor und hör euch rufen:
»Hart bist du! sind wir denn von Stein?« –
Ich muß weg über hundert Stufen,
Und niemand möchte Stufe sein.
27
Der Wandrer
»Kein Pfad mehr! Abgrund rings und Totenstille!« –
So wolltest dus! Vom Pfade wich dein Wille!
Nun, Wandrer, gilts! Nun blicke kalt und klar!
Verloren bist du, glaubst du – an Gefahr.
28
Trost für Anfänger
Seht das Kind umgrunzt von Schweinen,
Hilflos, mit verkrümmten Zehn!
Weinen kann es, nichts als weinen –
Lernt es jemals stehn und gehn?
Unverzagt! Bald, sollt ich meinen,
Könnt das Kind ihr tanzen sehn!
Steht es erst auf beiden Beinen,
Wirds auch auf dem Kopfe stehn.
29
Sternen-Egoismus
Rollt ich mich rundes Rollefaß
Nicht um mich selbst ohn Unterlaß,
Wie hielt ichs aus, ohne anzubrennen,
Der heißen Sonne nachzurennen?
30
Der Nächste
Nah hab den Nächsten ich nicht gerne:
Fort mit ihm in die Höh und Ferne!
Wie würd er sonst zu meinem Sterne? –
31
Der verkappte Heilige
Daß dein Glück uns nicht bedrücke,
Legst du um dich Teufelstücke,
Teufelswitz und Teufelskleid.
Doch umsonst! Aus deinem Blicke
Blickt hervor die Heiligkeit!
32
Der Unfreie
A. Er steht und horcht: was konnt ihn irren?
Was hört er vor den Ohren schwirren?
Was wars, das ihn darniederschlug?
B. Wie jeder, der einst Ketten trug,
Hört überall er – Kettenklirren.
33
Der Einsame
Verhaßt ist mir das Folgen und das Führen.
Gehorchen? Nein! Und aber nein – Regieren!
Wer sich nicht schrecklich ist, macht niemand Schrecken:
Und nur wer Schrecken macht, kann andre führen.
Verhaßt ist mirs schon, selber mich zu führen!
Ich liebe es, gleich Wald- und Meerestieren,
Mich für ein gutes Weilchen zu verlieren,
In holder Irrnis grüblerisch zu hocken,
Von ferne her mich endlich heimzulocken,
Mich selber zu mir selber – zu verführen.
34
Seneca et hoc genus omne
Das schreibt und schreibt sein unaussteh-
lich weises Larifari,
Als gält es primum scribere,
Deinde philosophari.
35
Eis
Ja! Mitunter mach ich Eis:
Nützlich ist Eis zum Verdauen!
Hättet ihr viel zu verdauen,
Oh wie liebtet ihr mein Eis!
36
Jugendschriften
Meiner Weisheit A und O
Klang mir hier: was hört ich doch!
Jetzo klingt mirs nicht mehr so,
Nur das ewge Ah! und Oh!
Meiner Jugend hör ich noch.
37
Vorsicht
In jener Gegend reist man jetzt nicht gut;
Und hast du Geist, sei doppelt auf der Hut!
Man lockt und liebt dich, bis man dich zerreißt:
Schwarmgeister sinds –: da fehlt es stets an Geist!
38
Der Fromme spricht
Gott liebt uns, weil er uns erschuf! –
»Der Mensch schuf Gott!« – sagt drauf ihr Feinen.
Und soll nicht lieben, was er schuf?
Solls gar, weil er es schuf, verneinen?
Das hinkt, das trägt des Teufels Huf.
39
Im Sommer
Im Schweiße unsres Angesichts
Solln unser Brot wir essen?
Im Schweiße ißt man lieber nichts,
Nach weiser Ärzte Ermessen.
Der Hundsstern winkt: woran gebrichts?
Was will sein feurig Winken?
Im Schweiße unsres Angesichts
Solln unsren Wein wir trinken!
40
Ohne Neid
Ja, neidlos blickt er: und ihr ehrt ihn drum?
Er blickt sich nicht nach euren Ehren um;
Er hat des Adlers Auge für die Ferne,
Er sieht euch nicht! – er sieht nur Sterne, Sterne!
41
Heraklitismus
Alles Glück auf...
Erscheint lt. Verlag | 25.3.2018 |
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Verlagsort | Prague |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Aphorismen |
Geisteswissenschaften ► Philosophie ► Ethik | |
Schlagworte | Adam Smith • Arthur Schopenhauer • Blaise Pascal • Erkenntnistheorie • Immanuel Kant • Nihilismus • Platon • Richard Wagner • Sokrates • Übermensch |
ISBN-10 | 80-268-6272-4 / 8026862724 |
ISBN-13 | 978-80-268-6272-7 / 9788026862727 |
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