"Weibliche Angelegenheiten" - Johannes Schwartz

"Weibliche Angelegenheiten" (eBook)

Handlungsräume von KZ-Aufseherinnen in Ravensbrück und Neubrandenburg
eBook Download: PDF
2018
350 Seiten
Hamburger Edition HIS (Verlag)
978-3-86854-927-0 (ISBN)
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Im KZ Ravensbrück, dem größten NS-Frauenkonzentrationslager auf deutschem Gebiet, sollte die Oberaufseherin gemäß Dienstvorschrift dem Schutzhaftlagerführer "in allen weiblichen Angelegenheiten beratend zur Seite" stehen. Und laut Lagerordnung war allen KZ-Aufseherinnen "jede Misshandlung von Schutzhäftlingen " explizit verboten. Dennoch gehörte Gewalt bekanntermaßen zur alltäglichen Praxis.

Johannes Schwartz untersucht die Gewaltpraktiken von KZ-Aufseherinnen in Ravensbrück und dem Außenlager Neubrandenburg. Im Fokus stehen die Fragen, welche Handlungsräume für die Anwendung von Gewalt die Aufseherinnen jenseits von eindeutigen Anordnungen hatten und wie und wann sie diese nutzten. Faktisch wurde die Entscheidung, Gewalt anzuwenden oder darauf zu verzichten, an sie delegiert. Ebenso wie ihre männlichen Kollegen nutzten viele KZ-Aufseherinnen die Möglichkeit, ohne Einmischung ihrer Vorgesetzten verschiedene Formen von Gewalt auszuüben – von psychisch und "sanft" bis exzessiv und unberechenbar, von instrumentell bis exemplarisch.

Anhand vielfältiger Quellen analysiert der Historiker, wie sich die Gewaltpraktiken der KZ-Aufseherinnen in die Zielsetzungen der KZ-Verwaltung und der Kriegsindustrie einfügten und so dazu beitrugen, die Herrschaft der Lagerleitung zu stabilisieren und die Arbeitsproduktivität der Häftlinge zu steigern. Individuelle Handlungsräume und ihre Grenzen wurden aber nicht zuletzt von den Machtverschiebungen, Konkurrenzkämpfen und sozialen Beziehungen innerhalb des KZ-Lagerpersonals bestimmt. Unangetastet blieb das Machtgefälle zwischen Gefangenen und Aufseherinnen: Durch die Variabilität und Unberechenbarkeit ihrer Handlungen festigten die KZ-Aufseherinnen ihr Herrschaftsverhältnis gegenüber den weiblichen KZ-Gefangenen immer wieder von Neuem.

Johannes Schwartz, Dr. phil., Historiker, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter für Provenienzforschung in den Museen für Kulturgeschichte und im Stadtarchiv der Landeshauptstadt Hannover. Von 2000 bis 2014 führte er Forschungs- und Ausstellungsprojekte an verschiedenen NS-Gedenkstätten durch, unter anderem an der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück. Er war außerdem wissenschaftlicher Mitarbeiter des Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma und Leiter der Gedenkstätte KZ Lichtenburg Prettin.

Einführung

Theorieperspektiven und Fragestellungen

Materialgrundlage: Entstehungskontexte, Aufschreibepraktiken und Narrative

Abriss der Lagergeschichte: Ravensbrück und Neubrandenburg

I Rekrutierung und Ausbildung

Statistiken zur Herkunft und Rekrutierung

Freiwillige Bewerbungen

Werbetouren in Kriegsbetrieben

Die "Dienstverpflichtung": Eine Zwangsmaßnahme des Arbeitsamtes?

Ausbildung zur Gewalt?

II Karrierewege

Aufstiegsmöglichkeiten

NSDAP-Mitgliedschaft als Karrierevoraussetzung?

Erster Karriereweg: Von der Zellenbau-Leiterin zur Oberaufseherin

Zweiter Karriereweg: Von der Arbeitsdienstführerin zur Oberaufseherin

Dritter Karriereweg: Von der Abteilungsleiterin zur Oberaufseherin

Versetzungen von Oberaufseherinnen

Karriereende: Entlassungen von Oberaufseherinnen

Die Verweigerung eines Karriereangebots: Das Beispiel Irmgard S.

III Führungs- und Durchsetzungspraktiken

"Erfahrung in fraulichen Belangen": Die Oberaufseherin Johanna Langefeld

Eigensinn und Kameraderie: Machtkämpfe in Auschwitz und Ravensbrück

"Streng und unnachsichtig": Herrschaftspraktiken Elsa Ehrichs in Majdanek

Der Pragmatismus und die soziale Vernetzung Maria Mandls

Die Bemühungen von Irmgard S. um Entlassung

IV Strafen und Gewalt im Lageralltag

Die Strafordnung und die Strafpraxis

Strafpraktiken der Oberaufseherinnen

Der provisorische Holz-Zellenbau

Der Strafblock

Der Stein-Zellenbau

Appelle

Der Häftlingsblock

V Herrschaft und Gewalt in der Textil- und Kriegsindustrie

Erwartete und reale Arbeitsproduktivität

Gewalt zur Steigerung der Arbeitsproduktivität

"Sanfte Gewalt" als Herrschaftspraxis

Verfolgung von Eigeninteressen innerhalb der SS-Hierarchie

Geschlechterpraktiken

Autotelische Gewalt

VI Selektion und Vernichtung

Die Mordaktion "14f 13"

Selektionen im Krankenrevier Neubrandenburgs

Selektionen im Ravensbrücker Hauptlager ab Januar 1945

Ein Import aus Auschwitz? Vernichtungsdimensionen im Uckermark-Lager

Resümee

Handlungsräume und ihre Grenzen

Spektren der Gewalt

Zwangsarbeit im Frauen-KZ

Geschlecht als Vorstellung und Praxis

NS-Diskurse und Nachkriegsnarrative

Gesamtfazit

Anhang

Kurzbiografien von KZ-Aufseherinnen

Verzeichnis der Tabellen

Abkürzungsverzeichnis

Verzeichnis der Archivalien, Archivbestände und der Literatur

Dank

Zum Autor

Erscheint lt. Verlag 15.1.2018
Reihe/Serie Studien zur Gewaltgeschichte des 20. Jahrhunderts
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Geschichte Allgemeine Geschichte 1918 bis 1945
Schlagworte Geschichte • Gewalt • Konzentrationslager • KZ-Aufseherin • Nationalsozialismus • Neubrandenburg • Ravensbrück
ISBN-10 3-86854-927-7 / 3868549277
ISBN-13 978-3-86854-927-0 / 9783868549270
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