Vor lauter Sorgen ... -  Eni Becker,  Jürgen Margraf

Vor lauter Sorgen ... (eBook)

Selbsthilfe bei Generalisierter Angststörung. Mit Online-Material
eBook Download: EPUB
2017 | 2. Auflage
203 Seiten
Beltz (Verlag)
978-3-621-28404-2 (ISBN)
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Manche Menschen werden von ihren Sorgen und Ängsten so beherrscht, dass kein Raum für anderes bleibt. Dieses Patientenbuch hilft, den Ängsten nicht länger hilflos ausgeliefert zu sein. Betroffene und Angehörige bekommen fundiertes Hintergrundwissen zur Generalisierten Angststörung (GAS). Drei Komponenten sind bei der Selbsthilfe zentral: •Entspannung, •Sorgen zu Ende denken, •Entlastung. Mit ein wenig Einblick und Übung wird konkret erfahrbar: Eine wirksame und dauerhafte Hilfe ist möglich. Informationen und konkrete Anleitungen helfen, die belastende Situation besser zu verstehen und aktiv und selbstverantwortlich an der eigenen Gesundung und Stabilität mitzuwirken. Das Buch ist für Betroffene und Angehörige geeignet: Betroffene finden Hilfe bei der Entscheidung, welche Behandlung die richtige ist, Angehörige Tipps für ihre eigene Situation. Neu in der 2. Auflage: •Achtsamkeitsübungen •mit Onlinematerial zum Download Aus dem Inhalt: Was ist eine Generalisierte Angststörung? • Wie wirkt das Sorgenmachen auf andere? • Wer hat typischerweise eine GAS - wie geht es weiter, wenn man sie hat? • Wo kommen die Sorgen und Ängste her - warum zu mir? • Was kann man tun? • Was zeichnet einen guten Therapeuten aus - wie findet man einen Therapeuten? • Erste Hilfe durch richtige Selbstbeobachtung • Sorgen bewältigen durch konsequentes Zu-Ende-Denken • Problemlösen kann trainiert werden • Für Angehörige: Was können Sie tun?

Prof. Dr. Eni Becker, Chair of Clinical Psychology, Universität Nijmegen.

1Was ist eine Generalisierte Angststörung (GAS)?


Beispiel

Frau P. findet durch Informationen eine neue Perspektive


Ihr Problem hat einen Namen. Frau P. (38) liest in einer Frauenzeitschrift einen Artikel über verschiedene Ängste und über GAS. Mit Erstaunen – aber auch einer gewissen Erleichterung – stellt sie fest, dass ihre eigenen Probleme dort beschrieben werden. Sie hat zwar weder Probleme, das Haus zu verlassen, noch leidet sie unter plötzlichen Angstanfällen, aber sie wird von vielen Sorgen gequält und fühlt sich ständig angespannt und gestresst. Sie ist zum einen beunruhigt, dass sie unter einer Angststörung leidet. Sie ist aber auch erleichtert, dass ihr Problem einen Namen hat. Sie hatte gefürchtet, einfach übermäßig ängstlich zu sein, es als einen Makel gesehen, nicht lockerer mit dem Alltag fertig zu werden. Sie hatte sich schon häufig Vorwürfe gemacht, weil sie sich immer so viele Sorgen macht und damit ihre Familie belastet.

Ihr Problem belastet andere. Der Mann von Frau P. hat wenig Verständnis für ihre Sorgen; im Allgemeinen versucht er, ihre Bedenken ins Lächerliche zu ziehen. Frau P. fühlt sich aber dadurch angegriffen und herabgesetzt. Auch wenn sie weiß, dass ihre Sorgen sich oft nicht bewahrheiten, sollten sie ab und zu doch dazu beitragen, dass die Kinder vorsichtiger sind. Doch immer häufiger reagiert ihr Mann gereizt und bittet sie, sich zusammenzureißen. Er hat Bedenken, dass die beiden Kinder durch ihre Überfürsorglichkeit und Ängstlichkeit auch ängstlich werden.

Frau P. möchte keinesfalls den Kindern schaden und sorgt sich nun, ihre Kinder durch ihre Ängste in der Entwicklung zu behindern. Sie liebt die beiden Söhne, acht und fünf Jahre, sehr und tut ihr Möglichstes, eine gute Mutter zu sein. Häufig fühlt sie sich aber überlastet, zumal der zweite Sohn ein schwieriges Kind ist. Sie kämpft mit vielen Zweifeln, was sie wohl falsch macht oder wie sie den beiden gerecht werden kann, und verbringt Stunden mit Grübeln. Schulleistungen, Gesundheit, mögliche Unfälle, Freundschaften ihrer Kinder – all dies sind Bereiche, über die sie sich sorgt.

Ihr Problem ist zu viel für sie. Doch dies sind nicht ihre einzigen Sorgen. Sie selbst ist Grundschullehrerin. Die Arbeit bereitet ihr viel Freude, aber auch hier hat sie Angst, nicht gut genug zu sein, den Kindern nicht gerecht zu werden. Gleichzeitig weiß sie nicht, ob sie nicht besser aufhören sollte zu arbeiten, um sich mehr den eigenen Kindern und dem Haushalt zu widmen. Gerade auch die alltäglichen Kleinigkeiten des Haushaltes bereiten ihr Probleme. So fühlt Frau P. sich ständig angespannt und gleichzeitig müde. Morgens wird sie oft schon sehr früh wach; sie versucht dann, den kommenden Tag zu planen. Ihre Schultern sind sehr verkrampft und sie leidet häufig unter Kopfschmerzen.

Ihr Problem begleitet sie schon lange. Wenn Frau P. zurückdenkt, so war sie immer schon recht ängstlich, genau wie ihre Mutter. Ihr Vater war ein echter Tyrann und sie kann sich bis heute ihm gegenüber nicht durchsetzen. Ein Umstand, der sie sehr belastet und auch ärgert. Sie würde ihm gerne mal die Meinung sagen. Nur während ihres kurzen Studiums fühlte sich Frau P. wagemutig und machte viele »verrückte« Sachen. Aber dann kam das erste Kind und sie heiratete ihren Jugendfreund. Mit der Schwangerschaft begann auch eine Zeit der Ängste – sie bekam das Gefühl, überlastet zu sein, das sie seither immer stärker bedrückt. Frau P. spürte schon seit Langem, dass es so nicht weitergehen konnte. Aber sie wusste nicht, was sie tun sollte, sie sah ihre Ängste und die Nervosität als Teil ihrer Persönlichkeit an, als etwas, was sich nicht ändern lässt. Der Zeitschriftenartikel hat ihr eine neue Perspektive vermittelt, wie sie Hilfe finden kann. Ihr ist deutlich geworden, dass sie ein Problem hat und um welches Problem es sich handelt – nun kann sie etwas tun.

»Wer die Zukunft fürchtet, verdirbt sich die Gegenwart.« Das sagt Lothar Schmidt, der Politologe und Hochschullehrer, und es passt sehr gut zu Menschen, die an einer Generalisierten Angststörung (kurz: GAS) leiden. Diese Menschen fürchten die Zukunft. Es ist vor allem die Unsicherheit, was passieren könnte, die sie beschäftigt hält. Und sie spüren die Folgen für die Gegenwart sehr deutlich: Sie machen sich ständig Sorgen. Bedrückend für sie ist dabei nicht die einzelne Sorge, sondern dass die Sorgen (haben sie einmal begonnen) nicht mehr enden wollen: Eine Sorge reiht sich an die andere. Es beginnt mit Sorgen um kleine Dinge (»Komme ich zu spät?«) oder auch mit Sorgen um große, ja schreckliche Dinge (»Ich könnte meine Kinder verlieren«). Aber irgendwann sorgen sie sich darum, dass sie sich Sorgen machen. Wenn es ganz schlimm kommt, sind sie richtiggehend gefangen im Käfig ihrer Sorgen.

Immer auf dem Sprung. Menschen mit GAS fühlen sich ständig nervös, »immer auf dem Sprung« und angespannt. Oft leidet der Schlaf unter der ständigen Anspannung. Es fällt schwer, einzuschlafen oder auch durchzuschlafen. Ist man wach, dann wälzt man sich im Bett mit Gedanken an morgen oder die Zukunft – alles sieht düster und bedrohlich aus. Vielleicht haben diese Menschen noch gar nicht daran gedacht, dass es eine Angststörung sein könnte, unter der sie leiden. Was sie aber bemerken, ist, dass sie abgespannt, erschöpft und schrecklich nervös sind.

Für viele Menschen ist es eine Belastung, sich einzugestehen, dass sie aus dem Gleichgewicht geraten sind. Aber trösten Sie sich, das passiert den meisten Menschen irgendwann in ihrem Leben. Treten Sie einmal einen Schritt zurück: Wenn Sie an einer Grippe erkranken, gehen Sie zum Arzt oder in die Apotheke, um sich Hilfe zu holen. Oder Sie besinnen sich auf ein Naturheilkundebuch und schlagen dort zur Selbsthilfe nach. Ebenso ist es mit Problemen, die sich im Verhalten, in der Psyche, im Miteinander auftun. Warten Sie nicht ab, sondern werden Sie aktiv und holen Sie sich ggf. Hilfe! Sprechen Sie mit einem Freund, Ihrem Hausarzt, einem Fachmann in einer Beratungsstelle – wichtig ist der erste Schritt.

Ständige Sorgen. Ein Hauptmerkmal der Generalisierten Angststörung (GAS) sind, wie schon beschrieben, die ständigen . Sie stehen im Zentrum der GAS und sind der Motor für all die unangenehmen Symptome und Beschwerden, die die Gegenwart der Betroffenen belasten. Diese Beschwerden kommen daher, dass die Sorgen die Betroffenen in ständige Alarmbereitschaft versetzen, sodass keine körperliche Entspannung mehr eintreten kann. Einmal in den Kreislauf ihrer Sorgenketten verstrickt, erwarten sie ständig das Schlimmste – darauf reagiert auch der Körper: mit , , schlechter Konzentration und unruhigem, immer wieder unterbrochenem Schlaf.




An Sorgen gewöhnt. Die meisten Menschen, die an GAS leiden, haben schon jahrelang Sorgen, sodass diese zu vertrauten Begleitern geworden sind. Nun ist es nicht so, dass andere Menschen nicht auch unter Sorgen leiden würden. Vielmehr sind die Sorgen bei GAS-Betroffenen schon so lange Teil des Alltags und der eigenen Persönlichkeit geworden, dass sie nicht mehr als ungewöhnlich oder als zuviel erlebt werden. Trotzdem reagiert der Körper auf den Stress, er versucht zu warnen. So unangenehm die körperlichen Signale sind, so sind sie doch hilfreich, weil sie Betroffene aktiv werden lassen, etwas an ihrer Lage zu ändern.

Nun gibt es ein Problem: Auf der Suche nach Hilfe gehen Menschen mit GAS meistens zum Hausarzt mit dem Anliegen, dass etwas gegen die Anspannung, den schlechten Schlaf oder die anderen körperlichen Beschwerden unternommen wird. Doch für den Hausarzt ist oft nur sehr schwer zu erkennen, dass der eigentliche Grund für die körperlichen Symptome eine Generalisierte Angststörung ist.

Ein Beispiel: Behandelt der Arzt allein die Schlafprobleme, kann es passieren, dass sich das zugrunde liegende Problem, die GAS, welche ja unbehandelt bleibt, verfestigt und die Beschwerden insgesamt sogar noch zunehmen. Es sind die Sorgen, die der Auslöser bzw. der Motor für die Beschwerden sind und die im Mittelpunkt der Behandlung stehen sollten (zu Behandlungsmöglichkeiten bei GAS lesen Sie Teil II).

Die Wissenschaft schätzt, dass in Deutschland ca. 3 Millionen Menschen an GAS leiden. Dennoch kennen Hausärzte diese Störung nicht ausreichend. Und oftmals kennen sie ihre Patienten zu wenig, um diagnostizieren zu können, dass die (im Einzelnen nachvollziehbaren) Sorgen ihrer Patienten das normale Maß weit übersteigen. Umso wichtiger ist, dass Sie selbst sich gut informieren und sich nach geeigneter Hilfe umsehen. Die Erfahrungen und Forschungen zeigen nämlich, dass bei GAS therapeutische und auch medikamentöse Hilfe in vielen Fällen zu einer dauerhaften Besserung bzw. Heilung führen. Manche Betroffenen können sich auch selbst helfen. Wie, können Sie in Teil III erfahren.

1.1Im Zentrum steht das Denken: Sorgen als Kern der GAS


Was sind Sorgen? Jeder Mensch, auch der glücklichste, kennt Sorgen. Und doch fällt es den meisten von uns schwer, sie genau zu definieren, wenn wir nach ihnen gefragt werden. Was also sind Sorgen? Sorgen sind Gedanken, die sich mit möglichen bedrohlichen zukünftigen Ereignissen beschäftigen. Sie werden...

Erscheint lt. Verlag 6.4.2017
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften
ISBN-10 3-621-28404-4 / 3621284044
ISBN-13 978-3-621-28404-2 / 9783621284042
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